SWR2 Musikstunde

SWR2 MANUSKRIPT
ESSAYS FEATURES KOMMENTARE VORTRÄGE
SWR2 Musikstunde
„Brahms in Baden-Baden“ (2)
Von Wolfgang Sandberger
Sendung:
Redaktion:
Dienstag, 08. März 2016
Ulla Zierau
9.05 – 10.00 Uhr
Bitte beachten Sie:
Das Manuskript ist ausschließlich zum persönlichen, privaten Gebrauch bestimmt. Jede weitere
Vervielfältigung und Verbreitung bedarf der ausdrücklichen Genehmigung des Urhebers bzw. des SWR.
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2
Musikstunde mit Wolfgang Sandberger
Dienstag, 8. März 2016
Brahms in Baden-Baden, Teil 2
Signet
… mit Wolfgang Sandberger, einen schönen guten Morgen!
Titelmusik
Auch heute sind wir wieder mit Johannes Brahms in Baden-Baden, doch die
eigentliche Hauptperson in der SWR 2 Musikstunde ist: Clara Schumann - sie
nämlich ist der Grund, warum der 30-jährige Komponist aus Hamburg BadenBaden überhaupt für sich entdeckt hat. Ja, „recht eigentlich besuche er ja Frau
Clara, wenn er in Baden-Baden sei“, so Brahms.
In Düsseldorf hatten sich die beiden einst kennen gelernt. Der 20-jährige
Feuerkopf und die bereits etablierte Pianistin und Mutter – damals immerhin
schon 34. Von Anfang an ist diese Beziehung mehr als nur eine verliebte
Schwärmerei gewesen. Beide sind sich jedenfalls über hochgezogene
Augenbrauen und Klatsch auf ihre Kosten klar gewesen: die Antworten von Clara
auf die leidenschaftlichen Briefe des jungen Brahms sind später mit Bedacht
vernichtet worden. Aus dieser Düsseldorfer Beziehung ist dann eine lebenslange
Freundschaft geworden, eine Freundschaft mit Höhen und Tiefen, eine
Freundschaft, in der die Sommerwochen in Baden eine ganz besondere Rolle
gespielt haben. Wie ein Magnet jedenfalls hat Clara Schumann Brahms nach
Baden gezogen…
Musik 1
SWR CD 2 Track 9
Johannes Brahms
„Wie bist du meine Königin“
Dietrich Fischer-Dieskau, Bariton
Daniel Barenboim, Klavier
3366198 009, DG 447501 2, LC 0171
4.18‘‘
3
Wie bist Du meine Königin: Dietrich Fischer Dieskau und Daniel Barenboim mit
diesem Schluss-Lied aus der Sammlung op. 32, die Johannes Brahms in BadenBaden komplettiert hat.
Nach dem Tod ihres Mannes Robert war Clara mit 36 Witwe. Sieben Kinder waren
zu versorgen und Clara hat damals eine wichtige Entscheidung getroffen: Sie hat
ihre Karriere als Pianistin wieder aufgegriffen, das Düsseldorfer Domizil wurde
aufgelöst, die Kinder ‚in Pension‘ gegeben. Gerade die Wintermonate waren
hart: Reisen, Konzertieren, Reisen - dass Clara darüber unglücklich war, ist in
ihrem Tagebuch nachzulesen. Auch das Gewissen hat sie öfter geplagt, viele,
viele Briefe hat sie an die Kinder geschrieben oft mit geradezu pedantischen
Ermahnungen und Ratschlägen - Ratschlägen einer fernen Mama. Baden-Baden
hat da nun wenigstens für die Sommerwochen einen Lichtblick geboten. Als
Clara Schumann 1862 zum ersten Mal in die Kurstadt gekommen ist, war sie
schnell gefangen von dem Ort und - sie schmiedete sofort Pläne:
„Da ich den ganzen Winter herumreise, so wäre es doch sehr zweckmäßig, wenn
ich im Sommer ein festes Domicil hätte, wo ich dann doch auch zeitweise die
Kinder um mich haben könnte. So wie bisher führe ich doch das schrecklichste
Leben, weiß im Sommer nie wohin, fühle mich nirgends heimisch und finde auch
zu eigenem Studium weder Zeit noch Sammlung. Hier in Baden hätte ich die
schönste Natur und auch künstlerischen Verkehr, denn alles kommt ja hierher…“
Musik 2
SWR
Track 6
Clara Schumann
Impromptu „Le Sabbat“, aus den Charakterstücken op. 5
Jozef De Beenhouwer, Klavier
M0013430 006 Patridge 1131-2 LC 9999
1.40‘‘
Absage
Clara Schumann hat nicht lange zum Kauf eines kleinen Häuschens in BadenBaden überredet werden müssen: Das Haus lag in Lichtental, ein kleines
ländliches Anwesen ganz in der Nähe des Zisterzienserinnenklosters, also Mitten
im Grünen mit Blick auf die vorbeifließende Oos und die Trauerbuchen und
hohen Platanen der Lichtentaler Allee. Im Erdgeschoss befinden sich ein Salon
und fünf weitere Zimmer, für die großen Kinder, darüber noch ein Giebelzimmer
4
und kleinere Mansarden. Der Charme des alten Bauernhauses spiegelt sich auch
nach dem Umbau noch in dem Speicher, den beide Küchen, dem Keller, der
Speisekammer und der Remise. Alles recht klein, und doch charmant - immerhin
bietet das Haus Platz für drei Flügel! Und die sind auch im Dauer-Einsatz: Clara
übt, bereitet sich für die Konzerte im Winter vor, aber auch die Kinder erhalten
Klavierstunden - und natürlich wird auch mit den Gästen musiziert. Mit
französischen Musikern um den Cellisten Jacquard spielt Clara 1863 das
brandneue Klavierquartett op. 26 von Johannes Brahms, das A-dur Quartett - ein
illustrer Kreis von Zuhörern findet sich in ihrem Salon zu diesem Ereignis ein: Anton
Rubinstein, Vinzenz Lachner aus Mannheim und der Dirigent und Komponist
Hermann Levi aus Karlsruhe:
Musik 3
CD 2 Track 4
Johannes Brahms
Klavierquartett A-dur op. 26
Finale
Beau Arts Trio, Walter Trampler, Viola
Philips 454018 LC 0305
9.36‘‘
von Johannes Brahms.
Clara Schumann spielte dieses neue Quartett im Sommer 1863 in ihrem Salon,
doch Brahms war in diesem frühen Badener Sommer noch nicht unter den
Zuhörern. Ein anderer Mann spielt damals in Baden-Baden die erste Geige bei
Clara: Theodor Kirchner, ein romantischer, schumannesker Feuerkopf, der einst
von ihrem Mann Robert Schumann, aber auch von Felix Mendelssohn gefördert
worden ist. Mit der Matrikel Nummer 1 hat sich Kirchner seinerzeit am
neugegründeten Leipziger Konservatorium eingeschrieben. Als Pianist und
Komponist war er ein Hoffnungsträger, den Schumann in seinem berühmten
Brahms-Artikel „Neue Bahnen“ mit zu den aufstrebenden Talenten gezählt hat.
In dem besagten Baden-Badener Sommer mit Clara ist Kirchner bereits 40 Jahre
alt, ein charmanter Lebemann, ein Bohemian und Spieler, am Klavier und am
Rouletttisch. Fotos zeigen Kirchner als eine Art Dandy a la Oscar Wilde, und wer
die Bilder sieht, wird verstehen, warum eine Frau wie Clara Schumann diesem
Herzensbrecher erlegen ist: die Ähnlichkeit zu Schumann ist verblüffend.
5
Einen ganzen Monat wohnt Kirchner damals bei Clara im Haus in Lichtental, in
diesen Wochen wird aus der freundschaftlichen Zuneigung eine
leidenschaftliche Affäre. Theodor Kirchner scheint Robert Schumann tatsächlich
in mancher Hinsicht ähnlich gewesen zu sein - nicht nur äußerlich, nein, er hat
auch a la Schumann komponiert: neue Kinderszenen etwa oder Novelletten,
dann Stücke mit so beziehungsreichen Titeln wie „Florestan und Eusebius“, die
beiden musikalischen Seelen ja von Schumann. Viele dieser Stücke galten
Brahms später als das „Zarteste vom Zarten“. Hier der Walzer Nr. 2 aus den
Walzern op. 23, die Kirchner Johannes Brahms gewidmet hat:
Musik 4
Track 11
Theodor Kirchner
Walzer Nr. 2 aus den Walzern op. 23
Dirk Joeres, Klavier
Ebs 6013 LC 8494
2.03‘‘
von Theodor Kirchner, der 1863 bei Clara Schumann in Baden-Baden wohnte.
Die Liaison allerdings hielt nur einen Sommer: Schon im darauf folgenden Jahr
hat Clara das intime Vertrauensverhältnis aufgekündigt. Bitter enttäuscht ist sie
von Kirchner gewesen, der seine Spielleidenschaft nicht in den Griff bekommen
und auch ihr Geld am Rouletttisch in Baden-Baden verspielt hat. Kurzerhand hat
Clara in ihrem Ärger und Kummer Kirchner sogar das „Du“ entzogen. Die beiden
sollten sich nie wiedersehen…
Nach dieser Affaire zog der Alltag wieder ein im Haus an der Oos in Lichtental:
Der Tagesablauf im Hause Clara Schumann ist bestimmt von Hausarbeiten, man
trifft sich zu festgesetzten Mahlzeiten, zu Spaziergängen oder empfängt Besucher
- und kaum jemand ist wohl eine so exzellente und pedantische Briefschreiberin
wie Clara Schumann. Antworten bleibt sie in ihrer üppigen Korrespondenz fast nie
schuldig. Für die Kinder gibt es zudem Sprachstudien, gemeinsame Lektüre und
natürlich - Klavierstunden! Besonders die Mädchen scheinen begabt zu sein:
Marie, Elise, Julie, und die kleine Eugenie, auch wenn die Rollenverteilung in der
Geschwisterkonstellation noch recht traditionell ist: die Älteste, Marie stand ihrer
Mutter besonders zur Seite, ja die Führung des Haushalts wurde ihr anvertraut.
6
Die junge Sängerin Aglaja Orgeni hat uns einen recht lebendigen Eindruck von
den Schumann-Mädchen überliefert: Marie, die Älteste sei ganz „Puritanerin,
grau in grau gearbeitet, verschlossen, still, ernst, aber ich glaube von feinem,
tiefen Gemüt und klug.“ Bezeichnend vielleicht das Geschenk, das Brahms der
ältesten Schumann-Tochter mit einer gewissen liebevollen Ironie gemacht hat:
ein „Koch-Notiz-Buch für gute Hausfrauen“ - so steht auf dem Bändchen und als
Marie das Büchlein aufschlug, konnte sie in Brahms Handschrift lesen: „In
dankbarer Erinnerung an den Sommer 1864 und in froher Hoffnung des
kommenden.“
Wer weiß: vielleicht hätte sich Marie Schumann eher über ein musikalisches
Albumblatt von Brahms gefreut…
Musik 5
SWR
CD Track 14
1.51‘‘
Johannes Brahms
„Wie Melodien zieht es mir leise durch den Sinn“ op. 105, Nr. 1
Boris Pergamentschikow, Cello
Lars Vogt, Klavier
M0013490 014, EMI 557526 2 LC 6646
Absage
Auch Elise, Julie und die kleine Eugenie sind begabte Pianistinnen, die Klaviere im
Haus sind sicher oft gleichzeitig im Einsatz gewesen: Clara Schumann hat im
Sommer die Programme einstudiert, mit denen sie in der Wintersaison auf
Tournee ging. Daneben unterrichtete sie ein paar ausgesuchte Schülerinnen, die
sie in Baden-Baden aufsuchten. Und: auch die eigenen Kinder erhielten
Klavierunterricht - natürlich von der Mutter, auch wenn das aus pädagogischer
Sicht ja nicht immer ganz einfach ist, wenn die Eltern zu Lehrern werden.
Johannes Brahms hat Clara Schumann denn auch gelegentlich vertreten. Die
jüngste Tochter Eugenie erhielt im Sommer 1872 ganz bewusst nur Unterricht von
Brahms, um sie durch diese „Anregung von anderer Seite vielleicht zu eifrigerem
Studium [zu] ermuntern“, wie Clara hoffte.
Mehrere Flügel also hat es im Haus von Clara Schumann gegeben, doch Clara
hatte sogar noch weitergehende Instrumenten-Träume: in einem Brief an Brahms
vom 3. November 1864 schwärmt sie vom wundervollen Klang einer Hausorgel,
7
die sie in Baden-Baden gehört hat – im Salon der befreundeten Opernsängerin
Pauline Viardot-Garcia. In dem besagten Brief an Brahms wird der Orgelklang
nun geradezu mit dem Freund assoziiert: „Ach, warum kann ich solch ’ne Orgel
nicht haben, wie sollte sie mir heilig sein, und wenn Du dann kämst und darauf
spieltest, welche Göttermusik wäre das dann!“
Brahms war in diesem November bereits wieder aus Baden-Baden abgereist und
die Abwesenheit des Freundes wird hier von Clara durch den Orgelklang
gleichsam sublimiert, die Orgel jedenfalls ist hier für Clara das heilige Instrument,
das in enger Beziehung zum quasi ‚heiligen’ Johannes steht:
„Welche Göttermusik wäre das…“
Musik 6
SWR
Track 13
Johannes Brahms
Präludium und Fuge a-moll WoO 9
Lorenzo Ghielmi, Walcker-Orgel der Stadtkirche in Winterthur
M0054858 013, Edel 910 114-2
5.22‘‘
Lorenzo Ghielmi spielte an der Walcker-Orgel der Stadtkirche in Winterthur
Präludium und Fuge a-moll WoO 9 von Johannes Brahms.
Mit dem Orgelklang hat Clara Schumann ihren Johannes Brahms durchaus
identifiziert und so wünschte sie sich eine kleine Hausorgel in ihrem Baden
Badener Domizil, ein Wunsch allerdings, der angesichts der schon vorhandenen
Klaviere im Haus nicht wirklich realistisch war.
In das Baden-Badener Sommeridyll wurde Brahms schon im Vorfeld immer ganz
selbstverständlich einbezogen: „Ich kann nicht sagen“, so Clara im Frühsommer
1865, „wie mir’s ums Herz ist, dass das Wiedersehen mit all meinen Lieben endlich
herannaht. Wie sehr Du zu denen gehörst, weißt Du, liebster Johannes“.
Wenn Brahms in Baden-Baden war, ging er im Hause Schumann ganz
selbstverständlich aus und ein. Doch das sommerliche Familienleben war nicht
nur eine Idylle. Es gab auch Sorgen, gerade um die Kinder: Ludwig, der Älteste,
sollte sein Leben später wie der Vater in einer Heilanstalt beschließen, auch
Ferdinand endete in einer psychiatrischen Klinik. Auch das Schicksal von Felix
kann man nur tragisch nennen, Felix, der jüngste Sohn von Clara, dessen Pate
8
Brahms war. Felix litt im Winter besonders unter der Trennung von der Mutter und
den Geschwistern, die Ferien in Baden-Baden hat er geradezu herbeigesehnt.
Und wie traurig ist er jedes Mal gewesen, wenn die Zeit der Sommerfrische
abgelaufen war und er wieder nach Berlin zurück musste. Felix war ein sensibler
Kopf, ein poetischer Mensch, der Gedichte schrieb und auch musikalisch begabt
war: Geiger wollte der junge Mann eigentlich werden. Clara Schumann, die stets
um den guten Ruf des Namens Schumann bemüht war, hat von dem Talent ihres
Sohnes allerdings nicht viel gehalten. Die Veröffentlichung seiner literarischen
Versuche hat sie unterbunden, obwohl Brahms da ganz anderer Meinung war:
Immerhin drei Gedichte von Felix Schumann hat Brahms selbst vertont, darunter
auch das folgende Lied aus der Sammlung op. 63:
Musik 7
SWR
1‘32
Johannes Brahms
Junge Lieder 1 und 2, aus der Sammlung 63
„Meine Liebe ist grün“
Anne Sofie von Otter, Bengt Forsberg
M0363457 015, Deutsche Grammophon 429727-2
Nach einem Text von Felix Schumann. Mit 24 ist Felix Schumann an Tuberkulose
erkrankt. Johannes Brahms hat damals vielleicht einen seiner berührendsten
Briefe an Clara geschrieben. Ein rot umrandetes Notenblatt hat er an Clara
geschickt mit den ersten Takten des langsamen Satzes der sogenannten
Regenlied-Sonate, also der Violinsonate G-dur op. 78.
Und drehen wir dieses Noten-Blatt um, dann lesen wir da nun folgendes:
„Liebe Clara, Wenn Du Umstehendes recht langsam spielst sagt es Dir vielleicht
deutlicher als ich es sonst könnte wie herzlich ich an Dich u. Felix denke - selbst an
seine Geige, die aber wohl ruht.“
Nur wenige Tage nachdem Brahms diese Worte geschrieben hatte, ist Felix
Schumann gestorben. „Wenn Du Umstehendes recht langsam spielst sagt es Dir
vielleicht deutlicher als ich es sonst könnte wie herzlich ich an Dich u. Felix denke“
– Brahms hat auf die Krankheit seines Patenkindes musikalisch reagiert, als
Komponist, der sich eben in Musik und weniger in Worten ausdrückt, ganz nach
seinem Motto: „In meinen Tönen spreche ich!“ Der langsame Satz ist das
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Herzstück dieser Violinsonate, nach den ersten 24 Takten hören wir einen
Trauermarsch-Anklang, Takte, auf die Brahms natürlich erst kam, als ihn die
Nachricht vom Tod seines Patenkindes erreicht hat. Mit einigem Recht also
könnte diese Sonate auch Felix-Sonate heißen:
Christian Tetzlaff und Lars Vogt - hier mit dem langsamen Satz:
Musik 8
SWR
Track 2
Johannes Brahms
Violinsonate op. 78, daraus: Adagio
Christian Tetzlaff, Violine
Lars Vogt, Klavier
M0027437 002, EMI 557525 2 LC 6646
7.00’’
Absage
Ein ganz besonderer Tag in den Sommerwochen in Baden Baden war der 13.
September: der Geburtstag von Clara Schumann. Dieser Tag wurde fast immer
ehrenvoll gefeiert - besonders opulent, als Clara Schumann 70 wurde. Im Baden
Badener Parkhotel hatte Clara aus diesem Anlass prominente Gäste geladen
und der Tag wurde zu einer großen Demonstration Ihrer Wertschätzung. Vom
Deutschen Kaiser erhielt die renommierte Pianistin die große Medaille für Kunst
verliehen und die Glückwunschbriefe, Blumen und Geschenke trafen in einer
solchen Fülle in Baden-Baden ein, dass es die vorbildliche Briefschreiberin nicht
ganz leicht hatte, für alles angemessen zu danken. Immerhin fand sie noch Zeit,
Ihrem Tagebuch folgendes anzuvertrauen: „Als Künstlerin in das Greisenalter zu
treten ist auch nicht leicht“. Und in einem Brief an Brahms heißt es: „Immer deine
alte, jetzt recht alte Clara“. Brahms traf erst ein paar Tage nach diesen
Feierlichkeiten in Baden ein, und er hatte eine musikalische Überraschung für
seine Freundin bereit: die Überarbeitung des H-dur-Trios, Musik aus alten
Düsseldorfer Tagen. Auf Empfehlung von Clara hatte der Verlag Breitkopf und
Härtel einst diese Kammermusik des gerade 21-jährigen Brahms ins
Verlagsprogramm aufgenommen. 35 Jahre später nun hatte Brahms dieses Trio
grundlegend überarbeitet und schon vor seiner Ankunft in Baden-Baden hatte er
10
die Überarbeitung Clara angekündigt: „Ich habe mein H-dur Trio noch einmal
geschrieben und kann es jetzt op. 108 statt op. 8 nennen.“
In Baden-Baden eingetroffen, spielt Brahms seiner Lebensfreundin das Trio in der
Neufassung vor. Ein bewegender Moment, in den sich sicher viele Erinnerungen
gemischt haben dürften…
Musik 9
SWR
CD Track 4
Johannes Brahms
Finale „Allegro“ aus dem Klaviertrio H-dur op. 8
Nicholas Angelich, Klavier
Renaud Capucon, Violine
Gautier Capucon, Cello
M0016970 004 Virgin 723454565328 LC 7873
6.38‘‘