Was ist der Mensch

Präsentation des theologischen Einführungskurses „Christen und Muslime. Unterwegs zum Dialog“ am 30. September 2010, Stuttgart
Dr. Birgit Rommel, EAEW
Unterwegs zum Dialog
I
„Ich begegne dir und so erkenne ich mich. Du begegnest mir und so erkennst du dich.“
Unterwegs zum Dialog von Christen und Muslimen
So lautet der Titel der ersten Einheit des Kurses, den wir Ihnen heute vorstellen. Viele christliche
Gemeinden haben begonnen, sich verstärkt mit dem Islam auseinanderzusetzen und die
Begegnung mit Muslimen zu suchen. Manchmal sind es äußere Anlässe wie der Bau einer
Moschee in der Nähe, oft auch das Interesse, eine gute Nachbarschaft und ein gutes Miteinander
in der Begegnung mit Muslimen zu gestalten. Nicht immer stehen theologische Fragen im
Mittelpunkt, doch fast immer kommt früher oder später auch die Reden auf den eigenen und den
fremden Glauben. Diese Kirchengemeinden, aber auch Teams von Frauen und Männern, die sich
inhaltlich auf die Planung eigener Bildungs- und Begegnungsveranstaltungen vorbereiten wollen,
will der neue theologische Einführungskurs „Christen und Muslime. Unterwegs zum Dialog“
unterstützen. Sie sind heute abend unserer Einladung gefolgt, um sich selbst ein Bild dieses
Kurses zu machen - schön, dass Sie (alle) da sind!
II
Ich begrüße Frau Prof. Dr. Regina Ammicht Quinn, Staatsrätin für interkulturellen und
interreligiösen Dialog, und Frau Emina Corbo-Mesic, muslimische Religionspädagogin und eine
wichtige Impulsgeberin unseres Projekts – wir freuen uns, dass Sie beide uns nachher in einem
Podiumsgespräch mit meinem Kollegen und Mitherausgeber Kirchenrat Helmut Strack Einblicke
geben werden in Ihre Erwartungen an den Dialog von Christen und Muslimen.
Ich begrüße die Leiterin des Projekts „Christen und Muslime in Baden“, Pfarrerin Annette
Stepputat, die nachher noch sprechen wird, und ich nenne Pfarrer Heinrich Georg Rothe,
Islambeauftragter der Württ. Landeskirche, der heute abend leider nicht da sein kann, aber uns ein
Grußwort mitgegeben hat.
Ich begrüße die Mitglieder der Synode und der Einrichtungen und Werken der württembergischen
Landeskirche – wir freuen uns über Ihr Interesse an unserer Arbeit.
Ich begrüße weiter die, ohne die es zum Kurs „Christen und Muslime. Unterwegs zum Dialog“ und
damit zum heutigen Abend gar nicht gekommen wäre: die Autorinnen und Autoren der fünf
Kurseinheiten, nämlich Andreas Guthmann, Dr. Winfried Dalferth, Christoph Doll, Stefanie
Henger, Irina Ose, Werner Ross, Ingrid Seckendorf, Helmut Strack, Wolfgang Wagner und
ich selbst
- und ich nenne die Mitherausgeberinnen und –herausgeber dieses neuen Kurses: Andreas
Guthmann, Ingrid Seckendorf und Kirchenrat Helmut Strack für die Badische Landeskirche,
Schuldekan Søren Schwesig, OKR Prof. Ulrich Heckel, Stuttgart, sowie ich selbst für die
Württembergische Landeskirche.
Der Kurs „Christen und Muslime. Unterwegs zum Dialog“ ist nach dem Theologiekurs „Zwischen
Himmel und Erde“ und dem Theologischen Anthropologiekurs „Wenn Menschsein zum Thema
wird“ nicht nur bereits das dritte Werk, das die Landesstellen der Evang. Erwachsenen- und
Familienbildung in Baden und in Württemberg gemeinsam herausgeben; es ist auch die dritte
Veröffentlichung im Verlag W. Bertelsmann. Wir danken für die verlässliche, bewährte Kooperation
–und begrüßen Frau Eva Winkelmann!
Zuletzt, aber nicht weniger herzlich möchte ich noch die begrüßen, deren Arbeit der Kurs anregen
und unterstützen möchte: die, die haupt- und ehrenamtlich in der Erwachsenenbildung
Verantwortung tragen, insbesondere Frau Franziska Gnändinger, meine neue Kollegin in der
badischen Erwachsenen- und Familienbildung. Ich freue mich sehr, dass im kommenden Jahr an
vielen Stellen der Landeskirchen Bildungswerke und Kirchengemeinden den Kurs „Christen und
Muslime. Unterwegs zum Dialog“ anbieten werden. In Württemberg wird die LageB im kommenden
Jahr in jeder Prälatur eine Wochenendtagung zu diesem Kurs anbieten, und in Baden sind im
kommenden Jahr Multiplikatorentage geplant.
Präsentation des theologischen Einführungskurses „Christen und Muslime. Unterwegs zum Dialog“ am 30. September 2010, Stuttgart
Dr. Birgit Rommel, EAEW
III
Heute kommt eine zweijährige intensive Arbeitsphase zum Abschluss.
Vier Grundentscheidungen haben uns dabei geleitet. Die erste lautet:
 Wir machen einen Kurs „von Christen für Christen“ – doch wir beziehen in der
Darstellung muslimischer Positionen so weit als möglich muslimische Selbstzeugnisse mit
ein und lassen uns durch eine muslimische Religionspädagogin, Frau Emina Corbo-Mesic,
und einen Islamwissenschaftler, Pfarrer Heinrich Georg Rothe, anregen und korrigieren.
Hinter dieser - gewiss begründungsbedürftigen - Entscheidung stehen zwei Erfahrungen. Die eine
lautet: Lernen über muslimisches Leben ist allein aus Büchern ohne Begegnung mit Muslimen
nicht möglich – und ohne die Erfahrung: „Jetzt muss ich die Seite der Christen vertreten.“ Die
Begegnung verändert den Blick auf das Eigene: Es geht darum, die eigene Tradition im Angesicht
der anderen, im Spiegel der Augen der anderen und damit in einem neuen Licht zu sehen.
Neben dieser Erfahrung steht eine zweite: Es ist ein Gebot der Höflichkeit, sich auf seine
Gesprächspartner/innen vorzubereiten. Dazu gehört, sich zunächst gemeinsam mit anderen
Christinnen und Christen mit dem eigenen (Halb)wissen und den eigenen (Vor)urteilen
auseinanderzusetzen, denn auch dies gehört zur „interreligiösen Kompetenz“. Die am Institut für
Katholische Theologie und ihre Didaktik in Münster lehrende Judith Könemann versteht unter
interreligiöser Kompetenz „die grundlegende Fähigkeit eines Menschen … mit Angehörigen
anderer Religionen in Dialog zu treten über religiöse Angelegenheiten und Religiosität an sich.“ 1
Diese interreligiöse Kompetenz umfasst vier unterschiedliche Einzelkompetenzen: ein Bewusstsein
der Verbindung von Religion und Kultur sowie Wissens-, affektive und kommunikative Kompetenz.
Als wesentliche Voraussetzung für den Erwerb interreligöser Kompetenz bezeichnet Könemann
„die Fähigkeit, sich selbst und seine eigenen Überzeugungen, seine je eigene Religiosität und
Glaubenshaltung, ja Glaubensentscheidung anzuerkennen.“ Interreligiöses Lernen will - mit einer
Formulierung Friedrich Schweizers - „den eigenen Glauben und die eigene Religionszugehörigkeit
mit der pluralen Situation versöhnen“. 2 Die Pluralismusfähigkeit einzelner (wie der Kirche) ist also
Voraussetzung für interreligiöse und interkulturelle Kompetenz. (Noch) mehr Frauen und Männern
Lust machen, sich auf einen solchen Lernweg hin zu mehr interreligiöser Kompetenz einlassen –
darauf zielt der neue Kurs „Christen und Muslime. Unterwegs zum Dialog. Ein theologischer
Einführungskurs in fünf Etappen“.
Die zweite Grundentscheidung lautete:
 Es geht uns um eine Vorbereitung auf den Dialog, nicht um Ersatz statt Dialog. Wir sind
dankbar, dass die Erwachsenenbildung in beiden Landeskirchen Teil eines Netzwerks aus
Islambeauftragten, christlich-muslimischen Gesprächskreisen u.v.a ist, an deren
Dialogerfahrung wir anknüpfen können.
Die dritte Grundentscheidung war:
 Wir konzipieren einen theologischen Einführungskurs – aber auf welcher der vier Ebenen
des Dialogs – auf der Ebene des gemeinsamen Lebens und der Begegnung, des
Handelns, des theologischen Austauschs oder des Gebets und der geteilten Spiritualität –
nachher der Dialog selbst sich entfaltet, entscheidet später jede/r selbst, ja nach den
Möglichkeiten und Interessen vor Ort.
Zuletzt:
 Der Kurs will nicht nur Wissen vermitteln, sondern ebenso die Haltung thematisieren –
denn erst beide Dimensionen gemeinsam machen einen Dialog möglich und lassen ihn
fruchtbar werden.
Daraus entstand ein Kurs, der Christinnen und Christen gesprächsfähig machen und
„Schwellenängste“ vor der Begegnung mit Muslimen nehmen möchte. In fünf Etappen werden
zentrale Dialogthemen so entfaltet, dass Wesensmerkmale des islamischen Glaubens dargestellt
1
Judith Könemann, Interreligiöse Kompetenz. Der Beitrag religiöser Bildungsprozesse zu einer (künftigen)
Schlüsselkompetenz, in: Judith Könemann, Adrian Loretan (Hg.), Religiöse Vielfalt und der Religionsfrieden.
Herausforderungen für die christlichen Kirchen, Zürich 2009, 206-219, hier 208-210.
2
Friedrich Schweitzer, Was heißt: pluralitätsfähige Religionspädagogik?, in: Praktische Theologie, Heft 3/2007, 206 210, 208.
Präsentation des theologischen Einführungskurses „Christen und Muslime. Unterwegs zum Dialog“ am 30. September 2010, Stuttgart
Dr. Birgit Rommel, EAEW
und auf Inhalte des christlichen Glaubens bezogen werden. Nach einer ersten Annäherung an den
interreligiösen Dialog und die eigene Identität gehen die folgenden Kurseinheiten auf das
islamische und das christliche Verständnis von Glaube und Glaubensbekenntnis, Offenbarung,
Religion und Politik sowie Mensch und Gott ein. Da es den Islam so wenig gibt wie das
Christentum, konzentriert sich der Kurs auf den Islam in Deutschland, beachtet aber auch den
internationalen Kontext. Dabei werden vor allem Selbstauskünfte von muslimischen Autorinnen
und Autoren berücksichtigt, um ein möglichst authentisches Bild zu bekommen. Alle fünf Etappen
des Kurses stellen ein Gesamtkonzept dar und sollten als ein Ganzes in der vorgegebenen
Reihenfolge bearbeitet werden.
Jede der fünf Kurseinheiten besteht aus einer Verlaufsplanung und Materialien.
Die Verlaufsplanung gibt in vier Spalten jeweils einen Überblick über Zeitbedarf, Inhalt, Arbeitsform
und die benötigten Materialien. Die angegebenen Zeiten sind variabel zu verstehen und dienen der
Orientierung des Leitungsteams.
Das Material setzt sich wie folgt zusammen:
Materialtexte, die im Verlauf der Kurseinheit auf unterschiedliche Weise eingesetzt werden
können: als Vorlesetexte oder als Lesetexte für die TN während der Arbeit an einer Kurseinheit
oder auch als Bildmaterial. Sie sind Kopiervorlagen und können vergrößert werden. Verschiedene
Bilder sind auch als Folien beigefügt.
Hintergrundtexte, die in erster Linie für das Leitungsteam gedacht sind und inhaltlich-gedankliche
Überleitungen sowie weitergehende Informationen enthalten. Auch diese Texte können im
Einzelfall für die TN kopiert und zur persönlichen Weiterarbeit am Ende der Kurseinheit
mitgegeben werden.
Erläuternde Hintergrundinformationen, die nicht unmittelbar für die Durchführung des Kurses
relevant sind, dem Leitungsteam aber wertvolle weitere Informationen bieten.
In einem Anhang finden sich ergänzende wichtige Hinweise (Adressen, Hinweise auf Arbeitshilfen,
kirchliche Stellungnahmen und Praxisbeispiele sowie Texte, etwa eine Einordnung der
verwendeten Koranübersetzungen aus muslimischer Sicht) für die weitere Befassung mit der
Thematik.
IV
Nun ist der Kurs erschienen – doch das soll ja kein Ende, sondern ein Anfang sein!
„Ein guter Dialog hat kein Ziel, an dem er beendet wäre. Das Ziel des Dialogs soll den Dialog nicht
abschaffen, sondern vertiefen und verbessern. Unterwegs zum Dialog zu sein schließt die
Bereitschaft ein, im Dialog unterwegs zu bleiben.“ (Christoph Schwöbel)
Dazu möge der Kurs beitragen und der heutige Abend Lust machen.
Vielen Dank.