2. Lückendorf Bergrennen am 06.06.1926, schnellster Motorradfahrer - Alfred Urban Das für den 28.06.1925 angesetzte Lückendorf Bergrennen musste auf den 12.07. verschoben werden, da die Verhandlungen mit den tschechoslowakischen Behörden, betreffend der Erleichterungen im Grenzverkehr erst in letzter Minute zu einem Resul-tat geführt hatten. Das Interesse in den nordböhmischen Automobilistenkreisen war sehr stark und man rechnete mit einer stattlichen Nennzahl. Mitbestimmend war auch die Tatsache, dass die Rennstrecke, die mustergültig hergerichtet war, infolge des ahn-haltenden Regens in letzter Zeit noch zu frisch war. Trotz dieser Erwartungen musste die Veranstaltung am 09.07.1925 aufgrund zu geringer Beteiligung abgemeldet werden. Trotzdem nahmen die Mitglieder des ADAC vom Bezirk Bautzen gemeinsam mit den Zittauern emsig die Tätigkeit für die Organisation des Rennen im Jahre 1926 auf, um das Lückendorf Bergrennen zu einem motorsportlichen Erfolg ersten Ranges zu gestalten. Die Rennstrecke, welche am Kilometerstein 3,7 beim Kurhaus „Waldfrieden“ beginnt und beim Kilometerstein 7,7 am Forsthaus Lückendorf endet, wurde 1925 fast durchgängig erneuert und im Frühjahr 1926 nochmals, nach genauester Prüfung von allen Unebenheiten befreit. Die 4 Kilometer lange Strecke weist eine Steigung von 6 bis 9 Prozent auf. Für die Wertung bei diesem Bergrennen ist die erzielte reine Fahrzeit maßgebend. Industrie- und Privatfahrer werden getrennt gewertet, ebenso in den Motorradklassen wird zwischen Junioren und Senioren unterschieden. Die Motorradklassen wurden nach dem Zylinderinhalt in 7 Klassen unterteilt, ebenso die Touren- und Sportwagen in 7 Klassen, sowie die Rennwagen in 4 Klassen. An die Sieger der einzelnen Klassen werden Ehrenpreise verteilt, die im Jahre 1924 erstmalig vergebenen Wanderpreise stehen auch wieder zur Vergabe. Die Abnahme der Fahrzeuge findet am Sonntag früh von 7 bis 8 Uhr auf dem Hof der neuen Kaserne statt. Der Start zum Rennen ist stehend und mit laufendem Motor und beginnt um 10 Uhr. Das Training erfolgt am Donnerstag und Freitag von 6 bis 9 Uhr vormittags. Rennleiter ist Herr Gerhard Förster aus Löbau, der 1. Vorsitzende des ADAC Gau XI, Bezirk I Bautzen. Soweit einige Auszüge der Ausschreibung von 1926. Der Zittauer Karl Ertelt zählte zu den bekannten Rennfahrern der Oberlausitzer Region, auf Wanderer wurde er 1925 in Marienbad Bergmeister Die Veranstaltung konnte beginnen, zumal sie nach den neuesten Richtlinien der Obersten Nationalen Sportkommission (O.N.S.) technisch und sportlich auf das Sorgfältigste vorbereitet worden war. Zudem hat die O.N.S. das Rennen neuerdings auch für die tschechoslowakischen Inhaber einer internationalen Fahrerlizenz zugelassen. Unaufhörlicher Regen war die Signatur des ganzen Sonnabends, es goss vom frühen Morgen bis zum späten Abend förmlich in Strömen aus den schier unerschöpflichen, himmlischen Wasserbehältern, die Straßen glichen Morasten, Bäche und Flüsse traten über die Ufer und verwandelten die ganze Umgebung in große Seen. Und am Sonntagmorgen sollte das im Vorjahr zweimal abgesetzte Rennen stattfinden. Man tippte bereits auf eine total verwässerte Angelegenheit. Die Rennleitung ließ sich aber durch die Tücken des Wettergottes wenig stören und erklärte am Sonnabend in der Zeitung kurz und bündig: Das Rennen findet bei jeder Witterung statt. Als gegen ½ 9 Uhr die Ehrengäste und Presse vom Hotel „Reichshof“ abfuhren, lugte die Sonne verstohlen vom Himmel. Am regen Betrieb auf den Straßen war zu spüren, dass es ein großer Tag werden würde. Auf der Gabler Straße war schon um diese Zeit ein starker Verkehr: Automobile, Motorfahrer, Fahrräder und unzählige Fußgänger füllten die Straße. Am „Waldfrieden“ angelangt, war nur noch ein schrittweise Vorwärtskommen möglich. Am Start wimmelte es von Fahrzeugen aller Art. Ohrenbetäubendes Geknatter, Fauchen und Krachen erzeugten ein wahres Höllenkonzert und bildeten einen vielversprechenden Auftakt zu den Dingen, die da kommen sollten. Eine Probefahrt über die 4 Kilometer lange Strecke ergab die kaum glaubliche Tatsache, dass der Dauerregen der neuvorgerichteten Straße so gut wie nichts anhaben konnte, nur am Anfang war die ebene Strecke noch etwas schlüpfrig, je weiter sie anstieg desto trockener wurde sie. Es waren einwandfreie Rennen zu erwarten. Die meisten Zuschauer - es mochten mehrere Tausend sein - hatten sich in der sogenannten Haarnadelkurve, wo auch eine 600 Personen fassende Tribüne errichtet worden war, bequem eingerichtet. Die dort abgeholzten Hänge nahmen sich aus wie die vollgepfropften Zuschauerterrassen der jetzt scheinbar vergangenen Glanzzeiten des Oybiner Waldtheaters. Am Start Hugo Krause aus Spitzkunnersdorf auf „Renner – Original“, rechts der Dresdner Schwarz auf einer englischen „Villiers“ Die Rennen sollten Punkt 10 Uhr beginnen, hatten aber, wie meist bei derartigen Veranstaltungen, eine fühlbare Verspätung aufzuweisen. Diesmal war aber an der Verzögerung die Rennleitung nicht schuldig. Schuldig waren - es klingt fast wie ein Witz - etwa 1000 Meter Telephondraht, die ein „Renngegner“ aus der bereits fertiggestellten Fernsprechleitung hatte mitgehen heißen. Endlich, gegen ¾ 11 Uhr, ging dann eine Bewegung durch die Tausende. Der erste Motor ließ sein melodisches Gebrumme ertönen. Bald löste sich aus dem Wall der Zuschauer ein schwarzer Punkt, der in rasender Fahrt bergauf strebte. Es war Witzel (Dresden) auf Renner - Original. Das Rennen hatte begonnen! Überall herrschte gespannte Aufmerksamkeit, Fahrer auf Fahrer kam daher gezogen, lebhaft kritisiert von den Sachverständigen. Schon die erste Klasse, welcher die schwächsten Maschinen angehörten, wartete mit guten Zeiten auf, Olbrich (Neugersdorf) auf Bekamo gefiel hier am besten. Die Klasse der 250 ccm Maschinen wurde von Liebmann (Neugersdorf) auf der Renner - JAP beherrscht. Die 350iger Klasse sah die Junioren Fabian (Ebersbach) und Dornig (Zittau) beide auf Eber als die schnellsten Fahrer. Der Dresdner Dittrich hatte mit seiner BMW 500 Probleme beim Befahren der Haarnadelkurve und musste dem Sabitzer Gelbs bei den Junioren den Sieg überlassen. Der Zittauer W. Zwahr fuhr die Ernst Motosacoche des Löbauer Nedon, er kam im scharfem Tempo in die Kurve, geriet dort gefährlich ins Schleudern und entging nur mit Mühe einem Sturz, trotzdem reichte es zum Sieg bei den Senioren der Klasse bis 500 ccm. Mit besonderer Spannung wurden die beiden Meisterfahrer Urban und Ertelt auf den schweren 750 ccm Wanderermaschinen erwartet, der erfahrenere Urban fuhr als Sieger und Tagesschnellster Motorradfahrer mit einem Durchschnitt von 75,23 km/h durch das Ziel. Der Lokalmatador Alfred Urban aus Löbau auf der schweren 750er Wanderer war der Favorit des Tages Die Sensation des Tages waren aber die Motorräder mit Anhänger (Seitenwagen), zuerst kam Phillip (Dresden) auf Indian daher gefegt, umzog in gleich scharfer Fahrt die Kurve, der Beifahrer hing zwischen dem Gestänge des Beiwagens und des Motorrades und arbeitete mit Händen und Füßen, um eine glatte und schnelle Fahrt auch an dieser Stelle zu ermöglichen. Eine feine Leistung, die allgemein als die beste und bravouröseste des Tages angesehen wurde. Nebenbei gesagt, war der Beifahrer - die Gattin des Fahrers. Die Artisten auf drei Rädern gab es bereits 1926 und auch früher, hier Dornig auf der BMW. Zu beachten gilt der Griff des Beifahrers an das Auspuffrohr In der Klasse der Wagen eröffnete eine Dame, Frau Helene Kluge aus Dittelsdorf, das Rennen auf Hanomag. Ein glänzendes Rennen lieferte Lewy (Dresden) auf seinem roten Bugatti, der mit seinem Begleiter wie der Teufel angefegt kam. Die beste Zeit des Tages erzielte der bekannte Rennfahrer Postler aus Niedersedlitz, ebenfalls auf Bugatti, in 3:03 min. Das Ehepaar Kluge auf den Hanomags, Frau Helene links Bei den folgenden schweren Wagen gab es vielerlei kritische Situationen, die aber alle von den routinierten Fahrern gemeistert wurden. Oestreicher (Dresden) auf Apollo und Wagner (Zittau) auf Presto fuhren ein sehr schneidiges Rennen, beide wurden Sieger ihrer Klasse. Die sauberste und schnittigste Kurvenfahrt musste aber dem Elitefahrer Mühlmann (Dresden) zugesprochen werden. Einen Augenblick höchster Nervenaufregung bereitete Schlösser (Dresden) der riesigen Menge, er befuhr die Kurve schon anfangs zu weit außen, wurde vor dem Einbiegen in die Gerade fast über die halbe Straße hinweg an den Straßenrand geschleudert und verdankte nur seiner Geistesgegenwart, er riss im Augenblick der größten Gefahr das Steuer herum, die Vermeidung eines gefährlichen Sturzes. Das Rennen war beendet, die 10 000 Zuschauer rüsteten zum Aufbruch, es war ein grandioser Anblick, welchen man von der geleerten Zuschauertribüne hinunter auf die Strecke, auf welcher sich ein gewaltiger Menschenstrom wälzte, genoss. Die Rennfahrer trafen sich im Kurhaus Lückendorf und abends fand in der Weinau die Preisverteilung statt. Gruppenausfahrt der Oberlausitzer Rennfahrer, in der Mitte Dornig und Semmt So verkaufte Kurt Förster seine Automobile
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