Soziologische Perspektiven auf „Begabung“ und „Begabtenförderung“ Workshop Datum: 15.–16. Juli 2016 Ort: Stiftung Universität Hildesheim Organisatoren: Arne Böker (Hildesheim) & Kenneth Horvath (Karlsruhe) „Begabte“, „talentierte“ oder „leistungsstarke“ Subjekte sind in den letzten Jahren zunehmend in den Fokus von Bildungspolitik und -praxis gerückt. Diese Entwicklung spiegelt sich auch in wissenschaftlichen Diskussionen und Forschungsprogrammen wider. An diesen aktuellen Debatten fällt auf, dass soziologische und gesellschaftstheoretische Perspektiven kaum zu finden sind. Dieser Umstand ist umso erstaunlicher, als eine kritische Auseinandersetzung mit meritokratischen Vorstellungen und den mit ihnen verwobenen Mechanismen der Reproduktion von Bildungsungleichheiten spätestens seit Pierre Bourdieus und JeanClaude Passerons “Illusion der Chancengleichheit” zum bildungssoziologischen Standardrepertoire gehört. Wir möchten diese Ausgangssituation zum Anlass nehmen, im Rahmen eines zweitägigen Workshops über im weitesten Sinn soziologische Annäherungen an die Phänomene “Begabung” und “Begabtenförderung” zu diskutieren. Der Workshop soll Grundlage für ein gemeinsames Publikationsprojekt sein. Der Workshop ist offen für unterschiedliche theoretische und methodologische Zugänge. Zu den möglichen Themen und Fragestellungen zählen: Begabungskonzepte und -diskurse: Bei näherer Betrachtung zeigt sich, dass keine allgemein verbindliche Definition von „Begabung“ existiert (vgl. Ziegler 2010). Dementsprechend variieren nicht nur die Auswahlund Förderpraktiken innerhalb des Feldes der Begabtenförderung, sondern auch die pädagogischen und wissenschaftlichen Problematisierungen. Darauf aufbauend scheinen zwei Fragen von besonderem Interesse: Welche (widerstreitenden) Konzeptionen sind in unterschiedlichen Praxisfeldern – von Pädagogik bis Politik – zu finden? Wie ist das Phänomen “Begabung” aus sozialwissenschaftlicher Sicht angemessen zu theoretisieren? Begabung und Ungleichheit: Studien, die einen Zusammenhang von Beteiligungschancen und sozialer Herkunft feststellen, lassen sich seit Beginn der Hochbegabungsforschung identifizieren. Dieser Zusammenhang ist als Ausdruck natürlicher Unterschiede (vgl. Terman 1926) und als Diagnose- und Minderheitenproblem (vgl. Stamm 2009) erklärt worden. Zudem finden sich diskurstheoretische Erklärungsversuche, die das Begabungskonzept selbst als Teil des Problems analysieren (vgl. Margolin 1994, Horvath 2014). Mögliche Fragestellungen im Rahmen des Workshops können dahingehend sein: Wie hängen Begabtenförderung und Bildungsungleichheiten soziale – und Begabungsorientierung vorstellbar? Ungleichheit wenn, über zusammen? welche Verschärft Mechanismen? Ist die eine Begabtenförderung sozial gerechte Begabung und Politik: Begabung markiert ein Schlüsselelement aktueller Bildungsdiskurse. Als Leitbegriff bildungspolitischer Programme kann es auf eine lange Geschichte verweisen, die von einem komplexen Wechselspiel liberal/utilitaristischer, kulturalisierend/rassistischer und individualisierend/essenzialisierender Gedanken geprägt ist. Im Rahmen des Workshops lässt sich darauf aufbauend fragen: Wie stehen aktuelle Begabungs- und Förderkonzepte im Verhältnis zu den eugenischen Begabtenprogrammen der ersten Stunde? Wie sind die Konjunkturen der Begabungsorientierung im Bildungssystem zu erklären? Welche Akteure waren prägend für die Etablierung aktueller Programme? Begabte als Subjekte und Gruppe: Den „begabten“ Subjekten werden verschiedene Merkmale zugeschrieben, die sie von den „normal-begabten“ Subjekten unterscheiden. Bei Berücksichtigung der theoretischen Vieldeutigkeit des Konstrukts „Begabung“ ist es wenig überraschend, dass sich eine Vielzahl verschiedener Charakterisierungen des „begabten“ Subjekts finden lassen. Diese teilweise widersprüchlichen Charakterisierungen wirken auf Biographien und Selbstkonzepte der „begabten“ Subjekte ein. Aus soziologischer und gesellschaftstheoretischer Perspektive lässt sich daher fragen: Welche Vorstellungen von „Begabten“ herrschen in unterschiedlichen Feldern vor? Welche Rolle kommt dem Merkmal der Begabung oder auch der Intelligenz bei der Identitätsbildung zu? Welche Art von Selbstentwürfen entwickeln die mit diversen Fremdentwürfen konfrontierten Subjekte? Wir laden alle Interessierten ein, uns bis spätestens 30. April 2016 einen Beitragsvorschlag (max. 300 Wörter) zukommen zu lassen. Einreichungen bitte per E-Mail an [email protected]. Das Organisationsteam Arne Böker & Kenneth Horvath
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