Jesus, der Steine ins Rollen bringt (Osternacht 2015)

Osternacht 2015 in St. Ottilien
Predigt: Erzabt Wolfgang Öxler OSB
Rolling Stones
Einleitung
Josef von Arimathäa hat Jesus sein Grab überlassen. Als seine Frau davon
erfährt, ist sie wütend: „Wie kannst du unser schönes neues Felsengrab
verschenken?“ Da antwortet ihr Mann: „Nun reg dich doch nicht so auf. Es ist
ja nur für ein Wochenende!“
Das absolut Unbegreifliche, das Todtraurige ist nicht aus der Welt. Es bleibt.
Doch man kann ihm den Schrecken nehmen mit einem befreienden Lachen. Das
Osterlachen hat die Bedeutung den Tod auszulachen, weil wir Christen eine
Frohbotschaft haben.
Der christliche Glaube sagt uns, dass an Ostern nicht nur der Stein vom leeren
Grab Jesu weggewälzt wurde, sondern auch der Stein der Hoffnungslosigkeit,
der bis dahin auf uns Menschen gelastet hatte.
Der Stein begrabener Hoffnung
Dieser Stein verschloss das Grab und begrub gleichsam die Hoffnung der Jünger
unter sich. Und es heißt im Evangelium: dieser Stein war sehr groß. Unser Stein,
den wir hier vor dem Ambo sehen, soll eine Andeutung dieses großen Steines
sein. Und so mag dieser Stein für alle die Steine in unserem Leben stehen, die
Hoffnungen unter sich begraben. Es gibt viele Steine, die das Leben einsperren
und uns vom wahren Leben trennen.
Der Autor des Buches, der Klang, inzwischen ein Landsberger, schreibt: „ Es ist
eine subtile Form des Unglaubens, wenn man sich an das, was man glaubt
gewöhnt hat. In der Gewöhnung ist die Seele ohne Hoffnung und der Geist ist
ohne Fragen. Vielleicht ist so manche Bekenntnisformel einfach zur Gewöhnung
geworden? Vielleicht hat die Kirche den Geschmack der Auferstehung
verloren? – so als würde ein Stein unsere Hoffnung begraben.
Kurt Marti greift diesen Stein der begrabenen Hoffnung in einem Gedicht auf.
Kurt Marti:
„Glücklich ihr Atheisten.
Ihr habt es leichter euch wirbelt kein Gott
aus der Bahn des schlüssigen Denkens.
Kein Glaube wirft Schatten
auf eure taghelle Logik.
Nie stolpert ihr über bizarre Widersprüche.
Kein Jenseits vernebelt euch
die Konturen der Welt.
Nie seid ihr berauscht
von heiligen Hymnen und Riten“
Glücklich ihr Atheisten - ihr könnt sagen: Ich glaube nur, was ich sehe, begreife
und messen kann. In eurer Logik ist kein Platz für die Erfahrung, dass am
Karfreitag eben nicht alles zu Ende ist. Ihr müsst nicht den Widerspruch
aushalten, dass der Ermordete in Wahrheit der Lebendige ist und der
Unterlegene in Wirklichkeit der Sieger. Ihr braucht euch nicht mit einem Leben
jenseits der Todesgrenze zu beschäftigen. Und euch lenkt kein Weihrauch, kein
Kerzenduft und kein liturgisches Spiel ab von der harten Realität der Welt…
Doch das Gedicht geht aber weiter:
„Glücklich ihr Atheisten
Gern wäre ich einer von euch
Jedoch jedoch: ich kann nicht.“
In diesem: Jedoch ich kann nicht steckt alles was wir heute feiern. Es geht um
das Trotzdem.
 Ich kann nicht, weil ich weiß, dass damals aus resignierten und
enttäuschten Jüngern mutige und überzeugte Bekenner geworden sind.
Aus sesshaften Fischern unermüdliche Missionare und Weltreisende
 Ich kann nicht, weil die Jüngerinnen und Jünger Jesu für ihr Bekenntnis
„ER- lebt“ ihr Leben radikal verändert haben. Und in den Tod gegangen
sind.
 Ich kann nicht, weil es seit 2000 Jahren Menschen gibt die vom
lebendigen Jesus gepackt waren, die von ihm die Kraft bekommen haben
österlich zu leben.
 Wie ein Don Bosco (vor 200 Jahren geboren ), der fröhlich im
Einsatz für junge Menschen gewirkt hat.
 Wie eine Teresa von Avila ,( vor 500 Jahren geboren) die in tiefer
Ergriffenheit mit diesem Auferstandenen verbunden war.
 Thomas Merton (Trappistenmönch vor 100 Jahren geboren)
„Das Leben ist kein Problem, das gelöst werden muss, sondern ein
Geheimnis, das gelebt werden muss“.
 Am 9. April werden es 70 Jahre, so der Theologe Dietrich
Bonhoeffer im Konzentrationslager Flossenbürg hingerichtet
wurde. Er ging mit dem Glauben an die Auferstehung in den Tod.
Menschen, die im Blick auf das Kreuz die dunklen Stunden überstehen und die
sich trotz ihrer Not inneren Friede und die Freude bewahrt haben.
Gerade diese Menschen vermitteln mir: Das Wesentlichste und Grundlegendste
unseres Daseins können wir nicht schlüssig berichten und wissenschaftlich
beweisen. Liebe, Glück und Sinn können wir erspüren, erleben, erhoffen und in
bildhafte Worte kleiden. Ihr Verlust kann uns Schmerz zufügen, der- obwohl
unsichtbar – so real ist wie ein brutaler Schlag. Mit Jesus ist unser Leben keine
Sackgasse mehr, kein Unterwegs zum Friedhof, sondern in der Kraft Gottes ein
Unterwegs vom Tod zum Leben!
Rolling Stones
Und ich kann nicht, weil Ostern in mir selbst immer wieder geschieht; weil es
„Rolling Stones“, weggerollte Steine, auch bei mir gibt, wenn ich aus dem Grab
meiner Sturheit und meines Egoismus herausfinde; wenn mich jemand aus der
Höhle meiner Selbstzufriedenheit und meiner Oberflächlichkeit befreit. Ich kann
nicht, weil ich das Wirken des lebendigen Jesus selber in meinem Leben erlebe.
Wenn er mich herausfordert und provoziert, den Weg der Liebe zu gehen ist es
als würde mir ein Stein vom Herzen fallen.
Als die Hoffnung endgültig begraben schien, als die Jünger am Ende ihrer
menschlichen Erwartungen waren, zeigte sich die rettende Hand Gottes. Der
Stein vom Grab war weggewälzt und sie gingen in das Grab hinein…
Manchmal muss man das, was einem das Leben nimmt in den Blick nehmen,
um wieder zum Leben zu kommen
Die Versuchung, die Kurt Marti beschreibt ist verständlich: „Glücklich ihr
Atheisten – gern wäre ich einer von euch“. Aber die letzten fünf Worte seines
Gedichts lassen mir keine Ruhe: „jedoch, jedoch: ich kann nicht!“
Schluss
Angelus Silesius, Theologe und Mystiker im 17. Jhd. gibt uns noch einen guten
Ostertipp:
„Es hilf dir nicht, dass Christus auferstanden,
wenn du noch liegen bleibst in Todesbanden.“
Tja, Es ist schwierig zu hören, dass ER auferstanden ist. Es ist noch schwieriger, jeden Tag selbst neu aufzuerstehen und Totes zurückzulassen.Es gibt nicht
nur ein Leben nach dem Tod sondern auch ein Leben vor dem Tod.
Unsere Vorstellungen, wie es nach dem Tod sein wird sind manchmal auch ein
wenig lustig…
Bei einer Beerdigung werden Blumen ins Grab geworfen und ein Freund des
Verstorbenen wirft eine Scheibe Leberkäs ins Grab hinunter. Daraufhin spricht
ihn einer der Hinterbliebenen ihn an:“ Glaubst du dass der Verstorbene noch
deinen Leberkäs ist?“ Darauf antwortete der Herr: „Glaubst Du, dass der
Verstorbene noch deinen Blumen in eine Vase stellt?“
Wie immer die Vorstellungen auch sein mögen unser Glaube braucht einen
Himmel.
Ähnlich wie ein Ehepaar das in den Himmel kommt. Dort angekommen staunt
die Frau über die Schönheit und Fülle des Himmels. Darauf sagte der Mann:
„ Das hätten wir schon lange haben können, du immer mit deinen blöden
Knoblauchpillen“
So dürfen wir durch die Auferstehung auf das ewige Leben im Himmel
vertrauen, wie immer das auch sein wird. Der Stein ursprünglich Anlass zum
Erschrecken, in Wirklichkeit Zeichen für all das Bedrängende, das durch die
Auferstehung von uns Menschen genommen wurde.