Erklärung der Kommission für Bürgerarbeit zum 8. Mai 2015

Erklärung der Kommission für Bürgerarbeit Pankow
anlässlich des 70. Jahrestages der Befreiung 2015
Am 8. Mai 2015 feiern wir den 70. Jahrestag der Befreiung.
Es darf niemals eine Routine sein, ein Festakt aus Pflichtbewusstsein.
Vielmehr müssen wir uns immer wieder aufs Neue dem Geschehen stellen
und der Verantwortung, die wir heute tragen, bewusst werden.
Ja, am 8. Mai 2015 feiern wir den 70. Jahrestag der Befreiung. Was denn
sonst?
An diesem Tag endete das millionenfache Morden im Zweiten Weltkrieg in
Europa.
Wir danken der Roten Armee, den Alliierten, den Widerstandskämpfern,
den Partisanen und allen, die an diesem großen Sieg der Freiheit und der
Menschlichkeit ihren Anteil hatten.
Die offizielle Bundesrepublik, viele Politiker und Parteien tun sich
unvermindert schwer, mit diesem Gedenktag umzugehen.
Schon immer versuchen Rechtsextremisten und Rechtsradikale, die Opfer
des Faschismus zu verunglimpfen und die Deutschen als Opfer des Krieges
darzustellen. Manche konservative und bürgerliche Politiker, aber auch
andere Menschen aus der deutsche Zivilgesellschaft nähern sich dieser
Argumentation an.
Wir beobachten Gleichsetzungen von Nazi-Terror mit dem DDR-Unrecht in
den Zeiten des Kalten Krieges.
Diese Menschen gedenken der Vertreibung von Deutschen aus Ostpreußen
und vergessen die Vertreibung vieler Menschen durch die Wehrmacht und
die SS.
Wir finden es unerträglich und inakzeptabel, wenn zahlreiche Bürger
dieses Landes im Datum des 8. Mai noch immer den Tag der Niederlage
der Deutschen sehen. Die Niederlage der deutschen Demokratie wurde am
30. Januar 1933 mit der Machtübertragung an die NSDAP und Hitler
besiegelt.
Die Kommission für Bürgerarbeit versteht das Feiern des Tages der
Befreiung auch als ein Wider das Vergessen. Nicht Verdrängung ist der
Weg zu einem wirklichen Frieden, sondern das erinnernde Wissen.
Bereits am 27.Januar 1945 befreite die Rote Armee das Konzentrationslager Auschwitz.
Für die Gefangenen in den Zuchthäusern und Konzentrationslagern war die
Befreiung, so sie diese noch erleben durften, besonders erlösend. Viele
Häftlinge wurden noch in den letzten Kriegstagen auf den Todesmärschen
von den Schergen des faschistischen Regimes ermordet.
Ja, wir feiern den 8. Mai als einen Tag der Befreiung, aber der Tag muss
auch dauerhaft ein Tag der Mahnung werden, gerade weil es dem
deutschen Volk nicht gelang, sich selbst vom Faschismus zu befreien,
gerade weil das deutsche Volk den Anstiftern und Nutznießern des Raubund Vernichtungskrieges, den deutschen Banken und
Wirtschaftskonzernen, folgte.
Der 8. Mai ist für uns auch ein Tag der Trauer. Wir trauern um die
europäischen Juden, wir trauern um die Angehörigen der Sinti und Roma,
wir trauern um all die kommunistischen, sozialdemokratischen,
christlichen und anderen humanistischen Widerstandskämpfer, die ihren
Mut mit dem Leben bezahlen mussten.
Wir trauern um die 20 Millionen Sowjetmenschen, die im Großen
Vaterländischen Krieg starben. Wir trauern um die Partisanen, um die
britischen, US-amerikanischen und kanadischen Soldaten, die am D-Day
und im darauf folgenden Jahr für die Befreiung Frankreichs und
Westeuropas kämpften. Wir trauern um die unschuldigen Opfer der
Bombardements auf Guernica, Coventry, Warschau, Dresden, Hiroshima
und Nagasaki, Hamburg und andere Städte. Wir wissen, dass die Ursache
für diese Toten das faschistische Terrorregime Hitlerdeutschlands und die
Achsenmächte waren.
Ja wir trauern, ja wir gedenken, ja wir danken, ja wir wissen.
Ja wir feiern am 8. Mai 2015 den 70. Jahrestag der Befreiung. Daran hatten
die Alliierten den entscheidenden Anteil, aber der Anteil der Streitkräfte
der Sowjetunion war besonders groß, ihre Opfer unermesslich.
Der 8. Mai 1945 darf nicht aus unserem historischen Gedächtnis
verschwinden.
Daran ändert auch der Verlauf der Geschichte in den Besatzungszonen
und im geteilten Deutschland nichts, daran ändern auch die Ereignisse in
der gegenwärtigen Krise um die Ukraine nichts.
Heute sind es auch wieder deutsche Waffen, heute ist es auch wieder das
deutsche Militär, heute ist es auch wieder eine deutsche Regierungspolitik,
heute ist es teilweise auch wieder eine Medienhetze, die den Frieden und
die Völkerverständigung gefährden.
Wir feiern den 8. Mai 2015 als Tag der Befreiung und werden nie
vergessen, wovon wir befreit wurden.
Die Kommission für Bürgerarbeit wehrt sich gegen eine Argumentation, die
einer Schlussstrichdebatte oder einem Revisionismus gleichkommt.
Am 8. Mai findet
um 16.00 Uhr eine Auftaktveranstaltung am S-Bahnhof Buch
und um 17.00 Uhr eine Gedenkkundgebung am sowjetischen
Ehrenmal statt.
Die Veranstaltung wird durch den Chor „HardCHORella“ unter
Leitung von Bettina Kurella musikalisch begleitet.
Wir würden uns freuen, wenn möglichst viele Pankower
Bürgerinnen und Bürger mit uns gemeinsam diesen Tag begehen.