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Präimplantationsdiagnostik könnte auch
nichtinvasiv durchgeführt werden
25. März 2015, 12:05
Wiener In-vitro-Fertilisationsexperte Feichtinger berichtet von
erstem erfolgreichem Versuch
Wien - Der Wiener In-vitro-Fertilisationsexperte Wilfried
Feichtinger könnte mit seinem Team neue, nichtinvasive
Möglichkeit für die Präimplantationsdiagnostik (PID) entdeckt
haben. Vor wenigen Tagen sei es gelungen, eine solche
Diagnostik allein aus der Kulturflüssigkeit durchzuführen, in der
eine Blastozyste (das Entwicklungsstadium ab dem vierten Tag
nach der Befruchtung) aufbewahrt wurde.
"Vielleicht könnte man in Zukunft eine
Präimplantationsdiagnostik ausschließlich aus der Nährlösung
machen, ohne den Embryo überhaupt anzurühren. Nach der
Reform des Fortpflanzungsmedizingesetzes dürfen wir ja eine
PID aus Blastozysten durchführen. Dazu müssen wir eine
Biopsie vornehmen, um zumindest eine Zelle zu gewinnen. Das
ist invasiv", sagte Feichtinger.
Wilfried Feichtinger war 1981 einer jener Gynäkologen an der
Wiener Universitätsklinik im AKH, welche erstmals in Österreich
eine IVF-Behandlung erfolgreich durchführten. Zur möglichen
neuen PID-Methode meinte er: Stellten sich die ersten
Ergebnisse in weiteren Versuchen als wiederholbar heraus,
wäre das eine "medizinische Sensation".
"Wir haben das einfach ausprobiert"
"Im Zuge ihrer IVF-Behandlung hatte eine Patientin eine
Polkörperdiagnostik zur genetischen Abklärung Ihrer Eizelle,
eine gesetzlich erlaubte Variante der PID, wie wir sie schon seit
zehn Jahren durchführen. Normalerweise bekommen wir die
Ergebnisse binnen zwei bis drei Tagen. Es lag aber das
Wochenende dazwischen. Während auf das Ergebnis der
Polkörperdiagnostik gewartet wurde, entwickelte sich diese
Eizelle zur sogenannten Blastozyste", erzählte der Gynäkologe.
Das Ergebnis der Polkörperdiagnostik, bei der seit rund zehn
Jahren nicht-invasiv zumindest das genetische Material der
Mutter analysiert werden kann, ergab in diesem Fall mehrere
genetische Veränderungen: eine Monosomie am Chromosom
12 und eine Trisomie am Chromosom 21. Ein Embryotransfer
hätte wegen der Anomalie auf dem Chromosom 12 nicht
stattfinden können, weil der Embryo nicht überlebensfähig
gewesen wäre.
Feichtinger: "Bei einer Tagung, die ich vor einigen Monaten in
Südtirol gehabt habe, hat aber ein italienischer Biologie erzählt,
dass er vermute, man könnte genetisches Material auch in der
Kulturflüssigkeit finden, in der befruchtete Eizellen aufbewahrt
werden. Wir haben das jetzt Anfang der Woche einfach
ausprobiert."
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Der Nachweis
Das Ergebnis war frappierend: Zur Überraschung des
IVF-Experten und seines Teams ließ sich genetisches Material
aus der Nährlösung extrahieren und vervielfältigen. Damit wurde
eine genetische Untersuchung möglich.
"Zu unserer Begeisterung erhielten wir dasselbe Ergebnis, wie
schon aus den Polkörpern (Monosomie 12 und Trisomie 21,
Anm.), womit der Beweis erbracht war, dass eine komplette und
korrekte Chromosomenanalyse im Sinne einer
Präimplantationsdiagnostik sogar aus dem Kulturmedium
möglich ist", sagte der Experte.
Was dahinter steckt
Jedenfalls mussten damit Zellen oder auch nur genetisches
Material aus der Blastozyste in das Nährmedium gelangt sein.
Feichtinger hat dazu eine plausible Erklärung parat: "Bei der
künstlichen Befruchtung und beim Manipulieren der
befruchteten Eizelle können Löcher in der Hülle der Eizelle
entstehen." Dadurch könnte eben genetisches Material
austreten. Dieses hätte aber gegenüber jenem von
Polkörperchen den Vorteil, nicht nur die mütterliche Erbsubstanz
zu enthalten.
Außerdem wisse man aus früheren Proteomics-Studien, dass es
im Blastozystenstadium zu einer aktiven und intensiven
Interaktion des frühen Embryos mit seiner Umgebungsflüssigkeit
kommt. So finde man zum Beispiel verschiedene Proteine und
sonstige Substanzen, welche von der Blastozyste
ausgeschieden werden. Im Zuge dessen könne es durchaus
sein, dass auch Zellbestandteile, welche Chromosomenstücke
enthalten in die Flüssigkeit gelangen.
Jetzt will der Gynäkologe mit seinem Team versuchen, den
Erstbefund durch weitere derartiger Doppeltests zu bestätigen.
"Meines Wissens hat es in der wissenschaftlichen Literatur
bisher keinen Bericht über eine mögliche
Präimplantationsdiagnostik aus der Kulturflüssigkeit gegeben",
erzählte Feichtinger. Mit der Etablierung der ultraschallgelenkten
Eibläschen-Punktion zur Gewinnung von Eizellen und der
Polkörperdiagnostik in Österreich war der Gynäkologie in den
vergangenen Jahren immer wieder an innovativen
Entwicklungen beteiligt.
Erste Reaktion
Andreas Obruca, IVF-Experte vom Kinderwunschzentrum am
Privatspital Goldenes Kreuz in Wien, äußerte sich am Mittwoch
vorsichtig positiv zu den Beobachtungen seines Kollegen: "Das
ist auf jeden Fall eine zukunftsträchtige Beobachtung." Für die
Etablierung eines in der Praxis verwendbaren Tests müsse aber
erst die sichere Reproduzierbarkeit bewiesen werden. (APA,
red, 25.3.2015)
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