Hochspannung im Swiss Science Center Technorama - Polyscope

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MESS- UND PRÜFTECHNIK
NI K
ELEKTRIZITÄTSVORFÜHRUNG
www.polyscope.ch
«Donner ist gut und eindrucksvoll, aber die
Arbeit leistet der Blitz»
Mark Twain
Naturgeschichte eines Blitzes
Hochspannung im
Swiss Science Center Technorama
Die traditionelle Technorama-Hochspannungsshow wird nach achtzehn Jahren durch
eine Elektrizitätsvorführung der Superlative abgelöst. Die neue Vorführung
«Naturgeschichte eines Blitzes» macht Naturereignisse auf spektakuläre Art erlebbar.
»
Matthias Eberle
Blitze haben die Menschheit schon immer
fasziniert, Gegenstand der wissenschaftlichen
Forschung wurden sie aber erst im 18. Jahrhundert. Jeder hat wahrscheinlich schon Erfahrungen mit statischer Elektrizität gemacht.
Zum Beispiel mit einem kleinen Funkenüberschlag nach einem Gang über einen Teppich,
beim Ausstieg aus dem Auto oder wenn
einem die Haare wortwörtlich zu Berge standen. Hautnah erleben die Besucher in der
Vorführung «Naturgeschichte eines Blitzes»
Experimente, die einen die faszinierenden
Kräfte des Stroms erfahren lassen.
Sponsoren
Bundesamt für Energie, Elektrizitätswerke des
Kantons Zürich EKZ, Bundesamt für Berufsbildung
& Technologie, BBT/Förderagentur für Innovation
KTI, ABB Schweiz AG, Axpo Holding AG, BKW FMB
Energie AG, Siemens Schweiz AG, Stadtwerke
Winterthur, SATW, Paul Hendriksen, MCH Messe
Schweiz (Basel), Fachmesse «Powertage»
Schutz vor Blitzen
Die elektrische Ladung konzentriert sich an
Spitzen. Benjamin Franklin hat diesen Effekt
in seiner Erfindung des Blitzableiters genutzt,
der Blitzentladungen von einer Stange auf
dem Dach durch einen Metalldraht sicher in
die Erde ableitet.
Am sichersten vor Blitzen ist man innerhalb von Gebäuden – andernfalls im Inneren
eines Autos. Es sind jedoch nicht die isolierenden Gummireifen, die schützen, sondern
der Umstand, dass der elektrische Strom um
die metallische Karosserie herumfliesst.
Während der halbstündigen Demonstration im Technorama kommt eine 1,2-Millionen-Volt-Tesla-Spule zum Einsatz. Statt einer
Autokarosserie zeigt das Experiment mit den
«Laborblitzen» am Beispiel eines metallischen
Kettenanzuges die Schutzwirkung eines faradayschen Käfigs. Der Strom fliesst nur auf
der Aussenseite des Kettenanzuges bzw. des
Drahtgewebes und dringt nicht in die Innenseite vor. Geschützt in einem faradayschen
Gang, können Besucher die Blitze ganz nahe
beobachten. Besonders Mutige können mit in
der Wand eingelassenen Metallhandschuhen
selbst die Blitze einfangen.
Van-de-Graaff-Generator
Der Generator produziert elektrostatische Ladungen, indem das umlaufende Kunststoffband Ladungen bis hinauf in die Kugel transportiert. Die dabei entstehenden Funken
verraten, wie viel Spannung erzeugt wurde.
Hier wird für jeden Zentimeter Überschlagsweite eine Spannung von zirka 10 000 V benötigt – insgesamt werden bis zu 500 000 V erreicht. Wer die Kugel am oberen Ende berührt,
dem stehen im wahrsten Sinne des Wortes
«die Haare zu Berge».
Wimshurst-Maschine
Wolken reiben sich nicht am Boden – beim
Gewitter bildet sich die Ladung durch Influenz. Die negativen Ladungen an der Unterseite der Wolke verdrängen die negativen
Polyscope 22/09
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Ladungen am Erdboden und sorgen so dafür,
dass der Erdboden positiv geladen ist.
Die Wimshurst-Maschine, auch Influenzmaschine genannt, produziert auf diesem
Weg so grosse Spannungen, dass sie früher
als Spannungsversorgung für Röntgengeräte
verwendet wurde. Die modernsten Geräte
dieser Art findet man heute in Teilchenbeschleunigern. Es handelt sich bei dieser Technorama-Wimshurst um die grösste Maschine
dieser Art der Welt, die unter idealen Voraussetzungen bis zu 700 000 V erreichen kann.
Drahtverdampfung mit Donner
In diesem Experiment wird gezeigt, dass elektrischer Strom Wärme in dem Objekt erzeugt,
das er durchfliesst. Diese Wärmewirkung erhitzt die Luft in einem Blitzkanal – oder eben
den Draht. In den Haushaltsleitungen fliessen
normalerweise max. 16 A bei 230 V. In diesem
Experiment können mehr als 1200 A bei fast
5000 V durch den Draht fliessen, was einer
Leistung von ungefähr 6 Millionen Watt entspricht. Der Draht wird dabei so heiss, dass er
in weniger als einer Tausendstelsekunde verdampft. Durch den sich ausdehnenden Dampf
und die Hitze der umgebenden Luft entsteht
ein lautes Geräusch, das wir als «Donner» erkennen.
«
Bei Experimenten im Labor zeigen solche Funkenüberschläge in vielerlei Hinsicht ein
ähnliches Verhalten wie echte Gewitterblitze
Nachgefragt
«Es macht uns stolz, dass wir bei den
Experten so viel Vertrauen geniessen»
Thorsten
D. Künnemann
Direktor
Swiss Science Center
Technorama
Die Show läuft jetzt seit Oktober. Wie
kommt sie beim Publikum an?
Sehr gut kommen die spektakuläre
Interaktion zwischen Blitzen und
Besuchern und natürlich der Van-deGraaff-Generator, der einem die Haare
zu Berge stehen lässt, an. Aber auch
die musizierende Tesla-Spule bringt
unsere Besucher immer wieder zum
Schmunzeln.
Das Kettenhemd schützt vor den meterlangen
Blitzen aus der 1,2-Millionen-Volt-Tesla-Spule
Infoservice
Technorama
Technoramastrasse 1, 8404 Winterthur
Tel. 052 244 08 44, Fax 052 244 08 45
[email protected], www.technorama.ch
Die Ausstellung ist montags geschlossen
Polyscope 22/09
Bei den Geräten handelt es sich
weitgehend um Unikate. Kann man
so ein Equipment nicht von der
Stange kaufen?
Nein, keinesfalls. Aber auch wir
schaffen das nicht im Alleingang. Bei
der Entwicklung und beim Aufbau der
«Naturgeschichte eines Blitzes» haben
wir mit Fachleuten aus den USA und
Deutschland zusammengearbeitet. Die
Vorführung, die Auswahl der Experimente, die Bühne usw. wurden vom
Technorama konzipiert und beim
Bühnenaufbau haben wir viel selbst
gemacht. Viele der Experimente wurden aber von unseren Partnern gebaut.
Wie stellen Sie sicher, dass die
Experimente für die Zuschauer nicht
gefährlich sind?
Zwischen Zuschauern und Experimenten liegt ein ausreichend
grosser Sicherheitsabstand und die
Bühne ist gegen unerlaubtes
Betreten durch ein Lasergitter
gesichert. Wenn die Zuschauer doch
mal auf der Bühne sind, dann
stehen sie in einem doppelten
faradayschen Käfig, sind also
geschützt. Zudem haben wir alle
Emissionen wie Röntgenstrahlung,
UV-Licht, Ozon und anderes messen
lassen und liegen deutlich unter
den Grenzwerten. Um diese auch
bei der spektakulären Verdampfung des Kupferdrahtes einzuhalten, wurde dieses Experiment mit
einer speziellen Absaug- und
Filtereinrichtung erweitert.
Viele Sponsoren haben zum
Gelingen der neuen Show beigetragen. Wie sah die Unterstützung aus?
Wir konnten gut 50 Prozent der
Aufwendungen durch Sponsoring
abdecken. Die Sponsoren stammen
aus den Branchen Energie, Elektrizität und Bildung. Es macht uns
natürlich stolz, dass wir gerade bei
den Experten so viel Vertrauen
geniessen.
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