STANDPUNKT Wählen, aber mit Verstand Am 13. März 2016 stehen drei Landtagswahlen an, die ein Stimmungsbarometer sein werden für die Einschätzung der Bürger über die politische Arbeit der Parteien und vor allem über die alles überdeckende Flüchtlingsthematik. VON DR. THEO BREITSOHL E s ist nach meinem Verständnis in einer repräsentativen Demokratie nicht nur ein Recht, sondern die Pflicht aller Bürger, durch die Abgabe ihrer Stimme die Zukunft des Landes mitzugestalten. Bei den dieses Jahr anstehenden Wahlen habe ich aber die Befürchtung, dass die Flüchtlingsproblematik alle anderen Themen überlagern wird. Vermutlich fragen viele Wähler nicht nach der tatsächlich geleisteten Arbeit, um daraus ihre Wahlentscheidung zu treffen. Emotionen, Sorgen, Ängste bewegen die Menschen. Von rechts außen werden einfache, populistische Antworten gegeben auf sehr komplexe Fragen. Das kann nicht gut gehen. FOTO: BERND HANSELMANN Lösungen statt Säbelrasseln Dr. Theo Breitsohl ist Unternehmer und Verleger. „Wer AfD wählt, setzt damit unsere Demokratie, unseren Wohlstand und unsere Freiheit aufs Spiel.“ 004_DIE NEWS 03/2016 Es gibt keine einfachen Lösungen. Unsere demokratischen Parteien ringen darum, den Flüchtlingsstrom zu bremsen. Warum sehen so viele Deutsche nur die Probleme, reagieren auf die hässlichen Attacken wie in Sachsen fast mit Panik? Warum glauben zum Beispiel Bürger in Baden-Württemberg, die CDU abstrafen zu müssen, weil ihre Parteivorsitzende Menschlichkeit zeigt und Werte konsequent verteidigt? Es beunruhigt mich sehr, dass der rechtsradikale Populismus in Deutschland eine solche Anziehungskraft hat. In der Weimarer Republik war die Demokratie noch jung, die Weimarer Parteien in ihrem demokratischen Selbstverständnis noch nicht gereift. Der Nationalsozialismus machte sich das zunutze. Doch heute? Noch vor ein oder zwei Jahren hätte ich es für ausgeschlossen gehalten, dass die Bundesrepublik auf so breiter Front anfällig wird für radikale Parolen der AfD und für ihre Parteivorsitzende Frauke Petri, die sich nicht schämt zu fordern, Flüchtlinge an der Grenze notfalls mit Waffen vertreiben zu lassen. Wie soll solch eine Partei, die sich von Rechtsradikalen und Scharfmachern nicht distanziert, die deutschen und europäischen Flüchtlingsprobleme besser lösen können? Zurück zur Sachlichkeit Zugegeben, gerade die Grünen sind innenpolitisch gespalten. Noch-Ministerpräsident Winfried Kretschmann äußert sich kaum noch zur Flüchtlingsproblematik, obwohl gerade von ihm als unverdächtigem Demokraten klare Worte zu erwarten wären. Sein Parteifreund Boris Palmer, Oberbürgermeister in Tübingen, fordert offen, die europäischen Außengrenzen mit europäischen Grenzschützern zu sichern: „Europa kann es sich nicht leisten, die Kontrolle über seine Außengrenzen aufzugeben.“ Palmer, nicht unumstritten, zeigt sich hier als Realpolitiker und vertritt dieselbe Meinung wie Horst Seehofer. Es ist dringend nötig, dass die demokratischen Parteien zur Sachlichkeit zurückkehren und die Medien sich statt auf Sensationsberichterstattung endlich auf Sachlichkeit und Information konzentrieren. Bei den Bürgern darf nicht der Eindruck entstehen, dass wir es wahrscheinlich doch nicht schaffen. Denn dann werden viele eine Protestpartei wie die AfD wählen. Damit setzen sie unsere Demokratie, unseren Wohlstand und unsere Freiheit aufs Spiel. Wenn wir die Zukunft Deutschlands mitgestalten wollen, hat es noch nie genützt, aus Frust auf eine demokratiefeindliche Partei zu setzen. Verlassen wir uns bei dieser Wahl lieber auf unseren Verstand und unsere Vernunft, in Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz und Sachsen-Anhalt.
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