14 ZInsO-Aufsätze walter erhält nach dieser Ansicht 15 % der Vergütung des Insolvenzverwalters. Vornehmlich wird dies damit begründet, dass der Gesetzgeber dem vorläufigen Sachwalter andere, nur einen ganz geringen Teil der typischen Aufgaben eines vorläufigen Insolvenzverwalters entsprechende Tätigkeiten zugewiesen habe. Unter Berücksichtigung des Aufwands bei der weitgehend passiven Aufgabenwahrnehmung und der sich damit auch entsprechenden vermindernden Haftungsrisiken sei die Tätigkeit des vorläufigen Insolvenzverwalters daher deutlich anders und entsprechend höher zu bewerten. Es spricht vieles dafür, diese Streitfrage im Sinne der zuletzt genannten Auffassung zu lösen, da sie dem tatsächlichen engen Aufgabenfeld des vorläufigen Sachwalters gegenüber der weiten Aufgabenwahrnehmung eines vorläufigen Insolvenzverwalters entspricht und eine doppelte Analogie zu § 63 Abs. 3 Satz 2 InsO, § 12 Abs. 1 InsVV für die Vergütung des vorläufigen Sachwalters, insbesondere im Verhältnis zu dem vorläufigen Insolvenzverwalter sowie Wertungswidersprüche vermeidet.90 Letztlich ist davon auszugehen, dass die weitgehende Identität der Überwachungsaufgaben eines vorläufigen und eines endgültigen Sachwalters auch in dieser Form die jeweils beschränkte Dauer des Eröffnungsverfahrens und des sich daran anschließenden eröffneten Verfahrens proportional in ein angemessenes Verhältnis zueinander setzt. Nur durch eine auf die Besonderheiten der Eigenverwaltung abstellende, eigenständige und durchaus restriktive Handhabung im Sinne des Gesetzgebers lässt sich letztlich auch vermeiden, dass über eine doppelte Analogie die massive Fehlentwicklung im ZInsO 1/2/2016 Rahmen der Vergütung des vorläufigen Insolvenzverwalters auch Eingang in die vergütungsrechtlichen Regelungen der Eigenverwaltung als eines Verfahrens sui generis findet.91 VII. Ergebnis und Ausblick Das verwalterlose Verfahren der Eigenverwaltung erfordert eine diesen spezifischen Besonderheiten gerecht werdende vergütungsrechtliche Betrachtung. Dabei sind die in den §§ 1 – 9 InsVV vorhandenen Regeln eines verwalterbezogenen Insolvenzverfahrens nur rudimentär auf die Eigenverwaltung übertragbar. Dies gilt sowohl für die anders zu bestimmende Berechnungsgrundlage der Vergütung in der Eigenverwaltung wie für die Nichtanwendbarkeit des Regelungskerns der §§ 3 – 6 InsVV. An deren Stelle treten vielmehr die für das verwalterlose Verfahren spezifischen Regelungen des § 12 InsVV. Insbesondere die Insolvenzgerichte sind dazu berufen, sich auch insoweit auf das neue Recht wirklich einzulassen und nicht in alte Denk- und Entscheidungsmuster zu verfallen. Ein verwalterloses Insolvenzverfahren lässt sich weder über Analogien noch die Übertragung von Handlungsmustern aus klassischen verwalterbezogenen Insolvenzverfahren angemessen vergütungsrechtlich erfassen, sondern nur aus sich selbst heraus. 90 In diesem Sinne zuletzt auch Deutschbein, ZInsO 2015, 1957, 1959. 91 Vgl. dazu umfassend Haarmeyer/Mock (Fn. 5), § 11 Rn. 8 ff. Entstehung und Geltendmachung ausgenommener Forderungen im Insolvenzverfahren Anmerkung zu OLG Braunschweig, Beschl. v. 26. 2. 2014 – 7 U 54/12 von Richter am Bundesgerichtshof Dr. Gerhard Pape, Göttingen/Karlsruhe* Gläubiger von Forderungen aus vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlungen haben gem. § 174 Abs. 2 InsO die Möglichkeit, ihren Anspruch mit dem Attribut der deliktischen Handlung anzugeben, um im Fall der Erteilung der Restschuldbefreiung gem. § 302 Nr. 1 InsO ihren Anspruch weiter gegen den Schuldner als ausgenommene Forderung durchsetzen zu können. Insoweit gibt es inzwischen eine umfangreiche Rechtsprechung des BGH, welche die Grundbedingungen näher bestimmt, unter denen betroffene Gläubigern ihre Rechte im Insolvenzverfahren wirkungsvoll wahrnehmen können.1 Ungeachtet dieser eigentlich klaren und eindeutigen Rechtslage belegt ein Beschluss des OLG Braunschweig v. 26.2.2014, in dem das OLG die Berufung des Schuldners gegen eine verurteilende Entscheidung eines LG auf Schadensersatz trotz nicht angemeldeter Forderung und erteilter Restschuldbefreiung als offensichtlich aussichtslos einstimmig nach § 522 Abs. 2 ZPO zurückgewiesen hat, dass immer noch mangelnde Verständnis für die Einordnung von Ansprüchen aus vorsätzlich begangener unerlaubter Handlung und die fehlende Kenntnis der Wirkungen der Restschuldbefreiung, die sich aus § 301 InsO ergeben.2 Dieses erkennbare Fehlverständnis gibt Anlass, auf die Problematik der Anmeldung und Durchsetzung ausgenommener Forderungen näher einzugehen. I. Sachverhalt: Nichtanmeldung der Ansprüche aus vorsätzlich begangener unerlaubter Handlung/Klage gegen den Schuldner persönlich in der Wohlverhaltensphase Dem Beschluss,3 der Anlass für die nachfolgenden Hinweise gibt, lag – knapp zusammengefasst – folgender Sachverhalt zugrunde: * Der Verfasser ist Mitglied des u.a. für das Insolvenzrecht zuständigen IX. Zivilsenats des BGH, der Beitrag gibt ausschließlich eigene Auffassungen des Autors wieder. 1Vgl. Pape, in: Mohrbutter/Ringstmeier, Handbuch Insolvenzverwaltung, 9. Aufl., Kap. 17, Rn. 333 ff. m.v.N. 2Vgl. Pape, in: Pape/Uhländer, InsO, § 301 Rn. 5 ff. 3 OLG Braunschweig, Beschl. v. 26.2.2014 – 7 U 54/12 JurionRS 2015, 34096; Vorinstanz LG Braunschweig, Urt. v. 29.7.2012 – 4 O 2427/11, n.v. Unauthenticated Download Date | 3/29/16 11:44 AM ZInsO 1/2/2016 ZInsO-Aufsätze Der beklagte Schuldner, der einen Kfz-Handel unterhielt, schloss mit der klagenden Leasinggesellschaft einige Monate vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens über sein Vermögen einen Leasingvertrag über ein Kfz ab, das kurze Zeit nach Vertragsschluss ausgeliefert wurde. Die vereinbarten Leasingraten blieb er der Klägerin von Beginn an schuldig. Nach der etwa 3 Monate später erfolgten Kündigung des Leasingvertrags gab die Klägerin vergeblich die Sicherstellung des Fahrzeugs in Auftrag. Der Beklagte behauptete zwar, das Fahrzeug sei ihm wenige Tage vor dem Sicherstellungsversuch gestohlen worden. Tatsächlich hatte er die Fahrzeugidentifikationsnummer aber verfälscht und das Kfz mit einem Brief, den er bei dem Erwerb eines Unfallfahrzeugs gleichen Typs von einer Versicherung bekommen hatte, an einen gutgläubigen Dritten für einen Betrag von 30.000 € veräußert. Etwa 1 1/2 Monate nach dieser Veruntreuung des Fahrzeugs Ende August 2007 eröffnete das Insolvenzgericht auf Antrag des Beklagten, der auch einen Antrag auf Restschuldbefreiung gestellt hatte, das Insolvenzverfahren über dessen Vermögen. In diesem Verfahren meldete die Klägerin weder ihre Ansprüche aus der Abrechnung des gekündigten Leasingvertrags noch ihren Schadensersatzanspruch wegen der Unterschlagung des Fahrzeugs an. Sie war der Auffassung, das Verfahren betreffe ihre Forderungen nicht, weil diese nicht fällig und klagbar geworden seien, bevor nicht in einem Rechtsstreit mit dem Käufer dessen gutgläubiger Erwerb festgestellt worden sei. Erst gut 2 Jahre später, Ende 2009, ließ sich die Klägerin von dem Käufer auf Herausgabe des Kfz-Briefs für das vom Beklagten erworbene Fahrzeug gerichtlich in Anspruch nehmen und verkündete in diesem Rechtsstreit dem Beklagten persönlich den Streit, um die Verjährung eventueller Schadensersatzansprüche zu verhindern. Nach rechtskräftiger Verurteilung der Klägerin zur Herausgabe des Kfz-Briefs an den gutgläubigen Käufer Ende Dezember 2010 erhob diese im Oktober 2011 beim LG Klage gegen den Schuldner, mit der sie ihn u.a. auf Ausgleich des Werts des Fahrzeugs zum Zeitpunkt der Veräußerung an den gutgläubigen Erwerber i.H.v. 38.500 € sowie auf Feststellung des Vorliegens einer vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung in Anspruch nahm. Dem Schuldner war zwischenzeitlich im Februar 2011 mangels Versagungsanträgen von Gläubigern im Schlusstermin die Restschuldbefreiung gem. § 291 InsO angekündigt und das Insolvenzverfahren aufgehoben worden. Nach erstinstanzlicher Verurteilung des Beklagten zur Zahlung von 38.500 € und Feststellung der Haftung aus vorsätzlicher unerlaubter Handlung wurde dem Beklagten nach Ablauf der Wohlverhaltensphase Anfang November 2013 die Restschuldbefreiung endgültig erteilt. Ungeachtet dieser ihm bekannten Tatsache wies das OLG nach Hinweis auf die vermeintliche Aussichtslosigkeit des Rechtsmittels die Berufung des Beklagten im Februar 2014 einstimmig zurück. 15 II. Entscheidungen: Hemmung der Verjährung durch dem Schuldner persönlich erklärte Streitverkündung/Annahme einer von der Restschuldbefreiung nicht erfassten Neuforderung durch das Berufungsgericht Zur Begründung dieser Entscheidung hat das Berufungsgericht in Übereinstimmung mit der Vorinstanz im Wesentlichen ausgeführt: Die Forderung der Klägerin aus § 823 Abs. 1 BGB auf Schadensersatz wegen der Verletzung ihres Eigentumsrechts an dem verkauften Fahrzeug sei – anders als der mit der Klage ebenfalls geltend gemachte Anspruch aus der Abrechnung des Leasingvertrags – nicht verjährt. Es könne dahingestellt bleiben, ob die Verjährungsfrist schon im Jahr 2007 oder erst im Jahr 2011 zu laufen begonnen habe. Selbst wenn die Verjährungsfrist schon Ende 2007 in Gang gesetzt worden sei, habe die 2010 erfolgte Streitverkündung hinsichtlich des Anspruchs aus § 823 Abs. 1 BGB zu einer Hemmung geführt, sodass der Anspruch bei Erhebung der Klage noch nicht verjährt gewesen sei. Der Feststellungsantrag sei zulässig, weil die Klägerin im Hinblick auf ein künftig mögliches weiteres Insolvenzverfahren ein rechtlich geschütztes Interesse an der Feststellung habe. Seine Begründetheit ergebe sich aus der unerlaubten Handlung des Beklagten bei der Veruntreuung des Fahrzeugs, die auf § 823 Abs. 1 BGB, § 826 BGB oder § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 246 oder § 263 StGB gestützt werden könne. Die Erteilung der Restschuldbefreiung stehe der Verteilung des Beklagten und der Begründetheit des Feststellungsantrags nicht entgegen, denn die Klägerin habe keine Möglichkeit gehabt, ihre Forderung in dem 2007 eröffneten Insolvenzverfahren anzumelden. Die Entstehung des Anspruchs sei davon abhängig gewesen, ob ein durchsetzbarer Herausgabeanspruch gegen den Käufer bestanden habe. Bis zur Klärung der Frage in dem Urteil v. Dezember 2010, ob der Käufer gut- oder bösgläubig gewesen sei, hätte die Klägerin allenfalls einen Feststellungsanspruch zur Tabelle anmelden können, was jedoch unzulässig sei. Angemeldet werden müsse ein bezifferter Anspruch. Hinsichtlich der auf vorsätzlich begangene unerlaubte Handlung gestützten Forderung sei von Neuschulden auszugehen, welche nicht unter die Vorschrift des § 302 Nr. 1 InsO fielen. III. Anmerkungen: Verkennung der Voraussetzungen für die Entstehung von Insolvenzforderungen/Fragwürdigkeit der Verjährungshemmung/Erfassung des Anspruchs auf Schadensersatz durch die Restschuldbefreiung Diese Ausführungen können nicht unkommentiert stehen bleiben. Sie sind weder mit den gesetzlichen Voraussetzungen für die Entstehung von Insolvenzforderungen i.S.d. § 38 InsO noch mit den Grundsätzen für die Anmeldung von Insolvenzforderungen gem. §§ 174 ff. InsO und schon gar nicht mit den Wirkungen der Restschuldbefreiung nach Unauthenticated Download Date | 3/29/16 11:44 AM 16 ZInsO-Aufsätze § 301 InsO zu vereinbaren. Ganz erheblichen Zweifeln begegnet auch die in den Entscheidungen von Land- und Berufungsgericht ohne nähere Begründung vertretene Auffassung, während des laufenden Insolvenzverfahrens könne ohne die gem. § 204 Abs. 1 Nr. 10 BGB zur Hemmung der Verjährung führende Anmeldung der Forderung im Insolvenzverfahren4 die Verjährung nach § 204 Abs. 1 Nr. 6 BGB gehemmt werden, indem dem Schuldner persönlich in einem Rechtsstreit mit einem Dritten der Streit verkündet werde. Auch die einstimmige Zurückweisung der Berufung wegen offensichtlicher Aussichtslosigkeit nach § 522 Abs. 2 ZPO erscheint im Blick auf die vielfältigen Abweichungen von der gefestigten höchstrichterlichen Rechtsprechung nicht angemessen. Die Anwendung des § 522 Abs. 2 ZPO scheidet aus, wenn ein Berufungsgericht – wie hier – in einer Vielzahl von Punkten von einer gefestigten höchstrichterlichen Rechtsprechung abweichen will, weil dann eine Divergenz vorliegt, die eine Zurückweisung durch Beschluss ausschließt5 und zur Zulassung der Revision zwingt. I.Ü. darf im Fall der offensichtlichen Erfolgsaussicht des Rechtsmittels, wie sie vorliegend gegeben war, eine Entscheidung nach § 522 Abs. 2 ZPO nicht erfolgen, die Zurückweisung setzt voraus, dass von vornherein jegliche Aussicht auf Erfolg fehlt.6 1. Zulässigkeit der Leistungsklage gegen den Schuldner in der Wohlverhaltensphase Im Hinblick auf den Umstand, dass sich der Beklagte seit Aufhebung des Insolvenzverfahrens über sein Vermögen im Februar 2011 in der Wohlverhaltensphase befand, wäre es zunächst einmal angebracht gewesen, der Frage nachzugehen, ob während des Laufs der Abtretungszeit überhaupt eine Leistungsklage gegen den Schuldner zulässig ist. Bedenken gegen die Zulässigkeit der Klage könnten sich zwar nicht mehr aus § 87 InsO ergeben, weil die Erhebung einer Leistungsklage durch Insolvenzgläubiger nach dieser Vorschrift nur während des eröffneten Verfahrens ausgeschlossen ist.7 Nach Aufhebung des Insolvenzverfahrens während der Wohlverhaltensphase könnte sich ein Verbot für die Insolvenzgläubiger, ihre Ansprüche klageweise durchzusetzen, aber aus dem Vollstreckungsverbot des § 294 Abs. 1 InsO ergeben, der Zwangsvollstreckungen dieser Gläubiger zwischen der Beendigung des Insolvenzverfahrens und dem Ende der Abtretungszeit verbietet.8 Letztlich steht diese Vorschrift nach h.M. einer zulässigen Klageerhebung allerdings nicht entgegen, solange die spätere Erteilung der Restschuldbefreiung noch offen ist: Ein Rechtsschutzbedürfnis für die gerichtliche Geltendmachung schon während der Wohlverhaltensphase sei gegeben, weil die Restschuldbefreiung noch versagt oder nach § 303 InsO widerrufen werden könne und die Vollstreckung aus dem Titel dann zulässig sei.9 Erwähnenswert wäre diese Problematik aber in jedem Fall gewesen, wenn man – wie vorliegend das OLG – meint, es komme nicht darauf an, ob der Zahlungsanspruch der Klägerin als Neuforderung an dem Insolvenzverfahren nicht teilnehme oder bereits mit dem unberechtigten Verkauf des ZInsO 1/2/2016 Fahrzeugs im Juli 2007 entstanden sei. Handelte es sich tatsächlich um eine Neuverbindlichkeit, stünde § 294 InsO der Klageerhebung allerdings von vornherein nicht entgegen, weil § 294 Abs. 1 InsO nur die Forderungen von Insolvenzgläubigern – egal, ob sie ihre Forderung im Verfahren angemeldet haben oder nicht – betrifft.10 Ginge es um eine Insolvenzforderung, hätten sich die Vorinstanzen aber mit § 294 Abs. 1 InsO auseinandersetzen müssen. 2. Einstufung des Anspruchs auf Schadensersatz als Insolvenzforderung Noch bemerkenswerter als die fehlende Auseinandersetzung mit der Frage des Rechtsschutzbedürfnisses für eine Leistungsklage während der Wohlverhaltensphase ist allerdings die in dem Urteil des Berufungsgerichts vertretene Auffassung, der Schadensersatzanspruch der Klägerin stelle keine Insolvenzforderung, sondern eine erst nach Verfahrenseröffnung entstandene Neuforderung dar, bzgl. derer eine Anmeldung zur Insolvenztabelle ausscheide. Diese Ansicht ist mit dem allgemeinen Verständnis des § 38 InsO, nach welchem Insolvenzgläubiger die persönlichen Gläubiger sind, die einen zzt. der Eröffnung des Insolvenzverfahrens begründeten Vermögensanspruch gegen den Schuldner haben, schlechthin unvereinbar. Eine Insolvenzforderung in diesem Sinne liegt nach der st. Rspr. des BGH dann vor, wenn der anspruchsbegründende Tatbestand schon vor Verfahrenseröffnung abgeschlossen ist, mag sich eine Forderung des Gläubigers daraus auch erst nach Beginn des Insolvenzverfahrens ergeben. Nur die schuldrechtliche Grundlage des Anspruchs muss schon vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens entstanden sein. Unerheblich ist, ob die Forderung selbst schon entstanden oder fällig ist.11 Die Fälligkeit der Forderung spielt – anders als das OLG meint – keine Rolle, sie tritt nach § 41 Abs. 1 InsO mit der Verfahrenseröffnung von Gesetzes wegen ein.12 Dies gilt ohne Weiteres auch für Ansprüche aus unerlaubten Handlungen, sofern die Tatzeit vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens lag.13 Forderungen auf Ausgleich aller auf dieser Grundlage ersatzfähigen Schäden sind Insolvenzforderungen, auch 4Vgl. Pape/Schaltke, in: Kübler/Prütting/Bork, InsO, 2014, § 174 Rn. 75. 5Prütting/Gehrlein/Lemke, ZPO, 6. Aufl., § 522 Rn. 32. 6Vgl. Musielak/Ball, ZPO, § 522 Rn. 21 f. 7Vgl. Engels, in: Pape/Uhländer (Fn. 2), § 87 Rn. 7; Jaeger/Windel, InsO, § 87 Rn. 7. 8 S. zum Anwendungsbereich des § 294 InsO Pape (Fn. 2), § 294 Rn. 12 ff. 9 BGH, Urt. v. 18.11.2011 – IX ZR 67/10, ZInsO 2011, 102 Rn. 6 ff.; LG Arnsberg, NZI 2004, 515; Uhlenbruck/Sternal, InsO, 14. Aufl., § 294 Rn. 12; FK-InsO/Ahrens, 5. Aufl., § 294 Rn. 20; einschränkend HK-InsO/ Waltenberger, 7. Aufl., § 294 Rn. 5; Pape (Fn. 2), § 294 Rn. 16. 10 Pape (Fn. 2), § 294 Rn. 5 ff. 11 BGH, Urt. v. 6.11.1978 – VIII ZR 179/77, BGHZ 72, 263, 265 f.; BGH, Beschl. v. 7.4.2004 – IX ZB 129/03, ZInsO 205, 537 Rn. 15; v. 22.9.2011 – IX ZB 121/11, NZI 2011, 953 Rn. 3 m.w.N.; v. 6.2.2014 – IX ZB 57/12, ZInsO 2014, 496 Rn. 10 ff.; Jaeger/Henckel (Fn. 7), § 35 Rn. 82. 12 Schluck-Amend, in: Pape/Uhländer (Fn. 2), § 38 Rn. 9. 13 Holzer, in: Kübler/Prütting/Bork (Fn. 4), § 38 Rn. 31; MünchKomm-InsO/ Ehricke, 3. Aufl., § 38 Rn. 26; Uhlenbruck/Sinz (Fn. 9), § 38 Rn. 42. Unauthenticated Download Date | 3/29/16 11:44 AM ZInsO 1/2/2016 ZInsO-Aufsätze wenn der konkrete Schaden erst nach Insolvenzeröffnung eingetreten ist, denn sie sind Bestandteil des einheitlichen, vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens verwirklichten Schuldverhältnisses.14 Geht es um Ansprüche auf Ersatz eines künftigen Schadens, ist deren Höhe ggf. zu schätzen.15 Bei Beachtung dieser Grundsätze war die Annahme einer Neuforderung, die erst nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens entstanden ist,16 ausgeschlossen. Der Schadensersatzanspruch, den die Klägerin infolge der unberechtigten Veräußerung des Fahrzeugs erworben hat, ist mit dem Verkauf und der Übergabe des Fahrzeugs im Juli 2007 und damit vor der im August 2007 erfolgten Eröffnung des Insolvenzverfahrens entstanden. Die Feststellung der Gutgläubigkeit des Käufers und die Verurteilung zur Herausgabe des Kfz-Briefs in dem Rechtsstreit zwischen der Klägerin und dem Käufer hatte insoweit keine anspruchsbegründende Wirkung. Der Eigentumsverlust der Gläubigerin hätte ebenso gut im insolvenzrechtlichen Forderungsprüfungs- und Feststellungsverfahren zwischen der anmeldenden Gläubigerin und dem Insolvenzverwalter und/oder einem Gläubiger oder auch in einem Streitverfahren nach § 184 InsO mit dem Schuldner bei dessen Widerspruch gegen die Anmeldung festgestellt werden können. Der Ausgang des Rechtsstreits zwischen Gläubigerin und gutgläubigem Erwerber hatte insoweit nicht einmal präjudizielle Wirkung. Für die in der Entscheidung des OLG mehrfach erwähnte „Klagbarkeit“17 des Anspruchs kam es hierauf nicht an. An dieser können im insolvenzrechtlichen Forderungsfeststellungsverfahren allenfalls dann Zweifel bestehen, wenn – etwa wegen nicht ausreichender Individualisierung der Forderung – keine (verjährungshemmende) Wirkung der Anmeldung eintritt.18 Die Verurteilung der Beklagten zur Herausgabe des Kfz-Briefs an den gutgläubigen Erwerber hatte auf die Entstehung des Anspruchs gegen den Schuldner und dessen Durchsetzbarkeit keine Auswirkungen. Insolvenzrechtlich war die schuldrechtliche Grundlage des Schadensersatzanspruchs zum Zeitpunkt der unerlaubten Handlung des Beklagten und damit vor der im August 2007 erfolgten Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Beklagten gelegt. Eine Neuforderung kam damit nicht ernsthaft in Betracht. Die Idee, es könnte sich bei dem Anspruch aus vorsätzlich begangener unerlaubter Handlung bis zur Feststellung der Gutgläubigkeit des Erwerbers um eine Naturalobligation handeln, war abwegig.19 3. Keine Hinderung der Anmeldung des Schadensersatzanspruchs der Klägerin zur Insolvenztabelle mit dem Zusatz des Vorliegens einer vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung Damit handelte es sich um eine Insolvenzforderung, die in dem 2007 eröffneten Verfahren anzumelden war. Zwar kommt eine Anmeldung von nicht auf Geld gerichteten Forderungen nach den §§ 174 ff. InsO nicht in Betracht, denn es ist zwingend der Betrag der angemeldeten Forderung anzugeben.20 Gem. § 45 Satz 1 InsO sind nicht auf Geld gerich- 17 tete Forderungen aber in einen Geldbetrag umzurechnen, dessen Wert ggf. auch zu schätzen ist.21 Die vom Berufungsgericht angenommene Unsicherheit der Klägerin, die ihren Anspruch wegen des Eigentumsverlustes ohne Weiteres hätte schätzen können, stand der Anmeldung nicht entgegen. Schwierigkeiten, den Wert des Fahrzeugs zu beziffern, gab es i.Ü. ohnehin nicht. Der Gläubigerin lag ein Gutachten vor, nach welchem der Wert ihres Fahrzeugs zum Zeitpunkt der unberechtigten Veräußerung durch den Schuldner 38.500 € betrug. Die Gläubigerin hätte deshalb ihre Forderung wegen des Verlusts des Eigentums an dem Fahrzeug nach Maßgabe des § 174 Abs. 2 InsO unter Angabe des Sachverhalts, der den Tatbestand einer vorsätzlich begangenen Handlung ausfüllt,22 zur Insolvenztabelle anmelden können. Das Insolvenzgericht hätte dann dem Schuldner den Hinweis nach § 175 Abs. 2 InsO erteilen müssen,23 dieser hätte – soweit er dies im Hinblick auf den eindeutigen Sachverhalt überhaupt für sinnvoll erachtete – die Möglichkeit gehabt, der Forderung und dem geltend gemachten Privileg der vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung zu widersprechen. Die Frage des Vorliegens einer vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung wäre anschließend im Verfahren nach § 184 InsO zu klären gewesen.24 Hinsichtlich der Abrechnung des vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens gekündigten Leasingvertrags bestand ohnehin kein Grund, die daraus resultierende Forderung – die allerdings keinen Anspruch aus vorsätzlich begangener unerlaubter Handlung darstellte – nicht zur Tabelle anzumelden. Die Idee, hierbei könne es sich nicht um eine Insolvenzforderung handeln, war insoweit noch fernliegender als im Blick auf den Anspruch wegen des Eigentumsverlustes. Der Ausgang des Rechtsstreits zwischen den Gläubigern 14 BGH, Beschl. v. 6.2.2014 – IX ZB 57/12, ZInsO 2014, 496 Rn. 12; RGZ 87, 82, 84 f.; Jaeger/Henckel (Fn. 7), § 38 Rn. 86, 169. 15Uhlenbruck/Sinz (Fn. 9), § 38 Rn. 42; MünchKomm-InsO/Ehricke (Fn. 13), § 38 Rn. 26. 16Vgl. Pape (Fn. 2), § 294 Rn. 6. 17 Vgl. zu diesem Begriff, der regelmäßig im Zusammenhang mit solchen Ansprüchen benutzt wird, die als unvollkommene Verbindlichkeiten (Naturalobligationen) zwar erfüllt, aber nicht klageweise durchgesetzt werden können, etwa die Rechtsprechung zum Ehemaklerlohn aus § 656 BGB (BGH, Urt. v. 17.1.2008 – III ZR 239/06, NJW 2008, 982; Urt. v. 25.5.1983 – IVa ZR 182/81, BGHZ 87, 309; Erman/O. Werner, BGB, 14. Aufl., § 656 Rn. 1). 18 BGH, Urt. v. 21.2.2013 – IX ZR 92/12, ZInsO 2013, 602. 19 Insoweit war es vielmehr angebracht, auf diese Frage nach Erteilung der Restschuldbefreiung einzugehen, welche alle nicht ausgenommenen Forderungen zu unvollkommenen Verbindlichkeiten werden lässt, wie die nachfolgenden Ausführungen belegen. 20 Pape/Schaltke (Fn. 4), § 174 Rn. 51. 21 Unbestimmt oder ungewiss i.S.d. § 45 Satz 1 InsO ist der Geldbetrag der Insolvenzforderung etwa dann, wenn sie um den Ersatz eines zzt. der Eröffnung zwar dem Grunde, nicht aber auch dem Betrage nach feststehenden Schadens geht – Jaeger/Henckel (Fn. 7), § 45 Rn. 8; Staufenbiel, in: Pape/ Uhländer (Fn. 2), § 45 Rn. 3. 22 Vgl. BGH, Urt. v. 9.1.2014 – IX ZR 103/13, ZInsO 2014, 236; Jaeger/ Gerhardt (Fn. 7), § 174 Rn. 54 ff.; Pape/Schaltke (Fn. 4), § 174 Rn. 83 ff.; Steinbeck, in: Pape/Uhländer (Fn. 2), § 174 Rn. 22 ff. 23 Zu dessen Form und Inhalt Pape/Schaltke (Fn. 4), § 175 Rn. 36. 24 Zu den Einzelheiten Pape/Schaltke (Fn. 4), § 184 Rn. 34 ff. Unauthenticated Download Date | 3/29/16 11:44 AM 18 ZInsO-Aufsätze und dem gutgläubigen Erwerber war für diese Forderung in jedem Fall ohne Bedeutung. Zu einem „Wiederaufleben“ des gekündigten Leasingvertrags hätte auch die Verneinung eines gutgläubigen Erwerbs nicht geführt. Die im Prozess vertretene Auffassung, der Klägerin sei es unzumutbar gewesen, ihre Forderung vor dem Erlass des Urteils im Dezember 2010 zur Insolvenztabelle anzumelden, verkennt, dass es für die Anmeldung von Forderungen im Insolvenzverfahren auf Zumutbarkeitserwägungen nicht ankommt. Zitiert werden für diese Ansicht auch nur Entscheidungen, in denen es nicht um die Anmeldung von Insolvenzforderungen, sondern um die Frage, wann es einer Partei im Hinblick auf § 199 Abs. 1 Satz 2 InsO zumutbar ist, verjährungshemmende Maßnahmen zu ergreifen, gegangen ist.25 Diese Frage hat aber weder etwas mit der Einstufung eines Anspruchs als Insolvenzforderung, die nach objektiven Kriterien vorzunehmen ist, noch mit der Forderungsanmeldung zu tun. Auf die Zumutbarkeit der Anmeldung zur Tabelle kommt es nicht an. Die Zumutbarkeit der Rechtsverfolgung kann allenfalls insofern für die Bestimmung des Laufs der Verjährung Bedeutung haben, als nach § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB die regelmäßige Verjährung nicht schon mit dem Entstehen des Anspruchs zu laufen beginnt, sondern erst, wenn der Gläubiger Kenntnis von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners erlangt oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht erlangt.26 Maßgeblich konnte allerdings auch insoweit nicht der Ausgang des Rechtsstreits zwischen der Gläubigerin und dem gutgläubigen Erwerber sein. Vielmehr kam es allein darauf an, zu welchem Zeitpunkt die Gläubigerin Kenntnis von der Unterschlagung des Schuldners hatte. 4. Erfassung der Schadensersatzforderung durch die Restschuldbefreiung aufgrund fehlender Anmeldung mit dem Rechtsgrund der vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung Im Hinblick auf die fehlende Einhaltung der Voraussetzungen der §§ 302 Nr. 1, 174 Abs. 2 InsO hätte das Berufungsgericht den Schuldner nach Erteilung der Restschuldbefreiung nicht mehr zur Zahlung verurteilen und das Vorliegen einer vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung nicht feststellen dürfen. Von der Erteilung der Restschuldbefreiung werden gem. § 302 Nr. 1 InsO Verbindlichkeiten des Schuldners aus einer vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung nur ausgenommen, sofern der Gläubiger die entsprechende Forderung unter Angabe dieses Rechtsgrunds nach § 174 Abs. 2 InsO angemeldet hat. Unterbleibt eine Anmeldung unter diesem Rechtsgrund, erfasst die Restschuldbefreiung die geltend gemachte Forderung auch dann, wenn der Anspruch materiell-rechtlich auf einer vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung beruht. Dies ergibt sich aus § 301 Abs. 1 Satz 1 und 2 InsO. Die Restschuldbefreiung erstreckt sich danach auch auf eine nicht oder nicht rechtzeitig angemeldete Forderung.27 Ob der Gläubiger die Forderung unverschuldet entweder gar nicht oder ohne Angabe der die unerlaubte Handlung begründenden Umstände angemeldet hat, ist unerheblich.28 Eine Ausnahme zugunsten solcher ZInsO 1/2/2016 Gläubiger, die schuldlos an der Anmeldung ihrer Forderung oder an der Angabe der eine unerlaubte Handlung begründenden Umstände gehindert waren, ist nicht vorgesehen. Auch die am Insolvenzverfahren nicht teilnehmenden oder ihre Forderung nicht ordnungsgemäß anmeldenden Insolvenzgläubiger sind nicht besonders schutzbedürftig. Infolge der öffentlichen Bekanntmachung der Eröffnung des Insolvenzverfahrens (§§ 30 Abs. 1, 9 Abs. 1 InsO) ist jeder Gläubiger grds. in der Lage, von der Insolvenz eines Schuldners Kenntnis zu nehmen. Dadurch wird der Gläubiger in den Stand gesetzt, seine Forderung rechtzeitig anzumelden.29 Erfolgt die Anmeldung der Forderung und des Rechtsgrundes zur Tabelle nicht spätestens bis zum Ablauf der sechsjährigen Abtretungsfrist, ist die Forderung von der Erteilung der Restschuldbefreiung nicht ausgenommen.30 Wendet man diese Grundsätze auf die Entscheidung des OLG an, kann es keinen Zweifeln unterliegen, dass die Forderung von der dem Schuldner im November 2013 erteilten Restschuldbefreiung erfasst worden ist. Die unterlassene Forderungsanmeldung musste ausschlaggebend für den Verlust einer ausgenommenen Forderung sein. Zwar lag es im freien Belieben der Gläubigerin, ob sie sich an dem Insolvenzverfahren beteiligte oder dies unterlies.31 Bei Verzicht auf die Anmeldung des Anspruchs auf Schadensersatz aus vorsätzlich begangener unerlaubter Handlung musste sich die Gläubigerin aber darüber im Klaren sein, dass sie ohne die Teilnahme am Insolvenzverfahren32 im Fall der Erteilung der Restschuldbefreiung nicht nur ihren vertraglichen Schadensersatzanspruch, sondern auch ihre Forderung aus vorsätzlich begangener unerlaubter Handlung nicht mehr würde durchsetzen können. 5. Prozessuale Auswirkungen der Erteilung der Restschuldbefreiung Infolge der Umgestaltung der Forderung in eine unvollkommene Verbindlichkeit sind das Zahlungsbegehren der Kläge- 25 BGH, Urt. v. 6.5.1993 – III ZR 2/92, BGHZ 122, 317, 325 f.; v. 13.1.2015 – XI ZR 303/12, BGHZ 204, 30 Rn. 41 f.; v. 23.7.2015 – III ZR 196/14, MDR 2015, 1180 Rn. 16. 26 Vgl. Erman/Schmidt-Räntsch (Fn. 17), § 199 Rn. 12; Staudinger/Peters/ Jacoby, BGB, 2014, § 199 Rn. 53 ff. 27 Pape (Fn. 2), § 301 Rn. 6 f. m.w.N.; Wenzel, in: Kübler/Prütting/Bork (Fn. 4), § 301 Rn. 2. 28 Pape (Fn. 2), § 301 Rn. 7. 29 BGH, Urt. v. 16.12.2010 – IX ZR 24/10, ZInsO 2011, 244 Rn. 16 ff. m.w.N.; v. 7.5.2015 – IX ZR 151/12, BGHZ 197, 186 = ZInsO 2013, 1589 Rn. 13 ff.; Pape (Fn. 2), § 301 Rn. 5 ff. m.w.N. 30 BGH, Urt. v. 7.5.2015 – IX ZR 151/12, BGHZ 197, 186 = ZInsO 2013, 1589 Rn. 12. 31 Wobei ein Verzicht auf die Teilnahme in solchen Verfahren, in denen der Schuldner die Erteilung der Restschuldbefreiung keinen Sinn ergibt, weil der Gläubiger zum einen davon ausgeschlossen ist, Anträge auf Versagung der Restschuldbefreiung zu stellen (vgl. BGH, Beschl. v. 12.3.2015 – IX ZB 85/13, ZInsO 2015, 947; Pape [Fn. 2], § 290 Rn. 15 ff. m.w.N.) und zum anderen die Möglichkeit, eine ausgenommene Forderung geltend zu machen, entfällt, wenn die Forderung nicht im Verfahren angemeldet wird. 32 Zur Anmeldung der Forderung als Voraussetzung für die Berechtigung, Versagungsanträge zu stellen BGH, Beschl. v. 18.6.2015 – IX ZB 86/12, J Unauthenticated Download Date | 3/29/16 11:44 AM ZInsO 1/2/2016 ZInsO-Aufsätze rin und ihr Antrag auf Feststellung des Rechtsgrundes der unerlaubten Handlung unbegründet geworden. Das Berufungsgericht hätte auf die Berufung des Beklagten das Urteil des LG aufheben und die Klage als unbegründet abweisen müssen, denn nach Gewährung der Restschuldbefreiung werden die gegen den Schuldner verbliebenen Forderungen zu „unvollkommenen Verbindlichkeiten“, die weiterhin erfüllbar, aber nicht erzwingbar sind, herabgestuft.33 Dies gilt mangels einer Anmeldung unter Angabe des Rechtsgrundes der unerlaubten Handlung (§ 302 Nr. 1 InsO) auch für die Forderung der Klägerin. Folge dieser Umwandlung in eine Naturalobligation, ist es, dass die Forderung im Prozessweg nicht mehr durchgesetzt werden kann. Ebenso wie bei anderen unvollkommenen Verbindlichkeiten, die zwar weiter (weiterhin) erfüllt werden können, deren zwangsweise Durchsetzung dem Berechtigten aber aufgrund der Besonderheiten des Schuldverhältnisses versagt ist, wie dies etwa bei dem Anspruch auf Ehemaklerlohn aus § 656 Abs. 1 BGB34 oder den durch Spiel und Wette nach § 762 BGB begründeten Verbindlichkeiten35 der Fall ist, ist auch die durch Anordnung der Restschuldbefreiung zu einer unvollkommenen Verbindlichkeit mutierte Forderung nicht mehr durchsetzbar; zur Erfüllung der Forderung geleistete Beträge können nach § 301 Abs. 3 InsO nicht aus ungerechtfertigter Bereicherung zurückgefordert werden.36 Eine entsprechende Wirkung hat der BGH auch schon für die durch einen Zwangsvergleich nach den §§ 173 ff. KO erlassenen Teile der Konkursforderungen angenommen, welche ebenfalls in unvollkommene Verbindlichkeiten (Naturalobligationen) verwandelt worden sind.37 Diese Wirkungen der Restschuldbefreiung treten mit der Rechtskraft des Beschlusses über deren Erteilung ein. Ist über eine Insolvenzforderung noch ein Rechtsstreit anhängig, muss die Klage zurückgenommen oder der Rechtsstreit durch abweisendes Urteil entschieden werden, zu einer Erledigung des Verfahrens führt die Restschuldbefreiung nicht.38 Hinsichtlich der durch Urteil zu treffenden Entscheidung folgt aus den allgemein für die Entscheidung über nicht (mehr) durchsetzbare eingeklagte unvollkommene Verbindlichkeiten (Naturalobligationen) geltenden Grundsätzen, dass die Klage als unbegründet abzuweisen ist, denn es ist ein materiell-rechtliches Hindernis entstanden, den Anspruch geltend zu machen.39 Diese von Amts wegen zu berücksichtigenden Umstände hat das Berufungsgericht bei seiner Entscheidung nicht beachtet, als es die Berufung gegen das landgerichtliche Urteil trotz Kenntnis der dem Beklagten erteilten Restschuldbefreiung mit einem einstimmigen Beschluss zurückgewiesen hat. 6. Hemmung der Verjährung von Insolvenzforderungen durch Streitverkündung gegen den Schuldner während des laufenden Insolvenzverfahrens Aufgrund der Erfassung des Schadenersatzanspruchs der Klägerin durch die dem Beklagten erteilte Restschuldbefreiung kann letztlich zwar offenbleiben, ob die Auffassung des Berufungsgerichts zutrifft, die Streitverkündung der Klägerin habe zu einer Hemmung der Verjährung des An- 19 spruchs gegen den Beklagten nach § 204 Abs. 1 Nr. 6 BGB geführt. Auch diese Auffassung erscheint allerdings höchst problematisch, weil die Streitverkündung nicht gegenüber dem die Prozessführungsbefugnis innehabenden Insolvenzverwalter erfolgt ist,40 sondern gegenüber dem hinsichtlich der Insolvenzforderung nicht mehr prozessführungsbefugten Schuldner. Eine Bindung des Insolvenzverwalters durch den hinsichtlich der Insolvenzmasse nicht verwaltungs- und verfügungsbefugten Schuldner kann nicht eintreten. Würde man der dem Schuldner erklärten Streitverkündung verjährungshemmende Wirkung beimessen, hieße dies, dass der Verwalter mit der Insolvenzmasse an die Wirkungen einer Prozesshandlung gebunden ist, von der er nichts weiß, zu der er nicht gehört worden ist und hinsichtlich derer er sich nicht verteidigen konnte. Die Streitverkündung dürfte deshalb wegen der fehlenden passiven Prozessführungsbefugnis des Schuldners auch keine verjährungshemmende Wirkung gehabt haben, zumal die Verjährung einer Forderung nur durch eine zulässige Streitverkündung gehemmt werden kann.41 Eine Hemmung der Verjährung durch Anmeldung der Forderung im Insolvenzverfahren gem. § 204 Abs. 1 Nr. 10 InsO42 ist mangels Teilnahme der Klägerin am Insolvenzverfahren nicht eingetreten, sodass die Forderung bei Klageerhebung im Oktober 2011 verjährt gewesen sein dürfte. Zwar könnte man noch daran denken, dass der Schuldner sich möglicherweise rechtsmissbräuchlich auf den Eintritt der Verjährung berufen hat,43 sofern er die Gläubigerin nicht über ZInsO 2015, 1396; Beschl. v. 12.3.2015 – IX ZB 85/13, ZInsO 2015, 947; Beschl. v. 11.10.2012 – IX ZB 230/09, ZInsO 2012, 2164; Beschl. v. 8.10.2009 – IX ZB 257/08, ZInsO 2009, 2215; Beschl. v. 22.2.2007 – IX ZB 120/05, ZInsO 2007, 446. 33 BGH, Beschl. v. 25.9.2008 – IX ZB 205/06, ZInsO 2008, 1279 Rn. 11 m.w.N.; v. 3.12.2009 – IX ZB 247/08, BGHZ 183, 258 = ZInsO 2010, 102 Rn. 36; Urt. v. 16.12.2010 – IX ZR 24/10, ZInsO 2011, 244 Rn. 16; v. 7.5.2013 – IX ZR 151/12, BGHZ 197, 186 = ZInsO 2013, 1589 Rn. 12; Pape (Fn. 2), § 290 Rn. 10 ff. m.w.N. 34 Vgl. BGH, Urt. v. 25.5.1983 – IVa ZR 182/81, BGHZ 87, 309, 314 f.; Erman/O. Werner (Fn. 17), § 656 Rn. 1 m.w.N.; Staudinger/Reuter, BGB, 2010, § 656 Rn. 12 f. 35 Vgl. jurisPK-BGB/Laukemann, § 762 Rn. 34; Palandt/Sprau, BGB, 73. Aufl., § 762 Rn. 5. 36Uhlenbruck/Sternal (Fn. 9), § 301 Rn. 16; Wenzel, in: Kübler/Prütting/Bork (Fn. 4), § 301 Rn. 1 m.w.N.; Pape (Fn. 1), Kap. 17, Rn. 332; Palandt/Grüneberg (Fn. 35), Einl. v. § 241 Rn. 12. 37 BGH, Urt. v. 10.2.1982 – VIII ZR 158/80, BGHZ 83, 102, 104. 38 Wenzel, in: Kübler/Prütting/Bork (Fn. 4), § 301 Rn. 1a; Frind, Praxishandbuch Privatinsolvenz, 2014, Rn. 1216. 39 Vgl. BGH, Urt. v. 4.3.2004 – III ZR 124/03, BGHReport 2004, 858 Rn. 25; MünchKomm-BGB/Roth, 6. Aufl., § 656 Rn. 1; Musielak/Voit, ZPO, 12. Aufl., vor § 253 Rn. 6; Stein/Jonas/H. Roth, ZPO, 22. Aufl., vor § 253 Rn. 130; Wieczorek/Schütze/Assmann, ZPO, 4. Aufl., Vor § 253 Rn. 61 m.w.N.; Zöller/Greger, ZPO, 31. Aufl., Vorbem. § 253 Rn. 199. 40 Wobei eine Hemmung durch Streitverkündung gegenüber dem Insolvenzverwalter allerdings auch nicht möglich sein dürfte, weil die Forderung im Insolvenzverfahren nur durch Anmeldung beim Insolvenzverwalter verfolgt werden kann – zur ordnungsgemäßen Forderungsanmeldung als Voraussetzung für die verjährungshemmende Wirkung der Anmeldungen BGH, Urt. v. 21.2.2013 – IX ZB 92/12, ZInsO 2013, 602. 41 BGH, Urt. v. 6.12.2007 – IX ZR 143/06, NJW 2008, 519. 42 Dazu BGH, Urt. v. 21.2.2013 – IX ZR 92/12, ZInsO 2013, 602. 43 Vgl. BGH, Urt. v. 14.11.2013 – IX ZR 215/12, WM 2014, 854 Rn. 12 ff. Unauthenticated Download Date | 3/29/16 11:44 AM 20 ZInsO-Aufsätze das anhängige Insolvenzverfahren informiert44 und den Insolvenzverwalter über die Streitverkündung im Unklaren gelassen haben sollte. Auch insoweit würde sich an der Erfassung der Forderung durch die Restschuldbefreiung aber nichts ändern, wenn sie bei Klageerhebung im Oktober 2011 oder bei Erteilung der Restschuldbefreiung noch unverjährt war. IV. Schadensersatzforderung wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung Nach der Rechtsprechung des BGH kann zwar – ohne dass die tatsächlichen Voraussetzungen im Rechtsstreit vorgetragen worden wären – noch ein von der Restschuldbefreiung nicht erfasster Schadensersatzanspruch aus § 826 BGB in Betracht kommen, wenn der Schuldner die Forderung des Gläubigers im Insolvenzverfahren zwecks Erreichung der Restschuldbefreiung bewusst verschwiegen hat.45 Hierzu müsste es aber Vortrag und Feststellungen zu der Frage geben, ob und ggf. welche Angaben der Schuldner im Insolvenzfahren zu Ansprüchen der Klägerin gemacht und aus welchen Gründen der Gläubiger seine Forderungen nicht im Insolvenzverfahren angemeldet hat. Ohne entsprechendes Vorbringen wäre es müßig, sich auf § 826 BGB zu berufen. Allein aus dem Umstand, dass der Gläubiger seinen Anspruch im Verfahren nicht angemeldet hat, kann nicht entnommen werden, dass der Schuldner ihn durch böswilliges Verschweigen daran gehindert hat, indem er den Gläubiger – etwa in seinen nach § 305 Abs. 1 InsO vorzulegenden Verzeichnissen – nicht angegeben hat. Von einem Gläubiger mit eigener Rechtsabteilung kann und muss i.Ü. auch erwartet werden, dass er die Veröffentlichungen in Insolvenzsachen unter www.insolvenzbekanntmachungen.de, ZInsO 1/2/2016 die seine mit ihren Zahlungen säumigen Kunden betreffen, zur Kenntnis nimmt. V.Schlussbemerkung Als Fazit bleibt festzuhalten, dass die Anmeldung ausgenommener Forderungen im Insolvenzverfahren trotz der inzwischen sehr detaillierten Rechtsprechung des BGH immer noch einige Tücken aufweist. Wird schon zu Beginn eines entsprechenden Prozesses nicht sorgfältig genug zwischen Insolvenzforderungen und anderen Ansprüchen differenziert, kann dies dazu führen, dass das gesamte Verfahren in die Irre läuft. Bei Anwendung der allgemeinen zivilprozessualen Regularien ist stets ein Blick auf das Insolvenzverfahren und dessen Auswirkungen zu werfen. Wird dann noch der Übergang der Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis auf den Insolvenzverwalter außer Acht gelassen, kann kaum noch mit korrekten Ergebnissen gerechnet werden. Eine während des Rechtsstreits ergangene Restschuldbefreiung muss stets beachtet und in ihren Auswirkungen sorgsam hinterfragt werden. Eindeutig als Insolvenzforderungen einzuordnende Ansprüche kurzerhand in Neuforderungen umzudeuten, stellt keinen Weg zur Umgehung der Konsequenzen einer Restschuldbefreiung dar. 44 Wobei hiergegen allerdings wieder die öffentliche Bekanntmachung des Eröffnungsbeschlusses spräche, den die Klägerin hätte zur Kenntnis nehmen müssen. 45 BGH, Beschl. v. 6.11.2008 – IX ZB 34/08, NZI 2009, 66 Rn. 11; Urt. v. 16.12.2010 – IX ZR 24/10, ZInsO 2011, 244 Rn. 28; OLG Brandenburg, ZInsO 2012, 1982 Rn. 45; Pape (Fn. 2), § 301 Rn. 12 f.; Uhlenbruck/ Sternal (Fn. 9), § 301 Rn. 11. Der aktuelle Stand der Reform des Insolvenzanfechtungsrechts von Rechtsanwalt Michael Dahl, Rechtsanwalt Dr. Daniel Schmitz und Rechtsanwalt Dr. Raul Taras, Köln* Die Bundesregierung verfolgt das Ziel, „den Wirtschaftsverkehr sowie Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer von Rechtsunsicherheiten zu entlasten, die von der derzeitigen Praxis des Insolvenzanfechtungsrechts ausgehen“,1 und hat am 29.9.2015 den Entwurf eines Gesetzes zur Verbesserung der Rechtssicherheit bei Anfechtungen nach der InsO und nach dem Anfechtungsgesetz beschlossen. Die dort vorgeschlagenen Reformen haben in der Literatur teils heftige Kritik erfahren.2 Am 13.11.2015 haben der federführende Rechtsausschuss, der Finanzausschuss und der Wirtschaftsausschuss dem Bundesrat empfohlen, zu dem RegE Stellung zu nehmen.3 Die Empfehlungen der Ausschüsse stellten einige der von der Bundesregierung vorgeschlagenen „Neujustierungen“4 infrage und kritisieren die unverhältnismäßigen Eingriffe in den Regelungs- * 1 2 3 4 Die Autoren sind Rechtsanwälte der Sozietät Görg Partnerschaft von Rechtsanwälten mbB, Köln. RegE v. 29.9.2015, ZInsO 2015, 2073. S. auch RefE, ZInsO 2015, 624, hierzu Brinkmann, NZG 2015, 697; Dahl/Linnenbrink/Schmitz, NZI 2015, 441 f.; Frind, ZInsO 2015, 1001 f. und 1192 f.; Ganter, WM 2015, 905; Huber, ZInsO 2015, 713; Reiners, ZInsO 2015, 1192; Stellungnahme des DAV 30/2015 durch den Ausschuss Insolvenzrecht, ZInsO 2015, 1258 f.; Stellungnahme NIVD, ZInsO 2015, 1315 f. Brinkmann/Jacoby/Thole, ZIP 2015, 2001; Ganter, WM 2015, 2117; ders. auf der ZIP-Jahrestagung zum Insolvenzrecht 2015; Hacker, NZI 2015, 873; Huber, ZInsO 2015, 2297; K. Schmidt, ZIP 2015, 2104; Maier, ZInsO 2015, 2262; Stellungnahme des DAV Nr. 61/2015 durch den Ausschuss Insolvenzrecht, abrufbar unter www.anwaltverein.de. Sog. „Ausschussempfehlung“, BR-Drucks. 495/1/15 v. 13.11.2015, abgdr. in ZInsO 2015, 2423. RegE, ZInsO 2015, 2073 f. Unauthenticated Download Date | 3/29/16 11:44 AM
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