1 Manuskript radioWissen SENDUNG: 20.03.2015 9.05 Uhr/B2 AUFNAHME: STUDIO: GESCHICHTE Ab 8. Schuljahr TITEL: Der Vietnamkrieg - Ein Albtraum in Indochina AUTOR: Michael Zametzer REDAKTION: Nicole Ruchlak REGIE: Martin Trauner TECHNIK: Michael Krogmann PERSONEN: Erzählerin: Rahel Comtesse Zitator 1 (Zit. u. Overvoice) Martin Fogt (PS) Zitator 2 (Zwischentitel) Frank Manhold (PS) Zuspielungen Prof. Bernd Greiner, div. hist. O-Töne Besondere Anmerkungen: ________________________________________________________________________________________________ Dieses Manuskript wird ohne Endkorrektur versandt und darf nur zum privaten Gebrauch verwendet werden. Jede andere Verwendung oder Veröffentlichung ist nur in Absprache mit dem Bayerischen Rundfunk möglich! © Bayerischer Rundfunk 2015 Bayern 2-Hörerservice Bayerischer Rundfunk, 80300 München; Service-Nr.: 01801/102033 (4 Cent/Min. aus dem deutschen Festnetz/Mobilfunk max. 42 Cent pro Minute) Fax: 089/5900-46258 [email protected]; www.bayern2.de 2 Musik Z8002515 009 ATMO Krieg Hubschrauber 1 ZUSP Archiv Dietrich Mummendey [F831367 01/001] Der Krieg ist nach Saigon gekommen, und heute Nacht krachten hier Raketen und Granatwerfer in die Stadt. Angriffsziel der Kommunisten war vor allem der Flugplatz von Saigon, von dem aus in den letzten zwei Monaten mehr als 50.000 Vietnamesen und Amerikaner vor den gefürchteten Einmarsch der Vietcong außer Landes flohen. ERZÄHLERIN: Saigon, 30. April 1975: Die Hauptstadt Südvietnams steht kurz vor dem Fall – Nordvietnamesische Kampfverbände, die Vietcong, nähern sich dem Stadtzentrum. Der WDR-Reporter Dietrich Mummendey meldet sich zum letzten Mal aus der umkämpften Stadt. 2 ZUSP Archiv, Dietrich Mummendey [F831367 01/001] Nach den Raketensalven dieser Nacht gaben die Amerikaner heute das Signal zum Aufbruch. Innerhalb weniger Stunden sollen sämtliche verbleibende Amerikaner evakuiert werden. Musikakzent Z8002515 007 ERZÄHLERIN: Der einzige Weg aus Saigon heraus: Per Hubschrauber vom Dach der USBotschaft auf einen sicheren Flugzeugträger. Die Bilder von drängelnden Amerikanern und Vietnamesen, die verzweifelt einen Platz in einem der Helikopter zu ergattern versuchen, gehen um die Welt. Unter den Flüchtenden ist auch der CIA-Mitarbeiter Frank Snepp. Er erinnert sich an die dramatischen Stunden in Saigon: ZITATOR 1: Als die Posten uns sahen, schoben sie die wartenden Vietnamesen aus dem Weg. Ich konnte nicht in ihre Augen sehen. ________________________________________________________________________________________________ Dieses Manuskript wird ohne Endkorrektur versandt und darf nur zum privaten Gebrauch verwendet werden. Jede andere Verwendung oder Veröffentlichung ist nur in Absprache mit dem Bayerischen Rundfunk möglich! © Bayerischer Rundfunk 2015 Bayern 2-Hörerservice Bayerischer Rundfunk, 80300 München; Service-Nr.: 01801/102033 (4 Cent/Min. aus dem deutschen Festnetz/Mobilfunk max. 42 Cent pro Minute) Fax: 089/5900-46258 [email protected]; www.bayern2.de 3 Es war der schlimmste Moment in meinem Leben. Ich erkannte, dass ich Teil eines Zerrbildes geworden war, eines Zerrbildes amerikanischer Ehre. Musik aus MUSIK – Jimi Hendrix/Star Spangled Banner in Woodstock Z9383135 020 ERZÄHLERIN: Der Fall von Saigon – er markiert das Ende US-amerikanischer Präsenz in Vietnam, das Ende von dreißig Jahren Krieg um die Macht in dem südostasiatischen Land, das Ende einer fast hundert Jahre währenden Fremdherrschaft. MUSIK Titel: Vietnamesisch C134643 039 ZITATOR 2/ TITEL: Das koloniale Erbe Vietnams und der Kampf um die Unabhängigkeit ERZÄHLERIN: Seit Ende des 19. Jahrhunderts war Indochina, das südostasiatische Festland, Teil des französischen Kolonialreiches. Erst als die Japaner 1941 die französische Kolonie besetzen, schlägt die Stunde der „Viet Minh“, der Kommunistischen Unabhängigkeitsbewegung unter ihrem charismatischen Führer Ho Chi Minh. Mit Hilfe der USA können die Viet Minh das japanische Regime in ihrem Kampf um die Freiheit stürzen. Ausgerechnet die Amerikaner, die das Land später verwüsten werden, sind die Geburtshelfer der vietnamesischen Unabhängigkeit. Am 2. September 1945 – es ist der Tag der Kapitulation Japans – ruft Ho Chi Minh die Republik Vietnam aus. ________________________________________________________________________________________________ Dieses Manuskript wird ohne Endkorrektur versandt und darf nur zum privaten Gebrauch verwendet werden. 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ERZÄHLERIN: Die Vietnamesen haben im Kampf um die Unabhängigkeit ihre Rechnung ohne die Kolonialmacht Frankreich gemacht. Die will ihren Besitz nicht kampflos aufgeben. Wenige Tage nach Ho Chi Minhs Unabhängigkeitserklärung landen Fallschirmjäger und Fremdenlegionäre im Land. Es beginnt ein blutiger Krieg, der erst 1954 mit der Niederlage der Franzosen in der Entscheidungsschlacht bei Dien Bien Phu endet. Auf der Genfer Außenministerkonferenz vom 21. Juli 1954 wird die Teilung Vietnams entlang des 17. Breitengrades beschlossen. Der Nordteil – die Volksrepublik Vietnam unter Führung Ho Chi Minhs – gerät fortan unter Einfluss der Sowjetunion und Chinas. Im Süden dagegen herrscht bis 1963 Ngo Dienh Diem, ein korrupter Diktator, der jede Opposition, sei es von Kommunisten, Buddhisten und Katholiken brutal unterdrückt. MUSIK Titel: Vietnamesisch C134643 039 ZITATOR 2/TITEL: Im Fadenkreuz des Kalten Krieges: Amerikanische Interessen in Vietnam ________________________________________________________________________________________________ Dieses Manuskript wird ohne Endkorrektur versandt und darf nur zum privaten Gebrauch verwendet werden. Jede andere Verwendung oder Veröffentlichung ist nur in Absprache mit dem Bayerischen Rundfunk möglich! © Bayerischer Rundfunk 2015 Bayern 2-Hörerservice Bayerischer Rundfunk, 80300 München; Service-Nr.: 01801/102033 (4 Cent/Min. aus dem deutschen Festnetz/Mobilfunk max. 42 Cent pro Minute) Fax: 089/5900-46258 [email protected]; www.bayern2.de 5 ERZÄHLERIN: In den 1950er Jahren, zu Beginn des Ost-West-Konflikts, beherrscht die Dominotheorie das Sicherheitsdenken Washingtons. Sie sagt: Sollte Südvietnam fallen, würden die angrenzenden Staaten, Laos, Kambodscha oder Thailand ebenfalls zu einer Beute kommunistischer Aggression werden. 6 ZUSP O-TON Bernd Greiner: [0:05:56.5] Und von daher hat man Schritt für Schritt seit den 1960er Jahren die eigene Präsenz erhöht. ERZÄHLERIN: Schon John F. Kennedy hat als US-Präsident einem Plan zugestimmt, den amerikanischen Einfluss in Südostasien schrittweise zu vergrößern: Mit der Entsendung von Militärberatern nach Südvietnam, mit Finanzhilfen und geheimen Kommandounternehmen. Lyndon B. Johnson, der nach Kennedys Ermordung 1963 ins Weiße Haus zieht, setzt diese Politik fort und sucht nach einem Anlass, in Vietnam offen militärische Fakten zu schaffen. Diese willkommene Gelegenheit bietet sich am 2. August 1964: Im Golf von Tonkin werden amerikanische Zerstörer von nordvietnamesischen Torpedobooten beschossen. Einen Tag später spricht Johnson zu den Amerikanern: 7 ZUSP Archiv - [BR C1511650 013] These repeated acts of violence against the armed forces of the United States must be met not only with alert defense, but with positive reply. That reply is… ZITATOR 1 (Overvoice) Diesen Gewaltakten gegen Streitkräfte der USA muss nicht nur mit erhöhter Alarmbereitschaft, sondern auch aktiv begegnet werden. …of freedom and in defense of peace in south-east Asia. ________________________________________________________________________________________________ Dieses Manuskript wird ohne Endkorrektur versandt und darf nur zum privaten Gebrauch verwendet werden. 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Bernd Greiner. 9 ZUSP O-Ton Bernd Greiner [0:25:24.7] Man hat geglaubt mit den Mitteln der Luftwaffe, mit Artillerie und mit einer in jeder Hinsicht von der Bewaffnung überlegenen Bodentruppen den Vietkong in die Knie zwingen zu können. Man hat völlig außer Acht gelassen, dass sich der militärische Gegner nicht auf die Form der eigenen Kriegsführung einlässt. Der Vietkong hat überhaupt nicht daran gedacht, sich in einer offenen Feldschlacht mit den Amerikanern aufzureiben. Musik Z8002515 005 ERZÄHLERIN: Vietcong – die unter den US-Truppen gebräuchliche Abkürzung für „vietnamesische Kommunisten“: Damit ist nicht nur die reguläre Nordvietnamesische Armee gemeint, sondern vor allem die südvietnamesischen Guerillas der National Liberation Front, die auf Seiten Nordvietnams kämpfen. Die sind, was Ausrüstung und Technologie angeht, den Amerikanern zwar weit unterlegen, allerdings haben sie andere Stärken: Sie schaffen es, ihre Taktik den Gegebenheiten anzupassen: Die Vietcong kämpfen aus dem Hinterhalt, bewegen sich nachts, im Schutz des Dschungels und im Untergrund. MUSIK - aus ________________________________________________________________________________________________ Dieses Manuskript wird ohne Endkorrektur versandt und darf nur zum privaten Gebrauch verwendet werden. Jede andere Verwendung oder Veröffentlichung ist nur in Absprache mit dem Bayerischen Rundfunk möglich! © Bayerischer Rundfunk 2015 Bayern 2-Hörerservice Bayerischer Rundfunk, 80300 München; Service-Nr.: 01801/102033 (4 Cent/Min. aus dem deutschen Festnetz/Mobilfunk max. 42 Cent pro Minute) Fax: 089/5900-46258 [email protected]; www.bayern2.de 7 Musik C106767 011 ERZÄHLERIN: Gigantische Tunnelsysteme, oft über 100 Kilometer lang, durchziehen die Gegend um Saigon. Die Lebensader für die in Südvietnam kämpfenden Vietcong ist der Ho-Chi-Minh-Pfad - ein tausende Kilometer langes System von Dschungelwegen und Straßen, das den Süden mit Nordvietnam verbindet - über Laos und Kambodscha. Waffen, Munition, Lebensmittel und Soldaten gelangten darüber in den Süden. Zu Fuß, mit Lastenfahrrädern und teilweise mit sowjetischen LKWs. Die effektivste Waffe des Vietcong, sagt der Historiker Bernd Greiner, war allerdings – seine Willenskraft. Musik aus 10 ZUSP O-Ton Bernd Greiner [0:23:18.6] Dieses Durchhaltevermögen haben die Amerikaner dramatisch unterschätzt, sie hatten keinerlei Vorstellung von den moralischen Ressourcen, die in diesen Widerstand eingeflossen sind, und daran sind sie am Ende auch gescheitert. ERZÄHLERIN: Der vietnamesischen Kampfmoral haben die Amerikaner nur eins entgegen zu setzen: Noch mehr Truppen, noch mehr Bomben, noch mehr Material. Es beginnt die Amerikanisierung des Krieges. Ende 1965 sind 181.000 US-Soldaten in Südvietnam stationiert. Um der GuerillaTaktik des Vietcong zu begegnen, setzt Washington auf eine Strategie der Abnutzung: ZITATOR 1: Search and destroy, body count, move on. ________________________________________________________________________________________________ Dieses Manuskript wird ohne Endkorrektur versandt und darf nur zum privaten Gebrauch verwendet werden. Jede andere Verwendung oder Veröffentlichung ist nur in Absprache mit dem Bayerischen Rundfunk möglich! © Bayerischer Rundfunk 2015 Bayern 2-Hörerservice Bayerischer Rundfunk, 80300 München; Service-Nr.: 01801/102033 (4 Cent/Min. aus dem deutschen Festnetz/Mobilfunk max. 42 Cent pro Minute) Fax: 089/5900-46258 [email protected]; www.bayern2.de 8 ERZÄHLERIN: Aufspüren und vernichten, die Toten zählen, weiter. Die Hoffnung: Irgendwann würde sich der Vietcong erschöpft geschlagen geben. Eine entscheidende Rolle spielt dabei die Luftkavallerie: Hubschraubereinheiten, die mit ihren Bordwaffen gezielt auf alles schießen, was sich bewegt und nur entfernt vietnamesisch aussieht. 11 ZUSP O-Ton Bernd Greiner [0:28:08.8] Also im Grunde genommen hat man einen Krieg - wie ein amerikanischer General es mal formuliert hat - gegen die Geburtenrate Nordvietnams geführt, Bodycount genannt. also je mehr Opfer auf vietnamesischer Seite, desto schneller kommt man zum Ziel - wer die Opfer waren, war dann am Ende egal, auch das eine dramatische Unterschätzung, dass just diese Form der Kriegsführung, der Widerstand, die Vietnamesen nur noch mehr anstachelt. MUSIK Titel: Vietnamesisch C134643 039 ZITATOR 2/TITEL: Der Schmutzige Krieg Musik Z8002515 007 ERZÄHLERIN: Die blinde Zerstörungswut, die wachsende Grausamkeit vieler US-Einheiten gegenüber der Zivilbevölkerung – sie ist auch Ausdruck wachsender Verzweiflung der Amerikaner: Angesichts eines Gegners, der scheinbar aus dem Nichts auftaucht, zuschlägt und wieder im Dickicht des Dschungels verschwindet. Der ausgedehnte Urwald, der weite Teile Vietnams, Laos und Kambodschas bedeckt, ist der wichtigste Rückzugsraum für den Vietcong. ________________________________________________________________________________________________ Dieses Manuskript wird ohne Endkorrektur versandt und darf nur zum privaten Gebrauch verwendet werden. 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Noch Jahrzehnte später leiden Millionen Menschen in Vietnam, Laos und Kambodscha an den Spätfolgen des Gifteinsatzes. 12 ZUSP O-Ton Bernd Greiner [0:29:41.5] Einige dieser Regionen, die mehrmals mit Agent Orange, und anderen Entlaubungsmitteln angegriffen wurden, sind im Grunde genommen über Generationen kontaminiert, man findet heute noch im vietnamesischen Reis Restelemente dieses Dioxins, die Wälder, der Dschungel ist nachgewachsen, aber im Grundwasser, in allen möglichen Bodensubstanzen ist dieses Gift nach wie vor da, und das wird noch auf absehbare Zeit zu Gesundheitsschäden führen, nicht nur in Vietnam selbst, sondern auch in den Exportprodukten. Musik Z8002515 007 ZITATOR 2: Napalm ________________________________________________________________________________________________ Dieses Manuskript wird ohne Endkorrektur versandt und darf nur zum privaten Gebrauch verwendet werden. 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Musik aus 13 ZUSP O-Ton Bernd Greiner [0:30:49.2] Und die Bilder, die von diesen Napalm-Angriffen um die Welt gingen, haben nicht nur die weltweite Empörung gegen die amerikanische Kriegführung unterstützt sondern auch in Südvietnam selbst für einen solchen Skandal, für eine solche Abscheu geführt, dass wiederum die Opposition gegen die Amerikaner zusätzlich verstärkt wurde. MUSIK - Jimi Hendrix - Star Spangled Banner in Woodstock ERZÄHLERIN: Die Berichte über den schmutzigen Krieg zeigen Wirkung. Während im Jahr 1964 85 Prozent der Amerikaner mit Johnsons Vietnam-Politik einverstanden waren, hatte er 1967 weit weniger als die Hälfte hinter sich. In Washington demonstrieren 100.000 Menschen gegen den Krieg in Vietnam. Und auch in Europa, insbesondere in Frankreich und der Bundesrepublik gehen Studenten, Friedensaktivisten und außerparlamentarische Gruppen auf die Straße. Musik aus 14 ZUSP DRA[2894919 01/002 (FFM)]Demonstration West Berlin: Ho Ho Ho Chi Minh – Rufe, darüber Musik Z 8007267Z010 ________________________________________________________________________________________________ Dieses Manuskript wird ohne Endkorrektur versandt und darf nur zum privaten Gebrauch verwendet werden. 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Via Fernsehen kommt er in die Wohnzimmer der westlichen Welt, zeigt bislang unvorstellbar grausame Bilder: Die neunjährige Kim Phuc, die, von Napalm verbrannt, nackt aus ihrem zerstörten Dorf läuft. Die Erschießung eines Vietcong vor laufender Kamera. Feuerstürme im Urwald, Angriffe aus dem Hinterhalt, die Jagd auf flüchtende Frauen und Kinder vom Hubschrauber aus - die Reporter sind zum ersten Mal in einem Krieg live dabei, sie folgen den Einheiten oft tagelang. ERZÄHLERIN: Ein eindrucksvolles Statement gegen den Krieg liefern auch die Veteranen: Oft an Leib und Seele verstümmelt, erwartet sie zu Hause keine Siegesparade. Sie werden als Mörder beschimpft und an den Rand einer Gesellschaft gedrängt, in der der Krieg längst unpopulär geworden ist. Musiken aus Der Vietnam-Krieg ist ein Krieg ohne Fronten. Wer ist ein Vietcong, wer ein einfacher Dorfbewohner? Die Amerikaner beantworten diese Frage mit unterschiedsloser Gewalt. Mit ihrer Taktik, die Zivilbevölkerung durch Terror von ihrer Unterstützung des Vietcong abzubringen, bewirken sie aber genau das Gegenteil. ________________________________________________________________________________________________ Dieses Manuskript wird ohne Endkorrektur versandt und darf nur zum privaten Gebrauch verwendet werden. Jede andere Verwendung oder Veröffentlichung ist nur in Absprache mit dem Bayerischen Rundfunk möglich! © Bayerischer Rundfunk 2015 Bayern 2-Hörerservice Bayerischer Rundfunk, 80300 München; Service-Nr.: 01801/102033 (4 Cent/Min. aus dem deutschen Festnetz/Mobilfunk max. 42 Cent pro Minute) Fax: 089/5900-46258 [email protected]; www.bayern2.de 12 Die Folge: Die Truppe verroht. Das Massaker an der Dorfbevölkerung von My Lai wird zum Sinnbild für schwere Kriegsverbrechen amerikanischen Soldaten an der vietnamesischen Zivilbevölkerung. Im März 1968 vergewaltigen amerikanische Soldaten die Frauen des Dorfes und bringen nahezu alle Bewohner um. Todesschwadronen wüten im „Indianerland“ – so heißten die Nördlichen Provinzen Vietnams im Soldatenjargon – setzen Dörfer in Brand, töten wahllos. Wird ein Gebiet zur „Free Fire Zone“ erklärt, haben die Bordschützen der Hubschrauber freie Hand: Was sich am Boden bewegt, wird zum Ziel. Body Count. Musik C106767 011 Musik Z 8007267Z010 ERZÄHLERIN: Ebenso die Vietcong verüben grausame Massaker an vermeintlichen Kollaborateuren: Im März 1967 töten nordvietnamesische Verbände 200 Zivilisten, die im Verdacht stehen, den Amerikanern zu helfen. Während der sogenannten Tet-Offensive 1968 leiden 150.000 Menschen in der alten Kaiserstadt Hue wochenlang unter der grausamen Terrorherrschaft der Vietcong, zweitausend Einwohner werden exekutiert. Musik aus MUSIK Titel: Vietnamesisch C134643 039 ZITATOR 2: 1968 – Der Wendepunkt des Krieges Musik Z8002515 009 ERZÄHLERIN: Seit drei Jahren schon kämpfen amerikanische Soldaten in Vietnam. Was als begrenzte Militäraktion begonnen hat, droht für die USA zum Fiasko zu werden. 1968 sind 550.000 US-Soldaten in Südvietnam stationiert – eine Entscheidung ist nicht in Sicht. ________________________________________________________________________________________________ Dieses Manuskript wird ohne Endkorrektur versandt und darf nur zum privaten Gebrauch verwendet werden. Jede andere Verwendung oder Veröffentlichung ist nur in Absprache mit dem Bayerischen Rundfunk möglich! © Bayerischer Rundfunk 2015 Bayern 2-Hörerservice Bayerischer Rundfunk, 80300 München; Service-Nr.: 01801/102033 (4 Cent/Min. aus dem deutschen Festnetz/Mobilfunk max. 42 Cent pro Minute) Fax: 089/5900-46258 [email protected]; www.bayern2.de 13 Musik Z 8007267Z010 ERZÄHLERIN: Saigon, 30. Januar 1968. Der Beginn des vietnamesischen Neujahrsfestes Tet. Die meisten Soldaten, Amerikaner und Südvietnamesen, sind im Urlaub. Da erschüttern schwere Explosionen die Innenstadt von Saigon. Ein Selbstmord-Kommando sprengt ein Loch in die Mauer der US-Botschaft. Es ist der Auftakt zur größten Offensive des Vietcong und - zur Wende des Krieges. Ein kommunistischer Großangriff von über 80.000 Soldaten. Derartiges haben die Amerikaner nicht mehr für möglich gehalten. Musiken aus MUSIK Titel: Vietnamesisch C134643 039 ERZÄHLERIN: Tatsächlich ist die sogenannte Tet-Offensive von 1968 militärisch eine Katastrophe für Nordvietnam: 50.000 Vietcong sterben bei dem wahnwitzigen Angriff. 16 ZUSP Archiv General Westmoreland [BR 68213190 016] I Told the Commander in Chief that…ich habe dem Oberbefehlshaber der amerikanischen Streitkräfte, Präsident Johnson, gesagt, dass der psychologische Erfolg der Vietcong-Offensive ausgeblieben ist. ERZÄHLERIN: Doch der kommandierende General in Vietnam, William Westmoreland, schätzt die Lage falsch ein. Denn propagandistisch ist die Tet-Offensive ein schwerer Schlag für die USA, die Wirkung auf die Truppe verheerend. Der Angriff zeigt: Der Vietcong ist längst nicht besiegt. Das Jahr 1968 bringt überdies einen politischen Wechsel. Lyndon Johnson, der 1964 als Friedenspräsident gewählt worden war, und den Krieg doch eskalieren ließ, wird abgewählt. Sein Nachfolger ist der ________________________________________________________________________________________________ Dieses Manuskript wird ohne Endkorrektur versandt und darf nur zum privaten Gebrauch verwendet werden. Jede andere Verwendung oder Veröffentlichung ist nur in Absprache mit dem Bayerischen Rundfunk möglich! © Bayerischer Rundfunk 2015 Bayern 2-Hörerservice Bayerischer Rundfunk, 80300 München; Service-Nr.: 01801/102033 (4 Cent/Min. aus dem deutschen Festnetz/Mobilfunk max. 42 Cent pro Minute) Fax: 089/5900-46258 [email protected]; www.bayern2.de 14 Republikaner Richard Nixon. Und ausgerechnet der Hardliner Nixon beendet die Amerikanisierung des Vietnamkrieges: Fortan sollen die Südvietnamesen allein kämpfen. Die Amerikaner ziehen sich zurück - auf Raten. MUSIK Titel: Vietnamesisch C134643 039 ZITATOR 2: 1969 bis 1975 - Der lange Rückzug aus Vietnam ERZÄHLERIN: Richard Nixon, der glühende Anti-Kommunist, als Friedensbringer in Vietnam? Tatsächlich kündigt der frischgewählte Präsident im Juni 1969 den Abzug von 25.000 Soldaten an, und - einen allmählichen Rückzug aller Bodentruppen bis 1971. Allerdings, sagt Bernd Greiner, hatte der Hardliner dabei nicht unbedingt die Beendigung des Krieges im Auge… 17 ZUSP O-Ton Bernd Greiner [0:38:53.9] …sondern er hat versucht, den Preis des Krieges für die amerikanische Bevölkerung tolerabel zu machen. In dem Moment, wo man die eigene militärische Präsenz in Südvietnam reduziert hat, hat man dafür gesorgt, dass auch die Opferzahl in den eigenen Reihen zurückging, und damit auch die Opposition im eigenen Land gegen den Krieg. ERZÄHLERIN: Natürlich war der Krieg noch keineswegs beendet. Die amerikanische Luftwaffe weitet ihre Luftangriffe über die Grenzen Vietnams aus, nach Laos und Kambodscha - noch immer gilt es, den Ho-Chi-Minh-Pfad zu zerstören. Die sogenannten „Linebacker“- Angriffe des Jahres 1972 haben vor allem die Demoralisierung der Bevölkerung in Nordvietnam zum Ziel. Und am Boden muss fortan die südvietnamesische Armee allein gegen den Vietcong kämpfen - zwar ________________________________________________________________________________________________ Dieses Manuskript wird ohne Endkorrektur versandt und darf nur zum privaten Gebrauch verwendet werden. 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MUSIK aus 18 ZUSP HÖRFUNKBEITRAG FRIEDEN VON 1973 [NDR F803135] Der Krieg ist zu Ende, so verkünden es heute Morgen die Schlagzeilen. Zumindest ein Waffenstillstand ist in Vietnam erreicht. Vom nächsten Sonntag an soll in Indochina nicht mehr gekämpft werden. Der amerikanische Präsident Richard Nixon hat das in der vergangenen Nacht über alle Fernseh- und Rundfunksender der USA verkündet. Er hat bekannt gegeben, dass sich die Amerikaner aus Südvietnam zurückziehen werden. ERZÄHLERIN: Nach fast vierjährigen Verhandlungen, die immer wieder zu scheitern drohten, können die Kriegsparteien am 23. Januar 1973 in Paris einen Waffenstillstand aushandeln. Den Menschen in Vietnam, Laos und Kambodscha sollen nach dem Abzug der Amerikaner noch viele grausame Jahre des Bürgerkriegs bevorstehen Bis im Jahr 1989 die Waffen endgültig schweigen. Für die USA ist der Krieg jedoch beendet, der über 55.000 Amerikanern und etwa 3,5 Millionen Vietnamesen das Leben gekostet hat. ________________________________________________________________________________________________ Dieses Manuskript wird ohne Endkorrektur versandt und darf nur zum privaten Gebrauch verwendet werden. Jede andere Verwendung oder Veröffentlichung ist nur in Absprache mit dem Bayerischen Rundfunk möglich! © Bayerischer Rundfunk 2015 Bayern 2-Hörerservice Bayerischer Rundfunk, 80300 München; Service-Nr.: 01801/102033 (4 Cent/Min. aus dem deutschen Festnetz/Mobilfunk max. 42 Cent pro Minute) Fax: 089/5900-46258 [email protected]; www.bayern2.de 16 Die USA haben ihren Nimbus als Kreuzritter für die Freiheit eingebüßt. Das sinnlose Töten, die Massaker an Zivilisten, die Massenvernichtungswaffen – und das Eingeständnis, den Gegner unterschätzt zu haben: Das ist bis heute das Trauma der besiegten Großmacht. ________________________________________________________________________________________________ Dieses Manuskript wird ohne Endkorrektur versandt und darf nur zum privaten Gebrauch verwendet werden. Jede andere Verwendung oder Veröffentlichung ist nur in Absprache mit dem Bayerischen Rundfunk möglich! © Bayerischer Rundfunk 2015 Bayern 2-Hörerservice Bayerischer Rundfunk, 80300 München; Service-Nr.: 01801/102033 (4 Cent/Min. aus dem deutschen Festnetz/Mobilfunk max. 42 Cent pro Minute) Fax: 089/5900-46258 [email protected]; www.bayern2.de
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