finden Sie hier (April 2015).

Dear Investor
Eine Publikation der Solidinvest of Switzerland
Wirtschaftsentwicklungen, Wertschriftenmärkte und Anlageszenarien
April 2015
Rückblick
Das erste Quartal 2015 hatte es wahrlich in sich: Aufhebung des Euro-Mindestkurses und Negativzinsen in
der Schweiz, weitere grössere Korrektur des Ölpreises, Einführung eines Liquiditätsprogrammes der Europäischen Zentralbank (EZB) von über einer Billion Euro für den Kauf von Staatsanleihen und anderen Wertpapieren bis 2016. Während sich die europäischen Aktienmärkte über die Geldschwemme freuten, stellte sich
die Frage, wie diese ausserordentlichen Massnahmen mit Blick auf die Inflation und das Wirtschaftswachstum wirklich zu interpretieren sind.
Die Schweizerische Nationalbank (SNB) kündigte bereits im letzten Dezember an, dass ab 22. Januar 2015
negative Zinsen von -0.25% auf Giroguthaben der Geschäftsbanken bei der SNB gelten. Am 15. Januar 2015
hat die SNB zusammen mit der Aufhebung des EUR/CHF-Mindestkurses diese Negativzinsen sogar auf
-0.75% erhöht. Ziel dieser unkonventionellen Massnahme ist es, Anlagen in Schweizer Franken unattraktiv
zu machen und somit die Exportindustrie zu unterstützen. Ausländische Investoren, welche längerfristig auf
einen Aufwärtstrend des Schweizer Franken setzen, werden trotz Negativzinsen von den Währungsgewinnen
profitieren und deshalb am Schweizer Franken festhalten; oder zumindest in Krisenzeiten weiterhin diese
sichere Währung suchen.
Durch den SNB-Paukenschlag Mitte Januar haben alle Währungen gegenüber dem Schweizer Franken massiv an Wert eingebüsst, d.h. der CHF ist hochgeschnellt. Mit der erwähnten Aufhebung des vor etwas mehr
als drei Jahren eingeführten Mindestkurses von CHF 1.20 pro Euro sank der Kurs im Tagesverlauf massiv.
Dear Investor April 2015
Am Ende des 15. Januar 2015 war trotz einer Gegenbewegung immer noch ein Verlust von fast 18% zu verzeichnen. Bis zum Quartalsende konnte sich der Euro nur wenig erholen und schloss Ende März mit einem
Minus von über 13%.
Chart EUR/CHF-Kurs, 01.01.2015 – 31.03.2015
Auch der US-Dollar hat gleichzeitig fast 16% gegenüber dem CHF eingebüsst (von 1.02 auf 0.86), um sich
dann kontinuierlich zu erholen; bis Mitte März wurde fast der ganze Verlust wettgemacht. In der zweiten
Märzhälfte bröckelte die US-Valuta etwas ab und somit beträgt der Verlust im ersten Quartal noch gut 2%.
Chart USD/CHF-Kurs, 31.12.2014 – 31.03.2015
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An den Aktienmärkten zeigte sich je nach Region ein sehr unterschiedliches Bild. Der Schweizerische Aktienmarkt (SMI) konnte den grossen Kursverlust von Mitte Januar von über 10% wieder aufholen und schloss
das erste Quartal sogar mit einem Gewinn von gut 1.50% ab.
Chart SMI, 05.01.2015 – 31.03.2015
Europäische Aktien haben im ersten Quartal zu den Lieblingen der Investoren gezählt. Unsere Empfehlung
im letzten „Dear Investor“ hat sich ausbezahlt, allerdings wurden wir vom Umfang der teilweise euphorischen Kursentwicklungen überrascht. Die massiven Massnahmen der Europäischen Zentralbank (EZB) - die
mittlerweile fast gegensätzlich zur US Notenbank handelt - haben die Kurssteigerungen beflügelt. So konnten
im DAX (Deutschland) Kursgewinne in Lokalwährung von über 22% erzielt werden. Auch der CAC40
(Frankreich, +17.80%) und der ESTX50 (50 grösste Euro-Aktien, +17.50%) haben überdurchschnittliche
Kurssteigerungen erfahren. Im Vergleich sehen der Weltaktienindex mit nur +1.82% und der Dow Jones
(USA) mit lediglich +0.86% sehr bescheiden aus. Dagegen hat der Nikkei in Japan mit einem Anstieg von
+10% überrascht.
Die Preise für das Rohöl konnten sich im Berichtsquartal nicht erholen, sondern mussten einen weiteren Verlust von fast 4% verzeichnen.
Trotz den Marktvolatilitäten und den anhaltenden politischen Unsicherheiten konnte der Goldpreis nicht profitieren. Der Kurs der Unze Gold in USD stieg zwar Mitte Januar um fast 10% an, verlor dann aber wieder
die ganze Performance und steht per Ende März praktisch unverändert gegenüber dem Jahresanfang da. Mit
dem Währungsverlust des USD erlitten Anleger pro Kg Gold in CHF einen Verlust von rund 2%.
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Durch die Jagd nach Renditemöglichkeiten wurde der Immobilienindex stark getrieben und die Entwicklung
zeigt seit dem 4. Quartal 2014 steil nach oben. Per Ende des ersten Quartals 2015 legten die Preise um über
7% zu und über 12 Monate betrachtet beträgt die Steigerung satte 20%.
Aktuelles
In einem Umfeld mit historischen Tiefstzinsen und mittlerweile sehr ambitionierten Bewertungen sind Risiken entstanden, mit denen sich die Investoren seit Jahren nicht mehr beschäftigen mussten. Es scheint, dass
viele Anleger nur noch die Rendite suchen, ohne aber die Risiken zu beachten (auch vor diesem verständlichen, aber möglicherweise folgenschweren Vorgehen haben wir in der Vergangenheit schon mehrmals gemahnt). Den Aussagen der Notenbanken scheint man zu trauen, da diese bei jeder kleineren Marktkorrektur
sofort wieder die Liquiditätspumpe aufdrehen und alle Massnahmen ergreifen, um die „Probleme“ zu lösen.
So äusserte sich der Präsident der EZB, Mario Draghi, mehrmals mit dem Versprechen: „Wir werden alles
tun..., „innerhalb unseres Mandats ist die EZB bereit, alles Erforderliche zu tun, um den Euro zu erhalten"
(Juli 2012) oder „Wir werden tun, was wir tun müssen, um die Inflation und die Inflationserwartungen so
schnell wie möglich zu erhöhen, wie es unser Auftrag verlangt“ (November 2014).
Was wird aber passieren, wenn die Notenbanken nicht mehr alles unternehmen können oder die Anleger
nicht mehr an die Wunderwirkungen der Notenbanken glauben? Wie viele Anleger und Unternehmer haben
darauf vertraut, dass die Schweizerische Nationalbank die EUR/CHF-Untergrenze mit allen ihr zur Verfügung stehenden Mitteln verteidigen wird?
Dass den Risiken kaum mehr Beachtung geschenkt wird, zeigen die überdurchschnittlichen Aktienbewertungen wie auch Agios und Prämien, die für Immobilienfonds und –aktien bezahlt werden. Die Absicht einiger
Notenbanken, die Zinsen sehr tief zu halten, ja sogar Negativzinsen einzuführen, birgt wesentliche Gefahren.
Diese Massnahmen sollen die Wirtschaft und das Konsumverhalten stimulieren, bergen aber auch Gefahren.
Sparer und Anleger werden für eine risikoarme Geschäfts- oder Anlagepolitik bestraft und werden ermutigt,
in risikoreichere Anlagen zu investieren, was zu Vermögensblasen führen kann. Negativzinsen über eine längere Zeit werden zudem das schweizerische Vorsorgesystem unter starken Druck setzen und die langfristigen
Auswirkungen sind schwierig abzuschätzen.
Die globalen Märkte sind in Bewegung. Während die US-Notenbank (FED) die Investoren auf eine Zinserhöhung vorbereitet, pumpen die Zentralbanken in Europa und Japan mit voller Kraft Liquidität ins System.
Dies führt zu einem noch stärkeren USD und bereits klagen die grossen, exportorientierten US-Unternehmen
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über eine zu starke Währung. Betroffen ist speziell der IT-Sektor, der weit über die Hälfte der Einnahmen aus
dem internationalen Geschäft generiert. Wenn Anfangs April die ersten amerikanischen Unternehmen die
Abschlüsse zum ersten Quartal präsentieren, müssen sich Anleger möglicherweise auf mehr Turbulenzen
gefasst machen. Dies wiederum könnte das FED veranlassen, die von den meisten Analysten per Mitte 2015
erwartete Zinserhöhung hinauszuschieben und die Zinsen erst im 2016 anzuheben. Nebst der US-Währung
könnten auch die Wirtschaftszahlen, insbesondere die enttäuschenden Arbeitsmarktdaten von Anfang April,
eine frühe Zinserhöhung verhindern. Diese Unsicherheiten haben sich bereits in der Performance der USAktien gegenüber den europäischen Werten im ersten Quartal ausgewirkt. Entgegen unserer Empfehlung im
Januar-“Dear Investor“ haben viele Fondsmanager und Analysten bei den Jahresaussichten für 2015 noch
US-Aktien favorisiert. Mittlerweile haben diese ebenfalls die Strategie gewechselt und ziehen nun die Börsen
in Frankfurt, London oder Paris den US-Aktienmärkten vor.
Nebst den erwähnten Bewertungs-Risiken möchten wir auch auf die weiterhin bedeutenden politischen Risiken hinweisen, welche zu grossen Marktschwankungen führen. Für Griechenland wird die Zeit knapp, um
die Staatsschulden zu tilgen und ausstehende Zinsforderungen bedienen zu können. Das Risiko einer ungünstigen Entwicklung und ein möglicher Zahlungsausfall kann nicht völlig ausgeschlossen werden. Auch die
weitere, spannungsgeladene Entwicklung im mittleren Osten sowie in Russland/Ukraine können unvorhersehbare Ereignisse auslösen und zu Marktturbulenzen führen.
Ausblick
Wir sind der Meinung, dass längerfristig Aktienanlagen interessant bleiben. Dabei sind gute Nerven, Weitblick und entsprechende finanzielle Voraussetzungen nötig, um grössere Wertschwankungen aushalten zu
können. Mit Buchverlusten müssen die Anleger über eine längere Zeitspanne umgehen können. Ein gut
diversifiziertes Portfolio, regelmässige Neugewichtungen und unterschiedliche Anlageklassen sind weiterhin
wichtig.
Anlagestrategie
Bei zunehmender Unsicherheit und steigender Volatilität wollen wir die Anlagerisiken laufend beobachten
und scheuen uns nicht, Gewinne zu realisieren. Die erzielte Liquidität halten wir für Zukäufe bei Korrekturen
bereit. Der beste ist immer noch der realisierte Gewinn! Wir unterstützen die Idee, bei einer gutgelaufenen
Position mindestens so viele Aktien zu verkaufen, um den ursprünglichen Einsatz weiterlaufen zu lassen und
somit den Gewinn ins „Trockene“ zu bringen.
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Dear Investor April 2015
Fremdwährungen
Im März senkten neun Zentralbanken die Zinsen, der Abwertungswettlauf ist immer noch voll im Gange. Die
EZB kauft im grossen Stil Staatsanleihen, was nicht für einen starken Euro spricht. Wir erwarten in den
kommenden Monaten den EUR/CHF in einer Schwankungsbreite von 1.03 bis 1.08, den USD/CHF-Kurs
zwischen 0.95 und 1.01.
Anleihen/Zinsen
Festverzinsliche Anlagen mit einer positiven Rendite bei einem vertretbaren Risiko und vernünftiger Laufzeit
sind beinahe nicht mehr zu finden. Neuengagements sehen wir nach wie vor in NZD-Bonds, die bei einem
vertretbaren Währungsrisiko eine interessante Mehrrendite abwerfen.
Chart NZD/CHF-Kurs, 16.04.2012 – 14.04.2015
Aktien
An unseren Aktienempfehlungen vom letzten Quartal halten wir fest und bevorzugen Dividendentitel resp. in
der Schweiz Aktien mit steuerfreien Kapitalausschüttungen. Auch halten wir an unserer Januar-Empfehlung
fest, europäische Aktien den amerikanischen vorzuziehen. Relativ günstig bewertet sind asiatische Aktien.
Rohstoffe
In Anbetracht vorgenannter Risikofaktoren halten wir an den Edelmetallpositionen - insbesondere Gold - fest
und sehen diese Anlageklasse als Absicherung in einem breit diversifizierten Portfolio.
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Anlagestrategie nach Währung
(Musterbeispiel, individuell pro Kunde)
2. Quartal 2015
(maximale Gewichtung)
CHFAnleger
EURAnleger
USDAnleger
Liquidität
15%
15%
15%
Obligationen
40%
40%
40%
Aktien
50%
50%
50%
Immobilienfonds, Alternative Anlagen
20%
20%
20%
Rohstoffe, inkl. Edelmetalle
20%
20%
20%
40%
40%1
40%2
Anlagekategorien
Währungen
Total Fremdwährungsanteil
(über alle Asset Klassen)
1
Für EUR-Anleger bis 80% in CHF möglich
2
Inklusive Lokalwährungen (Anteil Lokalwährung bis 40% möglich)
Redaktionsschluss: 15. April 2015
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