«Es können doch nicht alle kommen!»

«Es können doch nicht alle kommen!»
Was für eine herrliche Plattitüde! Oder gibt es wirklich Leute, die ernsthaft glauben, dass alle Menschen sich ausgerechnet auf diesem kleinen
Flecken Erde namens Schweiz versammeln wollen? Dieser Satz ist doch
einfach eine Leerformel zur Rechtfertigung einer möglichst restriktiven (also unmenschlichen) Flüchtlingspolitik. Ausgedeutscht heisst er: «Wir wollen auswählen,
WER kommt» und «Es kommen zu viele».
Tatsache ist aber: Es kommen gar nicht alle und schon gar nicht hierher. Zwei Drittel
aller Vertriebenen sind innerhalb ihres eigenen Landes auf der Flucht. Von den restlichen flüchten die meisten in Nachbarländer, wo die Lage ebenfalls sehr unsicher ist.
So zum Beispiel nach Pakistan, das weltweit am meisten Flüchtlinge aufnimmt (1,6
Millionen gemäss UNO-Angaben). Hunderttausende von Menschen aus Syrien sind
in den Libanon und in die Türkei geflüchtet. In der Schweiz hingegen wird darüber
gestritten, ob ein Kontingent von 500 Flüchtlingen, verteilt auf drei Jahre, nicht zu
hoch sei!
Schliesslich ist die Schweiz etwas ganz Besonderes und nicht jede/r hat es verdient,
hier zu leben. Hinter dieser Aussage steckt die Angst, dass der Reichtum Europas und
der Schweiz geteilt werden muss. Der Reichtum, der angeblich mit dem eigenen
Fleiss erarbeitet, faktisch aber zu einem guten Teil auf der ganzen Welt zusammengeklaut wurde, soll ja gerade nicht mit allen geteilt werden. Im übrigen ist gerade die
«Schweizer» Wirtschaft in viele Fluchtgründe verstrickt, sei dies durch Waffenhandel,
durch Rohstoffplünderung, Umweltzerstörung und die Ausbeutung billigster Arbeitskräfte im Süden, oder durch die Aufnahme sogenannter Fluchtgelder.
Da dies nicht so offen gesagt werden kann, müssen Scheinargumente herhalten, wie
z.B. der Platzmangel. Auch wenn in London über 8 Millionen Menschen (also so viel
wie in der Schweiz) leben, auf einer Fläche, die kleiner ist als der Kanton Zürich.
Hinter der «Angst, dass alle kommen», versteckt sich meist eine andere und sehr
reale Angst. Nämlich die, sich gegen jene aufzulehnen, die Wohnung und Krankenkasse verteuern, den Lohn drücken und die Arbeitsplätze «deregulieren». Das
permanente Schlucken solcher Zumutungen füttert eine feige Wut auf angeblich
Schuldige: die «Ausländer» werden zu Sündenböcken.
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Flugblatt 4