Predigt vom 28. Februar - Hoffnungskirche zu Pankow

Evangelische Hoffnungskirchengemeinde Berlin-Pankow
PREDIGT im Gottesdienst am 3. Sonntag in der Passionszeit/Okuli, 28. Februar 2016 in der
Hoffnungskirche
(Textgrundlage: Epheser 5,1-8a)
von G. Lauktien
Die Gnade unseres Herrn Jesus Christus und die Liebe Gottes und die Gemeinschaft des Heiligen Geistes sei mit
euch allen. Amen.
So folgt nun Gottes Beispiel als die geliebten Kinder und lebt in der Liebe, wie auch Christus
uns geliebt hat und hat sich selbst für uns gegeben als Gabe und Opfer, Gott zu einem
lieblichen Geruch.
Von Unzucht aber und von jeder Art Unreinheit oder Habsucht soll bei euch nicht einmal die
Rede sein, wie es sich für die Heiligen gehört. Auch schandbare und närrische oder lose
Reden stehen euch nicht an, sondern vielmehr Danksagung. Denn das sollt ihr wissen, dass
kein Unzüchtiger oder Unreiner oder Habsüchtiger – das sind Götzendiener – ein Erbteil hat
am Reich Christi und Gottes. Lasst euch von niemanden verführen mit leeren Worten; denn
um dieser Dinge willen kommt der Zorn Gottes über die Kinder des Ungehorsams. Darum
seid nicht ihre Mitgenossen. Denn ihr wart früher Finsternis; nun aber seid ihr Licht in dem
Herrn.
Der Herr segne sein Wort an uns.
Liebe Gemeinde,
ich möchte mit einem Fremdwort beginnen: Imitatio Dei, die Nachahmung Gottes. Genau das
fordert der Apostel Paulus im ersten Satz unseres Predigttextes: Seid Nachahmer Gottes. Ich
muss zugeben, da stockt einem schon der Atem. Wie soll man denn Gott nachahmen? Und
wenn man den Predigttext weiterliest, wird es nicht viel besser. Es geht hier um Ermahnungen
oder gar Drohungen, wenn Paulus vom Zorn Gottes schreibt, der über die Ungehorsamen
hereinbrechen wird. Aber – ich möchte zuerst auf das Positive eingehen. Mir gefällt, dass
Paulus hier Klartext redet. Keine seichten Andeutungen, kein Wischiwaschi: „Ach lasst uns
doch alle nett zu einander sein“, sondern für ihn bleibt Sünde Sünde, und die nennt er beim
Namen: schändliches Reden, Unzucht und Habgier. Und dann betont Paulus: „Eigentlich
dürfte ich darüber gar nicht schreiben, unter Christen dürfte so etwas gar nicht vorkommt.“
Und doch muss der Apostel hier drei Punkte beklagen und auf die möchte ich näher eingehen:
Erstens, das schandbare, lose und närrische Reden. Hier muss man sachlich feststellen: Daran
hat sich bis heute nicht viel geändert. Ich arbeite ja noch in einer psychologischen
Beratungsstelle. Und da kommen auch Mitarbeiter aus der Kirche, aus der Diakonie, Inneren
Mission und weiteren sozialen Einrichtungen. Was es da an übler Nachrede, Gehässigkeiten
und Intrigen gibt, womit man sich das Leben, das schon belastend genug ist, noch zusätzlich
schwer macht. Paulus hat Recht mit seiner Ermahnung: So etwas dürfte unter Christen gar
nicht vorkommen!
Zweitens: Unzucht, sexuelle Verfehlungen, das ist Götzendienst, schreibt er. Hier muss man
wissen, dass es damals in der Antike tatsächlich so etwas wie Tempelprostitution gab,
gewissermaßen eine Kombination von Religion und Prostitution, wenn man zu einer
Tempeldirne ging. Das gehörte quasi zum religiösen Leben dazu. Die ersten Christen, wie
auch im Judentum, lehnten das natürlich kategorisch ab; wussten sie doch um das 6. Gebot
„Du sollst nicht die Ehe brechen.“ Heute, im Zeitalter der Computer und der globalen
Vernetzung, geschieht Unzucht per Mausklick, anonym vom Schreibtisch aus. So mancher
seriöser Mitbürger führt diesbezüglich ein dunkles Doppelleben. Hier liegt viel
Verantwortung bei jedem Einzelnen, für seine eigene Seele und für die Würde derjenigen, die
sich im Internet zeigen, mitunter präsentieren müssen.
Wir haben eine gute Bekannte, die ehrenamtlich in einem Verein gegen Menschenhandel,
gegen Zwangsprostitution arbeitet. Man findet keine Worte, was für Menschenverachtung,
Rücksichtslosigkeit und kriminelle Energie hinter diesem Gewerbe steckt. Die Ermahnung
des Paulus ist aktueller denn je.
Drittens die Habgier. Bei Karl Marx habe ich dazu folgende Aufsatz gelesen: „Die Rolle des
Geldes bei der Entfremdung des Menschen vom Menschen.“ Darin beschreibt er, wie das
Geld den Menschen dazu bringt, dass er immer mehr Geld haben will, und wie dadurch
Mitmenschlichkeit, Sozialverhalten, sogar Freundschaften auf der Strecke bleiben. Wir
kennen alle die Redewendung: „Bei Geld hört die Freundschaft auf“ – furchtbar! Der Mensch
entfremdet sich von seinen Mitmenschen und sogar von sich selbst, indem er seine eigenen
Werte und Maßstäbe über Bord wirft. Denken wir nur an das Gleichnis vom „verlorenen
Sohn“, ein treffendes Beispiel dafür, wie der jüngere Sohn seine Würde verliert.
Im 2. Timoteusbrief steht: „Die Liebe zum Geld, oder die Habgier, ist die Wurzel allen
Übels.“ Diese Aussage stimmt: Immer wenn man vom Geld her denkt, immer wenn man fragt
„rechnet sich das?“, dann ist das vom Übel, weil man zuerst an das Geld denkt und nicht an
die Bewahrung der Schöpfung, an das Sozialprojekt, an den Umweltschutz oder an Menschen,
denen irgendwie geholfen werden müsste. Nicht umsonst wetterte Martin Luther gegen den
„schnöden Mammon“ als den schlimmsten Götzendienst.
„Von all den Dingen soll bei euch nicht einmal die Rede sein, wie es sich für die Heiligen
gehört“, schreibt Paulus. Damit komme ich zum 4. Punkt, zur nächsten Frage: Was gehört
sich für Heilige, wie hoch sind die Maßstäbe, die an Christen gestellt werden? Das ist eine
spannende Frage, denn sie hängt eng mit unserer Glaubwürdigkeit zusammen. Genau hier
setzen ja die Kritiker der Kirche und des Christentums an: „Wasser predigen und Wein
trinken“; den moralischen Zeigefinger erheben, anstatt vor der eigenen Kirchentür zu fegen.
Und oftmals ist die Kritik auch noch berechtigt. Es kann nur jede und jeder von uns bei sich
selbst anfangen.
Und was meint Paulus dazu? Er schreibt: „Ihr wart früher Finsternis; nun aber seid ihr Licht
in dem Herrn.“ Dieses Motiv „Licht“ finden wir öfter in seinen Briefen, so z. B. im 2.
Korinterbrief, Kap 4, Vers 6: „Gott hat gesagt: Licht strahle auf aus der Dunkelheit! So hat er
auch sein Licht in meinem Herzen aufleuchten lassen und mich zur Erkenntnis seiner
Herrlichkeit geführt.“ Und dann fügt er bezeichnender Weise noch hinzu, Vers 7: „Ich trage
diesen Schatz (Licht) in einem ganz gewöhnlichen, zerbrechlichen Gefäß.“ Damit ist schlichte
Töpferware, aus Ton oder Lehm gemeint; woraus auch die kleinen Öllampen bestanden. Das
heißt: Einerseits tragen wir alle das Licht, die Herrlichkeit Gottes in unseren Herzen. Man
kann es kaum glauben, weil oftmals so wenig davon zu sehen ist. Deswegen hebt Paulus hier
auch nicht religiös oder schwärmerisch ab, sondern er schreibt auch vom Andererseits: „Ich
trage diesen Schatz in einem ganz gewöhnlichen, zerbrechlichen Gefäß.“ Krasser kann der
Gegensatz nicht beschrieben werden. Das Licht, die Herrlichkeit Gottes ist in uns, aber wir
sind ganz gewöhnliche, zerbrechliche Wesen, eben wie so ein Öllämpchen aus Ton; fällt es
runter, ist es kaputt und aus ist es mit dem Licht. Paulus hat recht mit diesem Vergleich. Wie
zerbrechlich und leicht verletzbar sind auch wir. Wie schnell können wir aus der Bahn
geworfen werden, wenn irgendetwas dazwischen kommt. Und doch gelten wir als „Heilige“.
Man ist ja geneigt, bei den Heiligen an besondere Persönlichkeiten zu denken, Elisabeth von
Thüringen, Franz von Assisi oder Mutter Theresa. In der Katholischen Kirche sind sie ja auch
heiliggesprochen worden. Aber gerade Mutter Theresa findet für die Heiligen ganz schlichte
Worte: "Heiligkeit ist kein Luxus für wenige: Sie ist nicht für einige Menschen da. Sie ist
gedacht für dich und für mich, für jeden von uns. Das ist eine einfache Aufgabe, denn wenn
wir lernen zu lieben, lernen wir, heilig zu werden."
Und das aus dem Munde einer Frau, die, wie erst nach ihrem Tod bekannt wurde, gar nicht so
heilig war. Aus ihren Briefen und persönlichen Aufzeichnungen weiß man heute, dass sie
massiv unter Glaubenszweifeln, ja unter Verzweiflung litt. So schrieb sie zum Beispiel: „In
meinem Innern ist es eiskalt“ - „der Himmel bedeutet mir nichts mehr – für mich schaut er aus
wie ein leerer Platz.“
Wer will darüber ein Urteil sprechen? Denn es ist so: Zum Glauben gehören auch
Glaubenszweifel, zur Hoffnung die Hoffnungslosigkeit. Wer kennt nicht Zeiten der Stärke
und der Schwäche, des Mutes und der Mutlosigkeit. So wie Paulus davon schreibt, dass wir
eben nur ganz gewöhnliche, zerbrechliche Gefäße sind. Das zuzugeben macht vielleicht
gerade unsere Glaubwürdigkeit aus. Dass wir trotz unserer Fehler und Schwächen Nachahmer
Gottes sind, dass wir sein Licht in uns tragen und es zeigen und scheinen lassen sollen in
dieser Welt, mit unserem Vermögen und Unvermögen. Gott möge uns dabei immer wieder
helfen, indem er sein Wort an uns segne. Amen.
Und der Friede Gottes, der höher ist als alle Vernunft, bewahre unsere Herzen uns Sinne in
Christus Jesus unserm Herrn.
Es gilt das gesprochene Wort.