Neuronale Korrelate der Verarbeitung grammatischer Variation

Mittwoch, 9. März 2016, 11.30 Uhr
Psycho-/Neurolinguistik: Neuronale Korrelate der Verarbeitung grammatischer Variation
Dietmar Roehm (Salzburg)
Interindividuelle Unterschiede beim Verstehen bzw. bei der Verarbeitung sprachlicher Strukturen haben bei experimentellen Untersuchungen zur Sprachverarbeitung mittels neurobasierter
Verfahren lange Zeit keine oder bestenfalls eine untergeordnete Rolle gespielt (vgl. die Diskussionen im Zusammenhang mit gradienten Phänomenen: Ist Gradienz eine Eigenschaft der mentalen Grammatik oder das Produkt der Variation zwischen Sprechern? Fanselow et al., 2006).
Während individuelle Verarbeitungsstrategien in Abhängigkeit von experimentellen Faktoren
(z.B. Aufgabenstellung, Bedingungen) relativ gut belegt sind (z.B. probanden-spezifisches strategisches Verhalten bei der Verarbeitung von semantischen Relationen; Roehm et al., 2007), wurde der Einfluss von Variation in der Grammatik des Standarddeutschen in Korrelation zu Hirnprozessen bisher kaum berücksichtigt.
In meinem Vortrag werde ich u.a. auf der Basis zweier EEG-Experimente zu unterschiedlichen
syntaktischen Bereichen Beispiele für Verarbeitungskorrelate interindividueller Variation besprechen:
1) Variation im Bereich der Auxiliarselektion bei intransitiven Verben im Deutschen.
2) Variation bei der Verarbeitung von Partikelverben in der linken Peripherie im Deutschen
(Verben, die ambig zwischen einer finiten V2-Lesart und einer infiniten Lesart als Teil einer
bewegten Verbphrase im Vorfeld sind).
Literatur
Fanselow, Gisbert/Féry, Caroline/Vogel, Ralf/Schlesewsky, Matthias (Eds.) (2006): Gradience in
grammar: Generative perspectives. New York: Oxford University Press.
Roehm, Dietmar/Bornkessel-Schlesewsky, Ina/Rösler, Frank/Schlesewsky, Matthias (2007): To
predict or not to predict: Influences of task and strategy on the processing of semantic relations. In: Journal of Cognitive Neuroscience, 19:8, S. 1259-1274.