BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21. Wahlperiode 21/**** 04.05.2015 Antrag der Abgeordneten Christiane Schneider, Sabine Boeddinghaus, Cansu Özdemir, Heike Sudmann, Deniz Celik, Martin Dolzer, Norbert Hackbusch, Inge Hannemann, Stephan Jersch und Mehmet Yildiz (Fraktion DIE LINKE) Betr.: Änderung der Verfassung – Schaffung Durchführung eines Olympia-Referendums einer Einzelfallregelung für die I. Die Bürgerschaft möge das folgende Gesetz beschließen: Sechzehntes Gesetz zur Änderung der Verfassung der Freien und Hansestadt Hamburg Hinter Artikel 76 der Verfassung der Freien und Hansestadt Hamburg vom 6. Juni 1952 (Sammlung des bereinigten hamburgischen Landesrechts I 100-a), zuletzt geändert am 13. Dezember 2013 (HmbGVBl. S. 499), wird folgender Artikel eingefügt: „Artikel 76a (1) Der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB) hat am 20. März 2015 entschieden, dass die Freie und Hansestadt Hamburg die deutsche Bewerberstadt für die Olympischen Spiele 2024 sein soll. Zugleich hat der DOSB der Hansestadt Hamburg aufgetragen, eine Volksbefragung darüber durchzuführen, ob die Hamburgerinnen und Hamburger der Bewerbung zustimmen. Sollte Hamburg für 2024 ausscheiden, so ist eine Bewerbung für 2028 geplant. Vor diesem Hintergrund wird nachfolgend die Durchführung eines Olympia-Referendums über die Bewerbungen um die Austragung der Olympischen und Paralympischen Spiele 2024 und 2028 verfassungsrechtlich verankert. (2) Die Bewerbungen um die Austragung der Olympischen und Paralympischen Spiele 2024 und 2028 bedürfen der Zustimmung durch einen Volksentscheid für beide Bewerbungen (Olympia-Referendum). Die Bürgerschaft beschließt mit einer Mehrheit von zwei Dritteln der gesetzlichen Mitgliederzahl über die Fragestellung und den Termin des Olympia-Referendums. Der Termin darf frühestens vier Monate nach der Beschlussfassung liegen. Die Frist läuft nicht während der parlamentarischen Sommerpause. (3) Auf Verlangen von mindestens einem Zehntel der Bürgerschaftsabgeordneten oder von mindestens 2,5 vom Hundert der Wahlberechtigten ist ein eigener Entwurf einer Fragestellung alternativ zur Abstimmung zu stellen. Für jeden erfolgreich eingebrachten Entwurf gibt es die Möglichkeit, ihn mit „Ja“ oder „Nein“ zur Abstimmung zu stellen. Das Verlangen ist innerhalb von zwei Monaten nach der Beschlussfassung der Bürgerschaft nach Absatz 2 bei der Präsidentin/beim Präsidenten der Hamburgischen Bürgerschaft zu stellen. Die Frist läuft nicht während der parlamentarischen Sommerpause. (4) Der Senat führt das Olympia-Referendum durch. Das Olympia-Referendum ist angenommen, wenn die Mehrheit der Abstimmenden und mindestens ein Fünftel der Wahlberechtigten zustimmt. Wird das Quorum nicht erreicht, gilt das als Ablehnung der Olympia-Bewerbung. (5) Das Ergebnis des Olympia-Referendums kann innerhalb der laufenden Wahlperiode der Bürgerschaft für einen Zeitraum von zwei Jahren nach Durchführung des Referendums nicht im Wege von Volksinitiative, Volksbegehren und Volksentscheid geändert werden. Sollte die Wahlperiode vor Ablauf dieses Zeitraums enden, so endet diese Frist vorzeitig. (6) Für die Überprüfung der Durchführung des Olympia-Referendums gilt Artikel 50 Absatz 6 entsprechend. (7) Das Gesetz bestimmt das Nähere.“ 1 Begründung Der Deutsche Olympische Sportbund hat Hamburg aufgetragen, eine Volksbefragung darüber durchzuführen, ob die Hamburgerinnen und Hamburger einer Bewerbung um die Austragung der Olympischen und Paralympischen Spiele 2024 (und 2028) zustimmen. Die Durchführung einer Volksbefragung ist von der Bürgerschaft gewollt. Über die Modalitäten einer solchen Volksbefragung hat am 22. April 2015 im Verfassungs- und Bezirksausschuss eine Sachverständigenanhörung stattgefunden. Diese hat ergeben, dass es keine für Bürgerschaft und Senat verbindliche Regelung einer Volksbefragung in einem einfachen Gesetz geben kann. Andererseits sind auch „einfache“ Volksbefragungen in aller Regel faktisch verbindlich, weil es einem „politischen Selbstmord“ gleichkäme, die Bürgerinnen und Bürger einerseits zu befragen, dem anschließend jedoch nicht zu folgen. Deshalb soll der Weg einer Verfassungsänderung gewählt werden. Zugleich bestehen aber Bedenken dagegen, das neue Instrument des Referendums „von oben“ im Schnellverfahren ohne eine breite Diskussion und die Abwägung der Vor- und Nachteile sowie die Abschätzung der Risiken einzuführen. Vorgeschlagen wird daher, das Thema „Referenden“ mit der dafür nötigen Zeit und unter Einbeziehung von Mehr Demokratie e.V. grundsätzlich anzugehen und kurzfristig zunächst eine Einzelfallregelung ausschließlich für die Abstimmung über die Bewerbungen um die Austragung der Olympischen und Paralympischen Spiele 2024 und 2028 zu schaffen. Die Regelung wird entsprechend dem Vorschlag von Prof. Dr. Hans Meyer wegen ihrer Vorläufigkeit in die Schluss- und Übergangsbestimmungen eingefügt. Es ist festzuhalten, dass eine solche Einzelfallregelung in der Verfassung nur die Ausnahme bleiben sollte. Der vorgelegte Gesetzesvorschlag orientiert sich an den Ausführungen der Sachverständigen zu einem fairen Verfahren, das auch Gegenstimmen hinreichend zu Wort kommen lassen muss. Darüber hinaus spielt das Gebot der Rücksichtnahme auf Initiativen aus der Bevölkerung eine große Rolle. Mit der vorgesehenen Zweidrittel-Mehrheit in der Bürgerschaft will der Gesetzesvorschlag sicherstellen, dass es bei der Fragestellung und bei der Terminfindung zu fairen Bedingungen kommt. Zusätzlich soll das faire Verfahren noch durch Minderheitenrechte in der Bürgerschaft sowie die Möglichkeit einer Initiative von Bürgerinnen und Bürgern für eine Gegenvorlage gewährleistet werden. Eine solche Initiative aus der Bevölkerung, die in ihren Anforderungen an die Unterstützung zwischen einer Volksinitiative und einem Volksbegehren liegt und das Verfahren vereinfacht, macht eine Gegen-Volksinitiative entbehrlich. Das Gebot der Rücksichtnahme erfordert es, dass die parlamentarische Sommerpause aus dem Fristlauf herausgenommen wird, da es für Initiativen schwer ist, in den Sommerferien die nötige Unterstützung zu finden. In Absatz 4 wurde das Quorum, das für Volksentscheide gilt, übernommen. Damit soll gewährleistet werden, dass der Entscheidung ein ausreichendes Maß an Beteiligung zugrunde liegt. Sollte es nicht zu der geforderten Beteiligung kommen, so ist davon auszugehen, dass das Interesse der Bevölkerung an Olympia nicht groß genug ist. Daher ist dies als Ablehnung zu werten. Mit Absatz 5 soll sichergestellt werden, dass bei einer wesentlichen Änderung der Entscheidungsgrundlage für die Durchführung der Olympischen Spiele noch rechtzeitig ein erneuter Volksentscheid durchgeführt werden kann. Insbesondere ist der Möglichkeit Rechnung zu tragen, dass die Kosten sich drastisch erhöhen. Hier muss es eine erneute Entscheidungsmöglichkeit geben. Der Zeitraum von zwei Jahren wurde festgelegt, weil dann die endgültige Entscheidung des Internationalen Olympischen Komitees (IOC) gefallen ist. Erfahrungsgemäß ist dieser Zeitpunkt sehr entschiedend für die Entwicklung der Kosten. Daher soll eine erneute Entscheidung im Wege einer Volksinitiative möglich sein. Auch die Durchführung des Olympia-Referendums Verfassungsgericht überprüft werden können. muss vom Hamburgischen Im Ausführungsgesetz werden dann Detailfragen zu regeln sein, u. a. die inhaltliche Gestaltung der Abstimmungsbroschüre mit Ausführungen über die Kosten und Risiken, und die Frage, welche Interessengruppen sich dort äußern dürfen. Zu regeln sind auch die finanziellen Fragen der Durchführung des Olympia-Referendums. Ein faires Verfahren beinhaltet auch ausgeglichene Startbedingungen für Befürworter und Gegner Olympischer Spiele in Hamburg. 2 Dies hängt nicht zuletzt mit den finanziellen Möglichkeiten zusammen. II. Die Bürgerschaft möge ferner beschließen, den Senat zu ersuchen, die Vorbereitung für ein von der Bürgerschaft gewolltes, jedoch noch nicht beschlossenes Referendum zu den Hamburger Bewerbungen um Olympische und Paralympische Spiele 2024 und 2028 aufzunehmen, für eine faire Verfahrensgestaltung Sorge zu tragen sowie im zuständigen Ausschuss der Bürgerschaft laufend über den Sach- und Vorbereitungsstand zu berichten. 3
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