Friedrich Orter zu Gast in der 2A und 1B

17.03.2015 FRIEDRICH ORTER ZU GAST IN DER HBLA KEMATEN - 2A, 1B
Friedrich „Fritz“ Orter ist ein österreichischer Journalist und Autor, der den Schülerinnen und Schülern
der 2A und 1B (im Rahmen einer Veranstaltung des Tiroler Kulturservice) eine Stunde von seinem spannenden (Berufs-)Leben berichtete und für Fragen zur Verfügung stand.
Was bringt einen Menschen dazu, sich in Gegenden und Situationen zu begeben, aus denen - wer immer
kann - flüchtet? Das ist wohl eine naheliegende Frage, wenn man sich mit der Arbeit von Friedrich Orter
beschäftigt. Dieser stellte sich und die Triebfeder seines Handelns mit der Abwandlung eines berühmten
Zitates von Alexander von Humboldt vor: „Für eine Weltanschauung muss man sich die Welt anschauen.“
Friedrich Orter studierte in Wien Slawistik, Geschichtswissenschaft, Germanistik und Philosophie. 1975
promovierte er zum Doktor der Philosophie. 1975 begann Orter beim Österreichischen Rundfunk. Seinen
ersten Auslandseinsatz hatte er Anfang der 1980er Jahre in Polen, von wo er über Lech Wałęsa und die
Solidarność berichtete. Die Tätigkeit als Sonderberichterstatter in Krisengebieten begründete er, als er
1989 von der Revolution in Rumänien berichtete. Ab 1991 berichtete er regelmäßig von den dramatischen
Ereignissen im ehemaligen Jugoslawien. In den folgenden Jahren berichtete Orter für den ORF auch aus
allen Krisengebieten des Nahen und Mittleren Ostens, beispielsweise vom Krieg in Afghanistan, dem IrakKrieg und vom Bürgerkrieg in Syrien.
Friedrich Orter hat weit mehr gesehen, als seinem Publikum zugemutet werden konnte. Viele Jahrzehnte
lang berichtete er als Reporter von den gefährlichsten Orten der Welt. In einem bewegenden Rückblick
skizziert er seine Erlebnisse, erzählt von seinen Grenzerfahrungen und von ergreifenden Schicksalen. Und
von einer großen Hoffnung, die seine Arbeitet begleitet hat.
„Ich weiß nicht, warum ich noch lebe“ heißt das neue Buch des früheren Kriegsreporters Friedrich Orter.
Der Titel spiegelt zwei Aspekte wider: einerseits das Überleben an den Krisenherden der Welt, andererseits die Sinnsuche nach dem Tod seiner Frau.
Nach einem letzten Auslandseinsatz in Syrien, von wo er am 21. September 2012 zurückgekehrt ist und
am selben Abend in der ZIB 2 berichtet hat, trat Orter mit Ende des Monats in den Ruhestand über.
Ein paar Aussagen von Herrn Ortner:
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„Was ich mit dem Buch versucht habe, war ein Freischreiben. Es hatte sehr persönliche Gründe.
Ich musste das einmal loswerden. Ich bin 30 Jahre von einem Krisenherd zum anderen gehetzt,
letztlich bleibt die Frage: Was habe ich verändert? Nichts.“
„Krieg wird heute mit Drohnen geführt, mit Cyberattacken. Aber die archaische Kriegsführung,
die wir dort sehen, zeigt ein Paradox: Obwohl der Westen dem IS technologisch überlegen ist,
gelingt es nicht, dessen Truppen auszuschalten.“
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„Jetzt, wo ich nicht mehr dort bin, beginne ich erst, das zu verarbeiten. Als ich aktiv war, habe ich
nie davon geträumt. Jetzt träume ich von Leichenbergen. Ich könnte sagen: Das sind die berühmten
posttraumatischen Belastungsstörungen.“
„Die Wertvorstellungen haben sich verändert. All das, was man heute so selbstverständlich haben
muss, wird bedeutungslos, wenn man gesehen hat, dass andere nichts haben. Ein Auto, zwei Autos,
ein Haus, zwei Häuser: der sinnlose Materialismus interessiert mich nicht.“
„Es ist der Wunsch, von Fremden zu lernen. Für mich war jedes Land eine Bereicherung. Mir
blutet das Herz, wenn ich sehe, was in Aleppo passiert oder wie die Kulturgüter zerstört werden,
auch im Irak. Der Irak war für mich immer Mesopotamien, das Land der Bibel, Babylon. Jetzt ist
alles kaputt.“
„Ich muss heute nicht mehr mit einem Rucksack irgendwo am Hindukusch liegen. Das hatte ich
schon. Aber es war wirklich wunderbar.“
„Es war der schönste Sternenhimmel, den ich je gesehen habe. Aber plötzlich denke ich: "Träume
ich? Bewegen sich die Sterne hinunter Richtung Kabul?" Es waren nicht die Sterne. Es waren die
Tomahawk-Raketen der Amerikaner.“
„Zuflucht aus der rauhen Realität“ findet Orter nach seinen Angaben beim Wandern, Musikhören
und dem Lesen von insbesondere den Klassikern der Literatur: „Ich weiß nicht, wie oft ich Krieg
und Frieden gelesen habe, das ist vielleicht eine Art Psychotherapie für mich.
Wir bedanken uns bei Herrn Ortner für den interessanten Vortrag.
Maga Ingrid Klema-Costa & Maga Bernadette Wagnleithner
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