Geschichte 107 Chahbani Nach der Hochzeit war schlagartig alles anders. Meine Geschichte beginnt nach der Hochzeit, mit dem Mann in den ich mich verliebt hatte und der bis zu diesem Zeitpunkt der liebste Mann der Welt war. So wie es eben in vielen Geschichten ist. Ich war die Frau auf die er sein ganzes Leben schon gewartet hatte. Ja das hörte sich gut an. Dabei war ich nur eine von dreien, welche er zum Heiraten bestellt hatte. Leider war ich die schnellste, welche die Papiere fertig hatte und am ehesten wieder in Tunesien landete, außerdem war ich auch noch die Jüngste aber immerhin schon 48 Jahre und er gerade 30 Jahre alt. Es war romantisch( jedenfalls sollte es so sein für angeblich 10.000 TD, unsere Hochzeit, wenn man davon absieht, dass Frauen und Männer getrennt feierten. Die Männer feierten im Hof mit Mergez, das waren kleine Würstchen, welche gegrillt wurden und Spektakel, das waren Musik und ein Feuerschlucker und ein Fakir. Ich saß mit den Frauen im Haus und schaute kitschige Filme an. Es war erdrückend langweilig und ab und zu brachte mir dann einer von unten Essen für die Frauen, welche selbstredend im Hause zu bleiben hatten. Mein arabisch war dürftig und konnte auch nicht besser werden, weil ich in meinem Bemühen arabisch zu lernen nicht unterstützt wurde und vor Ort gab es nur ein bisschen arabisch für Touristen in den großen Hotels. Romantisch war, dass ich am 10. dieses Monats Geburtstag hatte und am 11. geheiratet habe und er am 12. also einen Tag später Geburtstag hatte. Das Standesamt in Midoun war schäbig und wenig feierlich. Wir tranken mit den Beamten Gesus, das war Cola, Limonade und aßen ein paar Kekse und unterhielten uns. Mein Trauzeuge, ein verurteilter Touristenmörder, wie sich später herausstellte, plauderte nett mit uns und selbstverständlich bezahlte mein lieber Ehemann auch den obligatorischen 1 Dinar als Mahr = Morgengabe. Der Standesbeamte trug feierlich eine rote Schärpe und es wurden Fotos gemacht. Diese Fotos verschwanden dann später zum Teil auf sehr merkwürdige Weise beim Fotografen, welcher den Film entwickeln sollte, was ich schon als schlechtes Omen wertete. Dann am späten Abend durfte ich die Hochzeitstorte anschneiden und mich mal wieder fotografieren lassen. Danach entschwand mein frisch angetrauter Ehemann, um die zahlreichen Gäste angeblich nachhause zu fahren. Als er dann am nächsten Tag übelgelaunt mein Auto schnappte und stundenlang verschwunden war hatte ich die ersten Zweifel, ob ich alles richtig gemacht habe. Nach stundenlangem Warten, kam er nun endlich und wir wollten zur Feier des Tages etwas Essen. Er war aber sehr dagegen, dass wir in einem bekannten Lokal zu Abend essen sollten, sondern wir gingen in eine einheimische kleine Bar und bestellten dort etwas Kleines zu essen. Stunden später, dachte ich sterben zu müssen, ich hatte eine handfeste Vergiftung und lag nur noch geschwächt am Boden und konnte das Haus nicht mehr verlassen. Mein Mann verabschiedete sich dann kurze Zeit später, überließ mich meinem Schicksal und rauschte mal wieder mit meinem Auto ab, wer weiß wohin. Es waren wohl dringende "Geschäfte" die nicht warten konnten. Nach einigen Tagen erholte ich mich wieder. Er war in der Zwischenzeit zu seiner Familie? gefahren und wollte dort verkünden, dass er verheiratet sei - ohne seine Frau? - fand ich schon wieder komisch. Aber es kam noch schlimmer. Nun wollte er nicht mehr mit zu unserer Hochzeitsfeier nach Deutschland fahren und stattdessen lieber das Geld, weil seine Mutter krank geworden war und Geld für den Arzt brauchte. Schließlich fuhren wir zu seiner kranken Mutter, der so wie ich das sah gar nichts fehlte und ich wurde wieder bei den Frauen der Familie deponiert, die ganze Zeit in Tatouin alleine verbringen, denn mein Mann war mit den Männern im Cafe (angeblich). Die Hitze war unerträglich. Wir schliefen auf dem Dach des Hauses im Freien. Nach weiteren Tagen flogen wir dann zusammen nach Deutschland zu einer netten kleinen Hochzeitsfeier bei meiner Familie. Alle fanden ihn nett und er war wie ausgewechselt. Nur ich konnte mich nicht entspannen, immer war da so ein Habacht-Männchen im Hinterkopf, welches mich nicht los lies. So war dann der restliche Aufenthalt in Deutschland nicht gerade das, was man eine Hochzeitsreise nennt. Zurück in Tunesien, verbot er mir dann mit anderen Männern zu sprechen, weil er sonst sein Gesicht verlieren würde. Zunächst hielt ich mich daran. Wir suchten uns ein größeres Haus in der Nähe seines Ladens und ich war sehr mit dem Umzug und der Einrichtung des neuen Hauses beschäftigt. Wir hatten viel zu tun und ab und zu war es auch sehr nett und dann kam der Tag an dem er wissen wollte, wie viel Geld ich auf dem Konto hatte und da ich fand, dass ihn das nichts anging. Ich sagte ihm das nicht und er provozierte mich und irgendwann war ich dann so wütend, dass wir einen richtigen Streit hatten. Zwei Tage später fuhr ich wieder nach Deutschland und blieb 2 Monate da. Es kam wie es kommen musste. Er fragte wieder nach Geld, angeblich Schulden für die er ins Gefängnis gehen würde, wenn er nicht bezahlt. Am Anfang habe ich ihm immer mal Geld ausgelegt, es aber mehrfach zurückbekommen. Doch das wurde mir nun zu bunt. Ich schaltete einen tunesischen Anwalt ein, von dem ich auch heute weiß, dass er nicht ehrlich war und ließ die Rechtslage prüfen. Hier in Deutschland war ich mit einem Anwalt beim tunesischen Konsulat und man riet uns, ihm finanziell zu helfen, was ich nicht gemacht habe. Ich fuhr stattdessen im November mit dem Auto nach Tunesien und schaute mir alles persönlich an. Inzwischen hatte er seine Schulden bezahlt, weil ihm das Geld geliehen wurde. Auch gut, schließlich war ich seine Frau und nicht seine Bank. Ein paar Tage ging alles gut. Er verhielt sich normal. Ich tat so, als wenn ich keinerlei Geld zur Verfügung hatte und kaufte mir nur Sabrine (Wasser) und kleine Brötchen. Die aß ich dann ganz bescheiden ohne für den Haushalt irgendetwas einzukaufen. Er war nun plötzlich etwas fürsorglicher und kaufte Lebensmittel ein und lud mich zum Italiener zum Essen ein. Doch ich unterhielt mich mit einigen Leuten und dann kam ich zu einem Mann, welcher angeblich ganz schlecht war, weil er Schulden bei meinem Mann haben sollte und ich fragte ihn, ob er meinem Mann nicht mal das Geld wieder zurückzahlen will und da habe ich erfahren, dass mein Mann ihm Geld schuldete. Und dann erzählte mir dieser Mann einiges und sagte mir auch, dass in dem Hotel vor dem wir standen, zwei der Frauen, welche mein Mann auch heiraten wollte, zur Zeit wären und sagte mir auch die Namen. Eine dieser Frauen war 76 Jahre alt, die andere 59 Jahre alt. Mit beiden Frauen habe ich gesprochen. Das war nicht alles, es kam noch dicker: Mein Mann hatte außerdem auch Verhältnisse mit Männern. Dies war ungeheuerlich, was ich da erfuhr. Ich wollte natürlich umgehend mit meinem Mann sprechen, der war aber längst nach Tunis gefahren, um sich seine Aufenthaltserlaubnis für Deutschland abzuholen. Gott sei Dank hatte ich in meinem Haus ein Fax und einen Telefonanschluß und habe postwendend noch in der Nacht das Deutsche Konsulat in Tunis davon unterrichtet, dass ich mich in den nächsten Jahren nicht in Deutschland befinde und auch das was ich kurzfristig erfahren hatte. Ich kann mir gut vorstellen, wie sein Gesicht entgleiste, als er v o r seinem Erfolg, seine Niederlage einsehen musste. Er rastete danach auch aus und verwüstete mein Büro und mein Haus und brach mir im Gerangel zwei Finger, klaute meine Kasse, meinen Fahrschein für die Fähre Tunis-Genua und bezeichnete mich und meine Freundin, welche mir half, als Nutten. Ich löste mein Hausstand auf, stellte einen Teil bei Freunden unter und fuhr um einiges ärmer, emotional gestresst nach Hause. Erst in Deutschland löste sich der unheimliche Druck. Monate später wusste ich, dass es richtig war diese Geschichte so schnell zu beenden. Die Scheidung in Tunesien lief dann noch etwas aufregend ab, aber letztendlich wurde ich relativ günstig geschieden. Seine von ihm verursachte hohe Telefonrechnung auf meinen Namen, immerhin 3000 TD, habe ich bis heute nicht bezahlt, aber durch den Einzelverbindungsnachweis habe ich herausgefunden, dass eine große Anzahl von Beznessern von meinem Anschluss aus, deutsche und französische Frauen angerufen haben und sogar nach Mekka telefoniert wurde. Als ich dann für die Restklärungen nach Tunesien fuhr, traf ich ihn zufällig in einem Laden. Er kam lächelnd auf mich zu und der Besitzer des Ladens, Mohammed, sagte: "Siehst Du, da ist Dein lieber Mann"! Worauf ich nur antwortete: Nein, Danke kein Bedarf, diesen Betrüger kenne ich schon. Es ist unglaublich, für wie beschränkt uns diese Männer halten.
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