Glauben verstehen | 1. Petrusbrief | Das HauskreisMagazin Nr. 35 1 „Leben als Ausländer“ 1. Petrusbrief „Jeder Mensch ist Ausländer, fast überall.“ Wie es sich anfühlt, im eigenen Umfeld fremd zu sein, war den Christen zur Zeit des ersten Petrusbriefes sehr vertraut. Wie sieht es bei uns aus? Ist „Anderssein“ noch ein christliches Lebensideal? Können wir dem alltäglichen Anpassungsdruck erfolgreich widerstehen – und gleichzeitig heiter und gelassen bleiben? Lesen Sie 1. Petrus 3,8-17 und 1,1 und 2,11-12 ©borgogniels/thinkstock Meine spontane Reaktion auf den Bibeltext: Hintergründe & Erklärungen 28 Als Fremdkörper im Feindesland Der erste Vers (V 8) nimmt das christliche Miteinander in den Blick. In den Versen 9 bis 17 kommt aber die Außenperspektive dazu, und man kann sie durchaus mit 1 Petr 1,1 in Verbindung bringen: Wie verhalten sich Christen „als Fremde in dieser Welt, mitten unter Ungläubigen“ (1,1)? Das Gegensatzpaar Gut und Böse durchzieht den weiteren Abschnitt (V 9-17), und es gibt eine Menge praktischer Handlungsanweisungen. Es gilt, dem naheliegenden Bösen zu widerstehen (V 9), die eigene Zunge „im Zaum zu halten“, deeskalierend dem Bösen zu begegnen. Deutlich klingen die Worte der Bergpredigt von Jesus an, von den Seligpreisungen bis zur Feindesliebe. Der Petrusbrief nimmt ganz realistisch Rachegefühle und Vergeltungsgedanken wahr und möchte verhindern, dass diese zum bösen Reden oder gar zur bösen Tat werden. Die Situation der Gemeinden in den kleinasiatischen Provinzen, an die das Schreiben als Rundbrief gerichtet ist (1 Petr 1,1), scheint von zunehmender Bedrückung geprägt. Christen werden als Fremdkörper in der römisch-hellenistischen Welt wahrgenommen. Die große Frage für die Gemeinden lautete: Wie halten wir dem Druck und der Angst vor Verfolgung stand? Wie begegnen wir Menschen und Instanzen, die uns feindlich gesonnen sind, im Geist unseres Herrn, Jesus Christus? Gelassen und furchtlos leben Der erste Petrusbrief will die Christen dazu ermutigen und praktisch ausrüsten. Als „Erwählte Gottes“ (1 Petr 1,1) haben sie eine hohe Berufung zum Guten und zum Segen. So wünschen sie auch ihren Verfolgern Gutes und segnen diese. Auch im feindlichen Lebensumfeld reagieren sie gelassen, weil sie sich vor allem Gott gegenüber verantwortlich wissen. Das ausführliche Zitat (V 10-12) von Ps 34,13-17 will die Adressaten eben daran erinnern. Das in V 15 angedeutete Schriftzitat aus Jes 8,12-13 unterstreicht dies als Verantwortung vor Christus, dem Herrn. Der Tenor des Abschnitts bleibt die Ermutigung zu einer gelassenen Furchtlosigkeit, selbst im unverschuldeten Leiden. „Lasst euch nicht erschrecken“, Gott behält die Seinen im Blick (V 12) – auch in leidvollen Umständen (V 14.17). Und heute? Für unser heutiges Handeln lassen sich folgende Grundlinien erkennen: Den eigenen Überzeugungen als Christ folgen und Gutes tun. Glauben verstehen In dieser Haltung solidarisch mit der umgebenden Gesellschaft sein, sich also nicht abschotten, sondern dialogbereit bleiben. Wo es zum Konflikt verschiedener Wertvorstellungen kommt, weiter dem eigenen Maßstab folgen, leidensbereit sein. Als Segnender das Ziel nicht auf- geben, dass man auch im Konfliktfall die Berufung hat, Gutes in seine Umgebung auszustrahlen. << 1 Fragen & a) 1 Petr 1,1 spricht die Adressaten wörtlich als in der Diaspora (Verstreutheit) Lebende an. Der Begriff „Diaspora“ hat als Fachbegriff für religiöse, aber auch ethnische Minderheitssituationen Karriere gemacht. Wo ist er Ihnen bisher begegnet? Welche Menschen leben in Ihrem Umfeld in der Diaspora? b) „Seid bereit, Rede und Antwort zu stehen, wenn jemand fragt, warum ihr so von Hoffnung erfüllt seid“ (V 15). Fragen sich Menschen in unserem Umfeld, warum wir Christen so sind, wie wir sind? Oder ist das eine völlig unrealistische Erwartung, weil Christen nicht „besser drauf“, sondern nur „besser dran“ sind? c) Wie fallen Christen in Ihrem Gemeinwesen auf – angenehm oder eher unangenehm? Sammeln Sie Beispiele für Ihre Sicht auf die Außenwirkung der Kirchen und Gemeinden in Ihrem Ort. d) Inwiefern ist unsere Situation mit der Situation der Christen des ersten Petrusbriefes vergleichbar? Ist der Kontrast zwischen den Christen und der Gesellschaft hierzulande weniger ausgeprägt, weil unsere Kultur christliche Wurzeln hat? e) Was ist für Sie schwerer auszuhalten, die Gleichgültigkeit vieler Zeitgenossen im Blick auf den Glauben und christliche Überzeugungen, oder die polemische Kritik daran? Was begegnet Ihnen häufiger? f) Die Beschreibung christlicher Gemeinschaft startet Gesprächsideen im V 8 mit der Erwartung „gleich gesinnt“ zu sein. Der Duden nennt als Synonyme: „brüderlich, einhellig, einig, einmütig, einstimmig, einträchtig, einvernehmlich, einverständlich, friedlich, geschlossen, harmonisch, übereinstimmend“ und schließlich (bildungssprachlich) „solidarisch“. Entspricht das Ihrer Erwartung an christliche Gemeinschaft? Werfen Sie zunächst einen Blick auf Ihren Kreis. Wird Ihr Miteinander dem Gesagten gerecht? Entdecken Sie in 1 Petr 3 Handlungsanweisungen, die Ihre Gemeinschaft voranbringen? Zentrale Fragen Werfen Sie im Anschluss den Blick Wie erreichen wir auf Ihre Kirchen. Wie sieht es dort mit eine „g elassene der Verwirklichung aus? Könnten Sie die Furchtlosigkeit“? Impulse aus V 8 in Ihre Gemeinde tragen? Ka nn man Mensche g) Vergleichen Sie die Worte von Jesus n se gn en, die einem aus seiner „Predigt am Berg“, so wie sie Böses wollen? von Lukas in Lk 6,27-28 wiedergegeben werden, mit 1 Petr 3. Welche Strategie gibt uns Jesus mit auf den Weg? Wie wird sie im ersten Petrusbrief weiterentwickelt? h) Segnen statt zurückzuschlagen (V 9) – haben Sie mit dieser Form des Konfliktmanagements bereits Erfahrungen gemacht? Wie kann es Ihnen gelingen, Menschen von Herzen zu segnen, die es nicht gut mit Ihnen meinen? Impuls In einem Lied von Diethelm Strauch heißt es: „Seid fröhlich in der Hoffnung, beharrlich im Gebet, standhaft in aller Bedrängnis. Macht einander Mut, ladet gerne Gäste ein. Zeigt es allen, dass Jesus sie liebt.“ Und weiter: „Euer Leiden wird ein Zeugnis des Glaubens sein, des Glaubens trotz dieser Welt, weil Jesus, der selber gelitten hat, sich treu zu den Seinen stellt.“ Schwebt dem ersten Petrusbrief als Ideal das vor, was Diethelm Strauch im Refrain so beschreibt: „Euer Leben wird ein Zeichen der Hoffnung sein, der Hoffnung für diese Welt“? Tauschen Sie sich darüber aus und, falls bekannt, singen Sie das Lied gemeinsam. Bausteine & Gestaltungsideen Zum Einstieg vor der persönlichen oder gemeinsamen Lesung des Bibeltextes: Kopieren Sie Zettel, auf denen unter der Überschrift „Leben als Ausländer“ jeder Teilnehmer eingeladen ist, seine Assoziationen zu sammeln. Die Einstiegsfragen könnten lauten: „Woran hast du bei der Überschrift ‚Leben als Ausländer’ zuerst gedacht?“ und: „Was fällt dir spontan zu den Begriffen ‚Ausländer’, ‚Fremdling’, ‚Gast’, ‚Pilger’ und ‚Migrant’ ein?“ Nach einigen Minuten sammeln Sie Ihre Assoziationen zu den genannten Signalworten. Haben Sie alle in dieselbe Richtung gedacht, oder sind Einzelne auch auf ganz andere Gedanken gekommen? Worin liegt für Sie der Gleichnisgehalt dieser Begriffe im Blick auf die christliche Existenz in der Welt? Ganz am Ende Ihres Treffens können Sie noch einmal auf die Überschrift zurückkommen. Hat sie sich Ihnen im Laufe des Gespräches erschlossen, oder haben sich ganz andere Perspektiven für Sie aufgetan? Kai-Uwe Marquard ist ab Juli „Ausländer“ und Pastor im „längsten Dorf Deutschlands“, am Kanal in Elisabethfehn in Ostfriesland. 29
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