Turbinen für Iran Exporteure wittern grosse Geschäfte 31 PK-Umverteilung Wer wenig verdient, leidet am meisten 37 Chris Tanner Wie seine Cosmo zum Börsenstar wurde 32 VALERIANO DI DOMENICO NZZ am Sonntag 5. April 2015 Bank BSI muss Busse von 211 Millionen innert sieben Tagen an die USA bezahlen GABRIELE PUTZU / TI-PRESS / KEYSTONE Das Institut will die Summe von den Steuern abziehen – andere dürften folgen. Von Sebastian Bräuer beschränkt. Doch bei der Berechnung der Bussen gibt es kein Entgegenkommen. Die Höhe hängt davon ab, wie viel unversteuerte USGelder die Banken zu verschiedenen Zeitpunkten annahmen; die Strafsätze reichen von 20% bis 50%. In einem Schreiben vom 6. März an involvierte Anwälte hatte das Justizministerium die Anforderungen beim Nachweis, dass Gelder regulär versteuert waren, noch einmal präzisiert: Steuerehrliche aktuelle oder ehemalige Kunden müssen bereit sein, sich namentlich beim Justizministerium identifizieren zu lassen. Diese Forderung ist vor allem bei aufgelösten Kundenverhältnissen schwierig zu erfüllen. Auch deswegen zeichnet sich ab, dass Washington von den «Gruppe 2»-Banken zusammengenommen einen signifikanten Milliardenbetrag erhalten wird. Damit erhält die Frage, ob sich die Bussen in der Schweiz von der Steuer abziehen lassen, eine hohe Relevanz. Banken haben ein gutes Argument Der Verkauf der BSI Bank aus Lugano an die brasilianische Finanzgruppe BTG Pactual rückt nach der Einigung mit den USA näher. D ie Tessiner Privatbank BSI tat einiges für ihre amerikanischen Kunden. Sie gründete Tarnfirmen auf den Bahamas, den Kanalinseln oder Malta. Offerierte Lebensversicherungsverträge mit separater Depotverwaltung, um Identitäten zu verschleiern. Sie verteilte Kreditkarten, auf die nach verschlüsselten Hinweisen per Telefon, Fax oder E-Mail («Mein Tank ist leer», «Können Sie uns etwas Musik herunterladen») unversteuertes Vermögen überwiesen wurde. Warnzeichen wurden missachtet. Im Jahr 2009, als die Grossbank UBS zugeben musste, Tausenden US-Personen bei der Steuerhinterziehung geholfen zu haben, nahm die BSI immer noch Neukunden mit nicht deklarierten Vermögen auf. «Damit setzte die Bank sich und ihre Mitarbeitenden in den USA unverhältnismässig hohen Rechts- und Reputationsrisiken aus», stellte die Finanzmarktaufsicht (Finma) diese Woche fest. Am Montag folgte die Quittung. Die BSI akzeptierte in den Verhandlungen mit dem USJustizministerium eine Busse von 211 Mio. $. Sie ist damit die erste Bank aus der «Gruppe 2» des US-Programms, die den Steuerstreit abschliesst. In die «Gruppe 2» gehören Institute, die von sich aus eingeräumt hatten, unversteuerte US-Gelder angenommen zu haben. Bundesrat sieht Handlungsbedarf Die USA wollen nicht auf das Geld warten: Im «Non-Prosecution Agreement» ist festgehalten, dass der Betrag innerhalb von sieben Tagen zu bezahlen ist. Er dürfte also schon jetzt nach Washington überwiesen sein. Doch letztlich könnte es passieren, dass nicht der Bankbesitzer, der italienische Versicherer Generali, für die 211 Mio. $ aufkommt, sondern der Schweizer Steuerzahler. Die BSI wird versuchen, die Busse von der Steuer abzusetzen. Die Chancen stehen nicht schlecht. Denn eine klare und schweizweit einheitliche Regelung zur Abzugsfähigkeit von Bankenbussen 211 Mio.$ zahlt die BSI Bank, um den Steuerstreit mit den USA beizu legen. Das ent spricht knapp 8% der deklarierten und nicht deklarier ten USGelder, die das Tessiner Geld haus in der Spitzen zeit verwaltet hatte. existiert bis heute nicht. Im Februar kündigte Finanzministerin Eveline-Widmer Schlumpf in einem Interview mit dem «Tages-Anzeiger» an, dass sich dies ändern werde. «Es ist schlicht nicht haltbar, eigentliche Bussen von den Steuern abzuziehen», sagte sie. Der Bundesrat arbeite an einem Gesetzesvorschlag. Jetzt läuft der Politik allerdings die Zeit davon. In der «Gruppe 2» befinden sich 65 bis 80 Banken. Weitere Abschlüsse stehen bevor. Ein Anwalt, der für mehrere der betroffenen Institute arbeitet, erwartet bereits in den kommenden beiden Wochen die nächsten Vergleiche. Das liegt auch auch an der Beispielhaftigkeit des BSI-Deals: In harten Verhandlungen zwischen US-Justizministerium und Bankanwälten ist ein Mustervertrag entstanden, der nun vielfach zum Einsatz kommen dürfte. An einigen Stellen enthält er Zugeständnisse der US-Seite. So ist keine Rede mehr davon, dass Schweizer Banken nach dem Abschluss in den USA auch mit Regulatoren oder Steuerbehörden aus Drittstaaten kooperieren müssen. Ausserdem ist die Kooperation nicht mehr wie zunächst gefordert zeitlich unbegrenzt, sondern grundsätzlich auf vier Jahre Ein Anwalt, der für mehrere Banken arbeitet, erwartet in den kommenden beiden Wochen die nächsten Vergleiche. Schon im September hatte der Bundesrat die aktuelle Rechtslage in einer Stellungnahme umrissen. Die Einschätzung hilft jedoch bei den «Gruppe 2»-Banken nur begrenzt weiter. Bussen und «pönale Verwaltungssanktionen» seien keine geschäftsmässig begründeten Aufwendungen und daher steuerlich nicht abzugsfähig, schrieb der Bundesrat. Bei gewinnabschöpfenden Sanktionen sei dies anders: «Diese sind steuerlich abzugsfähig.» Nach dieser Auslegung ist entscheidend, in welche der beiden Kategorien Zahlungen der «Gruppe 2»-Banken einzuordnen sind: Busse im engeren Sinne oder Gewinnabschöpfung. Hier besteht unter Juristen keine Einigkeit. In der Vereinbarung der BSI ist schlicht von einer «Penalty» die Rede. Die Banken haben jedoch ein gutes Argument: Sie müssen lediglich ein «Non-Prosecution Agreement» eingehen. Das ist eine nach US-Recht schwächere Sanktionierung als ein «Deferred-Prosecution Agreement», wie es die UBS unterzeichnete, und erst recht kein strafrechtliches Schuldeingeständnis, wie es der Credit Suisse abverlangt wurde. Letztlich könnte die Frage der Abzugsfähigkeit das Bundesgericht beschäftigen. Dort gibt es zu den «Gruppe 2»-Banken noch keinen Grundsatzentscheid. Die BSI, die vor dem Verkauf an die brasilianische Finanzgruppe BTG Pactual steht, hält sich nach aussen mit Prognosen zurück. Auf die Frage, ob es gelingen werde, die Busse von der Steuer abzuziehen, sagt eine Sprecherin der Bank lediglich: «Die Entscheidung wird auf Bundesebene gefällt.» Bad Bank Ex-Chef der Bank Frey will den Finanzplatz aufräumen Der Steuerstreit mit den USA löst im Schweizer Bankensektor tiefgreifende Veränderungen aus. Der renommierte Finanz marktexperte und Rechts anwalt Alex Geissbühler rechnet in den nächsten Monaten mit einer «Serie von Übernahmen». «Es ist zu befürchten, dass einige kleinere Banken aus der ‹Gruppe 2› des USProgramms aufgrund der anstehenden Bussen in Schwierigkeiten gera ten werden», sagt er. Andere Geldhäuser leiden unter den regulatorischen Verschärfun gen oder müssen sich aus Com plianceGründen von bestimm ten Kundensegmenten verab schieden. Auch sie suchen nach Käufern. Oft kommen Fusionen nicht zustande, weil potenzielle Käu ferbanken Bedenken haben, sich mit Altlasten herumschla gen zu müssen. Basierend auf dieser Erkenntnis hat Geissbüh Flavio Battaini ler mit Partnern eine Geschäfts idee entwickelt: Eine Bad Bank, die eben jene Altlasten über nimmt und geordnet liquidiert, also etwa das USGeschäft. Die neue Firma könnte in den kommenden Monaten viel zu tun bekommen. Geissbühler berichtet von Gesprächen mit mehreren Interessenten. Chef der Bad Bank wird einer, der die Aufgabe, ein Geldhaus aufzulösen, bereits aus eigener, leidvoller Erfahrung kennt. Flavio Battaini stand als Inte rimschef an der Spitze der Bank Frey, die mittlerweile ihre Lizenz abgegeben hat. Dort sei die Abwicklung beispielhaft verlaufen, lobt Geissbühler: «Battaini hat das hervorragend gemeistert. Damit ist er für die neue Aufgabe prädestiniert.» Geissbühler, selbst Präsident des Verwaltungsrates, wünscht sich ein Entgegenkommen der Finanzmarktaufsicht. «Es wäre auch im Sinne des Regulators, wenn Banken, die ihre Lizenz abgeben, professionell abge wickelt werden», sagt er. Sonst übliche Bewilligungsvorausset zungen wie eine strikte Einhal tung der Eigenmittelvorschrif ten oder eine aus mindestens drei Personen bestehende Geschäftsleitung seien nicht zwingend nötig. (smb.)
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