49/2015 BGH: Mitnahme von Kindern zu sportlichen

Mitteilungen der Juristischen Zentrale
VERTRAGSANWÄLTE
Nr. 49/2015
29.07.2015 PM
BGH: Mitnahme von Kindern zu sportlichen Veranstaltungen als
Gefälligkeit
Sehr geehrte Damen und Herren,
mit dieser Mitteilung möchten wir Sie über eine aktuelle Entscheidung des Bundesgerichtshofes vom 23.07.2015 (Az.: III ZR 346/14) informieren. Danach stellen Fahrten von Kindern durch Familienangehörige zu sportlichen Veranstaltungen eine reine
Gefälligkeit dar. Aufwendungsersatzansprüche gegen den Sportverein nach einem
Verkehrsunfall scheiden daher aus.
Im zugrunde liegenden Fall fuhr die Klägerin ihre Enkelin, die Mitglied in der Fußballmannschaft des beklagten Vereins ist, zu einer Kreismeisterschaft. Auf dem Weg
zu diesem Turnier erlitt die Klägerin mit ihrem Fahrzeug einen Unfall.
Das OLG Celle sprach der Klägerin in der Berufungsinstanz mit Urteil vom
16.10.2014 (Az.: 5 U 16/14) einen Anspruch für den durch den Unfall entstandenen
materiellen Schaden zu. In seiner Begründung führt das Gericht aus, dass auch ohne
ausdrücklichen Auftrag des beklagten Sportvereins der Transport der Kinder gemäß
§ 683 BGB jedenfalls dem Interesse des Vereins entsprach. Aus diesem Grund bestehe ein Anspruch auf Erstattung der durch die Verletzungen entstandenen Kosten
analog § 670 BGB.
Der Bundesgerichtshof hob auf die Revision des beklagten Vereins hin das Urteil auf,
soweit die Verurteilung den Verein zur Zahlung verpflichtete und bestätigte das erstinstanzliche, die Klage abweisende, Urteil des LG Stade vom 11. Dezember 2013
(Az.: 2 O 304/12).
Zunächst ist zu prüfen, inwieweit die Fahrt für die Klägerin als Geschäftsbesorgung
zu qualifizieren ist. Ob der für ein Auftragsverhältnis erforderliche Rechtsbindungswille vorliegt, hängt maßgeblich davon ab, wie sich das Verhalten des Leistenden einem objektiven Beobachter – nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung der
Umstände des Einzelfalls mit Rücksicht auf die Verkehrssitte – darstellt.
Eine vertragliche Bindung wird nach den Ausführungen des Gerichts dann zu sehen
sein, „wenn für den Leistungsempfänger wesentliche Interessen wirtschaftlicher Art
auf dem Spiel stehen und er sich auf die Leistungszusage verlässt oder wenn der
Leistende an der Angelegenheit ein eigenes rechtliches oder wirtschaftliches Interesse hat“.
2
Das Gericht prüfte somit die Frage nach dem Vorliegen eines Rechtsbindungswillens
nach der Art der Tätigkeit, dem Grund und Zweck, ihrer wirtschaftlichen und rechtlichen Bedeutung für den Geschäftsherrn, der Umstände, unter denen sie erbracht
wird, und der dabei entstehenden Interessenslage der Parteien. Um Wertungswidersprüche zu vermeiden, gelten diese Grundsätze auch im Bereich der Abgrenzung
zwischen der Geschäftsführung ohne Auftrag und dem Gefälligkeitsverhältnis.
In der Sache fuhr die Klägerin ihre Enkelin, um dieser die Teilnahme an dem Turnier
zu ermöglichen. Sie handelte insoweit aus Gefälligkeit gegenüber ihrer Enkelin
bzw. deren Eltern. An der Beurteilung als Gefälligkeit ändert sich nichts dadurch,
dass auch der Verein ein Interesse an dem Transport hatte.
Mit freundlichen kollegialen Grüßen
Ulrich May
Leiter Juristische Zentrale