Sterbehilfe in Deutschland Begriffe – Ängste - Perspektiven Dr. Rainer Schäfer Abtlg. Anaesthesie und Palliativmedizin Juliusspital Würzburg 29.04.2015 Forderung nach würdevollem Sterben Elisabeth Kübler-Ross u.a. Entwicklung der Hospiz- und Palliativbewegung Right to die-Bewegung Death with dignity act (Oregon 1997) Sterbehilfe-Praxis in einigen Ländern Ziel der Palliativmedizin Das Leben eines Patienten nicht um jeden Preis zu verlängern, sondern der verbleibenden Zeit Leben (Lebensqualität) zu geben. Brunner K.W. Schweiz.Med. Wochenschrift 1987 Haben wir Menschen nicht ein Recht, auf die Art und Weise unseres Lebensendes Einfluss zu nehmen? Formen der Sterbehilfe aktive Sterbehilfe aktive Sterbehilfe Handlungsziel: Tötung gezieltes Herbeiführen des Todes Handlung wird von einem Dritten ausgeführt in Deutschland strafbar aktive Sterbehilfe § 216 StGB Tötung auf Verlangen (1) Ist jemand durch das ausdrückliche und ernstliche Verlangen des Getöteten zur Tötung bestimmt worden, so ist auf Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren zu erkennen. (2) Der Versuch ist strafbar Formen der Sterbehilfe aktive Sterbehilfe passive Sterbehilfe passive Sterbehilfe Unterlassen oder Beenden lebensverlängernder Maßnahmen auf Wunsch des Patienten oder wenn keine medizinische Indikation (mehr) vorliegt verwirrender Begriff, da es nicht unbedingt ein passives Verhalten sein muss besser ist „palliative Sterbebegleitung“ oder „Therapiezieländerung“ der Patient stirbt an der Grundkrankheit passive Sterbehilfe „ungewisser und konturloser Begriff“ BGH 25.06.2010 passive Sterbehilfe: Sterbebeistand oder -begleitung Ein im Sterben liegender Mensch, der aus eigener Kraft nicht mehr weiterleben und dessen Tod nur noch mit Hilfe technischer Geräte hinausgezögert werden kann, kann verlangen, dass solche Maßnahmen unterbleiben oder abgebrochen werden. Jemand, der diesem Verlangen nachkommt, gleichgültig ob durch Unterlassen oder durch aktives Tun, tötet nicht (auf Verlangen), sondern leistet Beistand im Sterben. LG Ravensburg, Urt. vom 03.12.1986 Formen der Sterbehilfe aktive Sterbehilfe passive Sterbehilfe indirekte (aktive) Sterbehilfe indirekte Sterbehilfe Medizinische Behandlung eines schweren Leidenszustandes unter Inkaufnahme einer Verkürzung des Lebens. Die Absicht ist die Behandlung der Symptome und nicht der Tod. Formen der Sterbehilfe aktive Sterbehilfe passive Sterbehilfe indirekte Sterbehilfe ass. (ärztl.) Suizid Was ist assistierter Suizid Ermöglichung, Förderung oder Nichtverhinderng eines Suizids Wittig-Urteil: 3. Strafsenat des BGH 7/1984: „Konflikt zwischen der Verpflichtung zum Lebensschutz und der Achtung des Selbstbestimmungsrechtes“ AZ: 3 StR 96/84 vom 04.07.84 § 323c StGB Unterlassene Hilfeleistung Wer bei Unglücksfällen oder gemeiner Gefahr oder Not nicht Hilfe leistet, obwohl dies erforderlich und ihm den Umständen nach zuzumuten, insbesondere ohne erhebliche eigene Gefahr und ohne Verletzung anderer wichtiger Pflichten möglich ist, wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft. Hackethal-Urteil 1987 a)„…Auch ein Arzt bleibt jedenfalls straflos, soweit er sich lediglich als Gehilfe aktiv an einer freiverantwortlichen Selbsttötung beteiligt…“ b) „Prof. H. wurde nicht deshalb zum Täter eines Tötungsdeliktes, weil er nach Einnahme des Giftes durch die Suizidentin keine ärztlichen Hilfsmaßnahmen ergriffen hat.“ OLG München 1987: Az: 1Ws 23/87 Musterberufsordnung der Bundesärztekammer • § 16 Ärzte haben Sterbenden unter Wahrung ihrer Würde und Achtung ihres Willens beizustehen. Es ist ihnen verboten, Patienten auf deren Verlangen zu töten. Sie dürfen keine Hilfe zur Selbsttötung leisten. Berufsordnungen der Bayer. und Baden Württembergischen Landesärztekammern • §16 Beistand für den Sterbenden Ärztinnen und Ärzte haben Sterbenden unter Wahrung ihrer Würde und unter Achtung ihres Willens beizustehen. Assistierter Suizid in Deutschland •Gesetzentwurf zur gewerbsmäßigen bzw. organisierten Suizidbeihilfe lag bereits vor (2012) - neuer Paragraph 217 StGB war geplant vorgesehener Titel: „Gesetz zur Strafbarkeit der gewerbsmäßigen Förderung der Selbsttötung.“ Assistierter Suizid in Deutschland • §217 Referentenentwurf (2012): (1) „Wer in der Absicht, die Selbsttötung eines Menschen zu fördern, diesem hierzu gewerbsmäßig die Gelegenheit gewährt, verschafft oder vermittelt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.“ (2) „Ein nicht gewerbsmäßig handelnder Teilnehmer ist straffrei, wenn der in (1) genannte sein Angehöriger oder eine andere ihm nahestehende Person ist.“ Oregon: Bedingungen I Volljährigkeit und Urteilsfähigkeit Wohnort in Oregon inkurable Erkrankung, die nach Beurteilung des Behandlers innerhalb von 6 Monaten zum Tode führt keine psychische Störung Bestätigung durch zweiten Arzt (mindestens) zwei Wochen Bedenkzeit danach schriftliche Erklärung mit zwei Zeugen Oregon: Bedingungen II Patient soll seine Familie informieren Meldepflicht für Arzt und Apotheker Aufklärung über Alternativen vorgeschrieben Einnahme der Medikamente durch Patient selbst! verschreibender Arzt kann dabei sein Verbot der öffentlichen Werbung für Suizidbeihilfe Oregon: „Death with dignity act“ 1998 - 2014 verordnete Anzahl tödlicher Medikamente tatsächlich durchgeführter Suizid entspricht einem Anteil von 1327 859 64,7% Annual Report Oregon 2/2015 Oregon DWDA Rezeptempfänger und Todesfälle, 1998-2013 Oregon: Gründe für den assistierten Suizid Autonomieverlust 91% schwindende Fähigkeit, an Aktivitäten teilzunehmen, die Freude bereiten 87% Verlust der Würde 71% Verlust der Kontrolle über Körperfunktionen 53% Angst vor Schmerz u. anderen Symptomen 24% Oregon Public Health Division –DWDA Report 2015 Zürich: Institut für Rechtsmedizin ass. Suizide 2008 – 2012 611 aus Deutschland 268 entspricht einem Anteil von 43,9% aus England aus Frankreich 126 66 Alter 23 bis 97 Jahre Journal of Medical Ethics 8-2014 2012 93 2011 66 2010 26 2009 In Deutschland vermittelte begleitete Suizide, die in der Schweiz durchgeführt wurden 32 2008 51 0 20 40 60 80 100 Deutschland/Schweiz (Verein Dignitas/Sektion Deutschland) Quelle: Dignitas Grundkrankheiten in Zürich Neurologische Erkrankungen 47,4% Krebserkrankungen 37,2% rheumatische Krankheiten 24,6% Herz-Kreislauferkrankungen 15,2% Demenz u.a. neuro-psychiatr. Probleme 3,4% Journal of Medical Ethics 8-2014 Schweiz Verein Exit Quelle: Exit Deutsche Schweiz Deutschland (Verein Sterbehilfe e.V.) Würdevolles Sterben Sterben, das uns friedlich und erträglich erscheint
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