Argumentarium Abstimmung vom 14. Juni 2015 NEIN zur schädlichen KMU-Steuer Die Erbschaftssteuer entzieht Familienunternehmen beim Generationenwechsel Geld. Dieses fehlt dann für Investitionen. Zudem sind viele KMU und ihre Arbeitsplätze bedroht. NEIN zur familienfeindlichen Steuer Die eigenen Kinder zahlen heute in den meisten Kantonen keine Erbschaftssteuern. Neu sollen sie wie entfernte Verwandte und Fremde besteuert werden. Das widerspricht dem Verfassungsziel der Familienförderung. NEIN zur Dreifachbesteuerung Einkommen und Vermögen werden bereits heute jährlich versteuert. Erbschaftssteuern besteuern das gleiche Vermögen ein drittes Mal und bestrafen so Sparerinnen und Sparer. NEIN zur Entmündigung der Kantone Die meisten Kantone haben die Erbschaftssteuern für direkte Nachkommen nicht abgeschafft, damit sie durch eine neue Bundessteuer wieder eingeführt werden. NEIN zum Bürokratiemonster Schenkungen von jährlich über 20’000 Franken müssen ein Leben lang registriert werden. Sie werden einem späteren Nachlass zugerechnet. Die Folge ist eine Buchführungs- und Rechenschaftspflicht für alle. Inhaltsverzeichnis Die wichtigsten Argumente 3 Was die Erbschaftssteuer-Initiative fordert 5 So werden Erbschaften heute besteuert 7 Die Argumente gegen die Erbschaftssteuer 9 - NEIN zur schädlichen KMU-Steuer 9 - NEIN zur familienfeindlichen Steuer 15 - NEIN zur Entmündigung der Kantone 18 Breite Allianz sagt NEIN 19 Weitere Informationen auf www.erbschaftssteuer-nein.ch Überparteiliches Komitee «Nein zur neuen Bundessteuer auf Erbschaften» Postfach 5835, 3001 Bern [email protected] 2 Die wichtigsten Argumente NEIN zur schädlichen KMU-Steuer 80 Prozent der 300’000 Schweizer Unternehmen sind in Familienbesitz. Jedes Fünfte soll in den nächsten fünf Jahren an die nächste Generation übergeben werden. Der Generationenwechsel ist bereits heute anspruchsvoll für die Familien und deren Unternehmen. Die Initiative verspricht zwar Erleichterungen für Unternehmen, konkrete Zahlen sucht man im Initiativtext aber vergeblich. Bei Annahme der Initiative würde die Katze im Sack gekauft. Da die meisten Unternehmer zudem einen Grossteil ihres Vermögens in ihrem Unternehmen investiert haben, ist oftmals gar nicht genug frei verfügbares Kapital vorhanden, um solch eine Steuer zu begleichen. Um überhaupt von Erleichterungen profitieren zu können, müssen die Erben das Unternehmen während mindestens zehn Jahren weiterführen. In dieser Zeit haften sie für die gesamte Steuer. Denn verkauft der Erbe das Unternehmen innerhalb von zehn Jahren, geht er Konkurs oder stirbt er, muss die volle Steuer nachbezahlt werden. Ein verantwortungsvoller Unternehmer muss darum das Geld für die Begleichung der Erbschaftssteuer im Unternehmen bereithalten. So wird viel Geld unproduktiv blockiert. Geld, das im Betrieb und für wichtige Investitionen fehlt. Für Unternehmen mit niedrigen Margen ist die Erbschaftssteuer damit nicht tragbar. Sie müssen Arbeitsplätze abbauen, sich verschulden oder gar ihr Lebenswerk verkaufen, statt es den eigenen Kindern zu übergeben. Dadurch erleiden KMU über die Erbschaftssteuer gegenüber nicht Familienunternehmen einschneidende Wettbewerbsnachteile. NEIN zur familienfeindlichen Steuer Die meisten Kantone haben die Erbschaftssteuer für direkte Nachkommen in den letzten Jahren abgeschafft. So wurde die familieninterne Weitergabe von angespartem Vermögen und Familienunternehmen erleichtert. Die Erbschaftssteuer-Initiative will diese demokratischen Entscheide aushebeln und greift damit die Familie als tragendes Element unserer Gesellschaft an. Die eigenen Kinder und Enkel müssen neu, genau wie entfernte Verwandte oder Fremde, 20 Prozent Steuern auf einer Erbschaft bezahlen. Beträgt der Nachlass zwei Millionen Franken, kann der entfernte Verwandte steuerfrei erben. Beträgt der Nachlass drei Millionen Franken und sind drei Kinder erbberechtigt, müssen vor Auszahlung an die Kinder zuerst 200’000 Franken Erbschaftssteuern beglichen werden. Das ist ungerecht und widerspricht dem Verfassungsziel der Familienförderung. Die Initiative ist aber nicht nur familienfeindlich, sie bestraft auch alle Sparerinnen und Sparer. Denn Einkommen und Vermögen werden bereits zu Lebzeiten besteuert. Das angesparte Vermögen wird gar jedes Jahr erneut besteuert. Bei Annahme der Initiative würden beim Tod des Steuerzahlenden nochmals 20 Prozent an den Staat fliessen und das gleiche Geld damit ein drittes Mal besteuert. Das ist zu viel. Entgegen den Behauptungen der Initianten ist der Mittelstand sehr wohl von der Erbschaftssteuer betroffen. Denn Häuser oder Unternehmen werden neu zum oft erheblich höheren Verkehrswert und nicht mehr zum tieferen Steuerwert bewertet. Gerade Einfamilienhäuser in zentrumsnaher Lage haben in den letzten Jahrzehnten stark an Wert zugelegt. Zusammen mit ausbezahltem Vorsorgekapital verfügen damit auch viele mittelständische Familien über Vermögenswerte von mehr als zwei Millionen Franken. Haben die Erben zu wenig frei verfügbares Geld, um die Erbschaftssteuer zu begleichen, sind sie unter Umständen gezwungen, das Haus der Eltern zu verkaufen oder auf das Vorsorgekapital zur Begleichung der Erbschaftssteuer zurückzugreifen. 3 NEIN zur Entmündigung der Kantone Die Initiative greift massiv in den Föderalismus ein und nimmt den Kantonen die Möglichkeit, die Erbschaftssteuern eigenständig zu bestimmen. Auch die zahlreichen kantonalen Abstimmungen, die Kinder und Enkel von der Erbschaftssteuer befreit haben, werden ausgehebelt. Dabei sorgt gerade die Selbstbestimmung der Kantone in Steuerfragen für Eigenverantwortung, Bürgernähe und eine massvolle Steuerbelastung. Die Kantone sollen auch weiterhin selbst darüber entscheiden, ob und wie sie eine Erbschaftssteuer erheben wollen. Eine neue Bundessteuer ist unnötig und kontraproduktiv. Deshalb sagen auch die Kantone klar NEIN zur Initiative. Da die Initiative noch unbestimmte Ausnahmen für Unternehmen vorsieht, ist nicht klar, wie viel Geld nach Annahme der Initiative tatsächlich an die Kantone zurückfliesst. Unter Umständen drohen den Kantonen Mindereinnahmen. Diese müssen dann wieder über höhere Steuern an einem anderen Ort aufgefangen werden. Die Initiative führt zu einer enormen Steuerbürokratie. Grund dafür sind eine rechtlich fragwürdige Rückwirkungsklausel, eine Buchführungspflicht bei Schenkungen für Privatpersonen und Unternehmen sowie die Pflicht, dass Erben ein Unternehmen mindestens zehn Jahre weiterführen. Die ausufernden Bestimmungen führen dazu, dass Schenkungsregister geführt oder gar Steuerveranlagungen nach vielen Jahren nochmals neu eröffnet werden müssen. Auf diese Aufblähung des Staats können die Schweizerinnen und Schweizer getrost verzichten. 4 Was die Erbschaftssteuer-Initiative fordert Die Volksinitiative «Millionen-Erbschaften besteuern für unsere AHV (Erbschaftssteuerreform)» von linken und christlichen Kreisen fordert die Einführung einer nationalen Erbschafts- und Schenkungssteuer. Diese Bundeserbschaftssteuer soll die kantonalen Regelungen ablösen. Entgegen der heute in den meisten Kantonen gängigen Praxis sollen neu nicht mehr die Erben, sondern direkt der Nachlass besteuert werden. Erbschaften über zwei Millionen Franken sollen mit einem Satz von 20 Prozent besteuert werden. Bei einer Annahme der Initiative müssen zudem Schenkungen über 20’000 Franken pro Person und Jahr rückwirkend auf den 1. Januar 2012 dem späteren Nachlass des Schenkenden zugerechnet werden. Falls dessen Nachlass über zwei Millionen Franken beträgt, wird der darüber liegende Teil ebenfalls mit 20 Prozent besteuert. Ehepartner und generell steuerbefreite juristische Personen wie Hilfswerke, Parteien usw. sind von der Steuer ausgenommen. Erbschaften an direkte Nachkommen würden hingegen – entgegen der heutigen Praxis in den meisten Kantonen – voll besteuert. Für Unternehmen und Landwirtschaftsbetriebe 1 sollen noch nicht definierte Erleichterungen gelten. Voraussetzung für die Steuererleichterung ist aber, dass die Betriebe durch die Erben zehn Jahre weitergeführt werden. Die von den Initianten prognostizierten Einnahmen von jährlich drei Milliarden Franken sollen zu einem Drittel an die Kantone und zu zwei Dritteln an den Ausgleichsfonds der Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHV) fliessen. Die Initiative wird von der EVP, der CSP, der SP, den Grünen, Travail.Suisse und dem Schweizerischen Gewerkschaftsbund (SGB) befürwortet. Die Initianten fordern eine Korrektur der ihrer Meinung nach ungleichen Vermögensverteilung und mehr Chancengleichheit. Darum sollen Erbschaften von über zwei Millionen Franken zugunsten der AHV und der Allgemeinheit besteuert werden. Erbschaften fielen einem schliesslich ohne eigene Leistung zu. Zudem könne dank der Steuer mehr Steuergerechtigkeit erreicht werden. Die Initiative wurde vor den Wahlen 2011 lanciert und kommt nun am 14. Juni 2015 vor den Wahlen 2015 zur Volksabstimmung. Der Initiativtext I Die Bundesverfassung wird wie folgt geändert: Art. 112 Abs. 3 Bst. abis (neu) 3 Die Versicherung wird finanziert: abis. aus den Erträgen der Erbschafts- und Schenkungssteuer; Art. 129a (neu) Erbschafts- und Schenkungssteuer 1 Der Bund erhebt eine Erbschafts- und Schenkungssteuer. Die Steuer wird von den Kantonen veranlagt und eingezogen. Zwei Drittel des Ertrages erhält der Ausgleichsfonds der Alters- und Hinterlassenenversicherung, ein Drittel verbleibt den Kantonen. 1 Bei Landwirtschaftsbetrieben bleibt deren Wert unberücksichtigt, solange der Betrieb unter bäuerliches Bodenrecht fällt. Bei einer Aufgabe des Landwirtschaftsbetriebs innert weniger als zehn Jahren ist nachträglich eine anteilsmässige Steuer geschuldet. 5 2 Die Erbschaftssteuer wird auf dem Nachlass von natürlichen Personen erhoben, die ihren Wohnsitz im Zeitpunkt des Todes in der Schweiz hatten oder bei denen der Erbgang in der Schweiz eröffnet worden ist. Die Schenkungssteuer wird beim Schenker oder bei der Schenkerin erhoben. 3 Der Steuersatz beträgt 20 Prozent. Nicht besteuert werden: a. ein einmaliger Freibetrag von 2 Millionen Franken auf der Summe des Nachlasses und aller steuerpflichtigen Schenkungen; b. die Teile des Nachlasses und die Schenkungen, die dem Ehegatten, der Ehegattin, dem registrierten Partner oder der registrierten Partnerin zugewendet werden; c. die Teile des Nachlasses und die Schenkungen, die einer von der Steuer befreiten juristischen Person zugewendet werden; d. Geschenke von höchstens 20’000 Franken pro Jahr und beschenkte Person. 4 Der Bundesrat passt die Beträge periodisch der Teuerung an. 5 Gehören Unternehmen oder Landwirtschaftsbetriebe zum Nachlass oder zur Schenkung und werden sie von den Erben, Erbinnen oder Beschenkten mindestens zehn Jahre weitergeführt, so gelten für die Besteuerung besondere Ermässigungen, damit ihr Weiterbestand nicht gefährdet wird und die Arbeitsplätze erhalten bleiben. II Die Übergangsbestimmungen der Bundesverfassung werden wie folgt geändert: Art. 197 Ziff. 92 (neu) 9. Übergangsbestimmung zu Art. 112 Abs. 3 Bst. abis und Art. 129a (Erbschafts- und Schenkungssteuer) 1 Die Artikel 112 Absatz 3 Buchstabe abis und 129a treten am 1. Januar des zweiten Jahres nach ihrer Annahme als direkt anwendbares Recht in Kraft. Auf den gleichen Zeitpunkt werden die kantonalen Erlasse über die Erbschafts- und Schenkungssteuer aufgehoben. Schenkungen werden rückwirkend ab 1. Januar 2012 dem Nachlass zugerechnet. 2 Der Bundesrat erlässt Ausführungsvorschriften für die Zeit bis zum Inkrafttreten eines Ausführungsgesetzes. Dabei beachtet er folgende Vorgaben: a. Der steuerpflichtige Nachlass setzt sich zusammen aus: 1. dem Verkehrswert der Aktiven und Passiven im Zeitpunkt des Todes; 2. den steuerpflichtigen Schenkungen, die der Erblasser oder die Erblasserin ausgerichtet hat; 3. den Vermögenswerten, die zur Umgehung der Steuer in Familienstiftungen, Versicherungen und dergleichen investiert worden sind. b. Die Schenkungssteuer wird erhoben, sobald der Betrag nach Artikel 129a Absatz 3 Buchstabe a überschritten wird. Bezahlte Schenkungssteuern werden der Erbschaftssteuer angerechnet. c. Bei Unternehmen wird die Ermässigung nach Artikel 129a Absatz 5 durchgeführt, indem auf dem Gesamtwert der Unternehmen ein Freibetrag gewährt und der Steuersatz auf dem steuerbaren Restwert reduziert wird. Ausserdem kann für höchstens zehn Jahre eine Ratenzahlung bewilligt werden. d. Bei Landwirtschaftsbetrieben wird die Ermässigung nach Artikel 129a Absatz 5 durchgeführt, indem ihr Wert unberücksichtigt bleibt, sofern sie nach den Vorschriften über das bäuerliche Bodenrecht von den Erben, Erbinnen oder Beschenkten selbst bewirtschaftet werden. Werden sie vor Ablauf der Frist von zehn Jahren aufgegeben oder veräussert, so wird die Steuer anteilmässig nachverlangt. 6 So werden Erbschaften heute besteuert Direkte Nachkommen zahlen in fast allen Kantonen keine Erbschaftssteuer Heute sind die Kantone für die Festlegung und Erhebung von Erbschaftssteuern zuständig. Einzig der Kanton Schwyz kennt weder eine Erbschafts- noch eine Schenkungssteuer. Der Kanton Luzern erhebt eine Erbschafts-, aber keine Schenkungssteuer. Die Steuer ist grundsätzlich in dem Kanton fällig, in dem der Erblasser bzw. Schenker wohnt. Grundstücke werden in dem Kanton versteuert, in dem sie liegen. Der überlebende Ehemann oder die überlebende Ehefrau, die öffentliche Hand und gemeinnützige Organisationen sind in allen Kantonen von der Steuer befreit. Auch die direkten Nachkommen wurden in allen Kantonen ausser Appenzell Innerrhoden, Neuenburg und Waadt per Volksentscheid von der Erbschaftssteuer befreit. Erbschaften innerhalb des engen Familienkreises werden damit differenziert behandelt. Die übrigen Erben werden je nach Verwandtschaftsgrad und Höhe des vererbten Vermögens progressiv besteuert. Entfernte Verwandte und Dritte werden dabei teilweise mit Sätzen von bis zu 54 Prozent besteuert. 2 Die Erträge aus kantonalen und kommunalen Erbschaften und Schenkungen belaufen sich auf knapp eine Milliarde Franken (2012: 898 Millionen Franken). Der Bund erhebt keine Erbschafts- und Schenkungssteuern. Heute sind die Erben steuerpflichtig Die Mehrzahl der Kantone erhebt eine Erbanfallsteuer. Das heisst, dass die Empfänger eines Erbes oder einer Schenkung die Steuer begleichen müssen. Jeder Erbe besteuert also jenen Teil der Erbschaft, der ihm zufällt, haftet aber für die geschuldete Steuer solidarisch mit den anderen Erben. In den Kantonen Solothurn und Graubünden gilt hingegen die Nachlassbesteuerung, die auch die Initianten der Erbschaftssteuer-Initiative fordern. Bei der Nachlassbesteuerung wird von der gesamten Erbschaft (nach Abzug allfälliger Freibeträge und steuerfreier Anteile an nahe Verwandte) die ganze Steuer abgezogen. Verwandtschaftsgrad und Anzahl der Erben spielen dabei keine Rolle. Starke Besteuerung von Vermögen in der Schweiz Im internationalen Vergleich werden Vermögen in der Schweiz stark besteuert. Die Einnahmen belaufen sich auf 1,8 Prozent des Bruttoinlandprodukts (BIP). Vermögenssteuern liefern 6,6 Prozent der Steuereinnahmen – im internationalen Durchschnitt sind es 5,5 Prozent. 3 Dazu kommen jedes Jahr weitere 1,9 Milliarden Franken aus Vermögensgewinnsteuern, 1,2 Milliarden aus Vermögensverkehrssteuern, 0,9 Milliarden aus den heute bestehenden kantonalen Erbschafts- und Schenkungssteuern sowie rund eine Milliarde Franken aus Grundsteuern. 4 Internationaler Vergleich Der OECD-Ländervergleich zeigt, dass zurzeit neben der Schweiz nur Frankreich, Luxemburg, Norwegen, Spanien, Ungarn und Japan eine Vermögenssteuer kennen. In den letzten zehn Jahren haben Deutschland, Österreich, Dänemark, Italien, Finnland, Schweden und die Niederlande ihre Vermögenssteuern abgeschafft. Nur sechs OECD-Staaten kennen sowohl eine Vermögens- wie auch eine Erbschaftssteuer (Frankreich, Luxemburg, Spanien, Norwegen, Japan und die Schweiz [kantonal geregelt]). Staaten wie Kanada, Neuseeland, Österreich, Portugal, die Slowakei und Schweden haben die 2 Ausführungen von Regierungsrat Peter Hegglin, Präsident FDK, Anhörung WAK-S, 27. März 2014. 3 OECD (2014), Revenue Statistics 2014, Taxes on Property. 4 Eidgenössische Finanzverwaltung, Finanzstatistik der Schweiz 2012 (2014). 7 Erbschaftssteuer abgeschafft. Norwegen überlegt sich die Abschaffung der Erbschaftssteuer, um die Investitions- und Sparbereitschaft anzukurbeln und das Arbeitsangebot zu erhöhen. 5 Steuern und Abgaben sorgen heute schon für eine starke Umverteilung Die durchschnittlichen Vermögen sind in der Schweiz höher als in allen anderen Industrieländern. Über die Hälfte der Erwachsenen verfügen über ein Vermögen von über 107’000 US-Dollar. 6 Allein die Ersparnisse der 2. Säule belaufen sich auf 667 Milliarden Franken (2012) und liegen damit über dem BIP der Schweiz. Die Vermögenssteuer liefert jährlich 5,4 Milliarden Franken. Fast 90 Prozent davon werden von weniger als zehn Prozent der Steuerpflichtigen bezahlt. Auch die stark progressive Bundessteuer (18,4 Milliarden Franken pro Jahr) und die Sozialversicherungsbeiträge für die AHV (40,8 Milliarden Franken pro Jahr [2013]) haben eine grosse Umverteilungswirkung. 7 Gemessen an diesen Erträgen hätten die erwarteten Erträge aus der Erbschaftssteuer (laut Initianten jährlich drei Milliarden Franken, der Bundesrat prognostiziert jedoch deutlich weniger) einen kleinen Umverteilungseffekt. 5 «Norwegen muss sich auf die Zeit ohne Erdöl vorbereiten», «NZZ-online», 6. März 2014 (besucht am 31.10.2014). 6 Credit Suisse Research Institute (2013). Global Wealth Databook. 7 Die AHV- und IV-Renten bewegen sich in einem gesetzlichen Band zwischen 1170 und 2340 Franken pro Monat (ab 1. Januar 2014). Alle Erwerbstätigen bezahlen aber unabhängig von der Höhe ihres Lohns 9,8 Prozent des Bruttolohns. Weil sie nicht rentenbildend sind, wirken die AHV- und IV-Beiträge auf hohe Einkommensklassen wie eine Steuer. Die «zu viel» einbezahlten Mittel werden vollständig umverteilt. 8 NEIN zur schädlichen KMU-Steuer Die Initiative schadet Familienunternehmen bei der Übergabe Die Initianten geben vor, mit ihrer Initiative nur die Reichen zu treffen. Tatsächlich trifft die Volksinitiative aber vor allem die Familienunternehmen und damit den Schweizer Mittelstand. Denn 80 Prozent der 300’000 Firmen in der Schweiz sind in Familienbesitz und mit ihren Liegenschaften und Anlagen meist deutlich über zwei Millionen Franken wert. Vielfach wurden sie über Generationen hinweg aufgebaut, weiterentwickelt und innerhalb der Familie weitergegeben. Dank der familieninternen Vererbung konnten Werte und auch Arbeitsplätze geschaffen und erhalten bleiben. Rund ein Fünftel der Familienunternehmen in der Schweiz soll in den nächsten fünf Jahren an die nächste Generation übergeben werden. Für die Besitzer und ihre Familien sind das anspruchsvolle und oft auch sehr emotionale Prozesse. Das Lebenswerk mehrerer Generationen soll an die nächste weitergegeben und gesichert werden. Die Verantwortlichkeiten neu zu klären und die Firma allenfalls für neue Herausforderungen zu rüsten, braucht viel Arbeit und auch finanzielle Mittel. Nicht selten sind nach einer Übergabe auch Investitionen nötig, da die Nachfolger eigene Projekte oder Modernisierungsmassnahmen realisieren wollen. Schrittweise Unternehmensnachfolge wird deutlich erschwert Um die familieninterne Unternehmensnachfolge und damit auch wichtige Arbeitsplätze zu sichern, haben die meisten Kantone die Erbschafts- und Schenkungssteuer für direkte Nachkommen abgeschafft. Das erlaubt es heute vielen Unternehmern, ihre Kinder oder Enkel, die dereinst das Unternehmen weiterführen sollen, schrittweise ins Unternehmen zu holen und ihnen nach und nach Verantwortlichkeiten zu übergeben. So bekommen die Nachfolger vielfach zunächst eine Beteiligung am Unternehmen geschenkt oder erhalten sie als Erbvorbezug. Die Erbschaftssteuer-Initiative würde den Patrons bereits hier erste Steine in den Weg legen. Denn die Erbschaftssteuer würde je nach Wert direkt nach der Übergabe des Aktienpakets oder der Beteiligung fällig. Dem Unternehmen wird also mitten im Übergabeprozess Geld entnommen, das in dieser Phase vor allem zur Sicherung des Betriebs und der Arbeitsplätze eingesetzt werden muss. Oft fehlen flüssige Mittel Gerade Unternehmerfamilien mit mehreren Kindern werden durch die Erbschaftssteuer auf eine harte Probe gestellt. Können oder wollen beispielsweise nicht alle Geschwister einen Betrieb übernehmen, müssen einzelne ausbezahlt werden. Da aber die meisten Familienunternehmen ihr gesamtes Geld im Familienbetrieb investiert haben, ist das Kapital oft nicht bar verfügbar. Um den Erben auszuzahlen, wird darum oft Eigenkapital abgebaut – der Firma wird also wichtiges Geld entzogen. Kommt zu dieser Belastung noch eine Erbschaftssteuer in der Höhe von bis zu 20 Prozent des Unternehmenswerts dazu, überfordert das viele Familienunternehmen finanziell. Sie müssten sich verschulden, um die Steuer begleichen zu können. Mit steigender Verschuldung sinkt jedoch die Kreditwürdigkeit eines Unternehmens. Ein negativer Kreislauf beginnt, der Investitionen verhindert und so sehr rasch zum Konkurs oder Verkauf eines Unternehmens oder von Unternehmensteilen führen kann. Dabei stehen auch Zehntausende Arbeitsplätze auf dem Spiel, denn die Mehrheit aller Schweizer Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ist in einem KMU angestellt. 9 Weniger Wachstum, weniger Arbeitsplätze Eine Studie der Universität St. Gallen 8 zeigt auf, dass die Bruttoanlageinvestitionen infolge einer Annahme der Initiative und der damit verbundenen geringeren Liquidität um bis zu fünf Prozent zurückgehen könnten. Die Folgen sind eine schwächere Wirtschaft und weniger Arbeitsplätze. So sind gemäss der Studie ein um bis zu 0,12 Prozent schwächeres Wirtschaftswachstum sowie der Verlust von jährlich bis zu 12’000 Arbeitsplätzen zu erwarten. KMU sind das Rückgrat unserer Wirtschaft Weit über 90 Prozent aller Schweizer Betriebe sind KMU. Sie beschäftigen knapp drei Millionen Arbeitnehmende. Das sind 70 Prozent der berufstätigen Bevölkerung. KMU sind zudem ein wichtiger Stabilisator für unsere Volkswirtschaft. Wer also die KMU gefährdet, schadet unserer ganzen Wirtschaft. Angekündigte Erleichterungen für Unternehmen sind eine Mogelpackung Die Initianten haben selbst erkannt, dass Familienunternehmen durch eine Erbschaftssteuer in ihrem Weiterbestand gefährdet sind. Sie sehen darum im Initiativtext Erleichterungen für Unternehmen und Landwirtschaftsbetriebe vor. Wie hoch diese Erleichterungen konkret ausfallen werden, steht im Initiativtext aber mit keinem Wort. Das Parlament soll nach einer allfälligen Annahme der Initiative darüber entscheiden. Bis dahin bleibt die Gefahr für Familienunternehmen während Jahren bestehen. Während den Stimmbürgerinnen und Stimmbürgern mit den angekündigten Erleichterungen Sand in die Augen gestreut wird, bekommen die Unternehmen die Katze im Sack präsentiert. Sicher ist einzig, dass die Nachfolger eine Steuer bezahlen müssen – denn Ausnahmen gibt es keine. Anfänglich war vonseiten der Initianten von einem Freibetrag von acht Millionen Franken 9 und einem reduzierten Steuersatz von zehn Prozent die Rede. Inzwischen sind die Initianten weiter zurückgekrebst und propagieren gar höhere Freibeträge und tiefere Steuersätze. Je höher die Erleichterungen (so nötig diese für Unternehmen auch sind), desto weniger Geld resultiert aber für die AHV und die Kantone. Allein schon, dass sie derart über künftige Erleichterungen spekulieren, zeigt, dass die Initiative nicht zu Ende gedacht und für den Unternehmensstandort Schweiz brandgefährlich ist. Denn jene Unternehmen, die demnächst eine Übergabe an die nächste Generation planen, wissen nicht, mit was sie rechnen sollen. Bis die Bedingungen der Erleichterungen feststehen, können noch mehrere Jahre vergehen. Gleichzeitig soll die Initiative rückwirkend auf den 1. Januar 2012 gelten. Diese Planungsunsicherheit lähmt die Betriebe und führt zu einem Nachfolgestau. Lange Weiterführungsfrist lähmt Unternehmen und gefährdet Investitionen und Arbeitsplätze Um als Unternehmen überhaupt in den Genuss von Erleichterungen zu kommen, gelten strenge Auflagen: Die Erben müssen das Unternehmen während mindestens zehn Jahren selbst weiterführen. Das ist eine sehr lange und kontraproduktive Fessel. In Frankreich schreibt das Gesetz lediglich vier Jahre vor. In Italien sind die eigenen Nachkommen bei der Übertragung von Firmenanteilen oder Unternehmen von der Steuer befreit, wenn sie die Beteiligungen mindestens fünf Jahre halten. Der Unternehmer oder die Unternehmerin in der Schweiz bleiben also nach Übernahme des Betriebs zehn Jahre im Ungewissen darüber, wie viele Steuern sie letztlich bezahlen müssen. Zehn Jahre, in denen sie nicht nur das Unternehmen bestmöglich weiterführen müssen, sondern in denen das Damoklesschwert der vollen Steuer über ihnen lastet. Denn passiert innerhalb dieser Frist etwas (Konkurs, Verkauf, plötzlicher 8 Implikationen der Bundeserbschaftssteuer-Initiative für die Familienunternehmen und die schweizerische Volkswirtschaft, Prof. em. Dr. oec. Franz Jaeger, MEcon. Tobias Trütsch, Universität St. Gallen, 2015. 9 Argumentarium der Initianten vom 20. Juli 2011 (gefunden auf der ursprünglichen Webseite der Initianten, die bis im März 2015 online war: www.erbschaftssteuerreform.ch). 10 Tod des Eigentümers), müssen 20 Prozent Steuern bezahlt werden (auf den ehemaligen Steuerwert des Unternehmens). Ist ein Unternehmer also auf Sicherheit bedacht, wird er das Geld für die Begleichung der maximalen Steuer im Unternehmen blockieren bzw. ansparen. Geld, das er ohne Steuer in Innovationen, Investitionen wie beispielsweise neue Maschinen, Fahrzeuge, eine neue Isolierung oder die Schaffung von Arbeitsplätzen investiert hätte. Angesichts all dieser Unklarheiten und Aufwände sinkt der Anreiz, ein Unternehmen überhaupt weiterzuführen oder gar selbst eines zu gründen. 10 Viele Nachfolger, die mit dem Unternehmen nicht so vertraut sind, werden die Risiken meiden und das Unternehmen verkaufen. Fände dadurch ein Konzentrationsprozess statt, wäre dies eine Folge, die die Initianten gerade vermeiden wollen. Ein Blick nach Frankreich zeigt, dass es wegen der hohen Erbschaftssteuer kaum mehr Familienunternehmen gibt. Ausserdem ist es auch möglich, dass Unternehmer zur Abwicklung des Nachlasses ins Ausland ziehen, wo sie dann beispielsweise keine Erbschaftssteuern zahlen. Initiative lässt viele Fragen für Familienunternehmen offen Nicht nur die mit zehn Jahren lange Weiterführungsfrist und die Steuer von bis zu 20 Prozent bereiten den Unternehmern und ihren Familien Sorge. Die vielen unklaren Begriffe und Formulierungen im Initiativtext erschweren die Planung der Unternehmensübergabe zusätzlich. So heisst es im Initiativtext, dass die Erben das Unternehmen während zehn Jahren weiterführen müssen, um zur wichtigen steuerlichen Entlastung zu gelangen. Offen ist aber, ob es reicht, wenn einer der Erben eine Mehrheit der Aktien hält oder als Verwaltungsratspräsident des Unternehmens tätig ist, oder ob er den Betrieb operativ weiterführen muss. Was passiert, wenn der Erbe das Unternehmen acht Jahre weiterführt und es dann verkauft? Kann er mit Erleichterungen rechnen oder werden 20 Prozent Steuern auf den bei Erbanfall definierten Unternehmenswert oder gar den Verkaufswert fällig? Was passiert, wenn der Erbe nach fünf Jahren Konkurs geht? Müssen dann Steuern nachbezahlt werden? Haften in diesem Fall auch die Miterben, die nie im Betrieb tätig waren für die Steuer solidarisch? Und wer ist mit «Erben» gemeint? Reicht es, wenn eine Person den Betrieb weiterführt, obwohl im Initiativtext von «Erben» die Rede ist? Und wäre es auch möglich, dass beispielsweise der Ehemann der Tochter das Unternehmen operativ weiterführt, wenn das Unternehmen so in Familienhand bleibt? All diese Fragen müssen zuerst geklärt werden, bevor die konkreten Folgen der Initiative für die Unternehmerinnen und Unternehmer in unserem Land fassbar werden. Rechtsunsicherheit ist Gift für die Unternehmen Angesichts all dieser Unsicherheiten könnten viele Unternehmensnachfolgen aufgeschoben werden, teilweise werden sie es bereits schon. Die Unternehmen sind in diesem Fall für den Notfall (plötzlicher Krankheits- oder Todesfall) nur ungenügend oder gar nicht gerüstet. Rechtsunsicherheit kann aber auch bedeuten, dass heute schon Vorkehrungen getroffen werden, die vielleicht gar nie nötig sein werden. Hält beispielsweise ein Unternehmer heute schon Geld im Unternehmen zurück, um eine allfällige Steuer bezahlen zu können, wird er kaum noch investieren oder gar gezwungen sein, Sparmassnahmen einzuleiten. Wird das Unternehmen dann nach jahrelanger «Blockade» übergeben, sind wichtige Investitionen in die Zukunft nicht getätigt worden. Der Nachfolger übernimmt im schlimmsten Fall ein geschwächtes Unternehmen, das kaum mehr konkurrenzfähig ist. Auch die in der Initiative festgeschriebene Rückwirkung auf Schenkungen auf den 1. Januar 2012 führt zu Unsicherheit und einer riesigen Bürokratie. Das ist genau das falsche Signal für einen Wirtschaftsstandort, der bereits aufgrund des hohen Frankenkurses unter Druck steht. 10 Deutsche Unternehmer warnen: http://www.focus.de/finanzen/steuern/weniger-wachstumentlassungen-insolvenz-drei-unternehmer-berichten-so-wuerde-die-erbschaftsteuerunsere-unternehmen-zerstoeren_id_4349115.html 11 70 Prozent der Unternehmensnachfolgen gefährdet Wie real die Gefahr durch die Initiative für familiengeführte Firmen ist, zeigt eine Umfrage von KMU Next bei über 1000 KMU. 11 70 Prozent der teilnehmenden Firmen geben an, dass die Initiative die Nachfolge ihres Familienbetriebs gefährdet. Rund 80 Prozent geben an, sie könnten die Erbschaftssteuer nicht aus eigenen finanziellen Mitteln begleichen. Auch die Aufstockung des Fremdkapitals ist für knapp zwei Drittel der Betriebe keine realistische Option. Die Erbschaftssteuer verursacht bei diesen Unternehmen einen existenzgefährdenden Abfluss von Geld oder kann zur Überschuldung führen. Zudem stellen sich gerade zur Bewertung des Unternehmens im Erbfall viele weitere Fragen. Wer legt beispielsweise den Verkehrswert des Unternehmens fest und wie wird er ermittelt? Nimmt die Steuerbehörde gar einen fiktiven Wert an? Eines dürfte klar sein: Den Wert eines Unternehmens kennt man erst, wenn es verkauft wird. Alles andere ist Mutmassung. Man stelle sich folgenden Fall vor: Ein Unternehmer, der einen Grossteil seiner Produkte exportiert, ist am 14. Januar 2015 verstorben, ohne seine Nachfolge aufgebaut zu haben. Laut Initiative gilt der Zeitpunkt des Todes zur Bestimmung des Unternehmenswerts. Tags darauf hebt die Nationalbank den Mindestkurs zum Euro auf. Der Franken gewinnt im Vergleich zum Euro bis zu 20 Prozent an Wert. Für das exportorientierte Unternehmen ein Schock, da seine Produkte deutlich teurer werden oder es mit niedrigeren Frankenerträgen zu kämpfen hat. Die Bestimmung des Unternehmenswerts würde zu diesem Zeitpunkt ganz anders ausfallen als noch einen Tag zuvor. Eine von Zufälligkeiten geleitete Steuer ist eine schlechte Steuer. Wenn es um Arbeitsplätze geht, ist sie gar gefährlich. Studie zeigt: Steuerlast und Gewinndruck auf Unternehmen steigen gewaltig Eine Studie von PwC Schweiz 12 hat die Auswirkungen einer Erbschaftssteuer auf Bundesebene für Familienunternehmen untersucht. Dazu wurden die Daten von 123 Familienunternehmen verschiedener Grössen und Branchen ausgewertet. Der Verkehrswert der Unternehmen wurde anhand dreier Bewertungsmethoden berechnet, um den für die Erbschafts- oder Schenkungssteuer relevanten Unternehmenswert zu ermitteln. Drei Szenarien zeigen die möglichen Steuerfolgen. Szenario 1 geht von einem Freibetrag von zwei Millionen Franken aus. Also von dem Fall, dass ein Unternehmen beispielsweise verkauft oder – aus welchem Grund auch immer – nicht zehn Jahre weitergeführt wird oder werden kann. Szenario 2 geht von einem Freibetrag von acht Millionen Franken (auf dem Unternehmenswert) und einem Steuersatz von zehn Prozent aus. Szenario 3 untersucht schliesslich die Folgen für einen Freibetrag von 20 Millionen Franken auf dem Unternehmenswert und einen Steuersatz von fünf Prozent. Szenario 2 und 3 verwenden Zahlen, die die Initianten im Laufe der Diskussion über mögliche Entlastungen genannt haben. Die Studie geht von der Annahme aus, dass die Steuer für die Unternehmensübertragung im Unternehmen selbst erwirtschaftet werden muss, also nicht aus dem Privatvermögen eines Unternehmers stammt. Das Unternehmen muss zudem sicherstellen, dass die Mittel zum Zeitpunkt der Übertragung verfügbar sind oder unmittelbar danach erwirtschaftet werden. Wenig überraschend zeigt die Studie, dass Industrie und Gewerbe stärker von der Initiative betroffen sind. Bei ihnen steckt der Unternehmenswert in Maschinen und Anlagen. Muss auf diesen Wert bis zu 20 Prozent an den Bund abgeliefert werden, nagt das empfindlich am Eigenkapital des Unternehmens. 11 12 KMU Next-Umfrage zur Eidg. Volksinitiative «Erbschaftssteuerreform», Detailauswertung der Umfrage mit ergänzenden Kommentaren, November 2013. Schweizer Familienunternehmen in Gefahr. Eine Analyse zu den Auswirkungen der Erbschaftssteuer-Initiative auf Familienunternehmen in der Schweiz, pwc, Februar 2015, http://erbschaftssteuer-nein.ch/de/blog/pwc-studie-sieht-familienunternehmen-gefahr-4 12 Diesen Verlust innert nützlicher Frist über höhere Gewinne wieder wettzumachen, ist für viele anlageintensive Unternehmen schwierig bis unmöglich. Ohne Entlastungen wird es teuer Kann ein Familienunternehmen nicht weitergeführt werden oder wird es nicht mindestens zehn Jahre weitergeführt, entfallen jegliche Steuererleichterungen und Entlastungen. Auf den Unternehmenswert, der zwei Millionen Franken übersteigt, müssen also 20 Prozent Steuern (nach)bezahlt werden. Szenario 1 der Studie zeigt, dass dabei bereits Unternehmen ab durchschnittlich 14 Mitarbeitenden, 4,1 Millionen Franken Umsatz oder einer Bilanzsumme von 3,7 Millionen Franken von der Erbschaftssteuer betroffen sein können. Profitable Unternehmen stehen tendenziell früher im Visier der Erbschaftssteuer. Will ein Unternehmer im Szenario 1 die Steuer vorfinanzieren, muss er während zehn Jahren jährlich 30 bis 40 Prozent mehr Gewinn als bis anhin erzielen. Das sind ein Drittel bis zwei Fünftel des bisherigen Eigenkapitals. Bei überdurchschnittlich profitablen Unternehmen greift die Erbschaftssteuer noch früher. Bei gemessenen Eigenkapitalrenditen zwischen 8,8 bis 14,3 Prozent ist das ohne einschneidende Massnahmen für das Unternehmen – wenn überhaupt – kaum erreichbar. Die Zielgrösse von 30 bis 40 Prozent mehr Gewinn setzt die Unternehmen daher unter einen enormen Kosten- und Wachstumsdruck. Zudem führt die Vorfinanzierung der Erbschaftssteuer aus zusätzlichen Gewinnen zu einer steuerlichen Mehrbelastung beim Übertragenden von zehn bis zwölf Prozent. Im Endeffekt wären im Fall einer Vorfinanzierung also statt 20 Prozent Erbschaftssteuer deren 30 bis 32 Prozent fällig. Ohne Vorkehrungen verlieren Unternehmen bis zur Hälfte ihres Eigenkapitals Wird der Steuerbetrag nicht angespart, verliert das Unternehmen laut Studie im Erbfall 20 bis 50 Prozent des Eigenkapitals, oder das entsprechende Geld wird während zehn Jahren im Unternehmen blockiert. Polster für Krisenzeiten schmelzen oder lassen sich nicht mehr aufbauen. Auch für Investitionen und Wachstum besteht dann kein Spielraum mehr. Investitionen sind aber nötig, wenn das Unternehmen konkurrenzfähig bleiben und Innovationen vorantreiben will. Soll also die Weiterentwicklung des Unternehmens nicht leiden, müssen Betriebskosten gesenkt und Arbeitsplätze abgebaut werden. Im Vergleich zu nicht familiär gehaltenen Unternehmen sind der hohe Mittelabfluss oder die Blockade von Geldern im Unternehmen ein grosser Wettbewerbsnachteil. De facto kommt es zu einer Ungleichbehandlung von familiengeführten und nicht familiengeführten Unternehmen. Steuer bricht vielen Unternehmen das Genick Die Studie zeigt, dass zur Finanzierung der Steuer – falls ein Familienunternehmen nicht von Erleichterungen profitieren kann – zwischen 24 und 32 Prozent des Eigenkapitals herangezogen werden müssen. Kleinere Unternehmen haben diese Mittel zwar oft auch ohne vorbereitende Massnahmen verfügbar, müssen in den Folgejahren aber jährlich bis zu 30 Prozent mehr Gewinn erwirtschaften, um das Loch in der Betriebskasse wieder zu füllen. Aus eigener Kraft wird das kaum je gelingen. In letzter Konsequenz können kleinere bis mittlere Familienunternehmen zum Verkauf gezwungen werden, um die Erbschaftssteuer bezahlen zu können. Eine nachhaltige Schwächung des KMU-Standorts Schweiz und ein Strukturwandel unserer noch immer stark von Familiengesellschaften geprägten Wirtschaft wären die Folge. Für Unternehmen mit mehr als 250 Mitarbeitenden sieht es nicht besser aus. Sie müssten Darlehen in der Höhe von bis zu 34 Prozent des Eigenkapitals aufnehmen, um die Steuer begleichen zu können. Um die anfallenden Zinsen aufzubringen, muss in den folgenden zehn Jahren im Extremfall ein um 40 Prozent höherer Gewinn erzielt werden. Eine Vorgabe, die in der Realität kaum je erreicht werden kann. 13 Auch höchste Entlastung führt zu hohem Gewinndruck Selbst bei einem Entlastungsszenario von zusätzlichen 20 Millionen Franken Freibetrag auf dem Unternehmenswert und einem Steuersatz auf dem Restwert von fünf Prozent sind grössere Firmen mit über 250 Mitarbeitenden von der neuen Steuer betroffen. Auch hier kommt es zu einem Abfluss von Eigenkapital oder einem steigenden Gewinndruck. Zudem besteht während der gesamten zehnjährigen Sperrfrist immer die Gefahr, dass der volle Steuerbetrag noch bezahlt werden muss, falls nachträglich ein Erleichterungsgrund wegfällt. Denn der Erbe oder Beschenkte haftet während der gesamten Sperrfrist mit seinem Vermögen für die Differenz zwischen der tatsächlichen Steuer und der Erbschaftssteuer ohne Entlastungen. Diese Blockade von hohen Eigenmitteln während der langen Zeit von zehn Jahren hemmt die Krisenfestigkeit und schränkt die unternehmerische Freiheit erheblich ein: sie hängt wie ein Damoklesschwert über unseren KMU. Das Wichtigste in Kürze Die Studie von PwC zeigt: – Will ein Unternehmer den Steuerbetrag vor der Unternehmensübergabe bereitstellen, muss er vorgängig während zehn Jahren 30 bis 40 Prozent mehr Gewinn erzielen. Das ist fast unmöglich. Zudem führt die Vorfinanzierung der Erbschafts- oder Schenkungssteuer aus zusätzlichen Gewinnen zu einer steuerlichen Mehrbelastung beim Nachlass bzw. Schenker von zehn bis zwölf Prozent. Die Steuerlast beträgt damit zum Schluss nicht wie beabsichtigt 20 Prozent, sondern bis zu 32 Prozent. – Gewerbe und Industrie sind besonders betroffen, weil ihr Geld im Maschinenpark und in Liegenschaften steckt. Ein Hotelier oder ein Schreiner können die Erbschaftssteuer aus eigener Kraft kaum finanzieren und müssen sich teuer verschulden. – Ohne vorgängige Finanzierung im Unternehmen führt die Begleichung der Erbschaftssteuer zu einem Verlust von bis zu 50 Prozent des Eigenkapitals. Die meisten Unternehmen sind nicht in der Lage, diesen Verlust je wieder wettzumachen. – Ein Familienunternehmen weiterzuführen, wird dadurch finanziell immer unattraktiver. Viele Familienunternehmen werden an grössere Firmen verkauft. Als Konsequenz wird die Anzahl langfristig orientierter Familienunternehmen mit traditionell sicheren Arbeitsplätzen abnehmen. 14 NEIN zur familienfeindlichen Steuer Eigene Kinder sollen gleich viel Steuer zahlen wie Fremde Die Erbschaftssteuer-Initiative schwächt die Familie als wichtige Stütze der Gesellschaft. Heute werden die meisten Vermögen an die direkten Nachkommen vererbt. Um die Weitergabe von Familienvermögen zu erleichtern und die Familie damit zu stärken, haben die meisten Kantone in den letzten Jahren die Erbschaftssteuer für direkte Nachkommen abgeschafft. Drei Kantone kennen zwar noch Erbschaftssteuern für direkte Nachkommen, diese fallen aber moderat aus. Für die Vererbung an entfernte Verwandet und Fremde kennen die Kantone aber teilweise hohe Steuersätze von bis zu 54 Prozent. 13 Diese Unterscheidung ist richtig. Denn beim Erben geht es um mehr als nur um die Weitergabe von Vermögen. Es geht auch um Familiengeschichte, um Tradition und Zusammenhalt. Familienvermögen wurden oft von mehreren Generationen erwirtschaftet, erspart und an die nächste Generation weitergegeben – beispielsweise in Form eines Betriebs, eines Hofs, von Häusern oder Land. Familien bleiben dadurch selbstständig und fallen dem Staat nicht zur Last. Die Initianten wollen die Familien für ihre Anstrengungen nicht belohnen, sondern bestrafen. Die Initiative nimmt auch auf den Verwandtschaftsgrad keine Rücksicht mehr. Der Neffe oder der gute Freund des Verstorbenen bezahlt damit weniger Steuern als heute, die eigenen Kinder werden jedoch zur Kasse gebeten. Besonders Familien mit mehreren Kindern werden die Folgen der Initiative zu spüren bekommen. Denn neu soll nicht mehr der einzelne Erbe, sondern der Nachlass des Verstorbenen besteuert werden. Das heisst, es spielt keine Rolle mehr, wie viel der Einzelne letztlich erbt, sondern wie hoch der Nachlass ist. Erbt also ein entfernter Verwandter zwei Millionen Franken, kommt er steuerfrei davon. Erben jedoch drei Geschwister 2,5 Millionen Franken, müssen sie insgesamt 100’000 Franken (20 Prozent von 500’000 Franken) Steuern bezahlen, obwohl jeder Erbe lediglich 800’000 Franken bekommt. Für nicht verwandte «Grosserben» werden die Erbschaftssteuern also massiv gesenkt, teilweise auf weniger als die Hälfte, während sie für die eigenen Kinder und Enkel teilweise verzehnfacht oder in vielen Kantonen sogar neu eingeführt werden. Nicht eine Umverteilung von Reichen zu Armen, sondern von den eigenen Kindern und Enkeln hin zu nicht oder weiter entfernt Verwandten und nicht verwandten Zufallsgewinnern findet statt. Eine merkwürdige Vorstellung von Gerechtigkeit – eine für die Familie stossende Regelung, die noch dazu in der Bundesverfassung für alle Zeit festgehalten werden soll. Dreifachbesteuerung des gleichen Frankens ist übertrieben Eine nationale Erbschaftssteuer von 20 Prozent wird die im internationalen Vergleich bereits hohe Steuerlast 14 auf Vermögen in der Schweiz weiter steigern. Einkommen und Vermögen werden in der Schweiz bereits zu Lebzeiten hoch besteuert – und das Jahr für Jahr. Warum nun im Todesfall noch ein drittes Mal Steuern an den Staat fliessen sollen, ist schlicht unverständlich. Dass neben einer Vermögenssteuer auch eine Erbschaftssteuer geschuldet ist, ist im internationalen Vergleich unüblich. Neben der Schweiz kennen nur fünf Länder beide Steuern. Unter anderem Frankreich und Spanien. Hochsteuerländer, mit denen die Schweiz nicht tauschen will. 13 Ausführungen von Regierungsrat Peter Hegglin, Präsident FDK, Anhörung WAK-S, 27. März 2014. 14 Vergleiche S. 7/8. 15 Angriff auf Sparerinnen und Sparer Wenn die Schweizerinnen und Schweizer für etwas bekannt sind, dann ist es das Sparen. Jeder möchte fürs Alter ein Polster haben oder den eigenen Kindern durch Erspartes den Weg in eine sichere Zukunft ebnen. Sparen macht eine Volkswirtschaft sicherer. Es ist daher wichtig, dass dieser Anreiz erhalten bleibt und Vermögen auch in Zukunft übertragen werden. Die Erbschaftssteuer-Initiative setzt hier falsche Anreize. Der Mittelstand zahlt einmal mehr die Zeche Nur zwei Prozent der Schweizerinnen und Schweizer seien von der Erbschaftssteuer betroffen, beteuern die Initianten. Die Wahrheit sieht anders aus. Erstens basieren die Zahlen der Initianten, wonach nur zwei Prozent der Bevölkerung ein Vermögen von über zwei Millionen Franken ausweisen, auf veralteten Zahlen von 2007. Zweitens berücksichtigt die Erhebung nur die Steuerwerte der Vermögensanteile. Die geforderte Bundeserbschaftssteuer soll aber auf Verkehrswerten erhoben werden. Diese sind bei Immobilien und Unternehmen viel höher. Noch nicht eingerechnet sind zudem die eventuell ausbezahlten Vermögen aus der 2. Säule und die Säule-3-Guthaben. Zudem darf nicht vergessen werden, dass gerade Wohneigentum an guter Lage in den letzten Jahrzehnten stark an Wert gewonnen hat. Mit einem Einfamilienhaus und etwas Vermögen verfügt eine mittelständische Familie unter Umständen über zwei Millionen Franken. Mit zunehmendem Alter nimmt zudem die Verschuldung durch Hypotheken ab. Der Verkehrswert wird dann nicht mehr so stark durch laufende Hypotheken gemindert, was den Verkehrswert von Liegenschaften zusätzlich erhöht. Diese Faktoren (Vermögensentwicklung der letzten Jahre, Verkehrswertschätzung, hohe Bestände an Vorsorgegeldern) tragen dazu bei, dass der Schwellenwert von zwei Millionen Franken in mehr Fällen als von den Initianten behauptet erreicht werden wird. Unklare Verkehrswertbestimmung Wie bei den Unternehmen kommt auch bei Privatpersonen die Frage nach der Verkehrswertbestimmung auf. Wer trägt die Kosten für die Schätzungen und ein allfällig zweites Gutachten? Wer entscheidet, welcher Wert gilt? 15 Die Gefahr, dass Häuser und andere Erbstücke von Familien verkauft werden müssen, ist reell. Mit der Abschaffung der Erbschaftssteuer für direkte Nachkommen auf kantonaler Ebene sollte genau das vermieden werden. Die Initianten halten sonst den Wert der Familien hoch und wollen Familien schützen – mit der Erbschaftssteuer machen sie genau das Gegenteil! Gute Steuerzahlende nicht zusätzlich belasten Letztlich darf nicht vergessen werden, wer in der Schweiz die höchsten Steuern bezahlt. Rund 20 Prozent der Steuerzahlenden finanzieren zusammen mit den Unternehmen 57 Prozent unseres Staats. Die Personen, die die Initianten vor allem im Visier haben, zahlen also bereits heute einen Grossteil der Steuern. Wandern solche Personen ins Ausland ab – bereits Österreich kennt keine Erbschaftssteuer mehr –, drohen bald substanzielle Teile unseres Steueraufkommens zu fehlen. Die Initianten machen glauben, dass mehr finanzielle Stabilität unseres Staates die Folge ihrer Initiative wäre. Tatsächlich bewirken sie auch hier genau das Gegenteil. Ausserdem bezahlen gute Steuerzahlende auch viel in die AHV ein. Fehlen ihre Beiträge, gerät auch die AHV ins Schlingern. 15 Die Erbschaftssteuer wird viel Juristenfutter mit sich bringen: Verkehrswerteinschätzungen werden wohl in vielen Fällen angefochten werden. 16 Scheinlösung für die AHV Die Initianten wollen zwei Drittel der Einnahmen zur Finanzierung der AHV einsetzen. Sie gehen von jährlichen Beiträgen von zwei Milliarden Franken aus. Der Bundesrat rechnet in seiner Botschaft aber mit deutlich weniger Geld. Die Initianten wiegen die Stimmbürgerinnen und Stimmbürger mit ihrem Versprechen in einer falschen Hoffnung. Zwar ist jeder zusätzliche Franken für unsere wichtigste Sozialversicherung willkommen, der Beitrag aus der Erbschaftssteuer – wie hoch er auch immer ausfallen möge – reicht aber bei Weitem nicht zur nachhaltigen Sicherung der AHV. Insofern ist die Initiative zur Einführung einer Erbschaftssteuer zugunsten der AHV eine Mogelpackung und wird die AHV keinesfalls nachhaltig finanzieren. Potenziell kontraproduktiv für die AHV Eine Studie der Universität St. Gallen 16 verweist auf die Effekte für die AHV-Einnahmen, wenn infolge der Erbschaftssteuer-Initiative Tausende Arbeitsplätze wegfallen. Je nach Umsetzung der Initiative sind die Ausfälle in der AHV infolge ausbleibender AHV-Beiträge von Arbeitnehmenden und Unternehmen grösser als der Betrag, den die Initianten der AHV mittels Erbschaftssteuer zukommen lassen wollen. Nicht eingerechnet sind weitere Folgeeffekte auf die ALV oder die Sozialämter. AHV braucht grundlegende und zukunftsfähige Reform Ohne eine rasche und beherzte Reform drohen der AHV bis 2030 Defizite von jährlich 8,3 Milliarden Franken. Die von den Initianten propagierten zwei Milliarden Franken pro Jahr wären also bei Weitem nicht genug. Sie lösen die Herausforderungen des demografischen Wandels, dem die AHV ausgesetzt ist, in keiner Weise. Denn während 1948, im Gründungsjahr der AHV, noch sechs Beitragszahlende für eine Rente aufkommen müssen, sind es heute noch etwas mehr als drei. Bis ins Jahr 2035 sollen es nur noch deren zwei sein. Ausgelöst wurde diese Entwicklung von den Babyboomern – den geburtenstarken Jahrgängen von 1946 bis Mitte der 1960er-Jahre –, die jetzt ins Rentenalter kommen. Weil auch die Lebenserwartung steigt, verschärft sich das Problem (1948 betrug die durchschnittliche Lebenserwartung im Alter 65 noch rund 14 Jahre für die Frauen und deren zwölf für die Männer. Heute beträgt sie für Männer gut 19 und für Frauen sogar 22 Jahre). Der Vorschlag der Initianten löst damit weder die finanziellen noch die strukturellen Probleme der AHV. Die Initiative verhindert oder verzögert eine rasche Lösung zur Abfederung der demografischen Entwicklung und gefährdet dadurch eine dringend nötige Altersvorsorgereform. Ausserdem ist auch die Verknüpfung der Erbschaftssteuer mit der AHV-Finanzierung verfassungsrechtlich problematisch. Verzichten wir also auf dieses Experiment mit unserer Altersvorsorge. Bundesrat hat eine Reform der Altersvorsorge aufgegleist Der Bundesrat hat im November 2014 die Botschaft zu einer umfassenden Revision der Altersvorsorge verabschiedet. Darin sind auch Massnahmen zur langfristigen Sicherung der AHV vorgesehen. Die Vorlage wird momentan im Parlament behandelt. Es ist wichtig, dass man diesen Reformprozess nicht mittels Störmanövern, wie sie diese Initiative darstellt, behindert. 16 Implikationen der Bundeserbschaftssteuer-Initiative für die Familienunternehmen und die Schweizerische Volkswirtschaft, Prof. em. Dr. oec. Franz Jaeger, MEcon. Tobias Trütsch, Universität St. Gallen, 2015. 17 NEIN zur Entmündigung der Kantone Inakzeptabler Eingriff in die Steuersouveränität der Kantone Die hohe Finanzautonomie der Kantone und Gemeinden ist eine tragende Säule der schweizerischen Finanz- und Steuerpolitik. Heute erheben die Kantone in Eigenregie eine Erbschafts- und Schenkungssteuer. Sie wurde in allen Kantonen gezielt und mit unterschiedlichen Steuersätzen für verschiedene Verwandtschaftsgrade festgelegt. 17 Mit Blick auf die leichtere Nachfolgeregelung von Familienunternehmen haben die meisten Kantone mittels demokratischer Volksabstimmung die Erbschafts- und Schenkungssteuer für direkte Nachkommen (Kinder und Enkel) abgeschafft. Die Initiative ignoriert diese Volksentscheide und will eine Erbschaftssteuer auf Stufe Bund einführen. Damit greift die Initiative massiv in den Föderalismus ein und nimmt den Kantonen die Möglichkeit, die Erbschaftssteuern eigenständig zu bestimmen. Doch gerade sie wissen am besten, welche Einnahmen zur Sicherung der kantonalen Finanzen nötig sind. Zudem sorgt gerade die Selbstbestimmung der Kantone in Steuerfragen für Eigenverantwortung, Bürgernähe und eine massvolle Steuerbelastung. Die Kantone sollen auch weiterhin selbst darüber entscheiden, ob und wie sie eine Erbschaftssteuer erheben wollen. Eine neue Bundessteuer ist unnötig und kontraproduktiv. Deshalb sagen auch die kantonalen Finanzdirektoren klar Nein zur Initiative. Unsichere kantonale Einnahmen Die Kantone sollen gemäss Initiativtext einen Drittel der Einnahmen aus der Erbschaftssteuer erhalten. Da die Initiative noch unbestimmte Ausnahmen für Unternehmen vorsieht, ist nicht klar, wie viel Geld nach Annahme der Initiative tatsächlich an die Kantone zurückfliesst. Auch ist nicht klar, nach welchem Verteilschlüssel die Erträge zwischen den Kantonen aufgeteilt werden. Bekäme beispielsweise auch der Kanton Schwyz einen Anteil aus der Erbschaftssteuer, obwohl er heute gar keine Erbschaftssteuer kennt und somit auch keine Einnahmenverluste zu befürchten hat? Klar sein dürfte, dass den meisten Kantonen Mindereinnahmen drohen. Der Kanton Aargau hat beispielsweise berechnet, dass dem Kanton und den Gemeinden nach Annahme der Initiative jährlich je bis zu 15 Millionen Franken fehlen dürften. 18 Diese Mindereinnahmen müssten dann über höhere Steuern an einem anderen Ort aufgefangen werden. Die Initiative schafft ein Bürokratiemonster und verursacht hohe Erhebungskosten Aufgrund der in der Initiative festgeschriebenen Rückwirkung auf Schenkungen müssten die Kantone schon heute alle Schenkungen registrieren, die seit dem 1. Januar 2012 getätigt worden sind und 20’000 Franken pro Person und Jahr übersteigen. Diese Schenkungen müssen einem späteren Nachlass – falls dieser dereinst bei zwei Millionen Franken oder mehr zu stehen kommt – zugerechnet werden. Nationale Schenkungsregister, die Einträge pro Person und über mehrere Jahrzehnte lang nachverfolgen würden, wären die Folge. Auch ist fraglich, wie Schenkungen in der Familie gehandhabt werden müssten. Eigentlich müsste man ja heute schon wissen, ob nur übertragene Geldbeträge als Schenkung gelten oder ob auch ein von den Eltern finanziertes Auslandsemester unter den Schenkungsbetrag fällt. Auch hier mehr Fragen als Antworten von den Initianten. Auf welcher rechtlichen Grundlage die Erhebung also geschehen soll, ist unklar. Klar ist hingegen, dass bei Annahme der Initiative mit dieser Registrierung viel bürokratischer Aufwand und enorme Kosten verbunden wären. Eine schlanke Steuerverwaltung sieht definitiv anders aus. 17 18 Vergleiche Seite 7. http://www.aargauerzeitung.ch/aargau/kanton-aargau/nach-sparpaket-nein-drohen-ausfaellebis-160-millionen-128922261 18 Rückwirkende Bestimmungen in Initiativen künftig unzulässig? Die Staatspolitische Kommission des Nationalrats ist der Ansicht, dass Volksinitiativen, die rückwirkende Bestimmungen enthalten, künftig für ungültig erklärt werden sollen. Die Kommission hat am 26. März 2015 eine entsprechende Verfassungsänderung beantragt. Damit würde auch eine Initiative wie die Erbschaftssteuer-Initiative künftig für ungültig erklärt werden. Denn die Bürgerinnen und Bürger müssen davon ausgehen können, dass Rechtsbestimmungen, die zum Zeitpunkt einer Handlung in Kraft sind, auch gelten. Auch der Aufwand für die Erhebung der Verkehrswerte des gesamten Nachlasses, insbesondere jedoch von Liegenschaften und Unternehmen, ist enorm. Die Kantone müssten auch für diese Aufgaben zusätzliches Personal anstellen. Denn Schätzungen sind aufwendig und oft auch konfliktgeladen. Meist dürfte es zwei unabhängige Schätzungen brauchen, um Liegenschaften, Schmuck, Kunst, Antiquitäten oder gar Fahrzeuge zu schätzen. Auch wäre zu klären, wer schliesslich entscheidet, wenn die beiden Schätzungen zu unterschiedlichen Werten führen. Wie gingen die Kantone mit Anfechtungen der Schätzungsentscheide um? Es stehen so viele Fragen im Raum, die den enormen Mehraufwand bereits erahnen lassen. Für die Steuerzahlenden selbst drohen neben Unsicherheit auch uneinheitliche Bewertungen (sie sind letztlich immer Schätzungen) und damit Rechtsungleichheiten und Rechtsstreitigkeiten. Auch hier zeigt sich, dass die Initiative nicht zu Ende gedacht ist und schliesslich mehr Aufwand als Erträge für die Kantone bringen würde. Breite Allianz sagt NEIN Die Erbschaftssteuer-Initiative gefährdet unsere KMU. Sie führt zu einer höheren Steuerbelastung und einer enormen Bürokratie beim Staat. Deshalb lehnen Bundesrat und Parlament die Initiative deutlich ab. Im Nationalrat scheiterte die Initiative mit 135:60 Stimmen, im Ständerat mit 34:9 Stimmen. Die Vertreter von CVP, FDP, SVP, BDP und glp sagten deutlich NEIN. Auch die Wirtschaft, das Gewerbe, die Landwirtschaft, der Hauseigentümerverband und die Finanzdirektorenkonferenz der Kantone sprechen sich gegen die Initiative aus. 19
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