Obama in Havanna: Empfang mit der Hymne der Guerilla

Kein Wald
CAROLINE SEIDEL/DPA-BILDFUNK
Weltweit verlangsamt sich die Abholzung. Doch riesige Monokulturen,
die an die Stelle des ursprünglichen
Wuchses treten, bieten Millionen
Menschen keine Lebensgrundlage
mehr. Ein Nachtrag zum »Tag des
Waldes«. Von Peter Clausing
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Obama in Havanna: Empfang mit der Hymne der Guerilla
OLIVIER HOSLET/EPA/DPA-BILDFUNK
AP PHOTO/PABLO MARTINEZ MONSIVAIS
Die Bilder, die am gestrigen Montag in
Havanna zu sehen waren, werden in
die Geschichte eingehen. An seinem
ersten offiziellen Besuchstag in der kubanischen Hauptstadt legte US-Präsident Barack Obama zunächst einen
Kranz am Ehrenmal für Kubas Nationalhelden José Martí nieder, der 1895
im Kampf gegen die spanische Kolonialmacht getötet worden war. Hinter
ihm waren die großen Reliefs der Comandantes Che Guevara und Camilo
Cienfuegos zu sehen.
Anschließend begab sich Obama
in den Palast der Revolution, wo ihn
sein kubanischer Amtskollege Raúl
Castro erwartete. Offenbar aufgrund
des anhaltend schlechten Wetters intonierte eine Militärkapelle im Inneren
des geräumigen Gebäudes die kubanische Hymne »La Bayamesa« und das
US-amerikanische Gegenstück »The
Star-Spangled Banner«. Anschließend
schritten die beiden Präsidenten die
Ehrenformation ab. Die Kapelle spielte
dazu den Revolutionsmarsch der kubanischen Guerilla, die »Hymne des
26. Juli«. Wie kein anderes steht dieses Lied für die Kubanische Revolu­tion
und Fidel Castro. »Als der Tyrann das
Gefängnis besichtigte, sangen wir in
seiner Anwesenheit aus voller Kehle
die patriotische Hymne ›Marsch des
26. Juli‹«, schrieb der Revolutionsführer 1953 in einem Brief aus dem Gefängnis, in dem er nach dem geschei-
terten Angriff auf die Moncada-Kaserne am 26. Juli des Jahres inhaftiert war.
Nach dem symbolträchtigen Akt
und der Begrüßung weiterer Gäste,
darunter US-Außenminister John Kerry,
zogen sich die Präsidenten zu bilateralen Gesprächen zurück. Am Nachmittag (Ortszeit) wollten sie dann vor die
Presse treten. Für den Abend waren
zunächst ein Treffen zwischen Wirt-
schaftsvertretern beider Länder sowie
ein offizielles Staatsessen im Revolu­
tionspalast vorgesehen.
Am heutigen Dienstag will Obama
zunächst eine Rede im Großen Theater von Havanna halten, zu der die Repräsentanten Washingtons von ihnen
ausgewählte Vertreter der »Zivilgesellschaft« eingeladen haben. Das kubanische Fernsehen wird die Rede live
übertragen. Bevor der US-Präsident
am Abend nach Argentinien weiterreist, steht zum Abschluss des Programms noch der Besuch eines Baseballspiels zwischen dem kubanischen
Nationalteam und der US-Mannschaft
Tampa Bay Rays im Stadion »Latinoamericano« an.
Volker Hermsdorf
Zuwanderungsrekord
trotz Abwanderung
Großdemonstrationen zum kurdischen Neujahrsfest: Hunderttausende feiern in
Diyarbakir. PKK-Kommandant warnt vor Spaltung der Türkei. Von Nick Brauns
M
der IS. Bejubelt wurden dagegen auf
den Festen der inhaftierte PKK-Vorsit­
zende Abdullah Öcalan, die in Nordsy­
rien gegen den IS kämpfenden Volks­
verteidigungseinheiten (YPG) und
die Guerilla der PKK. In der vom IS
befreiten syrisch-kurdischen Stadt Ko­
bani feierten Zehntausende zugleich
die in der vergangenen Woche erfolgte
Ausrufung einer föderalen Region Ro­
java/Nordsyrien.
In der Türkei hatte das Innenmi­
nisterium nur in 18 von 81 Provinzen
des Landes Newroz-Veranstaltungen
erlaubt. Sie standen unter dem auf
Öcalan gemünzten Motto »Freie Füh­
rung, freies Kurdistan, demokratische
Türkei«. Am Montag griff die Polizei
unter anderem in den Städten Batman
und Kiziltepe feiernde Kurden mit
Wasserwerfern und Gasgranaten an.
Zur genehmigten zentralen NewrozFeier in der Millionenstadt Diyarbakir
versammelten sich nach Angaben der
Nachrichtenagentur Dicle Hunderttau­
sende Teilnehmer, die sich durch im
Vorfeld gestreute Gerüchte über einen
möglichen Anschlag nicht abschrec­
ken ließen. Fernsehaufnahmen zeigten
eine unübersehbare Menschenmenge,
zahlreiche Fahnen der PKK und Bil­
der Öcalans waren zu sehen. Der Vor­
sitzende der linken Demokratischen
Partei der Völker (HDP), Selahattin
Demirtas, rief in seiner Rede zur Wie­
deraufnahme der Friedensgespräche
zwischen dem Staat und der PKK auf.
Der Oberkommandierende der
PKK-Guerilla HPG, Murat Karayilan,
betonte unterdessen vor Kämpfern
im nordirakischen Bergland die Be­
reitschaft seiner Organisation zu einer
friedlichen Lösung. Man stehe zu dem
historischen Aufruf Öcalans zu Ne­
wroz vor drei Jahren. Ziel sei es, den
Weg für einen Wandel in der Türkei
zu eröffnen, hatte Karayilan am Sonn­
tag im Fernsehsender Sterk TV erklärt.
Sollte der türkische Staat allerdings
auf seiner feindseligen Haltung behar­
ren, würde sich Kurdistan »abspalten«
und die Türkei »geteilt«.
Madrid. Spaniens Vereinte Linke
(IU) will Strafanzeige gegen Mi­
nisterpräsident Mariano Rajoy
(Foto) wegen der Billigung des
Flüchtlingsabkommens zwischen
der EU und der Türkei stellen. Mit
dem Vertrag werde gegen eine Rei­
he von Gesetzen verstoßen, sagte
IU-Chef Alberto Garzón am Mon­
tag in Madrid. Zu den Verstößen
gehöre unterlassene Hilfeleistung
für Flüchtlinge oder die »Depor­
tation« von Menschen, die einem
besonderen Schutz unterstellt
seien, erläuterte der Rechtsanwalt
Gonzalo Boye. Die IU führt nach
Angaben Garzóns Gespräche mit
anderen Parteien mit dem Ziel,
eine große Protestbewegung gegen
das EU-Abkommen mit der Türkei
ins Leben zu rufen. Am Wochen­
ende hatten in mehreren Städten
Spaniens erneut Tausende für die
Aufnahme der Schutzsuchenden
demonstriert. (dpa/jW)
Siehe Seite 7
Dem Terror trotzen
it Feuern auf den Hügeln der
Kleinstadt Mahmur im Nord­
irak begrüßten Guerilla­
kämpfer der Arbeiterpartei Kurdistans
(PKK) in der Nacht zum Montag Ne­
wroz, das Neujahrsfest. So wie dort, in
unmittelbarer Nähe der Frontlinie zum
von der Dschihadistenmiliz »Islami­
scher Staat« (IS) kontrollierten Gebiet,
wurde gestern in allen Teilen Kurdi­
stans das Neujahrsfest gefeiert.
Newroz bedeutet »Neuer Tag« und
wird seit rund 2.600 Jahren von vie­
len Völkern des Nahen und Mittleren
Ostens begangen. Für die Kurden hat
das Fest darüber hinaus die Bedeutung
einer Manifestation des Widerstandes
gegen ihre Unterdrückung. Der Legen­
de nach geht Newroz auf den Schmied
Kawa zurück, der in den Bergen Feuer
entzündete, um das Volk zum Auf­
stand gegen den Tyrannen Dehok zu
rufen.
Die »Dehoks« unserer Zeit sind in
den Augen der Kurden der türkische
Präsident Recep Tayyip Erdogan und
Spaniens Linke verklagt
Regierungschef
In den südostanatolischen Städten
Nusaybin, Sirnak und Yüksekova gin­
gen die Kämpfe zwischen Armee, Po­
lizei und örtlichen Selbstverteidigungs­
gruppen weiter. Die Armee teilte am
Montag mit, sie habe 22 PKK-Kämpfer
»außer Gefecht gesetzt«. Im Bezirk Nu­
saybin seien vier Soldaten getötet wor­
den, als sie in eine Sprengfalle gerieten.
Nach Angaben der Nachrichtenagentur
DHA wurde auch ein Polizist getötet.
Aufgrund der andauernden Gefechte
und einer Ausgangssperre war es auch
am Montag nicht möglich, Klarheit
über einen möglichen Chemiewaffen­
angriff in Yüksekova zu erlangen, über
den am Wochenende kurdische Medien
berichtet hatten. Der HDP-Abgeordne­
te Nihat Akdogan und die Nachrichten­
agentur Dicle hatten unter Berufung auf
Einwohner erklärt, bis zu 40 Menschen
seien am Samstag durch ein Kampfgas
bis zur Unkenntlichkeit verbrannt wor­
den. Soldaten würden sich in dem at­
tackierten Wohnviertel mit Gasmasken
und Sauerstoffflaschen bewegen.
Wiesbaden. Geflüchtete haben in
Deutschland 2015 für einen Zuwan­
derungsrekord gesorgt. Im vergan­
genen Jahr sind knapp zwei Millio­
nen Ausländer nach Deutschland
gekommen, gleichzeitig zogen
rund 860.000 Menschen mit aus­
ländischer Staatsangehörigkeit wie­
der fort. Das ist das Ergebnis einer
vorläufigen Schnellschätzung, die
das Statistische Bundesamt am
Montag in Wiesbaden vorlegte.
Aus Zu- und Abwanderung ergibt
sich ein sogenannter Wanderungs­
saldo von 1,14 Millionen – der
höchste jemals gemessene in der
Geschichte der Bundesrepublik.
Als einen Grund nannten die Stati­
stiker die hohe Zahl Schutzsuchen­
der. 2014 hatte es 1,343 Millionen
Zuzüge und 766.000 Fortzüge
gegeben – also einen Wanderungs­
saldo von 577.000 Ausländern.
(dpa/jW)
wird herausgegeben von
1.817 Genossinnen und
Genossen (Stand 11.3.2016)
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