Helaba Volkswirtschaft/Research IMMOBILIENREPORT 28. September 2015 Den Zyklus im Blick AUTOR Dr. Stefan Mitropoulos Telefon: 0 69/91 32-46 19 [email protected] Der US-Immobilienmarkt befindet sich bereits in einer reifen Phase. Nach dem Beginn der Leitzinserhöhungen dürfte es allmählich zu einer Abkühlung kommen. REDAKTION Dr. Gertrud R. Traud Hohe Mittelzuflüsse setzen die offenen Immobilienfonds unter Anlagedruck, dem durch eine Liquiditätssteuerung via Kontingentierung begegnet werden kann. HERAUSGEBER Dr. Gertrud R. Traud Chefvolkswirt/Leitung Research Landesbank Hessen-Thüringen MAIN TOWER Neue Mainzer Str. 52-58 60311 Frankfurt am Main Telefon: 0 69/91 32-20 24 Telefax: 0 69/91 32-22 44 Der Büromarkt Paris kommt wie auch die französische Konjunktur nicht richtig in Schwung. Die Aussichten für 2016 sind etwas besser. 1 Auf einen Blick ........................................................................................................................... 1 2 Ausgewählte Immobilienanalysen ............................................................................................ 2 2.1 US-Investmentmarkt: Warten auf die Zinswende ................................................................... 2 2.2 Zuflüsse bei Offenen Immobilienfonds: Fluch oder Segen? ................................................... 3 2.3 Büromarkt Paris weiterhin schwunglos................................................................................... 4 1 Auf einen Blick Wie lange läuft der Zyklus? NCREIF Property Index, Gesamtrendite, % gg. Vj. 30 30 Einzelhandel Apartments 20 20 10 10 0 0 -10 Industrie Büro -10 -20 Die Publikation ist mit größter Sorgfalt bearbeitet worden. Sie enthält jedoch lediglich unverbindliche Analysen und Prognosen zu den gegenwärtigen und zukünftigen Marktverhältnissen. Die Angaben beruhen auf Quellen, die wir für zuverlässig halten, für deren Richtigkeit, Vollständigkeit oder Aktualität wir aber keine Gewähr übernehmen können. Sämtliche in dieser Publikation getroffenen Angaben dienen der Information. Sie dürfen nicht als Angebot oder Empfehlung für Anlageentscheidungen verstanden werden. -20 -30 -30 80 82 84 86 88 90 92 94 96 98 00 02 04 06 08 10 12 14 Quellen: Datastream, Helaba Volkswirtschaft/Research Nach starken Rückgängen während der Finanzkrise drehten die Gesamtrenditen direkt gehaltener US-Immobilien Mitte 2010 ins Positive. Seitdem weist der NCREIF Index für die Wertentwicklung gewerblicher Immobilien, der um den Fremdkapitaleinsatz bereinigt wird, Gesamtrenditen im prozentual zweistelligen Bereich aus. Die Vorjahresraten haben sich seit mehr als drei Jahren wenig verändert – der Aufwärtstrend scheint sich zuletzt nochmals etwas verstärkt zu haben. Der Gesamtindex lag im 2. Quartal 2015 um 13 % über dem Vorjahreszeitraum und zeigt damit eine auch im internationalen Vergleich überdurchschnittliche Performance der US-Immobilien. Wie auch bei der US-Konjunktur muss allerdings konstatiert werden, dass sich der zyklische Aufschwung damit bereits in einer reifen Phase befindet (vgl. auch S. 2). H E L A B A V O L K SW I R T S C H A F T / R E S E A R C H · 2 8 . S E P T E M B E R 2 0 1 5 · © H E L A B A 1 IMMOBILIENREPORT 2 Dr. Stefan Mitropoulos Tel.: 069/91 32-46 19 Ausgewählte Immobilienanalysen 2.1 US-Investmentmarkt: Warten auf die Zinswende Der Aufschwung am US-Investmentmarkt befindet sich im sechsten Jahr. Die US-Konjunktur läuft rund und die hohe Attraktivität von Immobilien als Kapitalanlage sorgt für kontinuierlich steigende Transaktionsvolumina – so auch im ersten Halbjahr 2015. Gestört werden könnte dieses Bild durch die anstehende geldpolitische Wende. Die durch die Finanzkrise ausgelöste Rezession in den USA endete Mitte 2009, so dass sich die US-Wirtschaft bereits zu Beginn des siebten Jahres der aktuellen Expansion befindet. Zumindest in der Vergangenheit starben die konjunkturellen Aufschwungphasen nicht an Altersschwäche, sondern ihr Ende wurde in der Regel durch ein exogenes Ereignis eingeleitet. Der wichtigste Fak1 tor hierfür war in der Vergangenheit die Geldpolitik. Eng mit der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung verknüpft sind üblicherweise die Immobilienmärkte. Hier hat seit dem Tiefpunkt der gewerblichen Immobilienpreise Anfang 2010 eine bemerkenswerte Entwicklung stattgefunden: So übertrifft der transaktionsbasierte Immobilienindex von Moodys/RCA inzwischen seinen Höchststand aus dem Boomjahr 2007 um etwa 13 %. Dabei haben zwar Industrieimmobilien erst ihren damaligen Höchststand wieder erreicht und Einzelhandelsimmobilien liegen noch spürbar darunter. Eine kräftige Outperformance zeigen dagegen Apartments, deren Preisniveau inzwischen rund ein Drittel über dem früheren Spitzenwert liegt. Auch aus dem Bürosektor werden kräftige Preissteigerungen gemeldet, dort allerdings vor allem bei den begehrten Core-Objekten in bester Lage. Der nach wie vor begrenzte Risikoappetit und die weniger günstige fundamentale Entwicklung führen zu einer verzögerten Reaktion der Preise von Büroimmobilien in weniger zentralen Lagen. Risiko US-Geldpolitik? Immobilienpreise steigen und steigen… Investmentumsätze auf Boomniveau Transaktionsorientierte Immobilienpreise, 01/2001 =100 Transaktionsvolumina am US-Gewerbeimmobilienmarkt, Mrd. US-Dollar 260 90 90 240 80 80 220 70 70 200 60 60 180 50 50 160 40 40 140 30 30 120 20 20 100 10 10 80 0 260 240 Apartments 220 Büro 200 Einzelhandel 180 160 140 Industrie 120 100 80 01 02 03 04 05 06 07 08 09 10 11 12 13 14 15 Quellen: Moodys/RCA, Helaba Volkswirtschaft/Research Erste Leitzinserhöhung wohl im Dezember 0 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 Quellen: Jones Lang LaSalle, Helaba Volkswirtschaft/Research Die US-Notenbank hat auf ihrer letzten Sitzung Mitte September die Zinswende erneut verschoben. Der wahrscheinlichste Termin für den ersten Zinsschritt liegt nun im Dezember. Die ersten Zinserhöhungen allein stellen den Aufwärtstrend an den Immobilienmärkten jedoch nicht unmittelbar in Frage. Denn der Zinserhöhungszyklus beginnt diesmal von einem extrem niedrigen Niveau, so dass voraussichtlich auch im kommenden Jahr nicht von einer restriktiven Wirkung der USGeldpolitik, sondern lediglich von einer weniger expansiven auszugehen ist. Auf die relative Attraktivität der Immobilienanlage dürfte sich die Zinswende aber schon früher auswirken: So beträgt die Rendite 10-jähriger US-Treasuries derzeit gut 2 % (zum Vergleich: deutsche Staatsanleihen gleicher Laufzeit: 0,6 %), die Anfangsrendite bei Spitzenobjekten am New Yorker Büromarkt bereits weniger als 3 ½ %. Sollten sich die langjährigen Zinsen wie von uns erwartet im Zuge der Zinswende schon bald in Richtung 3 % bewegen, würde die Risikoprämie am Immobilienmarkt weitgehend verschwinden. Damit wäre eine Voraussetzung für eine allmähliche Abkühlung am Immobilieninvestmentmarkt und auch eine Verlangsamung des Aufwärtstrend bei den Kaufpreisen absehbar. 1 Vgl hierzu ausführlich unser USA Aktuell „Wann endet die Expansion?“ vom 18. Juni 2015. H E L A B A V O L K SW I R T S C H A F T / R E S E A R C H · 2 8 . S E P T E M B E R 2 0 1 5 · © H E L A B A 2 IMMOBILIENREPORT Dr. Stefan Mitropoulos Tel.: 069/91 32-46 19 2.2 Zuflüsse bei Offenen Immobilienfonds: Fluch oder Segen? Die für Privatanleger grundsätzlich zugänglichen offenen Immobilienfonds erfreuen sich weiterhin großer Beliebtheit. Die hohen Nettomittelzuflüsse könnten aber den Fondsmanagern zunehmend Bauchschmerzen bereiten. Offene Immobilienfonds (OIF) in Deutschland verbuchten 2014 Nettomittelzuflüsse in Höhe von knapp 1 Mrd. Euro, von Januar bis Juli 2015 sogar rund 1,9 Mrd. Euro. Diese Zahlen sind etwas verzerrt durch die OIF in Abwicklung, die bereits mehrfach zu negativen Monatswerten geführt haben – so zuletzt im Mai und im Juli 2015. Dagegen erfreuen sich die im „Helaba OIF-Index“ enthaltenen neun Fonds der vier großen Anbieter weiterhin großer Beliebtheit. Nach der vom Branchenverband BVI veröffentlichten Investmentstatistik verbuchten sie in den ersten sieben Monaten 2015 bereits Nettomittelzuflüsse in Höhe von beachtlichen 3,4 Mrd. Euro. Für den Fall hoher Mittelabflüsse wurden zur besseren Liquiditätssteuerung durch das Portfoliomanagement mit der gesetzlichen Änderung 2013 Mindesthalte- und Kündigungsfristen bei OIF eingeführt. Aber auch sehr hohe Zuflüsse bergen Risiken für die Fonds. So würde einerseits ein zu stark steigender Anteil liquider Mittel im Portfolio (die heute bereits im Schnitt bei fast einem Viertel liegt) angesichts der extrem niedrigen Verzinsung am Rentenmarkt die Gesamtrendite des Anlageproduktes verwässern. Andererseits scheint eine schnelle Investition dieser Mittel im aktuellen Umfeld schwierig zu sein: Die von den OIF präferierten Core-Objekte sind rar und in vielen Marktsegmenten nicht mehr günstig. Eine zu stark prozyklische Ankaufpolitik könnte langfristig zu Problemen führen, wenn heute Objekte möglicherweise zu teuer oder zu schlechten Qualitäten erworben werden. Um diesem Anlagedruck auszuweichen und letztlich die Rendite der Bestandshalter zu sichern kann daher auch bei zu hohen Mittelzuflüssen eine Liquiditätssteuerung sinnvoll sein. Dies kann – in Absprache mit den Vertriebspartnern – in Form einer Kontingentierung erfolgen bis hin zu einer vorübergehend vollständigen Zurückweisung neuer Mittel. Kontingentierung als geeignetes Mittel zur Liquiditätssteuerung Hohe Mittelzuflüsse seit Jahresbeginn Keine großen Sprünge bei der Rendite Nettomittelzuflüsse OIF nach Anbieter, Jan.-Juli 2015, Mio. Euro Jahresrendite Helaba OIF-Index und Rendite 10-jähriger Staatsanleihen, % 8 8 DekaBank 7 7 DeAWM 6 6 5 5 Union Investment Commerz Real KanAm Grund 4 AXA UBS OIF in Abwicklung weitere Fonds in Abwicklung* 4 Helaba OIF-Index 3 Rendite 10-jähriger deutscher Staatsanleihen 2 SEB 3 2 1 1 Credit Suisse -1.000 -600 -200 200 600 1.000 1.400 1.800 *Abwicklung durch Verwahrstellen Quellen: BVI, Helaba Volkswirtschaft/Research Immobilienanlage auch 2016 noch attraktiv 0 06 07 08 09 10 11 12 13 14 15 0 Quellen: Datastream, Helaba Volkswirtschaft/Research Wir gehen zwar davon aus, dass sich die günstige Entwicklung, die aus vielen Immobilienmärkten gemeldet wird, allmählich auch in der Wertentwicklung einzelner Fonds auswirkt. Allerdings erlaubt die weiterhin sehr niedrige Verzinsung der Liquidität keine großen Renditesprünge. Die Jahresperformance des „Helaba OIF-Index“ liegt seit gut einem Jahr um 2 ½ %, bei einer Bandbreite der einzelnen Fonds von zuletzt 1,7 % bis 2,9 %. Der Index umfasst die Wertentwicklung von neun für Privatanleger investierbaren offenen Immobilienfonds (OIF), die gleich gewichtet werden. Dies mag im anhaltenden Niedrigzinsumfeld eine für viele Anleger akzeptable Rendite sein, sie liegt aber spürbar unter dem langfristigen Ergebnis dieser Immobilienanlage (10-Jahres-Durchschnitt Helaba OIF-Index aktuell bei 3,4 %). Selbst bei einem leichten Anstieg der Renditen am deutschen Rentenmarkt bleibt der Abstand zur durchschnittlichen Rendite der OIF bis auf weiteres hoch und damit die relative Attraktivität der Assetklasse auch im kommenden Jahr gegeben. Die Frage nach der Steuerung der Mittelzuflüsse könnte daher die Fondsbetreiber wohl noch länger beschäftigen. H E L A B A V O L K SW I R T S C H A F T / R E S E A R C H · 2 8 . S E P T E M B E R 2 0 1 5 · © H E L A B A 3 IMMOBILIENREPORT 2.3 Büromarkt Paris weiterhin schwunglos Dr. Stefan Mitropoulos Tel.: 069/91 32-46 19 Die Lage am Büromarkt in Paris ist nicht so schlecht, wie die konjunkturelle Lage vermuten lässt. Nach mehreren Quartalen mit rückläufigen Mieten haben sich die zentralen Standorte inzwischen stabilisiert. Für das kommende Jahr sind bei etwas besserer gesamtwirtschaftlicher Entwicklung leicht anziehende Büromieten wahrscheinlich. Die Konjunktur in Frankreich ist noch schwach. Nach einem recht positiven Jahresbeginn stagnierte die französische Wirtschaft im zweiten Quartal 2015 wieder. Die Arbeitslosenrate liegt mit zuletzt 10,4 % auf dem hohen Vorjahresniveau. Zumindest haben sich die Frühindikatoren in der Industrie im letzten Monat deutlich verbessert. Für eine spürbare wirtschaftliche Belebung ist es erforderlich, dass die zaghaft angegangenen Reformen nun wirken und durch weitere Maßnahmen zur Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit ergänzt werden. Günstiger als im Landesdurchschnitt sieht es im Großraum Paris aus, der mit seinen etwa 55 Mio. m² Bürofläche (davon rund 17 Mio. m² im Stadtgebiet) den französischen Büromarkt dominiert. So verläuft die Beschäftigungsentwicklung in der Ile-de-France seit 2012 günstiger als im Rest des Landes. Während die Beschäftigung außerhalb der Hauptstadtregion Ende letzten Jahres sogar noch leicht unter dem Tiefstand des Jahres 2010 lag, konnte sie in der Ile-de-France seitdem um 1,5 % zulegen. Die überdurchschnittliche Entwicklung in der Region sollte 2016 andauern. Beschäftigungsanstieg im Großraum Paris Überdurchschnittliche Beschäftigungsentwicklung Leichter Anstieg der Büromiete in Sicht Beschäftigte, Q4/2001 = 100 Durchschnittliche Büromiete in Paris, % gg. Vj. 104 104 103 103 Ile-deFrance 102 101 100 100 04 05 06 07 08 09 10 11 12 13 14 10 10 gute Lage 0 0 Nebenlage -10 97 03 20 -10 98 97 02 20 99 France (metropolitaine) ohne IdF 98 30 102 101 99 30 15 Quellen: INSEE, Helaba Volkswirtschaft/Research -20 -20 96 97 98 99 00 01 02 03 04 05 06 07 08 09 10 11 12 13 14 15e 16e Quellen: Feri, Helaba Volkswirtschaft/Research Am Investmentmarkt wurde dank einiger großer Transaktionen 2014 der höchste Umsatz mit französischen Immobilien seit dem Boom 2007 erzielt. Daran konnte im ersten Halbjahr dieses Jahres nicht angeknüpft werden (fast -40% gg. Vj.), auch wenn der Großraum Paris seine Position als führender europäischer Investmentstandort nach London behauptet. Die Vermietungsumsätze am Büromarkt Paris enttäuschten im bisherigen Jahresverlauf ebenfalls. Viele Unternehmen sind im aktuellen wirtschaftlichen Umfeld nach wie vor mit Neuvermietungen vorsichtig und versuchen durch Flächenoptimierung Kosten einzusparen. Mit nur etwa 900.000 m² blieb der Flächenumsatz im ersten Halbjahr mehr als ein Fünftel unter dem Vorjahresergebnis. Selbst bei etwas mehr Abschlüssen im zweiten Halbjahr wird das Vorjahresergebnis von mehr als 2 Mio. m² wohl verfehlt. Impulse sind hier – mit der üblichen zeitlichen Verzögerung – erst bei einer stärkeren konjunkturellen Belebung zu erwarten. 2016: Leerstand unverändert, leichter Mietanstieg in guten Lagen Die Bürofertigstellungen nehmen 2015 in den begehrten zentralen Lagen von niedrigem Niveau zu, dürften dort aber problemlos absorbiert werden. Schwierig bleibt dagegen die Situation in einigen peripheren Bürostandorten vor allem im Westen des Ballungsraums, wo neue spekulative Entwicklungen auf einen Leerstand in bereits prozentual zweistelliger Höhe treffen. Während die Leerstandsrate im Stadtgebiet bei nur rund 5 % verharrt, bewegt sie sich in der Ile-de-France um 7 ½ % – mit voraussichtlich stabiler Tendenz im kommenden Jahr. Gute Chancen auf leicht steigende Büromieten bestehen in den besten innerstädtischen Lagen, während der Druck auf die Mieten in manchen peripheren Lagen 2016 anhalten dürfte. H E L A B A V O L K SW I R T S C H A F T / R E S E A R C H · 2 8 . S E P T E M B E R 2 0 1 5 · © H E L A B A 4
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