Univ.-Prof. Dr. Susanne Reindl-Krauskopf Pflichtübung aus Strafrecht und Strafprozessrecht SoSe 2016 FALL I Fall I/A Manuel (M) kommt mit seinem Einkommen nicht aus und beschließt, sakrale Kunstgegenstände aus der nahe gelegenen Kirche zu entwenden. Mit den Worten „Wetten, des traust di net!“ bewegt er seinen Studienkollegen Alexander (A), von dem M weiß, dass er sich einfach provozieren lässt, dazu, ihn als Komplize zu unterstützen. Mit denselben Worten will M seinen Freund Ulrich (U) ebenso überreden, der jedoch aus Angst vor möglichen Konsequenzen ablehnt. Vor dem Vorhaben informieren sich A und M bei der ihnen bekannten Kunstgeschichte-Studentin Katharina (K), die sie in ihr Vorhaben einweihen, über die Kunstgegenstände in der Kirche und deren genauen Wert. Am Abend machen sich M und A auf den Weg zur Kirche. Dort stellen sie fest, dass die Kirchentür unversperrt ist, und begeben sich sofort in das Gebäude. Sie nehmen ein kunstvoll gearbeitetes Bild an sich (Wert nach Angaben der K: Eur 6.000). Damit machen sie sich auf den Weg zum Ausgang. A, dem am Weg der Opferstock aufgefallen ist, bricht diesen, ohne dass M dies bemerkt, mit einem sicherheitshalber mitgebrachten Brecheisen auf, um sich das darin befindliche Geld anzueignen. Der Opferstock ist jedoch leer. Inzwischen hat der betagte Mesner Franz (F) A und M bemerkt. Da er körperlich nicht in der Lage ist, die beiden zu stellen, versperrt er die Kirchentür und verständigt die Polizei. A und M brechen die Kirchentür von innen auf, um zu fliehen (Schaden: Eur 1.000). Vor der Kirche hören A und M die bereits mit Folgetonhorn herannahende Polizei, woraufhin M sich auf sein vor der Kirche geparktes Motorrad schwingt und A mit der Beute zurücklässt. M beschleunigt im Ortsgebiet auf über 100 km/h. Zu spät sieht er den Passanten (P) auf einem Schutzweg, kann wegen der regennassen Fahrbahn nicht rechtzeitig bremsen, fährt ihn nieder und rast weiter. P erleidet schwerste innere Verletzungen, wird daraufhin mit dem Rettungshubschrauber ins Krankenhaus geflogen und einer Notoperation unterzogen, die gut verläuft, bis ein Anästhesist grob fahrlässig eine falsche Infusion verabreicht. P stirbt am OP-Tisch. Prüfen Sie die Strafbarkeit von A, M, K und F! Fall I/B Rene (R), ein glühender Fan des Österreichers Marcel Hirscher, nimmt an einer Fahrt zum Nightrace in Schladming teil. Entgegen seinen Erwartungen gewinnt ein Russe das Rennen, Hirscher wird nur 14. R, schon etwas alkoholisiert, fühlt sich vom österreichischen Nationalteam verraten. Er erklimmt unter lautem Fluchen eine kleine Erhebung und versucht, auf eine dort angebrachte Fahne der Republik Österreich zu urinieren, wird aber gerade noch durch zwei Polizisten davon abgehalten. R wird wegen der versuchten Herabwürdigung staatlicher Symbole (§§ 15, 248 Abs 2 StGB) angeklagt. 1. Welches Gericht ist für die Hauptverhandlung zuständig? 2. Kann dieser Fall diversionell erledigt werden? 3. Angenommen, R wird für die gleiche Tat ausschließlich wegen versuchter Sachbeschädigung nach §§ 15, 125 StGB angeklagt. Wie hätte das Gericht in der Hauptverhandlung vorzugehen?
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