Jesus ist… - Chile Grüze

Jesus ist… – diskutierbar
Predigt vom 13. März 2016, Chile Grüze, Sämi Müller-Büchi
Teil I: Talk
Teil II: Predigt
Jesus ist erfahr- und erlebbar
Ich finds immer wieder sowas von motivierend, wenn ich
Berichte höre von unterschiedlichsten Menschen, wie sie
Jesus erleben. Ob es hier im Gottesdienst ist oder im
Internet auf www.gottkennen.ch , all diese Erlebnisberichte
zeigen, wie individuell und persönlich Gott den Menschen
immer wieder begegnet. Sie zeigen, wie Jesus sich auf
ganz unterschiedliche Art und Weise sichtbar und erlebbar
macht. Sie sind Beweis dafür, wie vielseitig Gott selbst ist.
Und diese Zeugnisberichte stellen dem Hörer die Frage:
Wie sieht deine Geschichte aus? Wer ist Jesus für dich?
Und genau hier wird es sehr spannend. Wird aus dem
Gespräch über Jesus ein Gespräch mit Jesus? Wage ich
den Schritt aus dem mehr oder weniger neutralen „sich
Gedanken machen über Jesus“ heraus und beginne eine
persönliche Konversation mit Ihm? Wie rede ich ihn an?
Was scheint mir persönlich vertraut und angebracht? Das
ist selbstverständlich bei mir nicht dasselbe wie bei dir.
Schliesslich haben wir ganz unterschiedliche Geschichten.
Wir stehen auch an ganz unterschiedlichen Orten. Mir
geht’s zurzeit bestimmt nicht genau gleich wie dir. Mich
beschäftigen nicht dieselben Dinge wie dich.
Krass ist ja, dass Jesus mit mir nicht überfordert ist. Bei
Ihm gibt es keine Warteschlaufe mit langweiliger Musik. Er
freut sich immer mega, wenn ich persönlich mit Ihm in
Kontakt trete und bete. Egal zu welcher Zeit, an welchem
Ort, mit welchem Inhalt. Ich hoffe du kennst dieses enorm
befriedigende und wohltuende Gefühl, von Jesus
verstanden und ernst genommen zu werden. Ganz tief in
dir das Friedensgefühl, dass es nun gut ist. Dass dein
Anliegen nun am richtigen Ort aufgehoben ist. Egal wieviel
tausend andere vielleicht auch grad mit Jesus im
Gespräch sind, ich selbst bin wertgeschätzt und zutiefst
angenommen, als ob es wirklich nur um mich geht. Als ob
ich der einzige bin, der gerade Audienz geniesst beim
König. Das fasziniert mich immer wieder und versetzt mich
ins Staunen. Das ist wahrhaft übernatürlich, das kann und
muss mir niemand erklären können.
Alles GLINUS oder was?!
Die Frage ist: Lassen wir Christen einander diese ganz
persönlichen Gotteserfahrungen? – Klar doch, logo. Oder
doch nicht? Ich meine, was ist wenn mein Eindruck von
einer Person, die sich ebenfalls Christ nennt, ein anderer
ist? Sollte ein Christ nicht dies und das so und so
handhaben, wenn er es wirklich ernst meint? Ab wann ist
man eigentlich Christ?
Plötzlich ertappen wir uns beim Versuch, andere zu
beurteilen. Wir schaffen dazu irgendwelche Kategorien
oder Disziplinen. Wie regelmässig kommt er in den
Gottesdienst? Arbeitet sie irgendwo mit? Flucht oder
raucht er? Ist ihr Lebensstil ausgewogen? Was für einen
christlichen Wortschatz hat er? Frisur? Kleidung?
Ich könnte jetzt noch beliebig fortfahren und bestimmt gäbe
es da noch den einen oder anderen Aspekt zum
Schmunzeln. Doch wenn wir ehrlich sind, dann müssen wir
zugeben, dass wir alle diese Tests kennen. Ich nenne es
den GLINUS-Test. Glinus heisst „Gläubig in unserem
Sinne“ (das ist übrigens keine Wortschaffung von mir, sie
stammt von Dieter Theobald).
Bei GLINUS geht es also darum, möglichst rasch zu
wissen, ob die Person richtig liegt oder nicht. Wer nicht
GLINUS ist, der liegt eben falsch. Wer nicht GLINUS ist,
der glaubt nicht richtig. Wer nicht GLINUS ist, wird
automatisch als defizitär angeschaut, schliesslich fehlt ihm
noch was. Und wenn ich selbst jetzt noch ein bisschen
missionarisch unterwegs bin, dann beuge ich mich
gnädigst auf Augenhöhe meines Gegenübers und erklär
dem mal, wo er noch Nachhilfe braucht. So wie Jesus
seine himmlische Stätte verliess und als Baby auf diese
Erde kam, so verlasse auch ich in edler Manier meinen
Stand und begebe mich auf das noch unwissende Niveau
meines Gegenübers.
Echtes Interesse statt Programm
Liebe Leute, wir schmunzeln vielleicht jetzt mehr oder
weniger über diese Darstellung. Doch glaubt mir, die
Menschen spüren immer sofort, wenn auch nur eine Spur
von dieser Haltung in uns schlummert. Ein echter Dialog,
gegenseitig wertschätzend und auf Augenhöhe, kommt
dann kaum zustande. Diese „von-oben-herab-Haltung“
verbaut so manch eine Beziehung. Und ganz nebenbei: Es
verunmöglicht auch, dass Gott durch mein Gegenüber zu
mir reden könnte. Kommunikation beginnt dort, wo ich
bereit bin, echt interessiert zuzuhören.
Die schweizweite „Jesus ist… - Kampagne“ setzt genau da
an. Es geht beim Beschriften und besprayen dieser
Plakate keineswegs um richtig oder falsch. Es geht darum,
miteinander ins Gespräch zu kommen. Darüber
austauschen, wer Jesus für mich und dich ist. Ich möchte
ernsthaft von meinem Gegenüber erfahren, was ihn
beschäftigt, wenn er das Wort „Jesus“ sieht. Und eventuell
kann es ja auch sein, dass Gott mir gerade durch eine
unbequeme Meinung etwas sagen will? Hüten wir uns vor
zu schnellen „Aber es ist… - Antworten“ die eigentlich
keiner hören will.
Der Ruf der Christen ist oft nicht so gut. Christen werden
als arrogant, besserwisserisch, naiv und weltfremd
empfunden. Das ist nicht gerade schmeichelnd, ich weiss.
Aber weisst du was? Ich mach die Erfahrung, dass man
mit solch einem Ruf es relativ einfach hat, einen positiven
Eindruck zu hinterlassen. Sich ernsthaft bedanken für die
andere Meinung, das kann schnell mal irritieren. Oder mit
meinen Augen uneingeschränkte Annahme und
Wertschätzung ausdrücken wollen, egal wie kritisch oder
gar angriffig mein Gegenüber ist. So im Sinne von: „Klar
denke ich völlig anders in dieser Sache, aber das ist
absolut egal, denn du bist trotzdem voll okay.“ Das ist so
alles andere als GLINUS. Eine solche Haltung befreit mein
Gegenüber und auch mich. Es ist alles andere als
verkrampft und einengend, es ermöglicht echte
Kommunikation, echten Austausch.
In diesem Sinne wünsche ich dir für diese Plakataktion
nicht die richtigen Worte und gewieften
Verteidigungsreden. Ich wünsche dir viel offenes,
interessiertes Ohr! Lass dich auf dein Gegenüber ernsthaft
interessiert ein und entdecke, wie Gott selbst zu dir spricht.
Lass mutig Vorurteile purzeln und mache mit deiner
hinhörenden Haltung wieder Boden gut. Das ist eine
Sprache, mit der in der heutigen Zeit Evangelium
verstanden wird. Und wer weiss, vielleicht wird nach solch
einem Gespräch über Jesus tatsächlich ein Gespräch mit
Jesus. Bei dir oder deinem Gegenüber.
Amen.