Das GRÜNE in der Bürgerschaft Aus dem Landtag vom 21. Januar 2015 Zur Übersicht und zu den Dokumenten: http://gruenlink.de/voa Zu Beginn der heutigen Sitzung gedachte Bürgerschaftspräsident Weber – wie in jedem Januar – anlässlich des Jahrestages der Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz vor 70 Jahren der Opfer des Nationalsozialismus. Weber ging dabei aber auch auf die heutigen Verhältnisse ein, wo sich Juden nicht trauen, in der Öffentlichkeit die Kippa zu tragen. Und er schlug den Bogen zu den Terroranschlägen in Paris vor zwei Wochen, für deren Opfer die Bürgerschaft eine Gedenkminute einlegte. Nous sommes Charlie! Weltweit machte sich Entsetzen breit über den brutalen und barbarischen Mordanschlag auf die Redaktion der französischen Satire-Zeitung "Charlie Hebdo" am 7. Januar 2015 in Paris sowie über die Geiselnahme in einem jüdischen Supermarkt und die Opfer bei der Polizei. Der Angriff auf die Redaktion war zugleich ein Angriff auf demokratische Werte und vor allem auf die Presse- und Meinungsfreiheit. Kurz nach dem Attentat ging die Parole „Je suis Charlie“ als Zeichen der Anteilnahme und Solidarität um die Welt. Und mit „Nous sommes Charlie!“ („Wir sind Charlie!“) haben alle Landtagsfraktionen einen gemeinsamen Entschließungsantrag eingebracht, in dem die Bürgerschaft ihre Trauer um die Opfer zum Ausdruck bringt, aber damit auch ein Zeichen gegen Angriffe auf unsere offene Gesellschaft setzt. Und unmissverständlich wird darin festgestellt: Der Islam gehört zu Bremen. Der Fraktionsvorsitzende Matthias Güldner sieht sich an die Flugzeuganschläge am 11. September 2001 in den USA erinnert: Die Reaktionen waren wie heute Angst, Wut, Entsetzen und ungläubiges Staunen. Aber anders als damals, als in Deutschland mit „Sicherheitspaketen“ gegen den Terror die Freiheit und Menschenrechte massiv eingeschränkt und Minderheiten ausgegrenzt wurden, reagiert die Politik heute besonnener. Für Güldner ist es von großer Bedeutung, dass vier Fraktionen einen Antrag beschließen, in dem zentral der Satz des ehemaligen norwegischen Ministerpräsidenten Jens Stoltenberg steht, der nach dem Massaker bei Oslo sagte: „Noch sind wir geschockt, aber wir werden unsere Werte nicht aufgeben. Unsere Antwort lautet: mehr Demokratie, mehr Offenheit, mehr Menschlichkeit.“ Terror möchte genau das verhindern. Terror möchte Überreaktionen provozieren, die nachträglich als Legitimation des Handelns und der weiteren Eskalation dienen sollen. Der Pegida, den „Patriotischen Europäern gegen die Islamisierung des Abendlandes“, warf Güldner vor, Ängste zu schüren und ganz normale friedliche Menschen auszugrenzen. Die Gleichsetzung des Islam als Volksreligion Millionen friedlicher Menschen mit kriminellem Terror ist Fraktion Bündnis 90/DIE GRÜNEN in der Bremischen Bürgerschaft Schlachte 19/20 • 28195 Bremen Tel.: 0421/3011-0 Fax: 3011-250 [email protected] www.gruene-fraktion-bremen.de gefährlich und irreführend. Als Mut machendes Vorbild für den Umgang mit den Menschen, die als Flüchtlinge zu uns kommen, nannte Güldner die Stadtteilzeitung „heimatlos“, die von SchülerInnen des Gymnasiums Links der Weser herausgegeben wird (PDF-download: http://gruenlink.de/voc). Die migrations- und integrationspolitische Sprecherin Zahra Mohammadzadeh lenkte den Blick auf die seit Wochen und Monaten andauernde Terrorwelle: 132 Schulkinder wurden in Peschawar ermordet, 150 Frauen in Al-Anbar im Irak, 30 wehrlose Menschen in Nordkamerun, 2.000 Opfer in Baga, Nigeria, nahezu 100 in Gombe, Nordnigeria, davon 20 durch einen Selbstmordangriff, zu dem ein zehnjäriges Mädchen gezwungen wurde. Auch diese Opfer, so die Abgeordnete, verdienen unsere Trauer, die Trauer von 50 Regierungschefs, und öffentliche Erschütterung in Europa. Den Pariser Angriff bezeichnete Mohammadzadeh auch als Angriff auf den Islam selbst. Weltweit wird der Islam pervertiert. Regime ebenso wie radikale Gruppen versuchen, die Anwesenheit Gottes auf Erden zu simulieren und damit scheinbar zu erzwingen, indem sie rücksichtlos Gewalt über andere ausüben – Imame über Gläubige, Gläubige über Ungäubige, Männer über Frauen. So ist der Angriff letztlich auch ein Angriff auf die Frauen, denn in dem Islam, den Taliban, Islamischer Staat und Al-Kaida wollen, dürfen Frauen nicht singen, nicht tanzen, sie dürfen nicht allein außer Haus gehen, nicht Auto fahren, nicht reisen, nichts selbständig für sich entscheiden, keinen Beruf ausüben, erst recht keine Politik, und, was das Schlimmste ist, sie dürfen nicht lernen. Sie wollen eine Gesellschaft, in der die Männer herrschen und die Frauen ihre Sklavinnen sind. Jedes Messer, jeder Schuss aus der Kalaschnikow, jede Bombe trifft die Frauen. Der medien- und kulturpolitische Sprecher Carsten Werner, selbst auch Journalist, nahm einen Ausspruch von Matthias Döpfner, dem Vorstandsvorsitzenden von Axel Springer, zum Anlass, über Angst und Freiheit zu sprechen. Er hat über den Journalistenberuf gesagt: „Jetzt beginnt Mut wieder etwas zu kosten. Im schlimmsten Fall das Leben.“ Das hält Werner für Unsinn, denn damit wird eine Selbstverständlichkeit glorifiziert und dramatisiert. In den Jahresbilanzen von „Reporter ohne Grenzen“ stehen Jahr für Jahr um die 100 getötete Journalisten und Tausende bedrohte oder drangsalierte. In Saudi-Arabien wird gerade wöchentlich ein Blogger mit Peitschenhieben malträtiert – dafür, dass er bloggt, was er denkt. Und Sprüche wie „Lügenpresse auf die Fresse“ gibt es auch in Deutschland nicht erst seit dem 7. Januar. Lokalzeitungsbüros in Ostdeutschland werden schon seit Jahren mit Naziparolen terrorisiert und bedroht. Dass Journalisten ihre Arbeit machen, sich was trauen, sich Gehör verschaffen – dafür müssen wir dankbar sein, nicht mehr, und nicht weniger. Seit zwei Wochen stehen vor Redaktionen Polizisten. Wenn Journalisten hier in Bremen und überall am 8. Januar von der Polizei angerufen wurden, um ihre Themen der letzten Zeit und ihre Privatadressen zu notieren, dann können wir nicht sagen, das kratzt uns alles nicht. Wenn in Dresden vorgestern alle politischen Demonstrationen untersagt wurden, dann werden dort schon Freiheitsrechte eingeschränkt. Und beschränkt ist die Freiheit auch schon, wenn man mit einem mulmigen Gefühl ein Theater oder einen Fraktion Bündnis 90/DIE GRÜNEN in der Bremischen Bürgerschaft Schlachte 19/20 • 28195 Bremen Tel.: 0421/3011-0 Fax: 3011-250 [email protected] www.gruene-fraktion-bremen.de Bahnhof betritt, weil da ein kritisches Stück läuft oder weil da eine umstrittene Zeitung verkauft wird. Dagegen müssen wir uns wehren – und genau dazu brauchen wir die Freiheiten der Worte und der Gedanken: freie Medien und Meinungen, freie Kunst. Und Glaubensfreiheit. Die individuelle Entscheidung für das, was sie wem mit ihren Worten und Bildern zumuten und antun, treffen alle JournalistInnen und KünstlerInnen. Das macht ihre Arbeit so wertvoll für eine Demokratie, die sich immer wieder selbst Grenzen sucht und setzt. Die Meere gemeinsam schützen! Der Schutz der Meere ist eine überlebensnotwendige Aufgabe, damit auch die kommenden Generationen aus ihrem Reichtum schöpfen können. Diese Aufgabe ist nur in internationaler Zusammenarbeit zu erfüllen. Die Europäische Union hat sich zu ihrer Verantwortung bekannt. Die Grüne Fraktion hat eine Große Anfrage an den Senat gerichtet, um der Rolle und Verantwortung Bremens in der Frage des Meeresschutzes nachzugehen, denn Bremen ist nicht nur ein bedeutender Hafenstandort an der Nordsee, sondern auch ein Zentrum maritimer Technologien und Wissenschaft. Ausgangspunkt, so der EU-politische Sprecher Hermann Kuhn, war der Europäische Tag der Meere im Mai 2014 in Bremen. Das war eine ehrenvolle Anerkennung Bremens als Land mit großer maritimer Tradition, als Standort exzellenter Meereswissenschaften und nicht zuletzt als Brutstätte des Schutzes unserer Meeresumwelt. 1980 wurden die ersten großen Untersuchungen über den alarmierenden Zustand der Nordsee veröffentlicht; die Geschichte der Bremer Grünen ist seither eng mit dem hartnäckigen Einsatz für den Meeresschutz verbunden. Obwohl seitdem schon viel erreicht wurde, ist der Zustand der europäischen Meere nach wie vor nicht gut: Sie sind durch Stickstoffeinleitungen zu sauer, sie sind zu stark verschmutzt, z. B. durch Kunststoff und Mikroplastik, sie sind zu warm, und die Überfischung ist noch nicht gestoppt. Die Mitgliedstaaten der EU sind verpflichtet, in diesem Jahr Maßnahmenprogramme zu entwickeln. Hermann Kuhns Ziel als Vertreter Bremens im EUAusschuss der Regionen ist es, die regionalen Gebietskörperschaften für den Meeresschutz zu sensibilisieren. Entscheidend ist, dass alle Politikbereiche dazu beitragen: Energiepolitik, Landwirtschaft, konsequent umgesetzte Fischereireform, Recycling- und Abfallwirtschaft etc. Die umweltpolitische Sprecherin Maike Schaefer ergänzte: Ein Ökosystem zerstören geht schnell, es zu regenrieren dauert lange. Das Beispiel des Verbots von TBT in Schiffsanstrichen zeigt dies, denn noch zehn Jahre nach dem Verbot finden sich hohe Konzentrationen davon im Hafenschlick. Daher ist es gut, dass der Senat sich in vielfältiger Weise sowohl im Umweltschutz in den Häfen, als auch im Küstenmanagement und internationalen Bestrebungen engagiert. Wirtschaftliche Interessen sind kein Gegensatz zu Umweltschutz, sie müssen zwangsläufig und überlebensnotwendig gemeinsam gedacht und behandelt werden. Fraktion Bündnis 90/DIE GRÜNEN in der Bremischen Bürgerschaft Schlachte 19/20 • 28195 Bremen Tel.: 0421/3011-0 Fax: 3011-250 [email protected] www.gruene-fraktion-bremen.de
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