Pressemitteilung Berlin, 23. März 2016 Psychosoziale Versorgung von Flüchtlingen: DGPPN sieht dringenden Handlungsbedarf Der Zuzug von Flüchtlingen nach Deutschland stellt auch die Gesundheitsversorgung vor enorme Herausforderungen – ganz besonders den Bereich Psychiatrie und Psychotherapie. Denn viele Neuankömmlinge sind in ihrer psychischen Gesundheit schwer belastet. Die unvertrauten Lebensumstände in Deutschland und die erheblichen Zugangsbarrieren zum Gesundheitssystem verstärken nicht nur ihre soziale Unsicherheit, sondern erhöhen auch ihre Vulnerabilität. In einem neuen Positionspapier geht die DGPPN deshalb auf die aktuelle Versorgungssituation ein und leitet daraus dringende Handlungsempfehlungen ab. Die Erfahrungen in den Krisengebieten und auf der Flucht blieben bei vielen Flüchtlingen nicht ohne Folgen für ihre psychische Gesundheit. Im Vergleich zur Allgemeinbevölkerung ist die Rate für Posttraumatische Belastungsstörungen bis um das Zehnfache erhöht. „Verschiedene Erhebungen zeigen zudem, dass auch andere psychische Erkrankungen – etwa Depressionen, Angststörungen oder schwere Anpassungsstörungen – bei Flüchtlingen deutlich häufiger vorkommen. Sie begehen auch öfters Suizidversuche“, erklärt PD Dr. Meryam Schouler-Ocak, die bei der DGPPN das Referat für Interkulturelle Psychiatrie und Psychotherapie leitet. Hinzu kommt, dass Flüchtlinge nach ihrer Ankunft in Deutschland weiteren Stressoren ausgesetzt sind: Sie müssen sich an komplett neue Lebensumstände gewöhnen, können nicht arbeiten und ihr Aufenthaltsstatus bleibt lange unklar. Zudem stoßen sie im Gesundheitssystem auf sprachliche, kulturelle und administrative Hindernisse. „All diese Faktoren beeinflussen das Auftreten, den Verlauf und die Behandlung von psychischen Erkrankungen weiter. Mehrere Studien haben gezeigt, dass die Prävalenz für psychische und körperliche Gesundheitsprobleme steigt, je länger das Asylverfahren dauert“, so PD Dr. Meryam Schouler-Ocak. Mit einem neuen Positionspapier ruft die DGPPN deshalb die Bundesregierung zum Handeln auf. „Screenings auf psychische Erkrankungen müssen bei Flüchtlingen im Rahmen der medizinischen Erstuntersuchungen zur Regel werden. Um die Fachkräfte im Gesundheitswesen und in den Erstaufnahmeeinrichtungen für die psychosoziale Situation der Geflüchteten zu sensibilisieren, sind gezielte Schulungen unverzichtbar. Akute Symptome machen zudem ein zeitnahes Erstgespräch bei einem Facharzt notwendig, in welchem dieser den Behandlungsbedarf klären und falls notwendig die nächsten Schritte einleiten kann. Gleichzeitig sind der regelhafte Einsatz und die Finanzierung von Sprach- und Kulturmittlern zu gewährleisten, um so die sprach- und kulturgebundenen Zugangsbarrieren zu senken“, fasst DGPPN-Präsidentin Dr. Iris Hauth die Forderungen der Fachgesellschaft zusammen. Zum Positionspapier: www.dgppn.de > Presse > Stellungnahmen 2016 Die Deutsche Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde e. V. (DGPPN) ist eine medizinische Fachgesellschaft. Sie wurde 1842 gegründet und zählt heute mehr als 8500 Mitglieder. Damit ist sie die größte und älteste wissenschaftliche Vereinigung von Ärzten und Wissenschaftlern, die in Deutschland auf den Gebieten Psychiatrie, Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde arbeiten. Sitz der Geschäftsstelle ist Berlin. www.dgppn.de
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