Den 8. Mai als Tag der Kapitulation gibt es nicht Persönliches 7., 8

Mit freundlicher Empfehlung von Michael Grandt
Den 8. Mai als Tag der Kapitulation gibt es nicht
Liebe Leserin, lieber Leser,
Der 8. Mai ist ein politisch korrektes Datum. Es ist der Tag, der als Tag der Befreiung
bejubelt wird und jährt sich jetzt zum 70. Mal. Die Mainstreammedien sind voll damit.
Bundespräsident Gauck sprach gestern von Erinnerungsschatten und Katja Kipping,
Bundesvorsitzende der LINKEN, forderte in der Talksendung Anne Will 7.000 Euro
für jeden sowjetischen Kriegsgefangenen als Sofortzahlung.
Persönliches
Meine westpreußische Familie väterlicherseits wurde nicht befreit, sondern vier
meiner Tanten von Russen mehrfach brutal vergewaltigt und eine sogar erschossen.
Mein Neffe musste das als kleines Kind mit ansehen. Dann ging es über das
preußische Haff, man hatte eine Fahrkarte auf der Gustloff ergattern können. Doch
ein russischer Jagdbomberangriff schoss den Flüchtlingstreck kurz und klein.
Hunderte Frauen, Kinder und ältere Menschen kamen ums Leben.
Meine Großmutter und ihre drei kleinen Kinder überlebten aufgrund eines glücklichen
Umstandes, verpassten aber die Gustloff, die später von einem russischen U-Boot
versenkt wurde. 9.000 Menschen, die meisten davon Zivilisten, starben dabei. Es war
der verlustreichste Untergang eines einzelnen Schiffes in der Geschichte der
Seefahrt.
Meine Großmutter und ihre Kinder kamen in ein dänisches Internierungslager und
waren dort der Willkür der Bevölkerung ausgesetzt. Erst drei Jahre später kam dann
die Befreiung, in Form einer Fahrkarte nach Süddeutschland.
Mein Großvater, der kurz vor Moskau in Gefangenschaft geriet, kam als einer der
letzten aus der Kriegsgefangenschaft. Zehn Jahre nach dem Kriegsende. Was er im
russischen Lager in Sibirien erlebte, hat er niemals erzählt, doch sein Körper und
sein Geist waren gebrochen.
Der 8. Mai war also nicht für alle der Tag der Befreiung, wenn unsere politisch
korrekten Staatsmedien dies auch so darstellen müssen. Dennoch will ich auch hier
wieder hinter die Kulissen schauen und fragen: Hat die deutsche Wehrmacht
überhaupt an diesem Tag kapituliert und heißt Befreiung auch Freiheit?
7., 8. oder 9. Mai?
Das juristisch bindende Datum lautet auf den 8. Mai 1945 um 23.01 Uhr. Genau
diese Zeit ist nämlich handschriftlich in die Kapitulationsurkunde eingefügt. Doch dies
ist nicht ganz korrekt.
Im Hauptquartier von Marschall Georgi Schukow in Berlin-Karlshorst unterzeichnete
Generalfeldmarschall Wilhelm Keitel als Chef des Oberkommandos der Wehrmacht
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(und Oberbefehlshaber des Heeres) zusammen mit Generaladmiral von Friedeburg
(für die Kriegsmarine) und Generaloberst Stumpff als Vertreter des
Oberbefehlshabers Generalfeldmarschall von Greim (für die Luftwaffe) die
Gesamtkapitulation erst um 00.15 Uhr des nächsten Tages, also am 9. Mai.
Grund: Im russischen Text, der nach Berlin übermittelt wurde, fehlten einige Zeilen.
Dieses Malheur musste erst behoben werden - und das dauerte seine Zeit.
Doch schon zwei Tage zuvor, am 7. Mai 1945, hatte General Alfred Jodl, der Chef
des Wehrmachtsführungsstabes im Oberkommando der Wehrmacht (OKW) als
Beauftragter des neuen Staatsoberhauptes Großadmiral Dönitz im französischen
Reims die bedingungslose Kapitulation der Wehrmacht unterschrieben. Doch Jodl
war nicht für alle Wehrmachtsteile autorisiert. Aus protokollarischen Gründen musste
deshalb die Prozedere in Berlin-Karlshorst noch einmal wiederholt werden.
Neue Erkenntnisse
Das einzig erhaltene Telegramm, das die Kapitulation der Deutschen Wehrmacht
dokumentiert ist erst vor ein paar Tagen aufgetaucht. Es wurde am 8. Mai 1945 um
22.40 Uhr von Hitlers legitimen Nachfolger, Großadmiral Karl Dönitz, an den Chef der
Luftwaffe, Generalfeldmarschall Robert von Greim gesendet.
Der Text: Am 7. Mai 1945 0241 Uhr ist gesamte Kapitulation durch Oberkommando
der Wehrmacht für alle Streitkräfte zu Lande, zu Wasser und in der Luft an
Oberkommando der Alliierten Expeditionsstreitkräfte und gleichzeitig an Sowjetisches
Oberkommando unterschrieben. Dies war unvermeidlich um die in kurzer Zeit zu
erwartende vollständige Vernichtung bestimmter Frontteile zu verhüten und damit
noch möglichst viele Menschen für Deutschland zu retten. Danach ist mit dem 9. Mai
1945 0100 deutscher Sommerzeit jede aktive Kampftätigkeit einzustellen.
Demnach gibt es den 8. Mai als Tag der Kapitulation nicht. Richtig müsste der 9.
Mai als Tag der Befreiung gefeiert werden, so wie man das in Russland macht.
Tag der Befreiung?
Erika Steinbach, die langjährige Chefin des Bundes der Vertriebenen sagte in einem
Interview in der letzten Ausgabe des Spiegel (19/2015) dazu folgendes:
Ja, die Rote Armee hat Auschwitz befreit und die US-Armee Dachau. Aber viele
Lager der Nationalsozialisten wurden nach der Befreiung von den neuen
kommunistischen Machthabern erneut benutzt (...) Es kam auch vor, dass Juden, die
aus Theresienstadt befreit wurden, Zwangsarbeit in der Tschechoslowakei verrichten
mussten (...) Lager wie Buchenwald wurden vom NKWD* in zehn Speziallager der
Sowjets umbenannt. In diesen Sonderlagern wurden mehr als 40.000 Häftlinge
ermordet, allein mehr als 7.000 in Buchenwald. Die Opferzahl der sogenannten
Russenzüge mit aus der SBZ/DDR** zur Ermordung in die Sowjetunion deportierten
Deutschen wird mit noch mal 25.000 Zivilisten angenommen (...)
Und weiter: Ich nehme alle Seiten der Realität wahr und blende nicht aus, dass nach
Kriegsende in weiten Teilen Europas nicht Freiheit herrschte, sondern Diktatur und
auch Gewalt. Wie erklären Sie deportierten Kindern, Frauen, Männern, dass sie
‚befreit‘ wurden? Oder den Millionen, die vertrieben wurden? Was denken die vielen
Frauen, die nach Kriegsende von sowjetischen Soldaten vergewaltigt wurden?
Genau das aber will die Mainstreampresse normalerweise nicht hören. Doch Erika
Steinbach plädiert für einen umfassenden Blick auf den 8. Mai.
Und noch etwas politisch unkorrektes, aber historisch Wahres:
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Die Alliierten verlängerten den Krieg
Auf der Konferenz von Casablanca zwischen dem 14. und 26. Januar 1943
beschlossen die Westalliierten, dass nur eine bedingungslose Kapitulation des
Deutschen Reiches den Krieg beenden könnte.
Die Forderung nach einer bedingungslosen Kapitulation schloss
Waffenstillstandsverhandlungen und Teilkapitulationen von vornherein aus. Im
Klartext: Zur Zeit der Erhebung dieses Edikts konnte das Deutsche Reich gar
nicht zustimmen. Politisch korrekt wird diese Tatsache natürlich ausgeblendet.
Aber genau das hatte weitreichende Folgen und verlängerte den Zweiten Weltkrieg.
Die Führung des Deutschen Reiches konnte dieser Forderung auch noch im April
1945 nicht nachkommen. Walter Lüdde-Neurath, der Adjutant von Großadmiral Karl
Dönitz erläuterte dies: In der Diskussion wurden diese Bedingungen noch immer (...)
als unannehmbar erklärt, weil sie die glatte Auslieferung der Armeen im Osten*** an
die Russen bedeuteten. Zudem mussten noch 2,5 bis drei Millionen zivile Flüchtlinge
aus den Ostgebieten vor der Roten Armee gerettet werden.
8. Mai versus 3. Oktober
Noch etwas schwirrt mir durch den Kopf, ich weiß nicht, wie es Ihnen geht:
Das Dritte Reich wurde von außen militärisch besiegt und nicht durch eine Revolution
von innen beseitigt. Die deutsche Bevölkerung hat bis zum Schluss gekämpft.
Die Befreiung vom unsäglichen NS-Regime sah so aus:
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In Osteuropa wurden neue Diktaturen installiert, der Eiserne Vorhang.
Der Kalte Krieg brach aus.
Deutschland wurde in vier Besatzungszonen aufgeteilt, aus denen später
zwei deutsche Staaten entstanden.
Willkürakte und Enteignungen geschahen in allen Besatzungszonen.
Deutsche Gebietsverluste.
Zwölf bis 14 Millionen Deutsche wurden unter teils grausamen Bedingungen
aus ihrer Heimat vertrieben, über zwei Millionen davon wurden getötet oder
sind vermisst.
Massenvergewaltigungen an deutschen Frauen und Kindern: Der Großteil
der Vergewaltigungen fand 1944/45 in den sowjetisch besetzten Gebieten des
Deutschen Reiches statt. In vielen Fällen wurde eine Frau nicht nur einmal,
sondern 60 bis 70-mal vergewaltigt. In ganz Deutschland starben rund 240000
Frauen an den Folgen. Die größte Massenvergewaltigung der Geschichte
betraf mindestens 1,4 Millionen weibliche Personen, darunter viele junge
Mädchen. Sowjetische Soldaten sollen zudem auch russische und polnische
Frauen nach der Befreiung aus den Konzentrationslagern vergewaltigt haben.
Die Zahl durch amerikanische Soldaten vergewaltigter Frauen in Deutschland
wird auf rund 11000 geschätzt. Die französischen Truppen, vor allem die
marokkanischen Goumiers, vergingen sich an etwa 1500 deutschen Frauen.
Deutschlands Städte waren durch die Forderung nach einer bedingungslosen
Kapitulation der Alliierten dem Erdboden gleichgemacht worden; die
Luftangriffe gegen die Städte forderten bis zu 600000 deutsche Zivilopfer,
darunter 80000 Kinder.
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1945 hatte die Potsdamer Konferenz der Siegermächte nämlich entschieden,
den Lebensstandard der deutschen Bevölkerung niedrig zu halten. Die
Alliierten untersagten zudem Hilfslieferungen des Roten Kreuzes. Im Winter
1945/46 wiesen die Militärbehörden Nahrungsmittelspenden an Deutschland
ab und empfahlen den humanitären Organisationen, ihre Güter in andere
bedürftige Länder Europas zu schicken. Historiker schätzen die Zahl der Toten
durch die Hungersnöte in den Wintern 1945/46 und 1946/47 auf mehrere
Hunderttausend bis zu einer Million. Darunter viele Kinder.
Über elf Millionen Deutsche befanden sich in Gefangenschaft, davon starben
etwa 1,2 Millionen. Nach Angaben des Suchdienstes des Deutschen Roten
Kreuzes ist das Schicksal von weiteren 1,3 Millionen deutschen
Militärangehörigen bis heute ungeklärt, sie gelten als vermisst. Die letzten
Gefangenen kamen erst 1955 frei.
Die Alliierten demontierten wichtige Industrieanlagen. Der Gesamtwert wird
für Westdeutschland auf bis zu 5,4 Mrd. DM geschätzt, für die sowjetische
Besatzungszone beziehungsweise die DDR auf bis zu fünf Mrd. DM.
Die von den Alliierten durchgeführte Währungsreform im Jahr 1948 brachte
viele Deutsche um ihre Ersparnisse.
Klar: Die Deutschen wurden vom NS-Regime befreit, aber das ist nur die halbe
Wahrheit. Und vergessen Sie nicht: Osteuropa wurde nicht befreit.
So gesehen feiern wir am 8. Mai auch die Teilung Deutschlands und zelebrieren am
3. Oktober die Wiedervereinigung als Tag der deutschen Einheit. Bitte denken Sie
mal darüber nach.
Herzlichst, Ihr
Dr. Michael Grandt
*
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NKWD = Narodny kommissariat wnutrennich del, russischer Geheimdienst
SBZ/DDR = Sowjetisch besetzte Zone/Deutsche Demokratische Republik
Im April 1945 bestand die deutsche Wehrmacht in der „Theorie" noch aus 260 Divisionen
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