SWR2 Wissen Mai 2016

Programm SWR2 WISSEN
Montag bis Sonntag 8.30 bis 9.00 Uhr im Radio
Mai 2016
Sonntag, 1. Mai 8.30 Uhr
Aula: Macht Geld faul?
Das bedingungslose Grundeinkommen
Von Philip Kovce
Es klingt utopisch: Jeder Bürger erhält regelmäßig einen fixen Betrag, eine Art Rente, und zwar ohne
Gegenleistung. Diese Idee, die bereits 1516 Thomas Morus im Roman ”Utopia” propagierte, scheint
immer mehr Anhänger zu finden: Ökonomieprofessoren halten sie für gut in einer Zeit, in der langsam
aber sicher die Arbeit auszugehen scheint; Philosophen meinen, ein existenzsicherndes
Grundeinkommen könnte die Freiheit der Menschen entscheidend vergrößern. Am 5. Juni 2016 stimmt
die Schweiz darüber ab, ob das bedingungslose Grundeinkommen als Leitgedanke in die Verfassung
geschrieben wird. Der Autor und studierte Wirtschaftswissenschaftler Philip Kovce analysiert Sinn und
Unsinn dieser Idee.
Montag, 2. Mai, 8.30
Segeln im Müll?
Rio de Janeiro vor den Olympischen Spielen
Von Gudrun Fischer
”Bis zu den Olympischen und Paralympischen Sommerspielen im August und September 2016 ist die
verschmutzte Guanabara-Bucht sauber!” Dieses Versprechen, vor ein paar Jahren gegeben, zog der
Bürgermeister von Rio de Janeiro inzwischen zurück. Es wäre eine Herkulesaufgabe geworden. Die
Größe der Bucht entspricht zwei Dritteln des Bodensees; in sie läuft der Dreck von 12 Millionen
Menschen. Damit den Segelbooten bei den Wettkämpfen kein schwimmender Müll im Weg steht oder
womöglich jemand wegen der Bakteriendichte im Wasser erkrankt, sind Notmaßnahmen in Planung.
Sehen so nachhaltige Spiele aus?
Dienstag, 3. Mai, 8.30 Uhr
Schuften für Coca Cola
Die Ausbeutung afrikanischer Erntearbeiter
Von Aureliana Sorrento
Nach Rosarno, einem kalabrischen Kleinstädtchen, ziehen jeden Winter Tausende afrikanischer
Wanderarbeiter, die sich in umliegenden Orangenplantagen als Erntehelfer verdingen. Für die
Knochenarbeit bekommen sie 20 bis 25 € pro Tag – was nicht mal für eine menschenwürdige
Unterkunft reicht. Aber an diesen Niedrigstlöhnen sind die Orangenbauern nicht allein schuld. Sie
hängen am Tropf multinationaler Konzerne wie Coca Cola und großer Handelsketten, die die Preise
diktieren: Maximal 7 Cent zahlen sie für ein Kilo kalabrische Orangen. Das würde nicht mal die
Produktionskosten decken, wenn sie die Erntehelfer nach Tarif zahlten, sagen die Bauern. Und geben
den Druck der Konzerne an die Tagelöhner weiter – die sind das schwächste Glied einer
Ausbeutungskette, die inzwischen den Globus umspannt. (Produktion 2015)
SWR2 Wissen – Mai 2016
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Mittwoch, 4. Mai, 8.30 Uhr
Von der Knochenflöte zur römischen Wasserorgel
Archäologen auf den Spuren der Musikkultur
Von Thomas Gith
Die Menschen haben offenbar schon früh angefangen zu musizieren: Bereits vor rund 37.000 Jahren
stellten sie Flöten aus Tierknochen her. Auch Schraper und Schwirrplättchen aus Geweih sind für die
weitere Steinzeit belegt. Reichhaltige Hinweise für die Musikkultur im heutigen Europa gibt es dann ab
dem 3. Jahrtausend vor unserer Zeitrechnung: Trommeln und komplexe Blasinstrumente tauchten auf,
die etwa bei rituellen Opferzeremonien erklangen. Und erste Notenfragmente sind aus der Antike
überliefert: Gespielt werden sie heute z. B. auf dem Nachbau einer römischen Wasserorgel.
(Produktion 2015)
Donnerstag, Christi Himmelfahrt, 5. Mai, 8.30 Uhr
Aula: Nur mit Gefühl - Roboter und Emotionen
Von Elisabeth André
Forscher tüfteln an Robotern, die im menschlichen Gesicht Emotionen wahrnehmen und diese
spiegeln können. Das scheint sinnvoll zu sein: Wenn wir immer mehr mit Robotern
zusammenarbeiten, wenn unser Handeln stark durch Emotionen geprägt wird, sollten dann nicht auch
diese Maschinen so ticken und empathisch sein? Antworten gibt die Informatikerin Professor Elisabeth
André von der Universität Augsburg.
Freitag, 6. Mai, 8.30 Uhr
”Mein Verstand ist frei”
Die mexikanische Gelehrte Sor Juana Inés de la Cruz (1651 – 1695)
Von Imogen Rhia Herrad
Im 17. Jahrhundert hatte eine hochbegabte Frau im Vizekönigreich Neu-Spanien – dem heutigen
Mexiko – keine Chance auf Bildung. Juana Inés – schon als Kind von Wissen und Büchern begeistert
– fand einen Schlupfwinkel im Kloster. Sie verfasste dort Gedichte, Theaterstücke und Streitschriften,
die das Recht der Frauen auf Bildung einklagten. Sie wurde gefeiert und pflegte Umgang mit dem
vizeköniglichen Hof. Doch mit der Abberufung des Vizekönigs, der sich für ihre Kunst begeisterte,
verlor sie einen mächtigen Beschützer: Nun schritt die Kirche ein, der die streitbare Gelehrte seit
langem ein Dorn im Auge war. Sor Juana musste dem Schreiben abschwören; ihre prachtvolle
Privatbibliothek mit 4.000 Bänden wurde beschlagnahmt. Sie starb bald darauf mit nur 44 Jahren, aber
ihre Werke sind bis heute unvergessen. (Produktion 2014)
Samstag, 7. Mai, 8.30 Uhr
Radio Akademie: Berlin – Von der geteilten zur teilenden Stadt
Aus der 12-teiligen Reihe: “Die teilende Gesellschaft” (1)
Von Dirk Asendorpf
Sie heißen Leila, Wimdu, Drivy oder Sinnwerkstatt – über 200 Berliner Unternehmen und Initiativen
fühlen sich der Sharing-Idee verbunden, Zehntausende nutzen ihre Dienste. Sie teilen Werkzeug,
Autos oder Gärten, bauen gemeinsam Lastenräder, organisieren den Tausch von Kleidern und
Büchern, besorgen Schlaf- und Arbeitsplätze und kümmern sich um die Finanzierung all dieser Ideen.
Sie vernetzen sich per Internet und wollen mit dem eigenen Beispiel die Welt verändern. Das einst
geteilte Berlin ist zur Hauptstadt des Teilens geworden. Nirgendwo in Deutschland ist der SharingGedanke stärker verankert.
SWR2 Wissen – Mai 2016
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Sonntag, 8. Mai, 8.30 Uhr
Aula: Der Studienkompass 4: Afrikawissenschaften
Von Andreas Eckert
In der SWR2 Aula geben Professorinnen und Professoren Jugendlichen Orientierungshilfe bei der
Suche nach einem geeigneten Studienfach. Sie zeigen, warum ihr Fach gesellschaftlich relevant ist,
was man mitbringen muss, um es erfolgreich zu studieren, was man mit dem Bachelor beruflich
machen kann. Professor Andreas Eckert von der Humboldt-Universität Berlin erläutert diese Aspekte
für die Afrikawissenschaften, die typisch sind für die sogenannten Area Studies.
(Nächster Studienkompass: Pfingstmontag, 16. Mai, 8.30 Uhr)
Montag, 9. Mai, 8.30 Uhr
Thomas S. Kuhn: Die Struktur wissenschaftlicher Revolutionen
Von Konrad Lindner
Nachhaltige Neuerungen in der Wissenschaft werden häufig von jungen Menschen ausgelöst; bei
Thomas S. Kuhn war genau das der Fall. Der Historiker der Naturwissenschaften war 40 Jahre alt, als
er 1962 unter dem Titel “Die Struktur wissenschaftlicher Revolutionen” ein Buch publizierte, das wider
Erwarten ein Weltbestseller wurde. Bereits im Alter von nur 25 Jahren hatte er als Student der Physik
an der Harvard-Universität eine scheinbar schräge Idee. Er meinte, dass es vom Begriff der Revolution
her möglich sein könnte, das gewohnte Bild von der Wissenschaft als einer stetigen Sammlung von
Bausteinen des Wissens zu verlassen. Kuhn meinte, dass auch die Erforschung der Natur ein
kooperatives Unternehmen ist, das mit Krisen und Revolutionen einhergeht. Auf der Basis der
Gespräche mit dem berühmten Wissenschaftsphilosophen schildert James F. Conant von der
Universität Chicago, warum und wie Kuhn die Praxis der Wissenschaft mit der Brille des
Revolutionsbegriffs zu durchleuchten begann.
Dienstag, 10. Mai, 8.30 Uhr
Boko Haram – Ein Lehrstück in Staatsversagen
Von Florian Haenes
Sie verüben Bombenanschläge auf belebte Märkte und Busbahnhöfe und entführen Hunderte
Schulkinder: Boko Haram, der Name der Terrormiliz in Nordnigeria, bedeutet “Bücher sind Sünde”.
Neben dem Verbot “westlicher” Bildung und der Abschaffung demokratischer Wahlen fordert die
Gruppe die Einführung der Scharia in ganz Nigeria und bekämpft Regierung und Justiz. Der
Bürgerkrieg ist das Ergebnis jahrzehntelangen Staatsversagens: In den 80er-Jahren wurde Nigeria von
einer Wirtschaftskrise erschüttert, die die Regierung bis heute nicht im Griff hat. Plötzlich verarmt,
wandten sich viele Nigerianer religiösen Sekten zu. Seitdem ist die Gesellschaft entlang religiöser
Linien gespalten. Das überspitzten radikale Prediger Boko Harams zur Staatsverachtung und
Zehntausende ließen sich euphorisch darauf ein. Heute kämpfen sie mit brutaler Gewalt für ihre Utopie
vom Kalifat.
Mittwoch, 11. Mai, 8.30 Uhr
Fühlende Prothesen
Wie Gedanken künstliche Körperteile steuern
Von Margrit Braszus
Der Verlust eines Beins, einer Hand oder eines Arms ist für den Betroffenen ein massiver Eingriff, der
oft mit Phantomschmerzen einhergeht. Forscher arbeiten daher an immer neuen Prothesen, die das
Leben nach der Amputation erleichtern sollen. Die neuesten Entwicklungen setzen an der biologischen
Schnittstelle zwischen Muskeln, Nerv und Gehirn an. Denn der fehlende Körperteil bleibt auch nach
der Amputation im Gehirn gespeichert. Mittlerweile gibt es Bein- und Handprothesen, die sich allein
durch den Gedanken an die auszuführende Bewegung steuern lassen. Und die sogenannte
“Michelangelo-Hand” kann sogar warm und kalt empfinden, die fühlende Beinprothese spürt den
Untergrund.
SWR2 Wissen – Mai 2016
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Donnerstag, 12. Mai, 8.30 Uhr
Persephone und Demeter
Ein Mythos wird neu entdeckt
Von Ingrid Strobl
Der antike Mythos erzählt von einer Entführung: Hades, der Gott der Unterwelt, verliebt sich in die
junge Persephone und verschleppt sie in sein Reich. Ihre Mutter Demeter – Göttin des Korns und der
Fruchtbarkeit – lässt aus Zorn und Schmerz über den Verlust der Tochter die Pflanzen auf der Erde
verdorren. Göttervater Zeus schaltet sich ein, und Persephone kehrt zur Mutter zurück. Ein Drittel des
Jahres aber verbringt sie weiter in der Unterwelt. Psychoanalytische Deutungen verweisen hier auf
einen wichtigen Entwicklungsschritt: Die Tochter muss sich aus der engen Beziehung zur Mutter lösen,
damit sie zu einem eigenen Leben finden kann. Mythenforscher erkennen in dieser Geschichte den
Zyklus der Jahreszeiten, andere deuten sie als Übergang vom Matriarchat zum Patriarchat. Was kann
uns der Mythos heute noch erzählen – und wie interpretieren Mädchen im 21. Jahrhundert die
Geschichte der jungen Persephone?
Freitag, 13. Mai, 8.30 Uhr
Gott im Kopf
Die Neurobiologie spiritueller Erfahrungen
Von Sven Ahnert
Visionen, Nahtod-Erlebnisse oder mystisches Einheitserleben, – unter dem Begriff “Neurotheologie”
hat sich ein Forschungszweig etabliert, der religiöse und spirituelle Phänomene neurowissenschaftlich
untersucht. Letztlich lassen sich – so die These – alle religiösen Erfahrungen als ein kompliziertes
Wechselspiel der Neuronen oder gar als Fehlfunktionen des Gehirns erklären. Was bedeutet das für
den Glauben? Ist “Gott” damit widerlegt? Gibt es schon bald die “Erleuchtung per Knopfdruck”? Ein
kritischer Streifzug durch die Grenzbezirke von Neurowissenschaften, Meditationswelten und elektrisch
verstärkter Gottessimulation.
Samstag, 14. Mai, 8.30 Uhr
Radio Akademie: Der teilende Mensch
Aus der 12-teiligen Reihe: “Die teilende Gesellschaft” (2)
Von Martin Hubert
Der Mensch ist von Natur aus kein purer Egoist. Das belegen zahlreiche Experimente: Wenn
Versuchspersonen Geld miteinander teilen, achten sie nicht nur auf ihren eigenen Nutzen. Sie
orientieren sich auch an Regeln der Fairness und der Kooperation. Kleine Kinder lernen solche
Prinzipien schon früh und verstehen den Sinn kollektiver Vereinbarungen. Auch in Jäger- und
Sammler-Gesellschaften dominiert noch das Bedürfnis zu teilen. Was aber passiert damit, wenn der
Mensch auf Fremde trifft oder egoistisches Verhalten mit großen Gewinnen belohnt wird?
Pfingstsonntag, 15. Mai, 8.30 Uhr
Aula: Aufmerksam für die Gegenwart
Die neue Achtsamkeitswelle in der Psychotherapie
Von Ulfried Geuter
”Er isst, wenn er isst, er geht, wenn er geht, und er schläft, wenn er schläft” – das soll ein Zen-Meister
einem Schüler auf die Frage geantwortet haben, woran man einen Erleuchteten erkenne. Der
Erleuchtete ist diesem Aphorismus zufolge jemand, der sich aufmerksam der Gegenwart zuwendet. In
der buddhistischen Philosophie ist wache Aufmerksamkeit ein hohes Gut, das heute auch unter dem
Markenzeichen Mindfulness in der Psychotherapie wieder eine Rolle spielt. Statt Verhalten zu ändern
heißt die neue Philosophie: sich selbst annehmen, akzeptieren, was ist, loslassen. Der
Psychotherapeut Ulfried Geuter zeigt, ob dieser Ansatz hilfreich ist.
SWR2 Wissen – Mai 2016
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Pfingstmontag, 16. Mai, 8.30 Uhr
Aula: Der Studienkompass 5: Chemie
Von Svenja Hinderer
In der SWR2 Aula geben Forscherinnen und Forscher angehenden Studenten Orientierungshilfe bei
der Suche nach einem Studienfach. Sie zeigen, warum ihr Fach gesellschaftlich relevant ist, was man
mitbringen muss, um es zu studieren, was man mit Master oder Bachelor anfangen kann. Dr. Svenja
Hinderer leitet am Fraunhofer IGB die Gruppe “Biomaterialien, Bioreaktoren und Bioimaging” und stellt
die angewandte Chemie vor.
(Nächster Studienkompass: Sonntag, 22. Mai, 8.30 Uhr)
Dienstag, 17. Mai, 8.30 Uhr
”Intershop” - Der Duft des Westens
Von Kathrin Aehnlich
Die Läden lagen versteckt in den Seitenflügeln der Interhotels oder am Ende von Bahnhofshallen.
Obwohl es keine Ladenschilder und Auslagen gab, zählten die Waren aus dem “Intershop” zum Objekt
der Begierde aller DDR-Bürger und der “Waschmittelkaffeeparfumschokoladengeruch” wurde für viele
zum Inbegriff des “Westens”. Doch die Zielgruppe der 1962 gegründeten “staatliche
Handelsorganisation Intershop” waren nicht DDR-Bürger, sondern Transitreisende und Touristen aus
dem westlichen Ausland, deren Geld “abgeschöpft” werden sollte und zum Wirtschaftsfaktor wurde.
Nach der Wiedervereinigung war es für viele DDR-Bürger überraschend, dass sich der “IntershopGeruch” in keinem der Läden auf der anderen Seite der Mauer wiederfand. (Produktion 2015)
Mittwoch, 18. Mai, 8.30 Uhr
Wohnviertel statt Kasernen
Stadtentwicklung am Beispiel Heidelberg
Von Christine Werner
Mit dem Abzug der US-Streitkräfte wurden in Heidelberg riesige Flächen frei. Eine Jahrhundertchance
für die Stadt, heißt es. Auf den Arealen soll neben bezahlbarem Wohnraum für Familien auch ein
Industriepark entstehen sowie Platz für Kultur und Wissenschaft. Denn Heidelberg will sich fit machen
für die Zukunft. Begleitet wird die Stadtentwicklung von einer umfangreichen Bürgerbeteiligung mit
Bürgerforen, Entwicklungsbeirat und einer Koordinierungsstelle. Wie kann Stadtentwicklung gelingen?
Welche Chancen und Risiken bestehen?
Donnerstag, 19. Mai, 8.30 Uhr
„Manhattan Transfer“
Der Metropolenroman von John Dos Passos
Von Eberhard Falcke
Die Inspiration zum ersten modernen Weltstadt-Roman lieferte die Stadt New York, die zu Beginn des
20. Jahrhunderts mit ihren Wolkenkratzern aus Stahl, Beton und Glas in die Höhe schoss. Mit
“Manhattan Transfer” veröffentlichte der US-amerikanische Schriftsteller John Dos Passos 1925 einen
Roman, der so neu, innovativ und überraschend war wie die Stadt selbst. New York und sein urbanes
Leben waren darin nicht nur Schauplatz, sondern wurden selbst zu Protagonisten. Dos Passos
bediente sich modernster formaler Mittel und erfand neue hinzu. Er schrieb filmisch, bevor der Film
selbst seine ersten Großstadtporträts entwickelte. Zugleich vergegenwärtigte der Autor die medialen
Sprachen der Stadt: Zeitungen, Reklame, Lautsprecher; zusammen mit dem städtischen Rhythmus,
der Dynamik der Massen, den durch Anonymität vereinzelten Menschen. Fast 90 Jahre nach der
ersten deutschen Übersetzung von 1927 liegt jetzt erstmals eine neue Übertragung dieses großen
Romans vor.
SWR2 Wissen – Mai 2016
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Freitag, 20. Mai, 8.30 Uhr
Deutsche Flüchtlinge nach dem Zweiten Weltkrieg
Von Merle Hilbk
Flucht und Vertreibung sind in der Bundesrepublik keine neuen Themen: 13 Millionen Deutsche sind
nach dem Zweiten Weltkrieg geflohen – nach Deutschland. Sie kamen an in einem Land, das in
Trümmern lag und in dem kaum jemand die Energie hatte, sich mit dem, was sie erlebt hatten, zu
beschäftigen. Eine reibungslose Integration gab es nie. Thematisiert wurde das nie. Und dieses
Schweigen hat bis heute Auswirkungen: auf die Flüchtlinge, aber auch auf ihre Kinder und Enkel, denn
eine solche Erfahrung setzt sich in der Familie fort. Epigenetiker erforschen, wie
generationsübergreifende Traumata entstehen und behandelt werden können, und Historiker bemühen
sich, den tatsächlichen Ablauf und die Folgen der innerdeutschen Flucht darzustellen.
Samstag, 21. Mai, 8.30 Uhr
Radio Akademie: Mit Nachbarn teilen
Aus der 12-teiligen Reihe: “Die teilende Gesellschaft” (3)
Von Eva Schindele
Warum nicht einfach bei den Nachbarn läuten, um sich eine Bohrmaschine, Kuchenform oder ein
Fondue-Set auszuleihen? Wem das zu persönlich ist, der kann sich im Netz Sticker besorgen, die er
an seine Tür klebt, damit alle wissen: Ich teile. Ganz nebenbei lernt man dadurch auch seine
Mitmenschen kennen, spart Geld und Ressourcen. StädterInnen unterstützen im Rahmen
“Solidarischer Landwirtschaft” Biohöfe in der Umgebung oder konzipieren Mehr-Generationen-Häuser,
um sich im Alltag gegenseitig zu unterstützen. Viele Initiativen wie die lokalen “Repair-Cafés” oder
“Tafeln” wenden sich gegen die Wegwerfgesellschaft und unterstützen nachhaltiges Wirtschaften.
Sonntag, 22. Mai, 8.30 Uhr
Aula: Der Studienkompass 6: Mathematik
Von Albrecht Beutelspacher
In der SWR2 Aula geben Professorinnen und Professoren angehenden Studenten Orientierungshilfe
bei der Suche nach einem Studienfach. Sie zeigen, warum ihr Fach gesellschaftlich relevant ist, was
man mitbringen muss, um es zu studieren, was man mit dem Master oder Bachelor anfangen kann.
Professor Albrecht Beutelspacher von der Universität in Gießen stellt die Mathematik vor.
(Nächster Studienkompass: Sonntag, 29. Mai, 8.30 Uhr)
Montag, 23. Mai, 8.30 Uhr
Die fahrerlose Gesellschaft
Von Dirk Asendorpf
In den vergangenen hundert Jahren hat das Auto Landschaften, Städte, Arbeitswelt und Freizeit
radikal verändert. Selbstfahrende Autos werden bald zu einem ähnlichen Umbruch führen. Wenn wir
nicht mehr hinter dem Steuer sitzen müssen, werden wir weiter pendeln, anders reisen,
kommunizieren und konsumieren. Davon gehen die Wissenschaftler aus, die sich in England zu einem
beispiellosen Freilandexperiment zusammengetan haben. Im Simulator und mit Dutzenden autonomen
Fahrzeugen untersuchen sie Folgen und unerwünschte Nebenwirkungen eines Verkehrs, in dem AutoAutos eine immer wichtigere Rolle einnehmen.
SWR2 Wissen – Mai 2016
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Dienstag, 24. Mai, 8.30 Uhr
Der Mindestlohn – Errungenschaft mit Schwächen
Von Gerhard Klas
Arbeitgeberverbände bemühten Schreckensszenarien bei der Einführung des Mindestlohns Anfang
2015: Der Mittelstand sei in seiner Existenz bedroht, Stellen würden massiv abgebaut – und überhaupt
sei der Standort Deutschland in Gefahr. All das hat sich nicht bewahrheitet. 1.473 Euro Brutto gibt es
für eine Vollzeitarbeitsstelle mit Mindestlohn, zum Leben oft zu wenig. Zeitungszusteller und
Langzeitarbeitslose bleiben gesetzlich ausgeschlossen. Aber auch in anderen Branchen wird häufig
weniger gezahlt, auf Baustellen z. B., im Taxigewerbe und für die Arbeit, die mittelständische
Unternehmen und Konzerne von Häftlingen verrichten lassen.
Mittwoch, 25. Mai, 8.30 Uhr
Familienbande
Die Rolle der Vorfahren in der Psychotherapie
Von Silvia Plahl
Erfahrungen, Lebenseinstellungen, Verhaltensmuster und Beziehungsdynamiken werden in einer
Familie oft weitergegeben – dieses unausgesprochene “emotionale Erbe der Vorfahren” ist
zunehmend Thema in der Psychotherapie. Denn Erwartungen, (un-)bewusste Familienregeln, Tabus,
Geheimnisse und Legenden oder auch die familiäre Kommunikationsfähigkeit prägen oft spätere
Gefühle wie Scham oder seelischen Schmerz. Die sogenannte systemische Therapie soll dabei helfen,
solche komplexen Konstrukte zu entzerren, zu verstehen und zu klären. Dieser MehrgenerationenBlick kann Verflechtungen in Patchworkfamilien erhellen oder auch Menschen mit
Migrationshintergrund, chronisch Kranken und alten Menschen besonders zugute kommen.
Donnerstag, Fronleichnam, 26. Mai, 8.30 Uhr
Aula: Rollenspiele in der Firma
Theater und Management
Von Jürgen Kegelmann
Zwischen der Welt des Theaters und der eines modernen Unternehmens gibt es viele
Überschneidungen und Parallelen. Hier wie dort dominiert eine Vielzahl an Rollen und Rollenkonflikten,
die bearbeitet werden müssen; beide Bereiche unterliegen einer bestimmten Prozess- und
Verlaufsdynamik, auf der Bühne und im Unternehmen gibt es Gewinner, Verlierer, Mitläufer und
Rebellen, die sich alle auf verschiedene Weise ins “Stück” einbringen. Jürgen Kegelmann, Professor
für Wirtschafts- und Sozialwissenschaften an der Hochschule für öffentliche Verwaltung in Kehl, zeigt,
warum die Theatermetapher fruchtbar gemacht werden kann für die Unternehmensorganisation.
Freitag, 27. Mai, 8.30 Uhr
Die alte Gotthardbahn
Eine Region wird abgehängt
Von Helmut Frei
Nun ist es soweit: unten durch statt oben drüber – zumindest für Fernzüge zwischen Zürich und
Lugano und weiter nach Mailand. Ihre Fahrgäste kommen nicht mehr in den Genuss des berühmten
Blicks auf die Kirche von Wassen. Dreimal umrundeten Züge auf der alten Strecke sie in
verschiedenen Höhen. Katzenjammer zwischen Erstfeld im Kanton Uri und Bodio im Tessin.
Generationen lang lebten Gemeinden mit und von der eisenbahntechnischen Meisterleistung der alten
Trasse. Vor allem auf dem südlichen Abschnitt befürchten Einheimische, dass es mit ihren Dörfern
jetzt bergab geht. Andererseits weckt der neue Tunnel auch Hoffnungen. Im Bahnhof von Airolo hat
sich eine Molkerei niedergelassen, talwärts stärkt der Eishockeyclub von Ambri-Piotta das
Selbstbewusstsein einer ganzen Region.
SWR2 Wissen – Mai 2016
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Samstag, 28. Mai, 8.30 Uhr
Radio Akademie: Die Kommerzialisierung des Teilens
Aus der 12-teiligen Reihe: “Die teilende Gesellschaft” (4)
Von Simone Hamm
Mehr Gemeinsamkeit, weniger Ressourcen verschwenden – aus der Idee ist eine Branche geworden:
Die Share Economy. Der Wohlfühlbegriff verspricht eine Abkehr von den Prinzipien des Kapitalismus.
Doch entstanden ist das Gegenteil. Bezahlbarer Wohnraum ist durch “Airbnb” noch knapper
geworden. Und unter dem Deckmantel einer vermeintlichen Tauschwirtschaft werden Arbeits- und
Sozialstandards unterlaufen. Das Teilen der Masse macht einige wenige Unternehmen steinreich.
Sonntag, 29. Mai, 8.30 Uhr
Aula: Der Studienkompass 7: Kommunikationswissenschaft
Von Frank Brettschneider
In der SWR2 Aula geben Professorinnen und Professoren angehenden Studenten Orientierungshilfe
bei der Suche nach einem Studienfach. Sie zeigen, warum ihr Fach gesellschaftlich relevant ist, was
man mitbringen muss, um es zu studieren, was man mit Master oder Bachelor anfangen kann.
Professor Frank Brettschneider von der Universität Hohenheim stellt Kommunikationswissenschaft
und -theorie vor.
(Nächster Studienkompass: Sonntag, 12. Juni, 8.30 Uhr)
Montag, 30. Mai, 8.30 Uhr
Regeln für Spiezeugdrohnen
Von Moritz Metz
Sie fertigen Luftbilder, stellen Pakete zu, dienen der Landwirtschaft und taugen als Spielzeug.
Preiswerte Hobby-Drohnen sind endgültig im Massenmarkt gelandet. Die neue Ausweitung unseres
Handlungsspielraums in die 3. Dimension bringt Nutzen, Action-Spaß, nie dagewesene Kunstaktionen
– aber auch ganz neue Risiken, von Privatsphäreverletzungen über Unfälle bis hin zu potenziellen
terroristischen Attentaten. Neue Anti-Drohnen-Systeme versprechen, herrannahende Quadrocopter zu
erkennen und abzuwehren, mit Laser-, Wasser- oder Funkstrahlen, per Fangnetz oder gar mit
abgerichteten Greifvögeln.
Dienstag, 31. Mai, 8.30 Uhr
Albaniens Weg nach Europa
Von Christoph Kersting
Albanien mit seinen knapp drei Millionen Einwohnern hat im Rest Europas vor allem ein ImageProblem. Bis in die 1980er-Jahre hinein war das kleine Land unter Diktator Enver Hoxha völlig isoliert,
eine Art Nordkorea am Mittelmeer, das dann in den 1990er-Jahren im Chaos versank. Doch das ist
lange her, seit 2009 ist das Land NATO-Mitglied, seit Juni 2014 EU-Beitrittskandidat. Die Bevölkerung
ist mit einem Durchschnittsalter von 29 Jahren sehr jung und bereit, den langen Weg nach Europa auf
sich zu nehmen. Premierminister Edi Rama jedenfalls gibt sich selbstbewusst: Europa brauche den
Balkan sogar mehr als umgekehrt. Denn ohne den EU-Beitritt Albaniens und anderer Balkanländer
werde die Saat für einen neuen Islamismus mitten in Europa gelegt.
SWR2 Wissen – Mai 2016
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SWR2 IMPULS: „1000 ANTWORTEN“
Warum sind Pilze keine Pflanzen? Wie entstand der Kuss? Warum haben wir zwei Nasenlöcher?
Riechen Männer anders als Frauen? Wie misst ein Flugzeug die Windgeschwindigkeit? Warum
bekommt man im Gesicht keine Gänsehaut?
Jeden Mittwoch gibt es in SWR2 Impuls Antworten auf die Wissens-Fragen der SWR2 Hörer.
SWR2 IMPULS bietet damit eine einzigartige Gelegenheit, allgemeine und spezielle Fragen zu einem
Sachthema an einen renommierten Experten weiterzugeben. Stellen Sie Ihre Fragen im Internet unter
www.swr.de/blog/1000Antworten und twitter.com/1000Antworten
SWR2 IMPULS (Montag bis Freitag 16.05 Uhr bis 17.00 Uhr) auf SWR2 und um 21.03 Uhr auch bei
SWRinfo.
SWRinfo
SWRinfo sendet täglich ab 6 Uhr im Viertelstundenrhythmus Nachrichten, die durch
Wettervorhersagen und Verkehrshinweise ergänzt werden. Zusätzlich bietet SWRinfo
Hintergrundinformation zu aktuellen Themen, u. a. aus Politik, Wirtschaft, Gesundheit, Wissenschaft,
Technik, Umwelt und Sport. Dabei steht der regionale Bezug zum Südwesten im Vordergrund.
Abends um 20 Uhr sendet SWRinfo die ARD Tagesschau, danach runden ausführliche
Hintergrundsendungen, teilweise aus anderen SWR-Hörfunkprogrammen, das Programm ab.
WISSEN können Sie am Samstag und Sonntag jeweils um 9.30 Uhr sowie am Samstag um 21.30 Uhr
und am Sonntag um 14.30 Uhr auch auf www.SWRinfo.de hören.
CAMPUS – NEUES AUS FORSCHUNG UND WISSENSCHAFTSPOLITIK
Samstags, 10.05 – 10.30 Uhr SWR2
Wer den nächsten Nobelpreis bekommt, wissen wir natürlich auch nicht. Aber die Wahrscheinlichkeit
ist groß, dass in CAMPUS über diese Arbeit längst berichtet wurde. Jeden Samstag gibt es hier Neues
aus Medizin, Naturwissenschaft und Technik, sowie aus den Geistes- und Sozialwissenschaften.
Damit nicht genug. In CAMPUS erfährt man auch, unter welchen Bedingungen geforscht wird und wie
es um den wissenschaftlichen Nachwuchs steht. Hochschul- und Forschungspolitik haben hier ihren
festen Platz. CAMPUS – ein Magazin mit Kurzberichten, Interviews, Glossen und Kommentaren richtet
sich an alle, für die »Wissensgesellschaft« nicht nur ein Schlagwort ist. CAMPUS können Sie am
Sonntag um 14.05 Uhr auch auf www.SWRinfo.de hören.
SWR2 WISSEN – SERVICE
SWR2 WISSEN Podcast – Webradio
SWR2 WISSEN können Sie auch als Live-Stream hören im SWR2 Webradio
unter www.swr2.de oder als Podcast nachhören: http://www1.swr.de/podcast/xml/swr2/wissen.xml
Manuskriptdienst
Manuskripte der Sendungen SWR2 Wissen und Aula finden Sie unter swr2.de/wissen.
Auch als E-Book für mobile Endgeräte.
Programm-Informationen per E-Mail
Die Wochenübersichten des Programms von SWR2 WISSEN können Sie sich regelmäßig über den
SWR2 Newsletter zuschicken lassen – einfach E-Mail-Adresse eintragen bzw. austragen unter
www.swr2.de/wissen (Service).
SWR2 Programmfragen
Bei SWR2 Programmfragen erhalten Sie allgemeine Informationen zum Programm SWR2 und
auch Manuskripte. SWR2 Programmfragen, 76522 Baden-Baden, Telefon 07221 300 222
(Mo-Fr, 10-12 Uhr).
SWR2 Wissen – Mai 2016
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