6. KAMMERABEND S AI SO N 2014 2 015 S O N N TAG 12 . 4 .15 2 0 U H R I SEMPEROPER DRESDEN 6. KAMMERABEND Mitwirkender Gast Charles Koechlin Paul Rivinius Klavier (18 67-19 5 0) Ausführende Matthias Wollong Violine Jochen Ubbelohde Horn Quatre petites pièces für Klavier, Violine und Horn op. 32 1. Andante 2. Très modéré 3. Allegretto 4. Scherzando György Ligeti (19 2 3 -2 0 0 6) Trio für Violine, Horn und Klavier »Hommage à Brahms« 1. Andantino con tenerezza 2. Vivacissimo molto ritmico 3. Alla marcia 4. Lamento. Adagio PAU S E Robert Schumann (1810 -18 5 6) Fantasiestücke op. 73 für Klavier und Violine 1. Zart und mit Ausdruck 2. Lebhaft, leicht 3. Rasch und mit Feuer Johannes Brahms (18 3 3 -18 9 7 ) Trio für Klavier, Violine und Horn Es-Dur op. 40 1. Andante 2. Scherzo. Allegro 3. Adagio mesto 4. Finale. Allegro con brio ZUM PROGRAMM Charles Koechlin, 1867 in Paris geboren, aus großbürgerlichem Haus stammend und ursprünglich zum Polytechniker ausgebildet, fand wohl erst unter dem Eindruck seiner in Algerien verlebten Genesung von einer Tuberkulose-Erkrankung zur Musik. In seinem Studium wurde Gabriel Fauré sein wesentlicher Lehrer. Sein eigenes Schaffen umfasst Kompositionen (weit über 200 Opus-Nummern) wie auch musiktheoretische Schriften mit Lehrbuchcharakter, doch erhielt Koechlin, der kein Exponent einer bestimmten stilistischen Strömung war, nur vorübergehend Anstellungen als Pädagoge. Bei aller kompositorischen Vielseitigkeit (so beginnt noch seine zweite Symphonie von 1943 / 1944 mit einer Fuge, die das Vorbild Bach klar erkennen lässt) ist seine Bindung an den französischen Impressionismus ebenso unabweislich wie der Hang zu einer leisen Melancholie. Die Quatre petites pièces wurden zwischen 1896 und 1906 niedergeschrieben. Ob ihn ältere Werke in dieser Besetzung, etwa von Johannes Brahms, dazu anregten, ist nicht bekannt. Koechlin gibt in seinen »Pièces« den beiden Melodieinstrumenten Gelegenheit zum »Singen«, dem Klavier weist er überwiegend eine Begleitfunktion zu. Robert Schumanns Fantasiestücke op. 73 wurden 1849 in Partitur gesetzt, im letzten der in Dresden verlebten Jahre des Komponisten, und sind ursprünglich für Klarinette und Klavier bestimmt. Am Opus 73 wie an seinen kammermusikalischen Nachbarwerken ist zum einen hervorzuheben, dass sie ihre Entstehung dem näheren Kontakt Schumanns zu führenden Bläsern der damaligen Königlichen Kapelle in Dresden verdankten, und zum anderen, dass sie in einem idyllisch-poetischen Ton gehalten sind. Letzteres verwundert beim Blick auf die damaligen politischen Ereignisse mit revolutionären Erhebungen und militärischen Gegenmaßnahmen – in Dresden waren sie ernsthaft genug, um das Ehepaar Schumann zur zeitweisen Flucht nach Maxen und Kreischa zu veranlassen. Auch im kompositorischen Ertrag dieser Zeit spiegelt sich ein Flüchten: fort aus der rauen Wirklichkeit in eine erträumte friedliche Welt. Das schöpferische Ergebnis ist von solcher Schönheit und solch allgemeinem Wert, dass die ursprünglich vom Verleger zwecks Vergrößerung der Verkaufschancen verlangte Möglichkeit der Alternativbesetzung (Violine oder Violoncello statt Klarinette) nicht nur sofort gern aufgegriffen wurde, sondern noch heute genutzt wird. Erst 16 Jahre nach Schumanns Opus 73 entstand das Horntrio op. 40 von Johannes Brahms. Durch die Wahl der Instrumente wie durch die romantisch-elegische Grundstimmung erregte es allgemeines Aufsehen und wurde rasch berühmt. Noch immer gilt es als ein Hauptwerk seiner Gattung. Dass der Komponist die Bläserstimme auf ein Natur-(»Wald-«)Horn abgestellt hatte, macht sich an der Ausgestaltung der Partie bemerkbar. So verwendete Brahms bevorzugt »Naturtöne«, für deren Erzeugung ein Ventilhorn nicht nötig war. Doch abgesehen davon, dass das Ventilhorn in den seither vergangenen 150 Jahren starke Weiterentwicklungen erfahren hat und die modernen Instrumente mit ihren Vorgängern nicht mehr zu vergleichen sind, so gilt in diesem Fall wie bei anderen Instrumenten auch: Gegenüber dem Können des Interpreten ist die Wahl des Instruments zweitrangig – eine Erfahrung von heute, die Brahms noch gar nicht zu erahnen vermochte. Das Horntrio wirkt mit der viersätzigen Anlage zwar »klassisch«, doch nur auf den ersten Blick, denn Abfolge und Form der Sätze gehen eigene Pfade. Vor allem steht am Beginn kein sogenannter Sonatensatz, sondern eine Art Rondo – jedoch gemächlich statt lebhaft, ja träumerisch. Brahms, der in jungen Jahren, gleich seinem Vater, selbst das Hornspiel pflegte, soll das Hauptthema in der stillen Landschaft des Schwarzwaldes ersonnen haben. Das gesamte Werk aber, auch wenn es immer wieder Ruhe und Frieden zu ersehnen scheint, ist überschattet von Wehmut bis hin zur Trostlosigkeit. Vielleicht wirkt es auf den Hörer gerade deshalb so »romantisch«. Dem Autor indessen war bei der Komposition keinesfalls romantisch zumute, denn er hatte den Verlust seiner Mutter zu verarbeiten, die im Februar 1865 verstorben war. Bekannt ist, dass der Sohn ihrem Andenken sein »Deutsches Requiem« gewidmet hat. Für das Horntrio gilt das ebenfalls, und hier wie dort verband sich mit der Trauer um die Mutter Weiteres, was Brahms innerlich bewältigen musste. In dem ganzen Werk kommt denn auch keine Fröhlichkeit auf, selbst im raschen, jagdsignalbetonten Schlusssatz empfindet man stets eine Art Schleier vor der Sonne, die Melancholie bleibt beherrschend. Diese äußert sich freilich in wunderbar ausschwingenden melodischen Linien, und wenngleich Texte eigentlich nicht vermisst werden, glaubt man doch immer wieder, Lieder zu hören. Sehr erstaunlich ist die Wirkung, die Brahms’ Werk auf einen Meister der Neuen Musik des 20. und beginnenden 21. Jahrhunderts wie György Ligeti gehabt hat. Zwar gab es einen konkreten Anlass, etwas im Gedenken an Brahms zu komponieren, als dessen 150. Geburtstag in Hamburg gefeiert werden sollte und der dort lebende Ligeti um einen Beitrag zu diesem Jubiläum gebeten wurde. Und es gab drei bekannte Musiker, die sich ausdrücklich ein Horntrio wünschten. Dennoch ist es erstaunlich, wie stark sich Ligeti von dem Brahms’schen Werk inspiriert fühlte. Sogar dessen Viersätzigkeit übernahm er, besonders aber den melancholischen Grundgestus. In seinem Horntrio »Hommage à Brahms« umrahmen zwei langsame Sätze zwei lebhafte Binnensätze. Von den letztgenannten erinnert der eine sehr stark an die »Bulgarischen Rhythmen« in Béla Bartóks Klavierzyklus »Mikrokosmos« – gewiss kein Zufall, hat doch der junge Ligeti wie sein großer Vorgänger und Landsmann Volksmusik gesammelt und untersucht. Der andere Satz, mit »Alla marcia« überschrieben, ist rhythmisch ebenfalls kompliziert gehalten und alles andere als ein simpler Marsch. Beide Sätze im Inneren des Stückes erfüllen zweifellos vor allem die Funktion, zu den Ecksätzen eine Art Gegengewicht zu bilden. Thematisch jedoch ist in Ligetis Werk keinerlei Anspielung auf Brahms zu finden, und das hat der Komponist auch nicht beabsichtigt. »Mein Trio ist im späten 20. Jahrhundert entstanden«, erklärte Ligeti, »und ist – in Konstruktion und Ausdruck – Musik unserer Zeit.« ORTRUN L ANDM ANN MITWIRKENDER GAST Paul Rivinius Klavier studierte neben seiner pianistischen Ausbildung auch Horn und war langjähriges Mitglied des Bundesjugendorchesters und des Gustav Mahler Jugendorchesters. 1998 gewann der Pianist mit dem Clemente Trio den renommierten ARD-Wett bewerb in München, als ausgewähltes »Rising Star«-Ensemble gastierte das Trio anschließend in zehn der bedeutendsten Konzertsäle der Welt, darunter die Londoner Wigmore Hall und die Carnegie Hall in New York. Paul Rivinius spielt mit seinen Brüdern im Rivinius Klavier-Quartett und mit Musikern des Deutschen Symphonie-Orchesters Berlin im Akanthus Ensemble, zudem ist er Pianist des Mozart Piano Quartet und gründete 2008 mit zwei Kapell-Mitgliedern, der Soloflötist in Sabine Kittel und der Cellistin Anke Heyn, das Ensemble Bento. Mehrfach bereits trat er in den Kammerabenden der Sächsischen Staatskapelle auf, u.a. im März 2014 mit dem Ensemble Bento und zuletzt im November 2014 im Rahmen der Richard-Strauss-Tage; bei dieser Gelegenheit interpretierte er gemeinsam mit dem 1. Konzertmeister der Kapelle Matthias Wollong die Strauss’sche Violinsonate op. 18. Paul Rivinius lehrte viele Jahre als Professor an der Hochschule für Musik Hanns Eisler in Berlin. VORSCHAU 1. Akademie-Kammerabend M I T T WO C H 15 . 4 .15 2 0 U H R S E M P ER 2 Mitwirkende Mitglieder der Giuseppe-SinopoliAkademie der Staatskapelle Dresden Franz Danzi Bläserquintett B-Dur op. 56 / 1 Antonín Dvořák Streichquintett G-Dur op. 77 Bohuslav Martinů Trio für Flöte, Violoncello und Klavier H. 300 Claude Debussy »Danses« für Harfe und Streicher André Jolivet »Chant de Linos« für Flöte, Harfe und Streichtrio Kammermusik der Sächsischen Staatskapelle Dresden Gegründet 1854 als TonkünstlerVerein zu Dresden Verantwortlich: Friedwart Christian Dittmann, Ulrike Scobel und Christoph Bechstein IMPRESSUM Sächsische Staatskapelle Dresden Chefdirigent Christian Thielemann Spielzeit 2014 | 2015 H E R AU S G E B E R Sächsische Staatstheater – Semperoper Dresden © April 2015 R E DA K T I O N Dr. Torsten Blaich, Clara-Michal Steinau TEXT Der Einführungstext von Dr. Ortrun Landmann ist ein Originalbeitrag für dieses Heft. G E S TA LT U N G U N D S AT Z schech.net Strategie. Kommunikation. Design. DRUCK Union Druckerei Dresden GmbH 3. Aufführungsabend M O N TAG 2 0 . 4 .15 2 0 U H R S E M P ER O P E R D R E S D E N Andres Mustonen Dirigent Sabine Kittel Flöte Christian Dollfuß Klarinette Antonio Rosetti Sinfonie g-Moll Kaul I:27, Murray A42 Sofia Gubaidulina »Warum?« für Flöte (auch Bassflöte), Klarinette (auch Bassklarinette) und Streichorchester (2014) DEUTSCHE ERSTAUFFÜHRUNG Franz Schubert Symphonie Nr. 2 B-Dur D 125 Private Bild- und Tonaufnahmen sind aus urheberrechtlichen Gründen nicht gestattet. W W W. S TA AT S K A P E L L E - D R E S D E N . D E
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