70 jahre befreiung vom deutschen faschismus – packen wir`s

ASTA-PRESSEMITTEILUNG | 28.04.2015 // Zu den Gedenkveranstaltungen am und um den 8. Mai
70 JAHRE BEFREIUNG VOM DEUTSCHEN
FASCHISMUS – PACKEN WIR’S AN!
„[W]enn wir erinnern und gedenken, an diesem denkwürdigen Tag der Befreiung, dann müssen wir uns auch mit
der Gegenwart auseinandersetzen. Und wir stellen fest:
Wir haben unser Versprechen vom Befreiungstag von
Buchenwald, also den Schwur von Buchenwald nicht eingelöst […]. Da müssen wir noch viel nachholen. Und vielleicht können wir den 8. Mai auch noch als Feiertag, als
Tag der Befreiung vom Faschismus und Krieg durchsetzen?
Packen wir‘s an.“ (Steffi Wittenberg, Rede am 11.5. 2014)
Lange nicht alle Versprechen des demokratischen Aufbruchs von 1945 sind bisher eingelöst worden. Das Potsdamer Abkommen, das die Alliierten im August 1945
schlossen, entwirft einen Plan für die Entwicklung eines
neuen Deutschlands: Denazifizierung, Demilitarisierung,
Demokratisierung und Dezentralisierung von Politik und
Wirtschaft. Davon ist kaum etwas hinreichend umgesetzt
worden: Alte Nazis blieben oft in Amt und Würden, 1955
begann mit der Gründung der Bundeswehr die Wiederbewaffnung Deutschlands und bis heute dominieren großteils einzelne Akteure die Wirtschaftszweige. Das Anliegen, eine Gesellschaft aufzubauen, die die Lehren aus den
Schrecken des deutschen Faschismus zieht, ist also nötiger denn je: „Aufgearbeitet wäre die Vergangenheit erst
dann, wenn die Ursachen des Vergangenen beseitigt wären. Nur weil die Ursachen fortbestehen, ward sein Bann
bis heute nicht gebrochen.“ (Th. W. Adorno, 1955)
Oliver Vornfeld aus dem Öffentlichkeitsreferat des AStA
dazu: „Auch die Universität versagte zwischen 1933 und
1945. Die Universität Hamburg schaltete sich selbst dem
NS-Staat gleich, Massenproteste blieben aus. Widerstand,
wie der der Weißen Rose, blieb eine Ausnahmeerscheinung. Lehrende und Studierende, die aus rassistischen,
antisemitischen oder politischen Gründen nicht in das Bild
der Nazis passten, wurden von der Universität vertrieben
und mit ihnen auch die aufgeklärte und humanistische
Wissenschaft. Am 15. Mai 1933 fand am Kaiser-FriedrichUfer eine Bücherverbrennung statt, die vom Nationalsozialistischen Deutschen Studentenbund organisiert worden
war. Die Bücher jüdischer, sozialistischer, pazifistischer
und humanistischer Autor*Innen wurden verbrannt. Dem
zu gedenken heißt auch, die Ideen und Ideale für die sie
einstanden und deren Auslöschung mit der Verbrennung
ihrer Bücher einhergehen sollte, wieder aufleben zu
lassen. Darüber hinaus müssen Burschenschaften, die
z.T. neonazistischer Ideologie folgen, und sogar einen
„Arier-Nachweis“ zur Bedingung für eine Mitgliedschaft
machen aufgelöst und verboten werden.“
Moritz Lamparter aus dem AStA-Vorstand weiter: „1948
wurde vom britischen Militärgouverneur ein ‚Studienausschuss für Hochschulreform‘ berufen, der Maßstäbe für
die Wissenschaft erarbeitet hat. In dem sogenannten
Blauen Gutachten des Studienausschusses heißt es unter
anderem: ‚Wir setzen uns von denjenigen Auffassungen
ab, für welche nicht der Mensch, sondern die Forschung
an der Spitze steht. Wir glauben, dass Hochschulbetrieb
nur soweit gerechtfertigt ist, als er Dienst am Menschen
bleibt. Dieser Dienst ist nicht auf den Studenten beschränkt, der unterrichtet und gebildet werden soll, sondern er gilt mittelbar oder unmittelbar dem ganzen Volk.
Menschliches Leben ist gemeinsames Leben von verantwortlichen Personen in der Welt. Nur als Teil dieses Lebens
ist die Hochschule gerechtfertigt.‘ Daran knüpften die
1968er an und lüfteten den ‚Muff von 1000 Jahren‘. Wissenschaft muss dazu beitragen, eine Welt, in der Menschen friedlich und als sozial Gleiche miteinander leben
können, zu gewährleisten. Angesichts der kriegerischen
Auseinandersetzungen in der Welt, die auch hier durch
Kriegsflüchtlinge wie die Gruppe ‚Lampedusa in Hamburg‘
erkennbar werden, muss die Wissenschaft u.a. mit einer
Zivilklausel klar Position für den Frieden beziehen. Zudem
muss die Universität an der ‚Erziehung zur Mündigkeit‘
der Menschen – wie Adorno es nannte – mitwirken, d.h.
sie dazu befähigen, urteilsfähige, solidarische und demokratische Menschen zu werden. Dieser, aus dem 8. Mai
1945 abgeleitete, Maßstab muss uns also auch in der
Studienreform leiten. Die gesellschaftliche Bedeutung
des 8. Mai sollte auch darin zur Geltung kommen, dass
dieser Tag endlich ein gesetzlicher Feiertag wird!“
Nachfragen werden gerne beantwortet von:
Oliver Vornfeld, Referat für Öffentlichkeitsarbeit
Tel.: (040) 450 204 - 32
Mail: [email protected]
ANTIFASCHISTISCHE TERMINE IM MAI:
Montag, 4. Mai 2015, 14.30 Uhr
(Eröffnung der Ausstellung)
„Wo man Bücher verbrennt ...“. Verbrannte Bücher, verbannte und ermordete Autoren Hamburgs
Eine Ausstellung von Wilfried Weinke in Zusammenarbeit
mit dem AStA der Universität Hamburg
und dem Arbeitskreis „Bücherverbrennung - nie wieder!“
Grußworte und Ansprachen:
Mechthild Führbaum (Vorsitzende der Bezirksversammlung Eimsbüttel),
Prof. Dr. Dr. h.c. Miriam Gillis-Carlebach (Bar-Ilan
University, Tel Aviv),
Esther Bejarano (Vorsitzende des AuschwitzKomitees in der BRD e.V.)
Prof. Dr. Dr. h.c. mult. Peter Fischer-Appelt (ehem.
Präsident der Universität Hamburg),
Dr. Regula Venske (Generalsekretärin des PENZentrums Deutschland).
Anschließend führt der Kurator Wilfried Weinke in
die Ausstellung ein.
Begrüßung: Oliver Vornfeld, Vertreter des Allgemeinen Studierendenausschusses
Ort: Audimax Foyer
Öffnungszeiten der Ausstellung: werktags 8 - 20
Uhr, Eintritt frei
Donnerstag, 7. Mai 2015, 11 - 18 Uhr
15. Marathonlesung aus den verbrannten Büchern
Mehr Infos unter: www.lese-zeichen-hamburg.de
Kommt und lest aus Büchern, die 1933 von den Nazis verbrannt wurden!
Ort: Platz der Bücherverbrennung in HamburgEimsbüttel,
Kaiser-Friedrich-Ufer/Ecke Heymannstraße am Isebek-Kanal (Metrobus 4)
Freitag, 8. Mai, 17 Uhr (Eröffnung der Ausstellung)
„Europäischer Widerstandskampf“ der FIR (Internationale
Föderation der Widerstandskämpfer)
Ausstellungsdauer: 8. bis 23.5.2015
Ort: Edmund-Siemers-Allee 1, Westflügel
Freitag, 8.Mai 2015, 19.30 Uhr
Stadtrundgang auf den Spuren des Widerstands
Der Faschismus ist nicht vom Himmel gefallen, hatte
eine Vorgeschichte, hatte Gründe. Wir wollen an
ausgewählten
Stationen das Geschehene erlebbar machen. Von
den 1920er Jahren bis zum Tag der Befreiung. An
Orten die vor allem für diejenigen wichtig waren, die
Widerstand geleistet haben, die verfolgt wurden.
Orte und Ereignisse, die in der
offiziellen Geschichtsschreibung nicht vorkommen.
Und wir wollen zwischen den Stationen demonstrieren. Als diejenigen, die den roten Faden der Geschichte aufnehmen, als diejenigen, die Lehren aus
der Geschichte ziehen für die Zukunft, um zu verhindern, dass so etwas je wieder
geschieht.
Treffpunkt: Jungfernstieg beim Alsterspavillon
Veranstalterin: Hamburger Bündnis „8. Mai 2015“
Sonnabend, 9. Mai 2015 ab 14.00 Uhr
Hamburger FEST DER BEFREIUNG
Vor 70 Jahren wurden nicht nur die Überlebenden
des Nazi-Terrors befreit, sondern die ganze Gesellschaft. Wir wollen mit Musik, Bildern und Gesprächen diesen Jahrestag der Befreiung feiern und gemeinsam das Vermächtnis der Häftlinge von Buchenwald weitertragen.
Ort: Hamburger Wallanlagen (Nähe U-Bahnhof „St.
Pauli“ / gegenüber der Eislaufbahn)
Veranstalterin: Hamburger Bündnis „8. Mai 2015“