VERTRAU(D)LICH Bärenmarkt!

Helaba Volkswirtschaft/Research
VERTRAU(D)LICH
24. August 2015
Bärenmarkt!
AUTOR
Dr. Gertrud R. Traud
Chefvolkswirt/
Leitung Research
Telefon: 0 69/91 32-20 24
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REDAKTION
Dr. Stefan Mitropoulos
HERAUSGEBER
Helaba
Landesbank
Hessen-Thüringen
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60311 Frankfurt am Main
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Telefax: 0 69/91 32-22 44
Der DAX fällt wie ein Stein. Nachdem er heute Morgen die 10.000er Marke durchbrochen hat, ist
er im Laufe des Tages auch noch unter den Jahresanfangswert von 9.805 Punkten gefallen. Die
ganze Jahresperformance ist dahin. Viel deutlicher ist der Rückgang jedoch seit dem Jahreshöchstwert von 12.390 Punkten im April. Seitdem beläuft sich der Rückgang auf über 20 % und
der DAX befindet sich entsprechend der üblichen Definition in einem Bärenmarkt.
Technisch stehen jetzt die Marken zwischen 9.220 und 8.900 im Fokus. Nur weil heute die Marke
von 10.000 fiel und der Jahresanfangsstand durchbrochen wurden, heißt das noch nicht, dass die
Abwärtsbewegung zu Ende ist. Vielmehr sollte man sich mit dem Gedanken anfreunden, dass
auch die 9.000er Marke in diesem Bärenmarkt fallen wird. Wir hatten vor dem Einsetzen der Korrektur lange darauf hingewiesen, dass die Kurse fundamental nicht mehr zu rechtfertigen waren.
Nunmehr sucht der Markt seinen „fairen Wert“. Üblicherweise wird es dabei auch eine Übertreibung nach unten geben.
Mehrere Ängste bewegen derzeit die Aktienmärkte. Ausgehend von einer geringeren Konjunkturdynamik geht die Angst um, dass ein schwächeres Wachstum der zweitgrößten Wirtschaftsnation China auch den Rest der Welt in Mitleidenschaft ziehen wird. Der fallende Rohölpreis macht
den rohstoffexportierenden Ländern zu schaffen, denn ihre Einnahmen gehen entsprechend signifikant zurück. Dabei werden in vielen Schwellenländern hausgemachte Probleme offengelegt:
angefangen von bedrohlich angewachsenen Blasen wie auf dem chinesischen Immobilien- oder
Aktienmarkt bis hin zu innen- und außenpolitischen Konflikten sowie wirtschaftspolitischer Lethargie und strukturellen Verkrustungen. Die Angst vor einer Zinswende in den USA verflüchtigt sich
hingegen in dem Ausmaß, wie die Aktienkurse fallen, auch wenn der Rückgang dort bislang nicht
so ausgeprägt ist wie in China oder bei uns. Dies liegt einerseits an der robusten wirtschaftlichen
Verfassung. Andererseits aber auch daran, dass die US-Aktienmärkte in diesem Jahr kaum Dynamik gezeigt hatten.
Reicht der aktuelle Rückgang aber schon, um bereits wieder einzusteigen? Sind wir schon wieder
so weit, dass niemand mehr etwas mit Aktien zu tun haben möchte? Ist bereits die Kapitulation
erreicht? Ich denke nein. Vielmehr sieht es eher danach aus, dass aufgrund der lange beschworenen „Alternativlosigkeit“ der Blick auf einen günstigen Wiedereinstieg gesucht wird. Dies ist noch
kein Ende des Bärenmarktes.
Die Publikation ist mit größter
Sorgfalt bearbeitet worden.
Sie enthält jedoch lediglich
unverbindliche Analysen und
Prognosen zu den gegenwärtigen und zukünftigen
Marktverhältnissen. Die Angaben beruhen auf Quellen,
die wir für zuverlässig halten,
für deren Richtigkeit, Vollständigkeit oder Aktualität wir
aber keine Gewähr übernehmen können. Sämtliche in
dieser Publikation getroffenen Angaben dienen der Information. Sie dürfen nicht
als Angebot oder Empfehlung für Anlageentscheidungen verstanden werden.
Jedoch nicht nur aus einer Kapitulation lässt sich das Ende eines Abwärtstrends ableiten. Jede
volkswirtschaftliche Zahl, die jetzt publiziert wird, muss genau beobachtet werden. Solange
schlechte Zahlen noch für eine weitere negative Reaktion auf den Märkten sorgen, ist noch nicht
genug Pessimismus eingepreist. Die Resistenz gegenüber schlechten Nachrichten kann als weitere wichtige Voraussetzung für ein Ende eines Bärenmarktes gesehen werden. Daraus lässt sich
dann ableiten, dass die Märkte bereits ein noch schlechteres Szenario eingepreist haben. Dies
scheint noch nicht der Fall zu sein.
Nicht nur die psychologischen Rahmenbedingungen, sondern auch die Fundamentaldaten sprechen noch nicht für eine Trendwende am Aktienmarkt. Mit Blick auf die Bewertung ist festzustellen,
dass die europäischen Märkte noch nicht fundamental unterbewertet sind und somit noch kein
erhebliches Kurspotenzial bieten.
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Für ein Ende des Abwärtstrends an den Märkten müssen aber zwei weitere Bedingungen erfüllt
sein: eine ausreichende Liquidität und eine Stabilisierung der Wachstumserwartungen.
Liquidität wird von fast allen Zentralbanken zur Verfügung gestellt. Die US-Notenbank signalisierte
zwar eine erste Zinserhöhung im Laufe dieses Jahres. Allerdings könnte diese ausfallen, sollten
die Aktienmärkte in den USA auch deutlicher unter Druck kommen. Der Spielraum der Notenbanken für weitere expansive Maßnahmen ist bei rekordniedrigen Zinsen und alternativen geldpolitischen Maßnahmen wie „Quantitative Easing“ aber eher gering.
Auch hinsichtlich der letzten Bedingung für ein Ende der Abwärtsentwicklung der Aktienmärkte –
der Stabilisierung der Wachstumserwartungen – ist derzeit noch kein eindeutiges Muster festzustellen. Während in den USA und in Europa die Wachstumserwartungen für das Bruttoinlandsprodukt in den vergangenen Monaten recht stabil blieben, werden die Erwartungen für die Schwellenländer noch zurückgenommen. Hieraus resultiert ein wesentlicher Unsicherheitsfaktor.
Es ist definitiv noch zu früh, um schon wieder einzusteigen! 
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