Fachprogramm Strafrecht Öffentlichkeit im Strafverfahren – Transparenz und Schutz der Verfahrens beteiligten Vorsitzende Rechtsanwältin Anke Müller-Jacobsen, Berlin Stv. Vorsitzende Richter am BGH Prof. Dr. Henning Radtke, Karlsruhe/Hannover Prof. Dr. Helmut Satzger, München Schriftführer Richter Dr. Boris Bröckers, Berlin Gutachter Prof. Dr. Karsten Altenhain, Düsseldorf Referenten Ministerialrätin Dr. Ina Holznagel, Düsseldorf Prof. Dr. Heribert Prantl, München/Bielefeld Rechtsanwalt Dr. h. c. Gerhard Strate, Hamburg Referate Mittwoch, 14. September 9:00 bis 11:00 Uhr Diskussion Mittwoch, 14. September 14:00 bis 17:00 Uhr Donnerstag, 15. September 9:00 bis 13:00 Uhr Diskussion und Beschlussfassung Donnerstag, 15. September 14:00 bis 18:00 Uhr Die Medialisierung der Welt erfasst auch die Strafjustiz. Dabei garantieren die Prominenz eines Beschuldigten (Fall Kachelmann) oder eines Verletzten (Fall Klatten) sowie die Besonderheit eines spektakulären kriminellen Geschehens (Fall Tugce) die öffentliche Aufmerksamkeit schon im Ermittlungsverfahren und sogar noch während des Strafvollzugs (Fall Hoeneß). Zu Beginn eines Strafverfahrens steht das Informationsinteresse der Allgemein heit regelmäßig im Spannungsverhältnis zu den Regelungen des deutschen Strafverfahrensrechts. Die Ermittlungen finden im Interesse der Wahrheitsfin dung, der Unschuldsvermutung und des Opferschutzes grundsätzlich nicht öffentlich statt. Dennoch erteilen Presseabteilungen der Strafverfolgungsbehör den auch in diesem frühen Verfahrensstadium oft erstaunlich detaillierte Aus künfte an Medienvertreter. Entspricht dies der grundrechtlich garantierten Presse- und Informationsfreiheit, die den Medien einen unmittelbar gegen staatliche Stellen gerichteten Informationsanspruch gewährleistet und gibt es ausreichende rechtliche Grundlagen für solche Auskünfte oder besteht Reform bedarf ? Diese Frage wird als einer der Schwerpunkte in der strafrechtlichen Abteilung diskutiert werden. Aber auch die Rolle der Öffentlichkeit in der Hauptverhandlung soll beleuchtet werden. Dass sie öffentlich stattfindet, ist eines der Grundprinzipien der Straf prozessordnung. Dies diente ursprünglich aber nicht dem Informationsinteresse der Allgemeinheit. Es sollte Transparenz im Prozess gewährleisten und so eine aus Diktaturen bekannte geheime Verhandlung und Verurteilung hinter ver schlossenen Türen verhindern. Ob dieser Aspekt in der modernen Informations gesellschaft noch trägt oder eine geänderte Funktion der Öffentlichkeit im Strafverfahren eine gesetzliche Anpassung rechtfertigt, wird ein weiterer Diskus sionsschwerpunkt sein. Schließlich sollen Reformüberlegungen diskutiert werden, die seit dem Beginn der Hauptverhandlung im sog. NSU-Prozess zur Neufassung des § 169 GVG aufgekommen sind und die die Frage betreffen, ob der Gesetzgeber Regelungen schaffen sollte, die den Zugang von Medienvertre tern über die Kapazitäten im Sitzungssaal hinaus mittels audiovisueller Übertra gung in einen anderen Raum ermöglichen. Das Thema der strafrechtlichen Abteilung betrifft nicht nur genuin strafprozessrechtliche Fragen. Es berührt medien- und verfassungsrechtliche Grundsätze mit Blick auf den Einfluss der Medien bei der allgemeinen Rezeption von Geschehnissen einerseits und den Anspruch des Einzelnen auf Fairness und Gerechtigkeit auf der anderen Seite. Tagungsprogramm 71. Deutscher Juristentag Essen 2016 13
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