26 MESS- UND PRÜFTECHNIK NI K ELEKTRIZITÄTSVORFÜHRUNG www.polyscope.ch «Donner ist gut und eindrucksvoll, aber die Arbeit leistet der Blitz» Mark Twain Naturgeschichte eines Blitzes Hochspannung im Swiss Science Center Technorama Die traditionelle Technorama-Hochspannungsshow wird nach achtzehn Jahren durch eine Elektrizitätsvorführung der Superlative abgelöst. Die neue Vorführung «Naturgeschichte eines Blitzes» macht Naturereignisse auf spektakuläre Art erlebbar. » Matthias Eberle Blitze haben die Menschheit schon immer fasziniert, Gegenstand der wissenschaftlichen Forschung wurden sie aber erst im 18. Jahrhundert. Jeder hat wahrscheinlich schon Erfahrungen mit statischer Elektrizität gemacht. Zum Beispiel mit einem kleinen Funkenüberschlag nach einem Gang über einen Teppich, beim Ausstieg aus dem Auto oder wenn einem die Haare wortwörtlich zu Berge standen. Hautnah erleben die Besucher in der Vorführung «Naturgeschichte eines Blitzes» Experimente, die einen die faszinierenden Kräfte des Stroms erfahren lassen. Sponsoren Bundesamt für Energie, Elektrizitätswerke des Kantons Zürich EKZ, Bundesamt für Berufsbildung & Technologie, BBT/Förderagentur für Innovation KTI, ABB Schweiz AG, Axpo Holding AG, BKW FMB Energie AG, Siemens Schweiz AG, Stadtwerke Winterthur, SATW, Paul Hendriksen, MCH Messe Schweiz (Basel), Fachmesse «Powertage» Schutz vor Blitzen Die elektrische Ladung konzentriert sich an Spitzen. Benjamin Franklin hat diesen Effekt in seiner Erfindung des Blitzableiters genutzt, der Blitzentladungen von einer Stange auf dem Dach durch einen Metalldraht sicher in die Erde ableitet. Am sichersten vor Blitzen ist man innerhalb von Gebäuden – andernfalls im Inneren eines Autos. Es sind jedoch nicht die isolierenden Gummireifen, die schützen, sondern der Umstand, dass der elektrische Strom um die metallische Karosserie herumfliesst. Während der halbstündigen Demonstration im Technorama kommt eine 1,2-Millionen-Volt-Tesla-Spule zum Einsatz. Statt einer Autokarosserie zeigt das Experiment mit den «Laborblitzen» am Beispiel eines metallischen Kettenanzuges die Schutzwirkung eines faradayschen Käfigs. Der Strom fliesst nur auf der Aussenseite des Kettenanzuges bzw. des Drahtgewebes und dringt nicht in die Innenseite vor. Geschützt in einem faradayschen Gang, können Besucher die Blitze ganz nahe beobachten. Besonders Mutige können mit in der Wand eingelassenen Metallhandschuhen selbst die Blitze einfangen. Van-de-Graaff-Generator Der Generator produziert elektrostatische Ladungen, indem das umlaufende Kunststoffband Ladungen bis hinauf in die Kugel transportiert. Die dabei entstehenden Funken verraten, wie viel Spannung erzeugt wurde. Hier wird für jeden Zentimeter Überschlagsweite eine Spannung von zirka 10 000 V benötigt – insgesamt werden bis zu 500 000 V erreicht. Wer die Kugel am oberen Ende berührt, dem stehen im wahrsten Sinne des Wortes «die Haare zu Berge». Wimshurst-Maschine Wolken reiben sich nicht am Boden – beim Gewitter bildet sich die Ladung durch Influenz. Die negativen Ladungen an der Unterseite der Wolke verdrängen die negativen Polyscope 22/09 ELEKTRIZITÄTSVORFÜHRUNG MESS- UND PRÜFTECHNIK Ladungen am Erdboden und sorgen so dafür, dass der Erdboden positiv geladen ist. Die Wimshurst-Maschine, auch Influenzmaschine genannt, produziert auf diesem Weg so grosse Spannungen, dass sie früher als Spannungsversorgung für Röntgengeräte verwendet wurde. Die modernsten Geräte dieser Art findet man heute in Teilchenbeschleunigern. Es handelt sich bei dieser Technorama-Wimshurst um die grösste Maschine dieser Art der Welt, die unter idealen Voraussetzungen bis zu 700 000 V erreichen kann. Drahtverdampfung mit Donner In diesem Experiment wird gezeigt, dass elektrischer Strom Wärme in dem Objekt erzeugt, das er durchfliesst. Diese Wärmewirkung erhitzt die Luft in einem Blitzkanal – oder eben den Draht. In den Haushaltsleitungen fliessen normalerweise max. 16 A bei 230 V. In diesem Experiment können mehr als 1200 A bei fast 5000 V durch den Draht fliessen, was einer Leistung von ungefähr 6 Millionen Watt entspricht. Der Draht wird dabei so heiss, dass er in weniger als einer Tausendstelsekunde verdampft. Durch den sich ausdehnenden Dampf und die Hitze der umgebenden Luft entsteht ein lautes Geräusch, das wir als «Donner» erkennen. « Bei Experimenten im Labor zeigen solche Funkenüberschläge in vielerlei Hinsicht ein ähnliches Verhalten wie echte Gewitterblitze Nachgefragt «Es macht uns stolz, dass wir bei den Experten so viel Vertrauen geniessen» Thorsten D. Künnemann Direktor Swiss Science Center Technorama Die Show läuft jetzt seit Oktober. Wie kommt sie beim Publikum an? Sehr gut kommen die spektakuläre Interaktion zwischen Blitzen und Besuchern und natürlich der Van-deGraaff-Generator, der einem die Haare zu Berge stehen lässt, an. Aber auch die musizierende Tesla-Spule bringt unsere Besucher immer wieder zum Schmunzeln. Das Kettenhemd schützt vor den meterlangen Blitzen aus der 1,2-Millionen-Volt-Tesla-Spule Infoservice Technorama Technoramastrasse 1, 8404 Winterthur Tel. 052 244 08 44, Fax 052 244 08 45 [email protected], www.technorama.ch Die Ausstellung ist montags geschlossen Polyscope 22/09 Bei den Geräten handelt es sich weitgehend um Unikate. Kann man so ein Equipment nicht von der Stange kaufen? Nein, keinesfalls. Aber auch wir schaffen das nicht im Alleingang. Bei der Entwicklung und beim Aufbau der «Naturgeschichte eines Blitzes» haben wir mit Fachleuten aus den USA und Deutschland zusammengearbeitet. Die Vorführung, die Auswahl der Experimente, die Bühne usw. wurden vom Technorama konzipiert und beim Bühnenaufbau haben wir viel selbst gemacht. Viele der Experimente wurden aber von unseren Partnern gebaut. Wie stellen Sie sicher, dass die Experimente für die Zuschauer nicht gefährlich sind? Zwischen Zuschauern und Experimenten liegt ein ausreichend grosser Sicherheitsabstand und die Bühne ist gegen unerlaubtes Betreten durch ein Lasergitter gesichert. Wenn die Zuschauer doch mal auf der Bühne sind, dann stehen sie in einem doppelten faradayschen Käfig, sind also geschützt. Zudem haben wir alle Emissionen wie Röntgenstrahlung, UV-Licht, Ozon und anderes messen lassen und liegen deutlich unter den Grenzwerten. Um diese auch bei der spektakulären Verdampfung des Kupferdrahtes einzuhalten, wurde dieses Experiment mit einer speziellen Absaug- und Filtereinrichtung erweitert. Viele Sponsoren haben zum Gelingen der neuen Show beigetragen. Wie sah die Unterstützung aus? Wir konnten gut 50 Prozent der Aufwendungen durch Sponsoring abdecken. Die Sponsoren stammen aus den Branchen Energie, Elektrizität und Bildung. Es macht uns natürlich stolz, dass wir gerade bei den Experten so viel Vertrauen geniessen. 27
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