- 49 - Der Zusammenhang zwischen Wärme (= Temperatur) und Energie ist am einfachsten am Bespiel des „idealen Gases“ verständlich. Das Ideale Gasgesetz lautet: pV = nRT Druck = Kraft/FlächeKraft * Volumen/Fläche = Kraft * Weg = Energie! Gasteilchen haben eine kinetische Energie E = 1/2 mV2 Der Druck kommt demnach vom Stoß-Impuls auf die Gefäß-Wand!! Die Temperatur ist nichts anderes als eine erhöhte kinetische Energie. Beim Druck gibt es ein Innen und ein Außen. Volumen = Kompartimentierung. Bei Zellen haben wir es jedoch nicht mit Kompartimenten zu tun, die ein gasgefülltes Volumen umschließen, vielmehr umschließen sie mit ihren Lipidmembranen ein Volumen, in dem sich Wasser befindet. Das Membraninnere ist zwar hydrophob, dennoch kann Wasser durch die Membran hindurch! Die meisten anderen - vor allem geladene - Moleküle dagegen werden von Membranen zurückgehalten, es sei denn, es gibt für sie spezielle Tore (Kanäle). Damit beschäftigen wir uns später. Zuvor beschäftigen wir uns mit dem Pendant des Gasgestzes in wässriger Lösung, der Osmose: Osmose In jedem wässrigen Volumen findet eine Diffusion gelöster Teilchen statt. Auch deren treibenden Kräfte sind (wie beim idealen Gas) Stöße. Die wässrige Diffusion ist - weil Wasser eine geringere Viskosität als Lipide hat - deutlich schneller als die in einer Membran, von der vorher die Rede war. Diffusion ist ungerichtet, solange kein Gradient besteht. Wenn Sie einen Zuckerwürfel in den Tee werfen, müssen Sie zwar lange warten, bis der Tee überall gleich süß ist (es sei denn Sie helfen durch Rühren nach.... warum geht‘s dann schneller?) doch am Ende hat sich der Zucker gleichmäßig im Volumen verteilt. Außer der Viskosität des Mediums spielt für die Diffusionsgeschwindigkeit noch die Temperatur (wann geht‘s schneller?) und die Größe der diffundierenden Teilchen eine Rolle. Die Diffusion an sich ist ungerichtet, ein einzelnes herausgegriffenes Teilchen bewegt sich mit gleicher Wahrscheinlichkeit nach links oder nach rechts. Dies nennt man auch die Brownsche Molekularbewegung. Man kann sie unter dem Mikroskop sichtbar machen. Gewöhnlich verfolgt man dabei jedoch nicht einzelne Moleküle, sondern größere Partikel. - 50 - Die makroskopisch gerichtet erscheinende Bewegung in Richtung des Gradienten kommt daher, dass sich in einem Gradienten rechts und links einer beliebigen Referenzfläche eine unterschiedliche Anzahl von Teilchen befinden und drum auch mehr von der einen Seite auf die andere wandern als umgekehrt. Das kommt erst zum (makroskopischen) Stillstand, wenn sich die Konzentration auf beiden Seite angeglichen hat. Die daraus resultierende makroskopische Difussionsgeschwindigkeit VD ist proportional zum Konzentrationsgradienten dc (Ficksches Gesetz): Modellversuch: Ein Gefäß sei durch eine dünne Membran in zwei Hälften unterteilt. Auf der linken Seite befindet sich eine Zuckerlösung, auf der rechten Seite reines Wasser. Die Membran ist durchlässig für Wassermoleküle und für Zuckermoleküle, sie verhindert lediglich ein sofortiges Durchmischen der beiden Flüssigkeiten. Am Anfang des Versuchs befinden sich genau 1.000 Zuckerteilchen auf der linken Seite der Membran. Diese bewegen sich mit großer Geschwindigkeit, die von der Temperatur abhängt. Mit der Zeit kommen einige Zuckerteilchen per Zufall auf die rechte Seite der Membran. Die Wahrscheinlichkeit dafür ist um so größer, je mehr Zuckerteilchen sich auf der linken Seite befinden. Wenn links zehnmal mehr Teilchen vorhanden sind, ist auch die Wahrscheinlichkeit zehnmal größer, dass eines dieser Teilchen nach rechts gelangt als umgekehrt. Angenommen, in einer Sekunde gelangen genau 10% aller Zuckerteilchen auf die rechte Seite. Nach 1 s haben wir also auf der linken Seite nur noch 900 Zuckermoleküle, auf der rechten aber 100. Die Gesamtzahl ist natürlich immer konstant 1.000. Gelangen in der nächsten Sekunde wieder 100 Zuckerteilchen nach rechts? NEIN! Auf der linken Seite befinden sich weniger Zuckerteilchen als vorher, also ist auch die Wahrscheinlichkeit, dass eins dieser Teilchen nach rechts gelangt, kleiner geworden. In der nächsten Sekunde gelangen von den 900 verbliebenen Zuckerteilchen 10% nach rechts, also 90. Umgekehrt befinden sich nach der ersten Sekunde bereits 100 Teilchen auf der rechten Seite. Und von diesen Teilchen wandern ebenfalls 10% auf die andere Seite, also nach links. Also: Sekunde 1: Von 1.000 Zuckerteilchen links gelangen 10% oder 100 auf die rechte Seite. Ende von Sekunde 1: 900 Zuckerteilchen befinden sich links, 100 rechts. Sekunde 2: Von 900 Zuckerteilchen links gelangen 10% oder 90 auf die rechte Seite. Von 100 Zuckerteilchen rechts gelangen 10% oder 10 auf die linke Seite zurück. - 51 - Ende von Sekunde 2: 820 Zuckerteilchen (900 - 90 + 10) befinden sich links, 180 (100 + 90 - 10) dagegen rechts. Wartet man lange genug, hat man rechts wie links gleich viele Teilchen. Es herrscht ein Gleichgewicht. Die makroskopische Diffusionsgeschwindigkeit ist Null! Heißt das, dass jetzt gar keine Teilchen mehr diffundieren? Nein. Würde man einzelne Teilchen markieren, so könnte man schon feststellen, dass sie weiterhin mal auf der linken, mal auf der rechten Seite sind. Die einzelnen Teilchen flitzen immer noch wie wild durch das gesamte Gefäß. Die Diffusionsgeschwindigkeit ist deswegen Null, weil innerhalb einer bestimmten Zeitspanne, z.B. innerhalb von 1 Sekunde, genauso viele Teilchen von links nach rechts diffundieren wie von rechts nach links: Hingeschwindigkeit = Rückgeschwindigkeit. Das ist ja auch logisch. Wir hatten doch vorhin erwähnt, dass die Zahl der diffundierenden Teilchen von der Konzentration auf der jeweiligen Seite abhängt. Nun herrschen links und rechts aber gleiche Teilchenkonzentrationen, also müssen auch gleich viele Teilchen von links nach rechts wie in umgekehrter Richtung diffundieren. Das ist die anschauliche Begründung des Fick‘schen Gesetzes. Die Proportionalitätskonstante wird auch als Diffusionskonstante bezeichnet. Nun setzen wir der Diffusion ein Hindernis in den Weg, eine Barriere, die jedoch nur für bestimmte Partikel wirksam ist, für andere nicht. Dies nennt man eine semipermeable Wand. Membranen stellen eine solche semipermeable Wand dar, sie sind für das Lösungsmittel Wasser permeabel, nicht aber für gelöste Substanzen wie Zucker. Modellversuch-II: rechts befindet sich reines, destilliertes Wasser, links eine Zuckerlösung. Die Membran, die das Gefäß unterteilt, ist zwar für Wassermoleküle durchlässig, nicht aber für Zuckermoleküle. Was wird nun im Laufe der nächsten Sekunden passieren? Die Zuckerteilchen auf der linken Seite vollführen ihre wilden Molekularbewegungen, können aber nicht auf die recht Seite gelangen, weil die Membran dies verhindert. Auch die Wassermoleküle bewegen sich zufallsgemäß und mit recht großer Geschwindigkeit. Ein einzelnes Wasserteilchen ist mal auf der rechten, mal auf der linken Seite. Wenn wir uns die Zeichnung genauer ansehen, stellen wir fest, dass auf der rechten Seite mehr Wassermoleküle sind als auf der linken. Also müssten eigentlich in einer bestimmten Zeitspanne mehr Wasserteilchen von rechts nach links diffundieren als von links nach rechts! Es besteht ein Wassergefälle von rechts nach links. In der Tat: es diffundieren mehr Wassermoleküle von rechts nach links als in umgekehrter Richtung. Die Wasserkonzentration auf der rechten Seite nimmt ab, auf der linken Seite nimmt sie aber zu. Am Ende des Versuchs befinden sich alle Zuckerteilchen sowie einige zusätzliche Wasserteilchen auf der linken Seite, während rechts einige Wasserteilchen fehlen. Die Folge ist, dass rechts der Wasserstand sinkt, und dass er links steigt. Je höher der Wasserspiegel auf der linken Seite steigt, desto größer wird der hydrostatische Druck, den die Wassersäule auf die Membran ausübt. Das steigende Wasser drückt sozusagen die nachströmenden Wasserteilchen auf die rechte Seite zurück. Also kommt - 52 - irgendwann der Prozess zum (makroskopischen) Stillstand. Den sich in der ungleichen Füllhöhe manifestierenden Druck nennt man den osmotischen Druck. Der klassische Versuch dazu sieht wie folgt aus: Man braucht nur eine Glasglocke mit Steigrohr, die unten offen ist, eine Schweinsblase , ein großes Becherglas, Wasser und eine Zucker- oder Salzlösung. Am Anfang des Versuchs befindet sich nur eine recht kurze Wassersäule im Steigrohr. Nun diffundiert im Verlauf des Versuchs aber Wasser in die Glasglocke (weil die Wasserkonzentration außen höher ist als im Innern der Glocke). Da Wasser so gut wie nicht zusam- mengepresst werden kann, weicht es in das Steigrohr aus. Je höher die Wassersäule wird, desto größer wird auch der hydrostatische Druck auf die semipermeable Membran der Schweinsblase. Je stärker dieser Druck, desto weniger Wasser kann in die Glasglocke eindringen. Zu einem bestimmten Zeitpunkt ist der hydrostatische Druck so groß, dass gar kein Wasser mehr eindringen kann. Der Vorgang kommt zum Stillstand, es herrscht ein Gleichgewichtszustand. Der osmotische Druck einer Lösung wird stets auf das reine Lösungsmittel bezogen. Er hängt nur von der Zahl (der Konzentration) der gelösten Teilchen ab, ist aber unabhängig von der Art der Teilchen. Eine 1M wässrige Glukose-Lösung besitzt daher den gleichen osmotischen Druck wie eine 1M Lösung von Harnstoff in Wasser. - 53 - Der osmotische Druck (Π) ist temperaturabhängig. Er kann nach folgender Gleichung aus der Konzentration (c) berechnet werden: Π = c RT Berücksichtigt man die Definition der Konzentration: c = n/V Verhält sich diese Gleichung analog zum idealen Gasgesetz! Um bei 0°C einen osmotischen Druck von 1 atm auszuüben benötigt man 1 Mol in 22,4 Liter. Beachte: Äquimolare Lösungen üben den gleichen osmotischen Druck aus, egal ob es sich um Ionen oder ungeladene Teilchen handelt; aber: Ionen dissoziieren, und jedes dissoziierte Teilchen zählt. 1 Mol NaCl dissoziiert in zwei Mol Ionen, 1 Mol CaCl2 in drei! Man sagt 1,5 Mol NaCl haben die gleiche Osmolarität wie 1 Mol CaCl2. Wir hatten bereits besprochen, dass eine Membran eine semipermeable Wand darstellt. Teilchen, für welche eine Permeabilität existiert, passieren die Membran so lange, bis sich der Konzentrationsgradient ausgeglichen hat oder, wenn sie geladen sind, bis das sich entwickelnde elektrostatische Feld dies verhindert. Wasser vermag Lipidmembranen auch ohne Kanäle zu passieren, d.h. die Wasserkonzentration wird im Gleichgewicht rechts und links der Membran immer gleich hoch sein. Liegt ein gelösten Teilchen auf einer Seite der Membran jedoch in höherer Konzentration vor, ist das Wasser dort "verdünnt". In der Folge wandern Wassermoleküle solange über die Membran, bis ein neues Gleichgewicht erreicht ist. Dies wäre ohne Gegenkraft erst dann der Fall, wenn die Teilchenkonzentration auf beiden Seiten gleich hoch ist. Doch auch ohne Elektrostatik bildet sich eine Gegenkraft aus, nämlich der hydrostatische Druck. Dieser steht einem weiteren Wassertransport entgegen und läßt ihn zum Stillstand kommen, bevor sich die Konzentrationen ausgeglichen haben. Eine Zelle ist von einer semipermeablen Wand umgeben. Ist innen der - 54 - osmotische Druck größer als außen (hypotone Umgebung), bläht sich die Zelle solange wie ein Luftballon auf, bis ein Gleichgewicht herrscht, oder aber bis die Zelle platzt (osmotischer Schock). Ist der äußere osmotische Druck größer als der innere (hypertone Umgebung) kann es zur Plasmolyse kommen. Dies ist am Beispiel einer Zwiebelzelle gezeigt. Sind die osmotischen Drucke auf beiden Seiten einer Membran gleich groß, (was im Gleichgewicht der Fall ist), spricht man von isotonen (iso-osmolaren) Bedingungen. Osmotische Kräfte können riesig sein. Pflanzenzellen saugen damit Wasser aus dem Boden (Turgor) und befördern es gegen die Schwerkraft mehrere Meter nach oben. Osmose treibt Wasser in die Zellen frischen Holzes und kann damit Steine sprengen! Zellen können als Osmometer verwandt werden und zeigen damit die Konzentration gelöster Teilchen an. Bei einem Salz, welches in zwei Ionen dissoziiert, ist der osmotische Druck doppelt so hoch wie bei einer äquimolaren Zuckerlösung! Man kann nun die Tatsache, dass jeder Teilchenstrom zu einer Volumenänderungen führt, zur Messung von Permeabilitätseigenschaften heranziehen: Beispiel: eine Zelle sei gut permeabel für Natrium und enthalte innen wenig Natrium. Wird sie in einer Na-Salzlösung suspendiert, dessen Anion nicht permeiert, so wird trotz des chemischen Gradienten die Zelle nicht schwellen, weil der Natrium-Einstrom bereits nach wenigen aufgenommenen Ionen zum Erliegen kommt. Sobald man die Anionenpermeabilität jedoch erhöht, beschleunigt sich das Schwellen. Umgekehrt kann man ein permeables Anion verwenden und so die KationenPermeabilität testen. Häufig verwandte permeable Ionen sind Thiocyanat (SCN-) und Tetraphenylphosphonium (TPP+). Diese Ionen, in geringen Mengen als radioaktive "Tracer" zugesetzt, erlauben auch die Bestimmung des Membranpotentials. Können Sie erklären wie ? Als nächstes müssen wir uns jetzt mit den Materialien zellulärer Kompartimentierung beschäftigen, den Membranen! Ende Kapitel 6
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