216 - Toetung auf Verlangen

D.M. Hilpert
§ 216 - Tötung auf Verlangen
1/2
A. Tatbestandsmäßigkeit
I. Objektiver Tatbestand
1. ausdrückliche
•
Ein Tötungsverlangen verlangt mehr als bloßes Einverständnis des Opfers
o
•
vielmehr muss der zu Tötende auf den Willen des Täters eingewirkt haben
das Verlangen muss eindeutig und unmissverständlich geäußert worden sein
o
auch durch Gesten oder in Frageform
o
das Verlangen muss objektiv gegeben sein – keine irrtümliche subjektive Vorstellung des Täters
-> § 16 II
2. ernstlich
3. dazu bestimmt
•
Täter muss Tatherrschaft haben
o
•
Problem: Jemand der in kürze sterben wird noch taugliches Tatobjekt?
o
•
fehlt, wenn lediglich straflose Beihilfe zur Selbsttötung
strafrechtliche Lebensschutz gilt bis zum tatsächlichen Tot
Aber: Sterbephase schon begonnen, jede Weiterbehandlung keine Heilung mehr bewirkt
o
Passive Sterbehilfe – kein tatbestandsmäßig Tötung i.S.v. §§ 211ff.
•
•
Verzicht auf lebensverlängernde Maßnahmen, also Unterlassen sinnloser Lebensverlängerung nach Eintritt in die Sterbephase
•
egal, ob durch Arzt oder durch andere mit Garantenpflicht (Angehörige unterlassen
ärztliche Hilfe herbeizurufen) geschieht
•
Garantenpflicht, die zum Tun zwingt, endet vor dem Erfordernis einen Menschen
menschenwürdig sterben zu lassen.
darf nicht gegen den (mutmaßlichen) Willen des Patienten erfolgen
•
o
muss von einem ausdrücklichen oder mutmaßlichen Patientenwillen als Ausdruck
seiner allgemeinen Entscheidungsfreiheit gedeckt sein
Aktive Sterbehilfe
•
jede Form von aktiver Lebensverkürzung durch Dritte
•
Einwilligung des Patienten ist angesichts § 216 unbeachtlich
•
Ausnahme (straflose):
•
•
Beihilfe zu einer freiverantwortlichen Selbsttötung
o
Tatherrschaft: Täter ist der Getötete – der getötete muss das Geschehen in der
Hand halten
o
mangels Haupttat (es wurde kein anderer „Getötet), keine Gehilfenstellung
möglich
indirekte Sterbehilfe
o
Behandlung dient zur Linderung oder Beseitigung von Schmerzen, verkürzt aber
die Lebenserwartung
o
keine Tatbestandliche Tötung, sondern die einzige Möglichkeit des Arztes, dem
„Leben noch zu dienen“. - Ausschuss auf der Rechtswidrigkeitseben
www.maltehilpert.de
D.M. Hilpert
o
§ 216 - Tötung auf Verlangen
2/2
Gleichstellung von aktivem Tun mit straflosen passiver Sterbehilfe
•
e.A.: aktives Tun ist immer ein Fall von aktiver (strafbarer) Sterbehilfe
•
a.A.: ist möglich, wenn
•
•
der behandelnde Arzt sie vornimmt
o
weil nach dem sozialen Sinn das Abschalten von Geräten dem Unterlassen von
weiteren Maßnahmen gleichkommt
o
e.A.: nur durch den Arzt, weil der eigenmächtige Abbruch durch inkompetente
Dritte nicht als passive Sterbehilfe gewertet werden kann
o
a.A.: auch durch Dritte zulässig, wenn diese sich vollständig dem Willen des
Sterbenden untergeordnet haben. (+), weil im Vordergrund die strafrechtliche
Bewertung einer Sterbehilfe immer auch das Selbstbestimmungsrecht und die
Menschenwürde des urteilsfähigen Patienten stehen muss, welche nicht nur der
Arzt zu achten hat.
Begründung:
o
aktives Tun fällt in diesem Fällen nicht in den Schutzbereich von §§ 212, 216
o
„normatives Unterlassen“
!
Eine verfassungskonforme Auslegung gebietet, die Hilfe zu menschenwürdigem Sterben nicht als strafbare Tötung nach § 216 zu bewerten, sondern
als straflose Hilfe beim streben.
www.maltehilpert.de