Freie Presse, Erscheinungsdatum 20150520, Seite MLe

LESERFORUM
Freie Presse
Mittwoch, 20. Mai 2015
LESEROBMANN
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REINHARD OLDEWEME
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S
o passiert: Zwei Freundinnen
sitzen in einem Café, als die eine flüstert: „Du, ich habe deinen Mann gesehen, im Park, mit einer Dunkelhaarigen, sehr vertraut,
die Gesichter ganz nah, seine Hand
lag auf ihrer Schulter, also wenn du
mich fragst ...“ Die Angesprochene
erwidert: „Niemals, das glaube ich
nicht, das würde er nie tun.“ Die
Freundin tippt in ihrem Smartphone und sagt: „Hier, schau selbst,
ich habe es fotografiert.“ Die Ehefrau zuckt zusammen, sie wird
bleich und meint: „Das wird er mir
büßen.“ Sie fährt unverzüglich nach
Hause, packt ihre Sachen und zieht
zu ihrer Mutter; keine Kinder, der
Schritt fällt ihr nicht schwer, Untreue ist für sie ein Vergehen, das sie
nicht verzeihen will.
Liebe Leser, bitte stellen Sie sich
diese Frage: Hat die Ehefrau richtig
gehandelt? Spontane Entscheidungen, bei denen man seinem Bauchgefühl vertraut, können nicht wirklich falsch sein? Merken Sie sich die
Antwort, es geht weiter:
„Meine Frau will mich verlassen“,
sagt der Mann seinem besten
Freund. „Warum denn, seid ihr nicht
immer ein Herz und eine Seele gewesen?“, fragt der Kumpel und erfährt den Grund: „Sie hat mir als Erklärung nur ein Foto geschickt. Es
zeigt mich mit einer Kollegin, die
sich bei mir ausgeweint und mich
um Rat gefragt hat, weil sie sich vom
Chef gemobbt fühlt. Wir hatten uns
in der Mittagspause im Park getroffen.“ Also: Alles nur ein Missverständnis, die Ehe kann gerettet werden, die Frau hätte nur ihren Mann
fragen müssen, wer die Frau auf dem
Bild ist. Alles ist gut. Nun, liebe Leser,
meine Frage: Was aber wäre gewesen, wenn es tatsächlich seine heimliche Geliebte gewesen wäre und das
Foto einen Scheidungs- und Rosenkrieg nach sich gezogen hätte? Die
Freundin mit ihrem Handy hat etwas aufgedeckt, sie fühlte sich in der
Pflicht, das nicht zu verheimlichen.
Darum geht es mir: Im Schnitt jeden zweiten Tag erreichen mich Anrufe oder Briefe von Lesern, die sich
von Behörden, Einrichtungen wie
Krankenhäusern oder Pflegeheimen
sowie Firmen betrogen, schikaniert,
hintergangen oder schlecht behandelt fühlen. Sie haben nur ein Ziel:
Dieses schlimme Verhalten gehört
ans Licht der Öffentlichkeit. Ihr Anliegen ist eindeutig: Die Zeitung soll
darüber berichten. „Geht in Ordnung, ich gebe es an die Kollegen
weiter mit der Bitte, der Sache nachzugehen, wenn es ein öffentliches
Interesse daran gibt.“ Immer sage
ich diesen Satz, die Reaktion ist oft
diese: Nicht recherchieren soll die
Redaktion, sondern schreiben, am
besten das, was die Leser dazu zu Papier gebracht haben. Beweise? Kann
ich haben: Jede zweite Mail hat einen Anhang mit kopierten Schriftstücken, die mir diese Ungeheuerlichkeiten belegen sollen.
Und dann stoße ich häufig auf
wenig Verständnis, weil ich von der
journalistischen Sorgfaltspflicht
spreche und sage: „ Das ist so, die andere Seite wird immer angehört, bevor berichtet wird.“ Und wenn die
Leser am Telefon das nicht nachvollziehen können (oder wollen), erzähle ich manchmal von der Frau, die
ihren Mann verlassen wollte.
HINWEIS
Die Redaktion behält sich vor, Leserbriefe sinnwahrend zu bearbeiten.
Leserbriefe geben stets die Meinung
ihres Verfassers und nicht die der Redaktion wieder. E-Mails müssen die
vollständige Adresse enthalten.
Anonyme Zuschriften werden
grundsätzlich nicht veröffentlicht.
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Seite B1
Gedenken heißt nicht vergessen
Zu Artikeln und Kommentaren aus Anlass des
8. Mai und des Endes des
Zweiten Weltkrieges haben
viele Leser auch teilweise
sehr ausführliche Briefe
geschrieben. Dies sind
Auszüge aus einer ersten
Auswahl dieser Erinnerungen und Meinungen.
Nur fröhliche Menschen
Ich war am 9. Mai dort und habe erlebt, wie würdig die Moskauer und
ihre Gäste diesen Tag begehen, wie
sie der Opfer dieses grausamen Krieges gedenken. Ich habe nur fröhliche, herzliche und aufgeschlossene
Menschen gesehen – und ich habe
eines verstanden: Diese Menschen
lieben ihre Heimat, ihr Patriotismus
ist in ihren Seelen verankert. Es ist
nicht dumpfer Nationalismus, wie
man uns weismachen will, sondern
die Liebe zu ihrem Land und der unbedingte Wille, dieses Land zu verteidigen, gewachsen aus dem Stolz
auf die vorangegangenen Generationen, der sie eint. Sie identifizieren
sich über ihre Geschichte. Ihr Patriotismus schließt die Achtung vor anderen Völkern ein, sie erheben sich
nicht über sie, wie einst und jetzt die
Deutschen. Die allermeisten Russen
lieben Deutschland. Trotz dieser
entsetzlichen Verbrechen, die durch
Deutsche geschehen sind, hegen sie
keinen Hass. Ich habe Veteranen getroffen und eine tiefe Achtung vor
ihnen empfunden. Michail Schischkin (siehe Bericht „Gewonnen oder
verloren?“) aber hat für seine Landsleute nur Worte der Scham und Verachtung übrig. Er scheint auch nicht
in der Lage zu sein, die momentane
politische Situation richtig zu verstehen oder einschätzen zu können.
Erika Zeun, Sehmatal
Antrag zum Glück abgelehnt
Für mich und und die meisten Menschen aus Mittel- und Ostsachsen,
die den 8. Mai 1945 hautnah miterlebt haben, ist es eine Genugtuung,
dass der Antrag der Linken, ihren
„Tag der Befreiung“ wieder zurückhaben zu wollen, im Landtag abgeschmettert worden ist. Dieses Datum ist auch bei mir fest im Gedächtnis verankert. Am 7. Mai 1945
durchquerten die Kampfeinheiten
der Roten Armee unser Dorf, und am
nächsten Tag begann das Grauen
Zum Leserbrief „Pflicht würde
gegen Verfassung verstoßen“ hat
uns eine gegenteilige Meinung
erreicht.
Gemeinsames Erinnern: Wladimir Putin und Angela Merkel am 10. Mai nach der Kranzniederlegung. FOTO: S. CHIRIKOV/DPA
über uns hereinzubrechen. Noch
heute gellen mir die markerschütternden Schreie der beiden im Erdgeschoss wohnenden jungen Mädchen und das dröhnende Wummern
der Fäuste des Vaters, den man in der
Küche eingesperrt hatte, in den Ohren. Ein Trupp Rotarmisten war eingedrungen und vergewaltigte die
beiden Mädchen. Voller Angst hockte ich in einer Ecke unserer Wohnung und betete zu Gott, dass er den
Trupp daran hindern möge, auch
noch über meine Mutter herzufallen. Den 8. Mai als Gedenktag im
Sinne eines guten Tages begehen zu
wollen, ist eine schlimme Missachtung des Leidens und Sterbens der
unzähligen Opfer dieser Nachkriegstage. Menschen, die diese Zeit
nicht miterlebten mussten und ihr
Wissen darüber lediglich aus „politisch korrekten“ Schulkenntnissen
speisen, sollten sich besser nicht in
die Sache einmischen.
Klaus Rümmler, Brand-Erbisdorf
Für viele doch eine Niederlage
An die Rede von Richard von Weizsäcker wurde jetzt erneut erinnert.
Allerdings wurde sie oft verkürzt darauf, dass er das Kriegsende erstmals
als Befreiung bezeichnet habe; es sei
nur an Helmut Kohl, den man nur
nicht so gerne reden hörte, erinnert.
Er hatte damals 17 Tage zuvor in der
Gedenkstätte Bergen-Belsen gesagt:
„Der Zusammenbruch der NS-Diktatur am 8. Mai 1945 wurde für die
Deutschen ein Tag der Befreiung.“
Doch zuvörderst sei auf ein anderes
Problem hingewiesen: Wenn man
erlebt, wie in anderen europäischen
Ländern, die von den Deutschen besetzt wurden, das Kriegsende als Befreiungstag gefeiert wird, wie beispielsweise in Pilsen, wo man erst
seit dem Ende der Sowjetmacht daran erinnern darf, dass die Amerikaner, nicht die Russen, diese Stadt befreit haben, und die Tschechen „VE
Day“, für „Victory in Europe“, also als
Sieg über den Faschismus feiern,
sollte man sich fragen, ob wir Deutschen uns da anschließen dürfen.
Haben wir es verdient, dabei in einer
Reihe mit diesen Völkern zu stehen?
Gewiss wurde ein Teil der Deutschen vom Hitlerfaschismus befreit.
Doch die meisten haben mehr oder
weniger freiwillig mitgemacht,
mussten also nicht wie andere Europäer von Zwang und Knechtschaft
befreit werden. Wer die Rede Weizsäckers auf den „neuen“ Aspekt der
Befreiung reduziert, der ermöglicht
es, dass die Frage nach der eigenen
Schuld und Verantwortung jedenfalls der Eltern und Großeltern dabei
ausgeklammert wird. Insoweit ist es
ehrlicher, wenn man anerkennt,
dass es auch und für viele Deutsche
eine Niederlage war.
Thomas Walther, Plauen
Sind das „westliche Werte“?
Man fühlt sich an die dunkelste Zeit
des restriktiven Grenzregimes der
ehemaligen DDR zurückversetzt. Da
fahren Biker aus sieben europäischen Ländern zum Gedenken des
Kriegsendes durch einige Länder Europas (siehe Bericht „Auf den Spuren
der ‚Nachtwölfe‘“), die besonders unter der Besatzung gelitten haben,
und was machen die Nachkommen
derer, die den Krieg vom Zaun gebrochen haben? Sie begrüßen sie am
Eingang zu Deutschland in einem
extra eingerichteten Polizeiterminal, halten sie stundenlang fest, verhören sie und verweigern einem
Mazedonier unbegründet die Weiterfahrt. Wer denkt sich so etwas
aus? Sind das die sogenannten
„westlichen Werte“, die unsere Politiker ständig vorgeben verteidigen
zu müssen?
Michael Sieber, Limbach-Oberfrohna
Eigentlich sollte man darüber lachen
nutzt, aber dass diese Frau offensichtlich Straftaten begeht und auch
noch dafür gewürdigt wird, finden
wir empörend.
Manfred Kreher, Pockau
Drei Artikel innerhalb
weniger Tage sind zu
diesem Thema erschienen:
„Ein Radweg, zwei Bagger,
eine Backpfeife“, „Der
große Bagger-Irrtum am
Elberadweg“ und „Dresdens meistgehasste Frau“.
Zerstört: Radler mussten ihr Gefährt eine kurze Zeit lang tragen.
Investoren brauchen Sicherheit
So etwas musste einmal kommen.
Was der Investor braucht, ist in erster Linie Rechtssicherheit. Es kann
nicht sein, dass Bebauungspläne
willkürlich geändert werden. Das
Problem in Deutschland ist die weitverbreitete Neidkultur. Gewisse
Kreise sind gegen vermeintliche Luxusbauten, und eine erfolgreiche
Unternehmerin ist ein rotes Tuch
für diese Leute. Aber Geldverdienen
ist nicht unmoralisch, im Großen
wie im Kleinen, Unternehmergeist
und Fleiß bringen am Ende allen
Nutzen.
Niels Engler, Gornau
Pflicht zum
Impfen hat
viele Vorteile
Stadt sollte Grenzen aufzeigen
Eine Architektin kann die Grenzen
eines Grundstücks nicht korrekt in
eine Flurkarte eintragen. Peinlich,
peinlich. Auch die Notwendigkeit,
eine Baustelle abzusperren, hatte sie
übersehen. Völlig falsch wäre es
aber, der Dame Defizite in der Intelligenz anzulasten, denn beispielsweise rechnen kann sie vorzüglich.
Temperamentvoll stellte sie vor laufender Kamera die Millionenbeträge
vor, welche sie von der Stadt Dresden für entgangene Gewinne plus
Zinsen berechnen werde. Sie rechnet sicher damit, dass ihr auf der Sei-
FOTO: IMAGO
te der Stadt nur Dumme gegenüberstehen, welche diesen Forderungen
widerspruchslos entsprechen. Ich
hoffe, dass die Dame auch hier irrt
und dass ihr die Stadtoberen deutliche Grenzen aufzeigen.
Rudolf Müller, Aue
Nicht auch noch würdigen
Ist es diese Frau wert, dass man ihr
eine ganze Seite in der Zeitung widmet? Es ist traurig, dass die Stadt
Dresden im Überflutungsgebiet
Grundstücke an Spekulanten verkauft. Wir waren oft in Dresden und
haben auch den Elberadweg be-
Ins Parteiengezänk geraten
Die Überschrift „Dresdens meistgehasste Frau“ ist sicherlich eine Lüge
und grenzt an Vorverurteilung. Für
diesen Titel gibt es geeignetere Kandidaten in Dresden. Eigentlich lacht
man eher darüber, billigt aber die
Radweg-Zerstörung nicht. Viele Bürger aber, die mit Behörden und Ämtern zu tun haben oder hatten, wissen, was da mitunter abläuft. Nun ist
Töberichs Projekt noch in das Parteiengezänk geraten. Da kann ich mir
gut vorstellen, dass sich die zuständigen Bearbeiter tot stellen, um
nicht in diese Mühlen zu geraten
und zermahlen zu werden. Wenn sie
zu diesen drastischen und strafrelevanten Maßnahmen greift und dies
tragischerweise noch am falschen
Ort, muss sich in ihr einiges aufgestaut haben. Eines hat sie erreicht: In
den Ämtern wurde der Tiefschlaf
unterbrochen.
Wolf-Dieter Langer, Chemnitz
Beim Lesen des Briefs im Leserforum
zur Impfpflicht fand ich es eine Ungeheuerlichkeit, dass der Leser der
Meinung ist, dass es eine Gängelei
des Staates ist, eine Impfpflicht einzuführen. So wird sich auf das Erziehungsrecht der Eltern als Grundrecht berufen und dazu gehöre die
Gesundheitssorge. Geht es aber hier
um die Gesundheitssorge nur für
das eigene Kind? Denn einige wollen ja auch von dem Grundrecht Gebrauch machen. Wenn dann vielleicht das eigene Kind mit Masern
angesteckt wird und, was nicht zu
hoffen wäre, stirbt – ob die Eltern
dann sagen würden: Na ja, das
macht nicht viel, da gehört es eben
zu dem „einstelligen Bereich der Todesfälle“? Ich glaube nicht, dass die
Eltern sich mit dem Tod des Kindes
abfinden könnten. Wir sind früher
alle in den Kindergärten und Schulen geimpft worden, Impfverweigerer gab es nur wenige. Ein weiterer
Vorteil war, dass notwendige Impftermine nicht selbst überwacht werden mussten, sondern die Impftermine registriert waren.
Gerlinde Siegert, Mülsen
Sonderweg der
Kirche abschaffen
Zum Artikel „Katholische Kirche ändert Arbeitsrecht“:
Von einer „deutlichen“ Entschärfung des kirchlichen Sonderweges
im Arbeitsrecht kann beim besten
Willen keine Rede sein, denn der
kirchliche Arbeitgeber kann weiterhin nach Gutdünken entscheiden,
ob einem Mitarbeiter auf Grund einer Wiederverheiratung bzw. einer
eingetragenen Lebenspartnerschaft
gekündigt wird oder nicht, es besteht keine Rechtssicherheit. Das
Streikverbot bleibt bestehen und
Konfessionslose/Andersgläubige
bleiben nach wie vor Beschäftigte
zweiter Wahl – und das, obwohl deren Zahl steigt und die kirchlichen
Sozialkonzerne größtenteils von der
Allgemeinheit finanziert werden.
Der kirchliche Sonderweg ist durch
nichts mehr zu rechtfertigen und
ganz abzuschaffen.
Jutta Behne, Rossau
KURZ UND KNAPP
Zum Artikel „Sachsen soll Beteiligung des Fußballs an Polizeikosten prüfen“:
Ich weiß nicht, was es da lange zu
diskutieren gibt. Die DFL soll sich ab
sofort an den Kosten für die Polizeieinsätze beteiligen, und zwar mindestens mit der Hälfte. Man könnte
auch die Preise für die Eintrittskarten erhöhen und mit diesen Geldern
den Polizeiaufwand zum Teil finanzieren. Viele Tierheime beispielsweise können wegen finanzieller
Probleme kaum überleben. An vielen Schulen und Kindergärten fehlt
hinten und vorne Geld. Sollen die
Bundesländer diese doch mit dem
eingesparten Geld unterstützen.
Pia Sbresny, Chemnitz
Zu Berichten über die Etatdebatten im Sächsischen Landtag:
Nachdem der Ministerpräsident den
Doppelhaushalt vorgelegt hatte, signalisierte der Beschluss einen Nutzen für die Bildung. So werden die
Direktoren an den Schulen mit den
ihnen anvertrauten Eleven durch
ein hohes Engagement dann auch
entsprechende Leistungen zeigen.
Die angestrebte „Bildungsrepublik“
kann künftig einem internationalen
Anspruch standhalten.
Reiner Spörl, Chemnitz