Evangelium der Osternacht – Lesejahr B – Mk 16,1-7 1 Als der Sabbat vorüber war, kauften Maria aus Magdala, Maria, die Mutter des Jakobus, und Salome wohlriechende Öle, um damit zum Grab zu gehen und Jesus zu salben. 2 Am ersten Tag der Woche kamen sie in aller Frühe zum Grab, als eben die Sonne aufging. 3 Sie sagten zueinander: Wer könnte uns den Stein vom Eingang des Grabes wegwälzen? 4 Doch als sie hinblickten, sahen sie, dass der Stein schon weggewälzt war; er war sehr groß. 5 Sie gingen in das Grab hinein und sahen auf der rechten Seite einen jungen Mann sitzen, der mit einem weißen Gewand bekleidet war; da erschraken sie sehr. 6 Er aber sagte zu ihnen: Erschreckt nicht! Ihr sucht Jesus von Nazaret, den Gekreuzigten. Er ist auferstanden; er ist nicht hier. Seht, da ist die Stelle, wo man ihn hingelegt hatte. 7 Nun aber geht und sagt seinen Jüngern, vor allem Petrus: Er geht euch voraus nach Galiläa; dort werdet ihr ihn sehen, wie er es euch gesagt hat. Predigt – Pfr. Themann – Ostern 2015 Frohe Ostern! - Liebe Schwestern und Brüder. Da fehlt noch ein Vers an der Osterbotschaft des Evangelisten Markus. Ihnen konnte dieser Vers aber auch nicht vorgelesen werden, denn im liturgischen Buch wurde er weggelassen, obwohl er in der Bibel steht. Wahrscheinlich wollte man uns einen solchen Schluss nicht zumuten. Ich traue ihnen aber zu, dass Sie mit diesem Schlussvers umgehen können: Der Evangelist Markus beendet seine Auferstehungserzählung mit dem Vers: „Da verließen sie das Grab und flohen; denn Schrecken und Entsetzen hatte sie gepackt. Und sie sagten niemand etwas davon; denn sie fürchteten sich.“ Der Auftrag des Engels, den Jüngern vom leeren Grab und der Auferstehung zu erzählen, findet hier erst einmal sein Ende. Die Frauen haben Angst, sind erschreckt von dem, was sie da erleben, sie fliehen. „Und sie sagten niemand etwas davon; denn sie fürchteten sich.“ Dieser Satz, dieses Ende der Auferstehungserzählung wird umso bedeutender und beeindruckender, wenn uns klar wird, dass er sogar der ursprüngliche Schlusssatz des Markusevangeliums gewesen ist. Ein kleiner Exkurs: Wer zu Hause nachschaut, wird in der Bibel noch 12 weitere Verse lesen können. Die Bibelforscher sind sich aber sicher, dass diese Verse erst später ergänzt wurden, weil man anscheinend auch schon in der frühen Kirchengeschichte mit dem Ende des Markusevangeliums unzufrieden war. „Ein paar Verse angehängt, dann hört sich alles doch auch gleich besser an.“ – so wenig an dieser Stelle zu diesen weiteren Versen, die auch spannend zu lesen sind, aber die Predigt heute zu viel wären. „Da verließen sie das Grab und flohen; denn Schrecken und Entsetzen hatte sie gepackt. Und sie sagten niemand etwas davon; denn sie fürchteten sich.“ Naja, so kann es nicht Ostern werden, so findet die Botschaft der Auferstehung erst einmal keine Verbreitung - aber vielleicht wird die Osterbotschaft mit diesen Worten geerdet. Weil „mit Vielem“ haben die Frauen gerechnet, aber sicher nicht mit dem, was sie dann erlebten. Ihre Suche galt dem toten Jesus, den sie mit der Salbung weiter dem Tod anheimgeben wollten. Sich von ihm noch einmal verabschieden. Ganz menschlich werden sie dargestellt, sie haben an Salben und Öl gedacht, aber - wie es in Trauersituationen vorkommt - haben sie das eigentliche Problem übersehen. Nach dem Sterben eines wichtigen Menschen übersieht man manchmal das Eigentliche. Erst auf dem Weg zum Grab stellen sie sich die Frage, die zum Problem hätte werden können: Wie bekommen wir den Stein weg? Doch Gott hat Jesus auferweckt und aus dem Grab befreit. Jesus ist eben kein Toter mehr, den man salben bräuchte. Die Frauen damals, aber auch wir heute werden mit aller Vernunft und allem Wissen nicht wirklich sagen können, was sich da im und am leeren Grab ereignet hat. Darum ist die Reaktion, die Markus an das Ende setzt auch sehr verständlich. Die Frauen sind verstört, sie verstehen die Welt nicht mehr. Wer wird ihnen die Botschaft von Auferstehung glauben, wie diese Botschaft, dass der Gekreuzigte lebt, überhaupt selbst verstehen. Die Konsequenz dieser neuen Erfahrung will erst einmal durchdacht werden, sie rückt die Erlebnisse mit Jesus, die Worte Jesu und seine zentrale Botschaft, das Reich Gottes in eine neue Perspektive. Im Blick auf die anderen Evangelien findet sich im Grunde vergleichbares: Erst einmal ist „nicht-verstehen“ die Reaktion auf Auferstehung: „Maria halte mich nicht fest, ich bin noch nicht zu meinem Vater hinaufgegangen“, Emmausjünger, die voller Trauer auf dem Heimweg sind, Jünger Jesu, die in ihren alten Beruf zurückkehren und fischen gehen, ohne Erfolg. Das Zurückblicken, das Nachdenken über Jesu Worte hat dazu geführt, Jesu Leben und Botschaft neu zu verstehen. Dass plötzlich alles anders sein soll, kann zunächst nur Unsicherheit mit sich bringen. Nach der Sprachlosigkeit und ersten Erfahrungen mit dem Auferstandenen kam die Zeit der Verkündigung des Unglaublichen: „der gekreuzigte Jesus lebt, und alles ist neu zu verstehen, das Ende am Kreuz wird zum Neuanfang.“ – Durch die Verkündigung so vieler Generationen stehen auch wir heute hier und haben uns zu entscheiden, woran wir glauben wollen. „Ja“ sagen zur Auferstehung, zum Reich Gottes? Vielleicht kann dazu die Erfahrung des Lebens helfen, die viele machen: da gibt es Situationen in meinem Leben, in denen ich ganz am Ende war, da gab es nur noch einen Scherbenhaufen, alle Hoffnungen waren am Ende; Am Ende meine Vorstellung vom Leben, mein Berufswunsch, eine Beziehung zerbrochen. Nichts ging mehr. - Und manchmal können wir rückblickend sagen, aus dieser Situation ist ganz Neues entstanden. „Ja“ sagen zur Auferstehung, zum Reich Gottes. Vielleicht kann die Erfahrung helfen, dass Menschen berichten von Gebetserhörungen, die einen Menschen zur Gesundung geführt haben. Die Erfahrung, dass es Menschen gibt, die mehr erspüren und heilende Hände haben, oder auch Menschen, die davon sprechen, im Kontakt zu Engeln zu stehen. – Aber sie spüren es selbst. Wir kommen in einen Bereich, den wir immer weniger erklären können, der spekulativ wird, an den man glauben kann oder auch nicht. Was wir daraus aber mitnehmen könnten, ist, das es im Grunde viele Dinge zwischen Himmel und Erde gibt, die wir nicht wirklich erklären können. Es gibt vieles, das unerklärbar im Leben bleibt. Auferstehung und Reich Gottes gehören dazu. Wir können sie nicht wirklich erklären, und doch glauben wir daran. Die Zeugnisse der Bibel, sie sind vielleicht ein Fundament für unseren Glauben an Auferstehung. Auferstehung ist aber auch mehr als ein Geschehen von vor fast 2 Jahrtausenden. Es geht auch um unser heute. Menschen heute machen uns den Glauben an Jesus glaubwürdig durch ihre Art, den Glauben zu leben, für den Glauben einzustehen. Sie gehören auch zu unserem Glaubensfundament. Aber die Entscheidung, an Reich Gottes, an Auferstehung zu glauben, nehmen diese Fundamente und Menschen uns nicht ab. Markus hat das Ende seines Evangeliums bewusst offen gelassen, um die Leser und auch uns zur Antwort herauszufordern. Das Schweigen der Frauen ist die Aufforderung: „Sprecht von euren Erfahrungen mit dem Auferstandenen.“ Wo haben Sie Reich Gottes erlebt? Wo sind Sie dem Auferstandenen begegnet, wo hat er Sie gestärkt, wo war er in Ihrem Leben da?
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