SEK gegen Präimplantationsdiagnostik Mit dem Kanon auf Spatzen

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Wochenzeitung der reformierten Kirchen
THEMA Erwartungen an die
Kirche: Interview mit Friedrich
Wilhelm Graf 6
Nr. 19 I 8. Mai 2015
FEUILLETON Ungewöhnliches in
der Kirche: Junge Kunst belebt
Zürich Altstetten 8
FEUILLETON Fundamental für
die Kirche: Die Gotteslehre im
Christentum 13
Mit dem Kanon auf Spatzen schiessen
Foto: Public Domain
In Deutschland tobt ein Theologenstreit über das Alte Testament
Weite Kreise der akademischen
Theologie in der Bundesrepublik
ereifern sich gerade über eine
Frage: Gehört das Alte Testament
zum Kanon der christlichen Bibel?
Selbst Nazi-Vergleiche stehen im
Raum.
Martin Luthers erste AT-Übersetzung (1523).
Fabian Kramer – Friedrich Schleiermacher hat es getan und Adolf
von Harnack ebenso: Bedeutende protestantische Gelehrte
stellten in Frage, dass das Alte
Testament zu den kanonischen
Texten der christlichen Bibel
zählen soll. Nun hat der Berliner
Professor für Systematische
Theologie Notger Slenczka (55)
diese Position erneut aufgegrif-
fen. Sie schien inzwischen längst
überwunden, nicht zuletzt deshalb, weil sie in der Vergangenheit oft mit einer antijudaistischen oder gar antisemitischen
Note vorgetragen wurde.
Entsprechend gross ist die gegenwärtige Empörung. Slenczka
muss sich gefallen lassen, in die
Nähe von Nazi-Theologen gerückt zu werden. Wer seine Veröffentlichungen zum Thema liest,
kann diese heftigen persönlichen
Angriffe allerdings nicht ganz
nachvollziehen, zumal der umstrittene Aufsatz aus dem Jahr
2013 stammt und bisher keinerlei Aufsehen erregte. Es geht
bei den Anfeindungen wohl auch
um akademische Eitelkeiten unter Professorenkollegen und Ärger innerhalb der Theologischen
Fakultät der Humboldt-Universität in Berlin.
Kein Zweifel: Slenczkas These
ist steil und steht ziemlich einsam in der wissenschaftlichen
Landschaft. Der deutliche Widerspruch kommt also nicht von ungefähr. Doch vom Vorwurf des
Antisemitismus darf man den
Hochschullehrer getrost freisprechen, ebenso wie seinen geistigen Vorläufer Harnack, dessen
Sohn 1945 als NS-Widerstandskämpfer hingerichtet wurde.
Bericht auf Seite 5
SEK gegen Präimplantationsdiagnostik
Der Kirchenbund sieht den Schutz und die Würde ungeborenen Lebens in Gefahr
ref.ch – Die Präimplantationsdiagnostik erlaubt, künstlich gezeugte Embryonen bereits vor dem
Einpflanzen in die Gebärmutter
auf Erbkrankheiten zu überprüfen. Wie der SEK am 5. Mai in
einer Mitteilung schreibt, lehnt er
die Verfassungsrevision ab, welche die PID erlauben würde. Die
Vorlage kommt am 14. Juni zur
Abstimmung. Seine ablehnende
Haltung begründet der Kirchen-
bund damit, dass die PID eine
Selektion von Embryonen ermögliche, welche in den «hoch sensiblen und problematischen Bereich der Eugenik» vorstosse.
Eine «künstliche Selektion und
Kontrolle der menschlichen Fortpflanzung» bedarf allerdings
einer strikten rechtlichen Regelung. Wie die SEK-Kommunikationsbeauftragte Anne Durrer auf
Anfrage mitteilt, sei der Kirchenbund nicht generell gegen die
PID: «Den Wunsch der Eltern
nach einem gesunden Kind können wir sehr gut verstehen. Deshalb sind wir auch nicht grundFortsetzung auf Seite 3
Foto: CC BY-SA 3.0/Eugene Ermolovich
Der Schweizerische Evangelische
Kirchenbund (SEK) lehnt die Präimplantationsdiagnostik (PID) ab.
Auf Anfrage präzisiert der SEK allerdings, dass er die Möglichkeit einer
PID nicht kategorisch ablehnt.
Die künstliche Befruchtung einer Eizelle erlaubt es, Embryonen auf Erbdefekte zu überprüfen.