Digitalisierung: Banken können Mehrwert verdoppeln

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Digitalisierung: Banken
können Mehrwert verdoppeln
Bis zu 60 Prozent aller Bankprozesse lassen sich digitalisieren. Aktuell liegt dieser Wert bei vielen
deutschen Geldinstituten jedoch nur bei rund 30 Prozent oder darunter. Das zeigen Marktbeobachtungen der Unternehmensberatung PPI. Die Banken nutzen damit einen der größten Vorteile
bei der Digitalisierung von Arbeitsabläufen – die Automatisierung – nur unzureichend.
Autor:
Andreas Milanese ,
Managing
Consultant,
PPI AG
Autor:
Julian Schmidt ,
Consultant,
PPI AG
Ein Kunde möchte eine Adressänderung vor­
nehmen. Für die Institute ist dies ein Vor­
gang, der erst einmal nicht zur Wertschöp­
fung beiträgt und leicht strukturierbar ist.
Auch wenn Stammdatenänderungen über
unterschiedliche Eingangskanäle eintreffen:
Die Arbeitsschritte gleichen sich in der Regel
– zumindest innerhalb eines Zugangswegs.
Ein Musterkandidat also für ein digitales und
automatisiertes Vorgehen. Abläufe mit ähnli­
chen Eigenschaften in puncto Wiederholbar­
keit und Abgrenzbarkeit gibt es in Banken
zuhauf. Kündigungsanträge von Kunden mit
mehreren Konten und Wertpapierdepots
müssen heute oftmals dreifach oder häufiger
durch einen Sachbearbeiter bearbeitet wer­
den Das zeigt, wie viel Einsparpotenzial
Banken vergeuden, wenn sie diese Prozesse
nicht stärker automatisieren. Dazu kommt:
Banken erhalten auch im Online-Zeitalter
geldinstitute 2 | 2015
weiterhin viel Briefpost. Das Potenzial für
Effizienzgewinne, die die Geldinstitute mit
einer komplett digitalisierten Prozesskette
erreichen, ist hier besonders groß.
Digitalisierung ist mehr
als ein papierloses Büro
Das wissen die Banken und sind auch dem­
entsprechend aktiv. Die Maßnahmen greifen
allerdings häufig zu kurz. Meist endet der
­digitalisierte Prozess irgendwo hinter dem In­
put-Management. Die Institute scannen zwar
ihre Post und verwandeln sie in TIFF- oder
PDF-Dokumente. Danach passiert allerdings
nicht mehr allzu viel. Der Sachbearbeiter er­
hält das Dokument in elektronischer Form in
einem Postkorb, öffnet es und überträgt die
für ihn relevanten Informationen in die Einga­
befelder von IT-Fachanwendungen. Die feh­
lende Stringenz bei der digitalen Unterstüt­
zung von Arbeitsabläufen ist kein Einzelfall.
Sämtliche Arbeitsschritte
digital unterstützen
Digitalisierung muss mehr sein als die Be­
reitstellung elektronischer Daten. Mithilfe
der IT können und sollen die Daten selbst
verwertet oder zumindest soweit vorbereitet
werden, dass Routinetätigkeiten weitgehend
automatisiert durchgeführt werden können
und Sachbearbeiter ihre Expertise auf kom­
plexe Sachverhalte konzentrieren können.
Entscheidend sind IT-Systeme, die Mitarbei­
ter aktiv bei der Erledigung ihrer Aufgaben
unterstützen und möglichst viele Anwendun­
gen miteinander verbinden. So gelingt es,
ganze Vorgänge komplett automatisiert zu
bearbeiten. Das schafft Zeitersparnisse für
die Mitarbeiter, die sich wieder mehr um die
Beziehung zum Kunden kümmern können.
Ein gutes Beispiel ist die eigentlich triviale
Antwort auf eine Einladung zur Hauptver­
sammlung im Wertpapiergeschäft. Im Ideal­
fall wird das Schreiben nicht nur in ein elekt­
ronisches Format konvertiert. Ein Input-Ma­
nagement-System liest die Ankreuzfelder
mit den Antwortmöglichkeiten „Ja ich er­
scheine selbst“ oder „Max Mustermann wird
mich vertreten“ selbst aus. Zudem gleicht die
IT zusätzlich ab, ob Anleger und Vertreter
teilnahmeberechtigt sind und stimmt diese
Daten mit einem Referenzdatenbestand zur
Qualitätssicherung ab. Das auf den ersten
Blick kleinteilige Vorgehen lohnt sich: Sach­
bearbeiter haben bei derartigen Vorgängen
oftmals 20 bis 30 Prozent weniger Aufwand
in der eigentlichen Bearbeitung. Das zeigen
Erfahrungen aus der Praxis.
Vorreiter setzen auf Workflow
Management
Die Bankenbranche erkennt mittlerweile,
dass sie Kosten senken kann, wenn sie ihre
Digitalisierungsvorhaben konsequenter
­angeht. Allein im Wertpapiergeschäft gibt es
mehr als 200 Prozesse, wovon typischer­
weise gut 20 Prozent lukrative Kandidaten
für eine Automatisierung sind. Dazu zählt
zum Beispiel die Änderung von Depot­
stammdaten. Einige Institute arbeiten des­
halb an der Einführung oder Weiterentwick­
lung eines modernen Workflow Manage­
ments mit passender IT-Unterstützung. ­Es
gibt zahlreiche Anbieter entsprechender
Systeme. Die folgenden zehn Punkte dienen
als Checkliste, die in jedem Auswahlprozess
eines Workflow-Management-Systems
Schwerpunkt
b­erücksichtigt werden sollten, um alle
­Vorteile solcher Systeme nutzen zu können.
Sorgfalt wird belohnt
Die Einführung eines Workflow-Manage­
ment-Systems ist kein Projekt, das man mal
eben so umsetzt. Mit der Softwareauswahl
legt sich die Bank über Jahre fest. Die sorg­
fältige Prüfung der Anbieter ist Pflicht. Zu­
dem sollten sich Bankentscheider darüber
im Klaren sein, dass sich das gewählte
Workflow-Management-System in weiten
Teilen des Unternehmens einsetzen lässt.
Mehrere Projekte sind erforderlich, jeweils
mit umfangreichen Anforderungen. Bei
sorgfältiger Vorarbeit und gründlichem Vor­
gehen bei der Softwareauswahl lohnt sich
der Aufwand. Auf der Habenseite wartet im
Gegenzug ein größerer Return of Investment
bei der Digitalisierung des Geschäfts.
n
Workflow Management – Zehn Erfolgsfaktoren bei der Systemauswahl
1. Klären Sie die fachlichen Ziele, die Sie mit einem Workflow-Management-System erreichen wollen.
Workflow Management wird als Allheilmittel verkauft. Wichtig ist daher zu wissen, was fachlich und technisch erreicht werden soll – zum
Beispiel die Automatisierung von Teilprozessen, Reporting oder die Vernetzung von IT-Systemen. Die Art des Einsatzes hat Auswirkungen auf
die Anforderungen. Zukünftige fachliche und technische Szenarien müssen klar definiert sein.
2. Vergessen Sie Randthemen nicht.
Häufig werden Rollenkonzepte und das Berechtigungsmanagement nicht ausreichend berücksichtigt. Dasselbe gilt für das Management von
Geschäftsregeln, das Dokumentenmanagement und das Change Management. Die Mitarbeiter müssen bei den anstehenden unter­
nehmenskulturellen Veränderungen mitgenommen werden.
3. Sorgen Sie für getrennte Aufgaben zwischen Fach- und IT-Bereichen.
Nur eine klare Aufgabentrennung in Zusammenspiel mit einer guten Zusammenarbeit zwischen Fach und IT bringt hier den Erfolg. Prozesse
und Geschäftsregeln sind beispielsweise Sache der Fachabteilungen. Die Schnittstellen, Eingabemasken und technischen Anbindungen
­sollten dagegen komplett im IT-Bereich liegen.
4. Legen Sie die Prozesse für die Einführung neuer sowie die Änderung bestehender Workflows und Geschäftsregeln fest.
Dieses Vorgehen ist wichtig, denn damit definieren Sie die Regeln, die das Workflow-Management-System erfüllen muss. Bestimmen Sie bei
Bedarf Betriebsmodelle, die sämtliche regulatorischen Anforderungen berücksichtigen.
5. Prüfen Sie die technologische Basis.
In der Regel sind die Workflow-Management-Systeme technologisch auf dem neuesten Stand. Banken gehen dagegen bei IT-Updates konservativ vor. Deshalb sollte die Software mit der bestehenden Bank-Infrastruktur und der Arbeitsplatzausstattung funktionieren, Anpassungen
sollten moderat ausfallen und vom Anbieter des Systems supported werden.
6. Klären Sie die Schnittstellenarchitektur.
Komplexe und teure Schnittstellen innerhalb von Workflow-Management-Systemen treiben den Kostenaufwand in die Höhe. In einem
Workflow-Management-System wird keine Geschäftslogik aus bestehenden Anwendungssystemen abgebildet, sondern nur Abläufe. Die
Steuerung dieser Abläufe wird meist mittels Geschäftsregeln durchgeführt. Daher sind immer Schnittstellen vom Workflow-ManagementSystem zur Geschäftslogik in den bestehenden Anwendungssystemen erforderlich.
7. Achten Sie auf Sorgfalt im Auswahlverfahren.
Die Einführung eines Workflow-Management-Systems ist eine langfristige Entscheidung. Es ist immer ratsam, die wichtigsten Stakeholder am Auswahlprozess zu beteiligen und bei Ausschreibungen streng methodisch vorzugehen. Denn einmal eingeführt, ist das System nicht einfach austauschbar.
8. Führen Sie ein Proof of Concept durch.
Wichtig ist ein erstes Gefühl der Entscheider und der Mitarbeiter vom System, ob sich die Versprechen der Hersteller in der Praxis bewahrheiten.
Zudem lohnt es sich, mögliche Supportfälle zu simulieren, um zu schauen, wie die Zusammenarbeit zwischen Bank und Anbieter laufen kann.
9. Lassen Sie qualitative Kriterien in die Bewertung einfließen.
Verlassen Sie sich nicht nur auf quantitative Kriterien. Das Bauchgefühl der eigenen Mitarbeiter ist ein weiterer verlässlicher Indikator, ob das
Workflow-Management-System später gute Dienste leistet. Mitarbeiter werden so frühzeitig in das Vorhaben eingebunden. Das erleichtert
das Change Management. Wichtig sind zudem das Auftreten des Anbieters und der Eindruck von der Benutzerfreundlichkeit.
10. Führen Sie eine betriebswirtschaftliche Bewertung durch.
Ein Vergleich mehrerer Anbieter ist unverzichtbar. Nur so lassen sich unterschiedliche Zusagen zu Einsatzszenarien und nicht-funktionalen Anforderungen bewerten. Darüber hinaus ist es wichtig, verschiedene Lizenzvarianten, Betriebsmodelle und Service-Level-Agreements gegeneinander abzuwägen.
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