Bußgottesdienst im Advent

Bußgottesdienst
Thomas Jung, Adveniat
(Der Gottesdienstraum ist ohne elektrisches Licht. Kerzen des Adventskranzes und verschiedene Kerzen/
Teelichter am Boden brennen: es herrscht eine angenehme Atmosphäre)
1. Begrüßung und Willkommensgruß: In diesem Buß-Gottesdienst wollen wir uns gemeinsam auf den
Weg machen – vom Dunkeln ins Licht, aus unserer eigenen Finsternis hinein in unsere Möglichkeiten,
Licht zu sein und Licht zu werden.
2. Mimik. (Schon vor dem Gottesdienst haben sich 2 oder 3 Personen vorbereitet und mögliche Szenen
einstudiert). Während in Stille szenisch verschiedene Situationen von Gewalt, Unrecht und Krieg zwischen zwei oder drei Personen dargestellt werden (a – Andeuten einer Ohrfeige; b – Sich den Rücken
zukehren; c – etc.), werden zeitgleich nach und nach die verschiedenen Kerzen/Teelichter im Raum ausgeblasen – bis nur noch eine brennende Kerze übrig bleibt.
3. Einladung, darüber nachzudenken, in welcher dieser dargestellten Situationen wir persönlich vielleicht
verstrickt sind (meditative Musik). Keine Kommentare!
4. Herr, erbarme Dich (Symbol: Kaffeebohne)
Eines der beiden Schwerpunktländer der Adveniat-Jahresaktion 2015 unter dem Leitwort „...das Werk der
Gerechtigkeit ist der Friede“ ist Kolumbien. Bei den wichtigsten Exportprodukten Kolumbiens steht der
Kaffee mit an oberster Stelle. Stellen wir uns eine Kaffeebohne vor oder schauen wir sie uns an.
Jesus Christus,
die Kaffeebohne ist in der Mitte geteilt – so wie wir! Interesse am anderen und Gleichgültigkeit ihm gegenüber wechseln sich ab. Das fehlende Engagement und unsere fehlende Konstanz hindern uns daran,
in dieser Einen Welt eins zu werden.
Herr, erbarme Dich (kann gesungen werden!)
Jesus Christus,
die Kaffeebohne ist oval – bis rundlich. Wir dagegen haben unsere Ecken und Kanten, manchmal sogar
Spitzen. So wie wir sind und handeln, verletzen wir gelegentlich unsere Liebsten und sonstigen Mitmenschen. Spaltungen und Trennungen sind die Folge.
Adveniat e. V. • Gildehofstraße 2 • 45127 Essen • Telefon 0201 1756 0 • E-Mail [email protected] • www.adveniat.de
Herr, erbarme Dich
Jesus Christus,
die Kaffeebohne ist Saatgut und gibt Frucht, manchmal sogar reiflich Frucht. Auch wir nehmen uns immer wieder vor, uns mehr für die Familie, die Gemeinschaft und die Gerechtigkeit in der Welt einzusetzen, aber die Früchte unserer guten Vorhaben lassen zu wünschen übrig. Gute Worte und Lebensalltag
stimmen nicht immer überein.
Herr, erbarme Dich
Jesus Christus,
die Landarbeiterinnen und Landarbeiter Kolumbiens bauen den Kaffee an, ernten, waschen, schälen
und trocknen ihn. Etwas ganz anderes ist das Röstverfahren, das oft in unseren Breitengraden erfolgt.
Wenn wir gut zusammenarbeiten, entsteht köstlicher Kaffee. Meistens mangelt es uns an einer echten
Solidargemeinschaft zwischen Süden und Norden.
Herr, erbarme Dich
Wir wollen unseren je eigenen Beitrag leisten, damit eine Welt möglich wird, in der für alle Platz ist und
mit Hilfe der Gerechtigkeit Frieden möglich wird. Mit Deinem Segen erfahren wir Kraft für dieses Tun.
Amen.
5. Lektüre von Jesaja 9,1-7
6. Mögliche Gedanken aus Kolumbien zu diesem Bibeltext
Der Prophet Jesaja ist hart. Er nimmt die Situation des Volkes in all ihrer Brutalität wahr – und beschreibt dann diese Wirklichkeit. „Das Volk lebt im Dunkeln, ja, im Land der Finsternis“, das Volk
spürt ein drückendes Joch auf den Schultern und wird vom Stock getrieben. Und wenn Jesaja von
den „Stiefeln“ und dem „mit Blut befleckten Mantel“ spricht, denken die Hörenden und die Lesenden
automatisch an den Krieg, dem das Volk ausgeliefert ist, und die Angst der Opfer. Jesaja zeichnet ein
Schreckensszenarium seiner Zeit, das verschiedene Bilder für die Gewalt, das Unrecht und die Ungerechtigkeiten benutzt. In einer solchen Situation kann sich niemand wohl fühlen, ganz im Gegenteil.
Viele Menschen in Europa und in Lateinamerika finden sich auch heute in einer so beschriebenen Wirklichkeit wieder. Sie ist ein regelrechtes Spiegelbild derjenigen Realität, wie sie im politischen „Süden“
erlebt und erfahren wird, sowohl in Deutschland als auch in Guatemala und Kolumbien. Die weiter
auseinander gehende Schere zwischen reich und arm; eine Wirtschaft, die tötet; ein politisches System,
das vor Korruption strotzt; die natürlichen Ressourcen werden ungebremst ausgebeutet – und Menschen, deren Würde mit Füßen getreten wird. Dass alle Menschen Töchter und Söhne Gottes sind, auch
und besonders die arm Gemachten und Not Leidenden, wird dabei vergessen. Dieses Unrecht und diese
Ungerechtigkeit schreien zum Himmel – zu Zeiten des Propheten Jesaja und heute.
Inmitten dieser Finsternis leuchtet bei Jesaja ein Licht auf: dieses Licht löst Jubel und Freude aus. Ein
Kind wird geboren. Das Wichtigste, was mit diesem Kind in Verbindung gebracht wird, ist der Friede.
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Das Kind wird „Fürst des Friedens“ genannt, der Friede wird kein Ende haben – und dieser Frieden gründet sich auf Recht und Gerechtigkeit. Kein Wunder, dass alles hell wird. Ein solcher Frieden strahlt – am
Himmel und auf Erden.
In Lateinamerika kennen wir solche Lichter. Das sind die Menschen, die sich zusammen schließen, um
sich – mit der Bibel in der Hand – einander zu stützen und zu tragen; die sich organisieren, um auf diese
Weise stärker zu sein und ihre Stimme besser vernehmen zu lassen; die der Vereinzelung und Individualisierung Vorschub leisten wollen und gemeinsam für eine andere und menschlichere Welt eintreten. Das
sind pastorale Mitarbeitende, die bei und mit den ärmsten Menschen leben, deren oft schweren Alltag
teilen, bei ihnen sind und deren befreienden Weg vom Tod zum Leben mitgehen. Das sind Menschen
mit unterschiedlicher Herkunft, mit indigenen, afroamerikanischen und mestizischen Wurzeln, Frauen
und Männer, Kinder und Jugendliche, die wieder Hoffnung schöpfen und mit neuem Mut in die Zukunft
schauen.
Das sind engagierte Gruppen, die sich für die Einhaltung der Menschenrechte einsetzen, die aufstehen
gegen die Gewalt gegen Frauen und die vermehrt nach neuen Formen solidarischen Wirtschaftens suchen. Das sind alle Versuche, die Konflikte gewaltfrei und im Dialog zu überwinden. Das sind Haltungen,
die eine enorme Zivilcourage an den Tag legen, aber auch Kraft und Willenstärke, den Widersachern in
die Augen sehen zu können. Das ist die Kreativität, Eingefahrenes und Verfahrenes aufzulösen – gegen
alle Hoffnungslosigkeit. Das ist der Aufstand gegen den Tod und alles Tod Bringende!
7. Meditative und instrumentale Musik – Lichter entzünden
Während wir noch an solche „Licht-Menschen“ denken, sind alle Teilnehmenden eingeladen, nach und
nach aufzustehen, um wieder je eine der vorher ausgelöschten Kerzen anzuzünden (Docht/Feuerzeug
liegt bereit):
Jede angezündete Kerze steht für einen „Licht-Menschen“, den ich kenne – und der mich einlädt, auch
selbst „Licht-Mensch“ zu sein.
8. Übung mit unseren Händen
Zum Schluss stehen wir alle auf, nehmen uns an den Händen und betrachten die Geste/Bewegung dieser
geschlossenen Hände:
- eine Hand öffnet sich, um die andere zu empfangen
- die andere Hand öffnet sich, um sich der ersten zu geben
Genau so funktioniert unser Leben: wir geben und wir empfangen. In diesem Miteinander ist Leben möglich. Nur so können wir Lichter sein – im Miteinander und als Geschwister. Wir wollen miteinander das
Gebet sprechen, das uns als Geschwister auszeichnet, indem wir zum Vater beten „Vater Unser.“
9. Abschlusslied: Mache dich auf und werde Licht. (Kanon)
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