INFORMATION zur Pressekonferenz mit Landesrat Rudi Anschober 18. Mai 2016 zum Thema OÖ will in Zukunft zusätzlich zum Schaffen der Quartiere und der Integrationsoffensive die Fluchtursachen bekämpfen: Erste Initiativen und Forderungen LR Rudi Anschober Seite 1 OÖ will in Zukunft zusätzlich zum Schaffen der Quartiere und der Integrationsoffensive die Fluchtursachen bekämpfen: Erste Initiativen und Forderungen Kurzfilm als Einstieg: „After Spring“ https://www.newsdeeply.com/syria/articles/2016/05/05/young-film-directors-highlightthe-people-of-zaatari 14.000 Quartierplätze sind in OÖ bereits geschaffen, die Integrationsoffensive befindet sich in ersten Schritten in Umsetzung und in vielen Bereichen in Vorbereitung. Nun will sich Integrations-Landesrat Rudi Anschober nach einem ersten Lokalaugenschein vor Ort in der Krisenregion, namentlich in Jordanien, zusätzlich auf die Bekämpfung der Fluchtursachen konzentrieren, u.a.: mehr Unterstützung der Helfer/innen vor Ort durch Österreich und EU, ein eigenes Partnerschaftsprojekt Oberösterreichs in der Krisenregion, eine Informationsoffensive über die wesentliche Fluchtursache Klimaveränderung. 23 Millionen Menschen haben vor dem Kriegsbeginn vor fünf Jahren in Syrien gelebt, davon sind heute rund 60% innerhalb und außerhalb des Landes auf der Flucht, unfassbare 350.000 bis 450.000 Menschen sind im Krieg gestorben, einer weiteren Million wurden schwere Verletzungen zugefügt. 6,5 Millionen Syrer/innen sind in Syrien selbst vertrieben, sogenannte Binnenflüchtlinge, weitere 4,8 Millionen wurden aus ihrer Heimat Syrien ins Ausland vertrieben. Davon wiederum leben 95% in der Krisenregion rund um Syrien, vor allem in der Türkei, im Libanon und in Jordanien. Im Libanon – so groß wie Oberösterreich – beträgt der Flüchtlingsanteil bereits 25% an der Gesamtbevölkerung, in Jordanien Pressekonferenz 18. Mai 2016 LR Rudi Anschober Seite 2 20%. Jordanien gibt ein Viertel seines nationalen Budgets für die Flüchtlingshilfe aus. Jordanien und der Libanon können diese Herausforderung nicht mehr lange schaffen, der Verlust ihrer Stabilität wäre nicht nur für die gesamte Krisenregion eine Katastrophe. Die Weltgemeinschaft hilft, aber sie hilft zu wenig und sie hilft zu wenig planbar und kontinuierlich. Anschober: „Ich habe mir letzte Woche selbst ein Bild von der Situation in Jordanien gemacht. Die UN-Organisationen und Hilfsorganisationen, wie die Caritas leisten vor Ort gemeinsam mit den lokalen Behörden großartige Arbeit. Die Bevölkerung Jordaniens trägt diese Schritte mit, obwohl sie davon direkt stark betroffen ist, etwa durch steigende Wohnund Lebensmittelpreise. Begeistert bin ich vor allem auch von der ganzheitlichen Arbeit der Caritas Jordan, die den Betroffenen medizinische Betreuung, existenzielle Absicherung, Wohnhilfe und Unterricht anbietet und dabei zusätzlich zu den Flüchtlingen auch die Ärmsten Jordaniens betreut - sowohl in der Hauptstadt Amman als auch in den Stützpunkten am Land. Derartige Projekte bräuchte es aber viel mehr - vielleicht Hundert in ganz Jordanien." Die erforderlichen Summen für die notwendige Hilfe in der Krisenregion können derzeit nicht aufgebracht werden: - Im vergangenen September konnte etwa das UN- Flüchtlingshochkommissariat (UNHCR) seine Unterstützungsarbeit nicht fortsetzen - in Folge musste ein Viertel der Flüchtlinge ihre Kinder aus den Schulen nehmen, weil sie den Unterricht nicht mehr finanzieren konnten. - Auch das Welternährungsprogramm der Vereinten Nationen hatte im vergangenen Jahr große Finanzierungsschwierigkeiten. - Die Notwendigkeiten der Hilfsunterstützungen in der Krisenregion für das heurige Jahr sind bislang nur zu 23% abgesichert. Pressekonferenz 18. Mai 2016 LR Rudi Anschober Seite 3 - Die Beiträge Österreichs und der EU sind teilweise beschämend gering und unberechenbar. Anschober: „Solange die Flüchtlinge vor Ort überleben können, wollen sie in der Region bleiben, um in Friedenzeiten in ihre Heimat zurückzukehren. Wenn sie allerdings vor Ort überhaupt keine Perspektive mehr haben, werden viele neuerlich ihr Leben riskieren und die Flucht übers Meer antreten. Hilfe vor Ort ist daher die wirksamste Hilfe für diese Menschen. Es heißt nicht, entweder Unterstützung in Österreich oder Fluchtursachen bekämpfen, es braucht beides." Forderungen und Initiativen aus OÖ Integrations-Landesrat Rudi Anschober fordert daher von der EU und von der österreichischen Bundesregierung mehr Investition in der Krisenregion, um das Überleben zu sichern: - Schwerpunktprojekt der EU in der Krisenregion, - Erhöhung der österreichischen Entwicklungshilfe sofort von aktuell beschämenden 0,2 auf die seit Jahren versprochenen 0,7% Schwerpunktprojekt aus den Zusatzgeldern für die Krisenregion, - mehrjährige Projektfinanzierungen für die NGOs, um planbar handeln zu können, - weitere Spendenoffensive – Nachbar in Not, Syrien: Menschen auf der Flucht, IBAN AT 05 2011 1400 4004 4000, BIC: GIBAATWWXXX - Schaffung eines Partnerschaftsprojektes Oberösterreichs mit einer Region aus der Krisenregion (wie dies Baden-Württemberg bereits verwirklicht), zum Aufbau von Wirtschaftskooperationen, Strukturhilfe etc. Pressekonferenz 18. Mai 2016 LR Rudi Anschober Seite 4 Klimaveränderung ist eine zentrale Fluchtursache Mehrere Forschungsergebnisse aus den letzten Wochen deuten darauf hin, dass die Klimaveränderung bereits eine der Ursachen für den Krieg in Syrien war. Wissenschafter/innen der NASA haben etwa festgestellt, dass die schwerste Dürre seit 900 Jahren, die in Südsyrien von 1996 - 2010 die Erträge in der einstigen Kornkammer des Nahen Ostens dramatisch reduziert hat und eine massive Verarmung und Landflucht ausgelöst hat, eine wesentliche Mitursache für den Krieg war. Die Erkenntnisse des NASA Goddard Institutes for Space Studies zeigen über die letzten 20 Jahre weite Dürre im Mittelmeerraum – Klimamodelle prognostizieren zukünftig noch massivere Szenarien. Die Wissenschafter/innen nehmen an, dass es sich in manchen MittelmeerRegionen bereits um Effekte des Klimawandels handelt – am stärksten betroffen: Syrien. In den vom NASA-Institut ausgewerteten Daten von über 900 Jahren entsprechen die Trockenperioden im westlichen Mittelmeerraum stets den natürlichen Schwankungen. Die Dürre-Ausreißer sind im östlichen Raum festzustellen, etwa in Syrien. Hier ist aktuell die wahrscheinlich trockenste Periode seit 900 Jahren, mit Sicherheit die schlimmste Dürre seit 500 Jahren. Die Entwicklungskurve der Fluchtbewegung zeigt klare Parallelen zur Dürre: Pressekonferenz 18. Mai 2016 LR Rudi Anschober Seite 5 Andere Forschungsarbeiten prognostizieren für den Nahen Osten besonders dramatische Jahrzehnten. In einem Temperatursteigerungen gemeinsamen in den Forschungsprojekt nächsten haben Wissenschafter/innen des Max-Planck-Instituts und des Cyprus-Institutes Temperatur-Prognosen für den Mittleren Osten und Nordafrika modelliert. Ihre Ergebnisse zeigen zunehmende Hitze-Extreme und einen starken Anstieg an heißen Tagen und Nächten. Konkret auf die Region des Mittleren Ostens und Nordafrikas (MENA) bezogen: Bisher lag die Maximaltemperatur an heißen Tagen bei 43°C, bis Mitte des Jahrhunderts wird diese auf 46°C ansteigen, bis Ende des Jahrhunderts gar 50°C erreichen. Hitzewellen können zehnmal häufiger auftreten. Während es von 1986-2005 durchschnittlich an 16 Tagen durchgehend sehr heiß war, liegt die Prognose für Hitzeperioden zu Mitte des Jahrhunderts bei über 80 Tagen, gegen Ende des Jahrhunderts bei 118 Tagen. Dies ist mit massiven Auswirkungen auf Gesundheit und Gesellschaft verbunden, denn bewohnbar wäre diese Region nicht mehr. Auch der Beschluss der Pressekonferenz 18. Mai 2016 LR Rudi Anschober Seite 6 Weltgemeinschaft, die Erderwärmung auf rund 2°C zu beschränken, würde lt. Forscherteam nicht ausreichen, um die MENA-Region von diesem massiven Temperaturanstieg zu bewahren. Klimaveränderung als anerkannter Fluchtgrund Die Bilder aus Äthiopien, Somalia, aus dem südlichen Afrika oder auch aus anderen Weltregionen sind dramatisch: Wenn jahrelang die Regenfälle ausbleiben, das Wasser immer und immer knapper wird bis es versiegt. Die Vegetation wird immer karger, dann sterben die (Nutz-)Tiere. Dies ist aber erst der erste Schritt – denn damit entfällt die Nahrungsgrundlage für den Menschen und Unterernährung und Tod stehen den Bewohner/innen dieser Regionen bevor. LR Anschober: „Einerseits haben wir es durch die Eindämmung des Klimawandels selbst in der Hand, wie sich Weltregionen entwickeln, ob wir diese extreme Dürreperioden in weiteren Teilen der Erde verhindern können. Andererseits braucht es für diese Menschen eine Anerkennung des Fluchtgrundes Klimaveränderung durch die internationale Staatengemeinschaft. Denn ein Leben in diesen Dürreregionen könnte schlichtweg unmöglich werden.“ Initiativen gegen den Klimawandel Anschober: „Bisher ist in der Öffentlichkeit kaum bekannt, dass die Klimaveränderung eine zentrale Fluchtursache für Millionen Menschen zu werden droht - und teilweise bereits ist. Wir wollen die Information darüber vorantreiben. Das ist ein zentraler Grund mehr, den in Paris abgeschlossenen Weltklimavertrag konsequent umzusetzen. Da hat auch Österreich viel zu tun. Bei der nächsten Konferenz der Landesumweltreferent/innen am 17. Juni auf Einladung Niederösterreichs in Wien wollen wir einen großen Schritt in diese Richtung tun. Und am 21. Juni widmen wir den Oö. Umweltkongress im Linzer Schlossmuseum unter dem Titel ‚Klimawandel und Migration – die neuen Flüchtlinge?‘ ganz Pressekonferenz 18. Mai 2016 LR Rudi Anschober der Seite 7 potentiellen Fluchtursache Klimaveränderung. Internationale Fachleute werden ihre aktuellen Forschungsergebnisse und Expertisen hierbei präsentieren.“ Beilage: Folder zum OÖ. Umweltkongress 2016 Oö. Umweltkongress 2016: Klimawandel und Migration – die neuen Flüchtlinge? DI, 21. Juni 2016, 9:00 bis 19:30 Uhr Linzer Schlossmuseum kein Teilnahmebeitrag Anmeldung unbedingt erforderlich bis 7. Juni 2016 – online samt weiteren Infos unter: https://www.land-oberoesterreich.gv.at/170353.htm Pressekonferenz 18. Mai 2016
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