Kein Wald CAROLINE SEIDEL/DPA-BILDFUNK Weltweit verlangsamt sich die Abholzung. Doch riesige Monokulturen, die an die Stelle des ursprünglichen Wuchses treten, bieten Millionen Menschen keine Lebensgrundlage mehr. Ein Nachtrag zum »Tag des Waldes«. Von Peter Clausing SEITEN 12/13 GEGRÜNDET 1947 · DIENSTAG, 22. MÄRZ 2016 · NR. 69 · 1,50 EURO · PVST A11002 · ENTGELT BEZAHLT WWW.JUNGEWELT.DE Weichensteller Nationalistin Rechtlose Nahverkehr 3 6 9 15 Thailands Militärjunta bereitet Rückkehr zu ziviler Regierung vor. Von Thomas Berger Russisches Gericht spricht ukrainische Pilotin Sawtschenko schuldig. Von Reinhard Lauterbach Internationale Arbeitsorganisation: Deutsche Bahn treibt die Privatisierung 60 Millionen Haushaltshilfen öffentlichen Eigentums voran. weltweit ohne Sozialversicherung Von Simon Zeise Obama in Havanna: Empfang mit der Hymne der Guerilla OLIVIER HOSLET/EPA/DPA-BILDFUNK AP PHOTO/PABLO MARTINEZ MONSIVAIS Die Bilder, die am gestrigen Montag in Havanna zu sehen waren, werden in die Geschichte eingehen. An seinem ersten offiziellen Besuchstag in der kubanischen Hauptstadt legte US-Präsident Barack Obama zunächst einen Kranz am Ehrenmal für Kubas Nationalhelden José Martí nieder, der 1895 im Kampf gegen die spanische Kolonialmacht getötet worden war. Hinter ihm waren die großen Reliefs der Comandantes Che Guevara und Camilo Cienfuegos zu sehen. Anschließend begab sich Obama in den Palast der Revolution, wo ihn sein kubanischer Amtskollege Raúl Castro erwartete. Offenbar aufgrund des anhaltend schlechten Wetters intonierte eine Militärkapelle im Inneren des geräumigen Gebäudes die kubanische Hymne »La Bayamesa« und das US-amerikanische Gegenstück »The Star-Spangled Banner«. Anschließend schritten die beiden Präsidenten die Ehrenformation ab. Die Kapelle spielte dazu den Revolutionsmarsch der kubanischen Guerilla, die »Hymne des 26. Juli«. Wie kein anderes steht dieses Lied für die Kubanische Revolution und Fidel Castro. »Als der Tyrann das Gefängnis besichtigte, sangen wir in seiner Anwesenheit aus voller Kehle die patriotische Hymne ›Marsch des 26. Juli‹«, schrieb der Revolutionsführer 1953 in einem Brief aus dem Gefängnis, in dem er nach dem geschei- terten Angriff auf die Moncada-Kaserne am 26. Juli des Jahres inhaftiert war. Nach dem symbolträchtigen Akt und der Begrüßung weiterer Gäste, darunter US-Außenminister John Kerry, zogen sich die Präsidenten zu bilateralen Gesprächen zurück. Am Nachmittag (Ortszeit) wollten sie dann vor die Presse treten. Für den Abend waren zunächst ein Treffen zwischen Wirt- schaftsvertretern beider Länder sowie ein offizielles Staatsessen im Revolu tionspalast vorgesehen. Am heutigen Dienstag will Obama zunächst eine Rede im Großen Theater von Havanna halten, zu der die Repräsentanten Washingtons von ihnen ausgewählte Vertreter der »Zivilgesellschaft« eingeladen haben. Das kubanische Fernsehen wird die Rede live übertragen. Bevor der US-Präsident am Abend nach Argentinien weiterreist, steht zum Abschluss des Programms noch der Besuch eines Baseballspiels zwischen dem kubanischen Nationalteam und der US-Mannschaft Tampa Bay Rays im Stadion »Latinoamericano« an. Volker Hermsdorf Zuwanderungsrekord trotz Abwanderung Großdemonstrationen zum kurdischen Neujahrsfest: Hunderttausende feiern in Diyarbakir. PKK-Kommandant warnt vor Spaltung der Türkei. Von Nick Brauns M der IS. Bejubelt wurden dagegen auf den Festen der inhaftierte PKK-Vorsit zende Abdullah Öcalan, die in Nordsy rien gegen den IS kämpfenden Volks verteidigungseinheiten (YPG) und die Guerilla der PKK. In der vom IS befreiten syrisch-kurdischen Stadt Ko bani feierten Zehntausende zugleich die in der vergangenen Woche erfolgte Ausrufung einer föderalen Region Ro java/Nordsyrien. In der Türkei hatte das Innenmi nisterium nur in 18 von 81 Provinzen des Landes Newroz-Veranstaltungen erlaubt. Sie standen unter dem auf Öcalan gemünzten Motto »Freie Füh rung, freies Kurdistan, demokratische Türkei«. Am Montag griff die Polizei unter anderem in den Städten Batman und Kiziltepe feiernde Kurden mit Wasserwerfern und Gasgranaten an. Zur genehmigten zentralen NewrozFeier in der Millionenstadt Diyarbakir versammelten sich nach Angaben der Nachrichtenagentur Dicle Hunderttau sende Teilnehmer, die sich durch im Vorfeld gestreute Gerüchte über einen möglichen Anschlag nicht abschrec ken ließen. Fernsehaufnahmen zeigten eine unübersehbare Menschenmenge, zahlreiche Fahnen der PKK und Bil der Öcalans waren zu sehen. Der Vor sitzende der linken Demokratischen Partei der Völker (HDP), Selahattin Demirtas, rief in seiner Rede zur Wie deraufnahme der Friedensgespräche zwischen dem Staat und der PKK auf. Der Oberkommandierende der PKK-Guerilla HPG, Murat Karayilan, betonte unterdessen vor Kämpfern im nordirakischen Bergland die Be reitschaft seiner Organisation zu einer friedlichen Lösung. Man stehe zu dem historischen Aufruf Öcalans zu Ne wroz vor drei Jahren. Ziel sei es, den Weg für einen Wandel in der Türkei zu eröffnen, hatte Karayilan am Sonn tag im Fernsehsender Sterk TV erklärt. Sollte der türkische Staat allerdings auf seiner feindseligen Haltung behar ren, würde sich Kurdistan »abspalten« und die Türkei »geteilt«. Madrid. Spaniens Vereinte Linke (IU) will Strafanzeige gegen Mi nisterpräsident Mariano Rajoy (Foto) wegen der Billigung des Flüchtlingsabkommens zwischen der EU und der Türkei stellen. Mit dem Vertrag werde gegen eine Rei he von Gesetzen verstoßen, sagte IU-Chef Alberto Garzón am Mon tag in Madrid. Zu den Verstößen gehöre unterlassene Hilfeleistung für Flüchtlinge oder die »Depor tation« von Menschen, die einem besonderen Schutz unterstellt seien, erläuterte der Rechtsanwalt Gonzalo Boye. Die IU führt nach Angaben Garzóns Gespräche mit anderen Parteien mit dem Ziel, eine große Protestbewegung gegen das EU-Abkommen mit der Türkei ins Leben zu rufen. Am Wochen ende hatten in mehreren Städten Spaniens erneut Tausende für die Aufnahme der Schutzsuchenden demonstriert. (dpa/jW) Siehe Seite 7 Dem Terror trotzen it Feuern auf den Hügeln der Kleinstadt Mahmur im Nord irak begrüßten Guerilla kämpfer der Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) in der Nacht zum Montag Ne wroz, das Neujahrsfest. So wie dort, in unmittelbarer Nähe der Frontlinie zum von der Dschihadistenmiliz »Islami scher Staat« (IS) kontrollierten Gebiet, wurde gestern in allen Teilen Kurdi stans das Neujahrsfest gefeiert. Newroz bedeutet »Neuer Tag« und wird seit rund 2.600 Jahren von vie len Völkern des Nahen und Mittleren Ostens begangen. Für die Kurden hat das Fest darüber hinaus die Bedeutung einer Manifestation des Widerstandes gegen ihre Unterdrückung. Der Legen de nach geht Newroz auf den Schmied Kawa zurück, der in den Bergen Feuer entzündete, um das Volk zum Auf stand gegen den Tyrannen Dehok zu rufen. Die »Dehoks« unserer Zeit sind in den Augen der Kurden der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan und Spaniens Linke verklagt Regierungschef In den südostanatolischen Städten Nusaybin, Sirnak und Yüksekova gin gen die Kämpfe zwischen Armee, Po lizei und örtlichen Selbstverteidigungs gruppen weiter. Die Armee teilte am Montag mit, sie habe 22 PKK-Kämpfer »außer Gefecht gesetzt«. Im Bezirk Nu saybin seien vier Soldaten getötet wor den, als sie in eine Sprengfalle gerieten. Nach Angaben der Nachrichtenagentur DHA wurde auch ein Polizist getötet. Aufgrund der andauernden Gefechte und einer Ausgangssperre war es auch am Montag nicht möglich, Klarheit über einen möglichen Chemiewaffen angriff in Yüksekova zu erlangen, über den am Wochenende kurdische Medien berichtet hatten. Der HDP-Abgeordne te Nihat Akdogan und die Nachrichten agentur Dicle hatten unter Berufung auf Einwohner erklärt, bis zu 40 Menschen seien am Samstag durch ein Kampfgas bis zur Unkenntlichkeit verbrannt wor den. Soldaten würden sich in dem at tackierten Wohnviertel mit Gasmasken und Sauerstoffflaschen bewegen. Wiesbaden. Geflüchtete haben in Deutschland 2015 für einen Zuwan derungsrekord gesorgt. Im vergan genen Jahr sind knapp zwei Millio nen Ausländer nach Deutschland gekommen, gleichzeitig zogen rund 860.000 Menschen mit aus ländischer Staatsangehörigkeit wie der fort. Das ist das Ergebnis einer vorläufigen Schnellschätzung, die das Statistische Bundesamt am Montag in Wiesbaden vorlegte. Aus Zu- und Abwanderung ergibt sich ein sogenannter Wanderungs saldo von 1,14 Millionen – der höchste jemals gemessene in der Geschichte der Bundesrepublik. Als einen Grund nannten die Stati stiker die hohe Zahl Schutzsuchen der. 2014 hatte es 1,343 Millionen Zuzüge und 766.000 Fortzüge gegeben – also einen Wanderungs saldo von 577.000 Ausländern. (dpa/jW) wird herausgegeben von 1.817 Genossinnen und Genossen (Stand 11.3.2016) n www.jungewelt.de/lpg
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