34 der Standard Kommunikation / Kommentar der anderen Freitag, 2. Dezember 2011 „Rettungsfall“ AKH: zu groß, um gut zu funktionieren, wie Busek meint? GÜNTER TRAXLER Vom Griss zum Reißaus Die letzten Monate wären leichter zu ertragen gewesen ohne diese quälende Ungewissheit, wie es mit Europa weitergehen wird. Die hat vieles blockiert. Damit soll es, wie aus berufenem Munde zu erfahren war, demnächst vorbei sein: In den nächsten zehn Tagen, und keinen Tag später, sollte sich das Schicksal Europas entscheiden, und wenn Sie dieses lesen, sind es sogar nur noch acht. Dann können auch Österreichs Politiker ihren Geist wieder entspannt wichtigen Dingen zuwenden, endlich kommt lang Aufgestautes wieder in Fluss. Dann erwacht auch die Chance wieder zum Leben, dass die Wiener Volkspartei doch noch einen Obmann / eine Obfrau der Herzen bekommt. an ist ja kein Nostalgiker, der den Zeiten nachtrauert, in denen hiesige Parteien wenigstens gelegentlich noch die Kraft hatten, für ein vakantes Amt zwei, wenn nicht gar drei Interessenten aus ihren Reihen zu generieren. Aber allmählich nähert sich der Termin bedenklich, zu dem diese Sedisvakanz nur noch beendet werden kann, indem die interimistische Chefin ihr Gewölbe zusperrt und den Schlüssel bei der Rathauswache abgibt. Wo früher Griss herrschte, herrscht nun Reißaus. Othmar Karas wäre vielleicht zu haben gewesen, wollte sich seinen Opfergang von Brüssel nach Wien aber mit einem Ministeramt versüßen lassen. Heute denken wohl viele in der ÖVP: So gut wie die Innenministerin hätte er es auch getroffen. In konservativen Kreisen trauert man bereits der Artikulationsgabe eines Karl Marx nach, der immerhin von einer M MEDIENJOURNAL ORF-TV verlor weitere 1,5 Prozent im November Wien – 35,2 Prozent nationalen Marktanteil erreichten ORF 1 und ORF 2 gemeinsam im November. Das sind 1,5 Prozentpunkte weniger als im November 2010. ORF 1 ist für 1,4 Prozentpunkte minus verantwortlich, ORF 2 blieb stabil. Der Küniglberg verweist auf höhere Quoten von ORF 1 bei Jüngeren. Puls 4 meldet Wachstum. (red) GANZ KURZ +++ Ein manipulierter Screenshot von derStandard.at kursiert im Web. Vermeintliche Aufmacherstory: „Grasser und Meischberger in U-Haft, Überraschende Inhaftierung am Nachmittag“. +++ Kein Ende von Schnell ermittelt sieht der ORF entgegen Infos des Branchendiensts medieninsider.at: Nach der vierten Saison ab Jänner folgen zwei TV-Filme mit der Kommissarin über 90 Minuten, die Fortsetzung sei offen. +++ Karambolage Das bildschöne Arte-Magazin für deutsch-französische Völkerverständigung beginnt ab 8. Jänner, um 30 Minuten früher, sonntags, 19.30 Uhr. +++ Warren Buffett investiert in Print: Der US-Starinvestor kauft für 150 Millionen Dollar den World Herald in seiner Heimatstadt Omaha in Nebraska. Expropriation der Expropriateurs sprach, was nicht nur zielgenauer, sondern auch weltgewandter formuliert war als jenes diffuse „Her mit den Millionen! Her mit dem Zaster! Her mit der Marie!“ mit dem sich Frau Mikl-Leitner einen Platz im Herzen des Proletariats zu sichern versuchte. Seit feststeht, dass ein Chef der Wiener VP nicht mit einem Ministeramt angefüttert wird, stieg das Desinteresse rasant. Schon Christine Marek hat ja die Funktion höchst unfreiwillig übernommen, in Ahnung der Wahlhilfe ihrer Partei. Zweifellos bestärkt ihr Schicksal seither Staatssekretär Sebastian Kurz, den einstigen MQ-Verwalter Wolfgang Waldner ebenso wie die Abgeordnete Katharina CortolezisSchlager und den Exchef von Böhler-Uddeholm Claus Raidl darin, der Verlockung zu widerstehen. Als eine Art letztes Aufgebot kam zuletzt sogar Andreas Khol ins Gerücht, aber der könnte Karl Blecha einen solchen Verrat niemals antun. Siamesische Zwillinge kann man trennen, nicht die Heroen des heimischen Rentners. Bliebe als Notnagel ein gewisser Manfred Juraczka, nicht amtsführender Stadtrat – der müsste wohl. abei hatte Spindelegger eine gute Nase, als er sich – siehe Raidl – einen politischen Kopf und wirtschaftspolitischen Strategen ersehnte, der der Wirtschaft gefällt und keine falschen Rücksichten nimmt. Und den Mann gibt es! Warum nicht ihn beknieen, ehe er doch noch eine „zivilisierte“ Partei gründet oder Jugendliche gegen die Schuldenkrise aufhetzt? Sein Motto lautet „Wer das Gold hat, der schafft an!“ – ein wahrer Seelentrost für die Wirtschaft, nach Mikl-Leitner. Und das Beste an ihm: Wer ihn hat, hat die Krone. Dort schreibt er weise Kolumnen. D Foto: dapd Was das AKH wirklich krank macht Erwiderung auf Erhard Buseks Klage über „einseitige Wahrheiten“ S ehr geehrter Herr Dr. Busek, zunächst eine grundsätzliche Feststellung: Standpunkte müssen einseitig sein, sonst wären sie keine. – Was Ihre Vorwürfe im Detail betrifft, die ich im Standard (30. 11.) mit einiger Verwunderung gelesen habe: Dass die angeordneten Einsparungen der 27 Nachtdiensträder weitreichende negative Folgen haben und auch der Aufnahmestopp sich auf einige Abteilungen bereits jetzt desaströs auswirkt, sind Fakten. Als Betriebsrat muss ich darauf hinweisen. Die Größe des AKH ist auch ein Faktum, für das weder ich noch einer meiner Kollegen verantwortlich zeichnet, vielmehr haben Sie in ihrer damaligen Funktion als Wissenschaftsminister das Haus eröffnet, es ist mir nicht erinnerlich, dass Sie die Größe oder die Aufgabenstellung des AKH damals kritisiert haben. Manche sind überzeugt, dass diese Größe auch Basis für spitzenmedizinische Leistungen ist. Es heute mit halber Kraft zu betreiben macht weder medizinisch noch wirtschaftlich Sinn. Zudem ist die Größe kein Nachteil für klinisch angewandte Forschung und praxisorientierte Lehre. – Im Übrigen, um auf einen weiteren Ihrer Kritikpunkte einzugehen, wissen wir sehr wohl, dass es Inflation und Biennalsprünge gibt. Für die Finanzierung des ärztlichen Personals zeichnet nunmehr der Wissenschaftsminister via Med-Uni verantwortlich, wes- schaftsminister – sind Sie offenhalb sich unsere Forderungen sichtlich auch daran gescheitert, tragfähige Vereinbarungen zu trefauch an diese Stelle richten. Bezüglich der Nebenbeschäfti- fen. Zudem waren Sie es, der den gungen gibt es, wie sie als Vorsit- Autonomiestatus der Universizender des Universitätsrats unse- täten als Wissenschaftsminister rer Uni vermutlich wissen, klare ausgearbeitet hat. Dieses Problem Regelungen. Die Nebenbeschäfti- jetzt Mitarbeitern des AKH oder gungen sind mit maximal 10 Stun- dem Betriebsrat oder auch dem den pro Woche außerhalb der Rektor anzulasten ist ein wenig Dienstzeit limitiert, wobei nur einfach. Eine erkennbare Bereitsehr wenige meiner Kollegen schaft des jetzigen Wissenschaftsministers, zu diesem Privatordinationen beThema Stellung zu nehsitzen oder regelmäßig in men, hat es übrigens erst Privatspitälern belegen. nach Beginn unsere AkAuch die niedrigen Getionen gegeben. hälter sind nicht in Stein Was an meinem Komgemeißelt, eine Überzahmentar einseitig sein lung wäre leicht mögsoll, entzieht sich gänzlich, ich ersuche Sie, lich meinem Verständsich in Ihrer Funktion nis, vielleicht vermissen dafür einzusetzen. Betriebsrat Sie Kritik an der Stadt Zu dem von Ihnen Szekeres verWien. Die Stadt Wien angesprochenen Zusamteidigt seinen pocht aber meiner Meimenarbeitsvertrag ist es Standpunkt. nung nach zu Recht auf seit Jahrzehnten vor alFoto: dapd einen aufrechten Verlem deshalb nicht gekommen, da man sich über die trag, der sie zur Finanzierung des Aufteilung der Gesellschaftsantei- Pflegepersonals und die Med-Uni le nicht einigen konnte. Es wäre so zur Finanzierung der Ärzte vereine Gesellschaft auch für die pflichtet. Die Tatsache, dass der Med-Uni nicht unbedingt von Leistungsumfang in diesem VerVorteil, wenn die Stadt Wien ent- trag nicht festgelegt ist, kann man sprechend ihrem finanziellen Ein- sicher nicht nur einem der Versatz die Mehrheit der Anteile hal- tragspartner zum Vorwurf machen. – Übrigens werden Geräte, ten würde. Es ist jedenfalls Aufgabe der Po- die zugegebenerweise in die Jahre litik – nicht der Betriebsräte –, eine gekommen sind, gemeinsam fineue Vereinbarung zu schaffen. nanziert (paktierte Investitionen). Thomas Szekeres, Vorsitzender In ihrer Zeit als verantwortlicher des Betriebsrats für das wissenPolitiker – Vizebürgermeister in schaftliche Personal im AKH Wien, Vizekanzler und Wissen- Die Grenzen der Medientransparenz Juristen rechnen mit Beschwerden von Verlegern bei Verfassungsgerichtshof tergesellschaft des Heute-Verlags Heute und führt es seither als Ge51 Prozent. Treuhandschaft für schäftsführer, längst auch als StifWien – Direkt und indirekt Betei- die Krone-Gesellschafter Familie tungsvorstand mit Vize Havranek. ligte, auch stille Gesellschafter Dichand oder die SPÖ verneint er Ebenfalls Geschäftsführerin: Eva Dichand, die Frau des Krone-Chefvon Medien, sind künftig „für jede damals wie heute. Die Mehrheit liegt, wie eben- redakteurs und EigentümervertreStufe“ zu veröffentlichen, also auch für Urururgroßmuttergesell- falls bekannt, bei einer Periodika ters Christoph. Dritte könnten von der Stiftung schaften. Stiftungen müssen Stif- Privatstiftung, die ein ehemaliger ter, Begünstigte offenBank-Austria-Manager profitieren, wenn ihnen Fruchtgelegen. Das beschlosgegründet hat. Mit ei- nussrecht eingeräumt wurde, erANALYSE sen Donnerstag SPÖ, genem Geld, sagte er innert die Wiener Zeitung. Solche ÖVP, BZÖ und schließlich auch 2010 vor Gericht. Begünstigte sind Rechte legten aber auch die neuGrüne im Verfassungsausschuss, karitative Organisationen, das be- en Transparenzregeln nicht offen. Die Regeln könnten „Invesdie FPÖ schwänzte gleich die Ver- richteten Medien schon 2004 und handlungen darüber. Der Natio- nannten Weißen Ring und St. toren“ im Firmendickicht hinter Österreich aufdecken. Könnten: nalrat soll die sogenannten Me- Anna Kinderkrebshilfe. dientransparenzgesetze kommenKanzler Werner Faymanns (SP) Sachkundige Juristen erinnern, de Woche mit Verfassungsmehr- vormaliger Pressesprecher Wolf- dass nur die Medieninhaber zur heit für Bund, Länder und Ge- gang Jansky brachte den Stifter auf Offenlegung verpflichtet sind. meinden, öffentliche Unterneh- die Zeitungsidee. Jansky gründete Wenn Beteiligte Angaben verweigern, könnten die Memen, aber nicht Parteien beschließen. dieninhaber dafür schwer Fundamental neue Erbelangt werden. kenntnisse, wer etwa Medienrechtler erwarHeute kontrolliert, sind ten Beschwerden von von der neuen Offenheit Verlegern beim Verfasnicht zu erwarten. Der sungsgerichtshof. Auch SPÖ-nahe Wiener Wirtwenn sie Chancen seschaftstreuhänder Günhen, dass die Regelung ther Havranek hat schon hält, würde die Offenle2010 unter Wahrheitsgung anfangs verzögert. pflicht vor Gericht er- Faymanns erstes Inserat bei Fellner: So parodiert klärt, er halte „im eige- FM4-Unterhalter Clemens Haipl das Thema öffentLetztfassungen der nen Namen, auf eigene liche Werbeschaltungen in befreundeten Medien. Transparenzregeln: Rechnung“ an der Mut- Auf dem Bild übrigens eher Heintje. Montage: Haipl derStandard.at/Etat Harald Fidler Q Kampusch: EU-Gericht erlaubt Medien Bilder, die Ermittlung dienen Luxemburg/Wien – Die Rechte an Bildern von Natascha Kampusch aus dem Kindergarten beschäftigten schon zweimal den Obersten Gerichtshof. Nun entschied der EU-Gerichtshof auf Ersuchen des Wiener Handelsgerichts über die Klage der Fotografin gegen Medien wie Spiegel, Süddeutsche Zeitung, Bild und der Standard. Das EU-Gericht hält fest, dass Porträtfotografien urheberrechtlich genauso geschützt sind wie andere Werke. Aber die Luxemburger Richter schließen auch nicht aus, dass Medien durch die Fotoveröffentlichung etwa von gesuchten Personen zur öffentlichen Sicherheit beitragen können, ohne dass die Behörden dazu aufgerufen haben. Und: Wenn die Sicherheitsbehörden das Foto Natascha Kampuschs ohne seinen Urheber an die Medien gegeben haben, müssten diese den Urheber auch nicht angeben. Medienanwältin Maria Windhager vertritt hier die Verlage. Sie erinnert, dass die Polizei die Fotos jahrelang als Fahndungsfotos verwendete und die Behörden auch nach dem Auftauchen von Natascha Kampusch noch nach Mittätern fahndeten. (fid) p Gerichtsinfo: derStandard.at/Etat
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