Lilys Taufe – Eine etwas andere Weihnachtsgeschichte

Lilys Taufe – Eine etwas andere Weihnachtsgeschichte
nach Alejandro Castillo Morga
Eine der christlichen Basisgemeinden in Mexiko-Stadt wurde im letzten Winter eingeladen, mit den Mädchen und Jungen, die auf der Straße und unter den Brücken leben, Weihnachten zu feiern.
Die Allgemeinheit geht davon aus, dass es sich sich um faule und arme Menschen handelt. Gruppen aus
der Zivilgesellschaft sagen ganz deutlich, dass 70 Prozent dieser Bevölkerung Kinder und Jugendliche sind,
die arbeiten. Die Basisgemeinde feierte mit den Kindern Weihnachten, die in einem Kanalloch an dem Park
Alameda Central im Herzen von Mexiko-Stadt lebten. Während dieser Feier näherte sich ein etwa 14 jähriges Mädchen einem Mitglied der Basisgemeinde und fragte, ob ihr gerade drei Wochen altes Baby getauft
werden könnte. Ein etwa 17 jähriger Jugendlicher kam dazu und sagte, er wäre der Vater des Kindes. Vater
und Mutter wollten das Kind auf den Namen „Lily“ als Geschenk der Heiligen Drei Könige zum sechsten
Januar taufen lassen. Die Basisgemeinde sagt die Taufe zum sechsten Januar zu.
An einem der Brunnen des Parks holten die Jugendlichen die Mitglieder der Basisgemeinde ab und führten sie zu ihrem Versteck im Kanal. Man weiß, dass die meisten der Jugendlichen auf der Straße sich mit
billigen und toxischen Drogen zudröhnen, um dadurch besser den Hunger und die Kälte auszuhalten, in
der sie leben müssen. Zu Beginn der Tauffeier wurden die Eltern gefragt, warum Lily nicht in einer der
Pfarreien des Stadtzentrum getauft werden sollte. Sie sagten, dass in jeder Kirche die Geburtsurkunde verlangt wurde, und dass die Geburt von Lily noch nicht offiziell anerkannt sei. Die Meldebehörde haben den
jungen Eltern mehrmals die Geburtsurkunde verweigert, weil sie keinen festen Wohnort hätten. Ohne eine
feste Adresse bekamen sie nicht die Urkunde. Bis zu diesem Moment existierte Lily laut Zivilrecht nicht, sie
konnte somit auch nicht durch das Kirchenrecht anerkannt werden. Deswegen konnte sie auch nicht das
Sakrament der Taufe erhalten.
Die Feier fand statt; die Kinder und Jugendlichen hatten etwas Wasser aus dem Brunnen im Park geholt, es
gab eine Kerze und Lily wurde mit viel Liebe in einem Schuhkarton getragen, der als kleine Kinderkrippe
diente. Es folgte der komplette Taufritus mit der Lesung des Evangeliums, so wie wir es hier gemeinsam
teilen. Als das „Vater Unser“ gebetet wurde, fragten die Frauen der Basisgemeinde, was die Jugendlichen
Lily zur Taufe schenken können. Lilys Mutter sagte, am meisten würde sich Lily eine Familie wünschen. Eine
Frau der Basisgemeinde sagte: „Da wir alle hier „Vater Unser“ beten, sind wir jetzt die Familie, die Lily als
Tochter aufnehmen möchte.“ Am Schluss der Feier umarmten sich alle, um ihr Versprechen zu bestätigen.
15 Tage später stand in der Zeitung, dass ein Baby von der Straße an Aids gestorben wäre. Es war Lily. Die
Basisgemeinde besuchte die Jugendlichen, um sie zu trösten und ihnen beizustehen. Befragt nach der To-
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desursache, sagte die Mutter von Lily, dass die Zeitungen gelogen hätten. Ihr Baby sei wegen Unterkühlung
gestorben, so wie es der Totenschein auswies, den das Rote Kreuz ausgestellt hatte. Trotzdem sagte die
Mutter von Lily, dass das Kostbarste die Taufe gewesen sei, denn so sei das Kind in der Präsenz von „Papa
Diosito“, Väterchen Gott. Tage später noch waren der Basisgemeinde die Symbole und die Erfahrung der
Taufe auf der Straße sehr präsent. Das Wasser, die Kinderkrippe von Lily, die Umarmung als Zeichen der
Verpflichtung als Familie. Jedes Symbol war eine Form, das Sakrament der Taufe und des Glaubens unter
den von der Gesellschaft Ausgeschlossenen zu leben. Die Basisgemeinde beschloss ein Haus für Kinder zu
gründen, die in den eigenen Familien nicht betreut wurden, damit nicht noch mehr Kinder auf der Straße
leben müssten. Diese Erfahrung des Lebens ist ein klares Zeugnis für uns, dass die Armen und die von der
Gesellschaft Ausgeschlossenen uns evangelisieren. Weihnachten und Menschwerdung – konkret.
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