Läden wollen raus aus den Archhöfen – doch sie finden keine

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Winterthur
Der Landbote
Donnerstag, 5. November 2015
Läden wollen raus aus den Archhöfen –
doch sie finden keine Nachmieter
Archhöfe im jüngsten
Shoppingcenter der Stadt
stehen zwei geschäfte (fast)
leer, andere hantieren
mit Zwischenlösungen.
Läden, die einziehen wollen,
gibt es offenbar kaum.
«Die Mischung
der Geschäfte hat
von Anfang an
nicht gestimmt.»
Alexandra Bisaz,
Box-Geschäftsführerin
Manchmal, so der Eindruck des
Gelegenheitsbesuchers, hat es
heute etwas mehr Kunden in den
Archhöfen als früher. Genug sind
es offenbar nicht: Mehrere Ge­
schäfte wollen die Shoppingmall
verlassen. Weil sie sich lange
gebunden haben – üblich sind
Fünf­ oder Zehnjahresverträge –,
müssen sie selbst einen Nach­
mieter suchen, was oft nicht ge­
lingt. Die Kunden im Einkaufs­
zentrum können dies an den vie­
len mehr oder weniger kreativen
Zwischenlösungen ablesen.
Beispiel 1: Die Kleiderläden
Superdry und Grünlicht gibt es
nicht mehr – die alten Leucht­
schilder hängen aber noch. Die
Flächen werden von den Mietern
kurzzeitig umgenutzt, bis eine
andere Lösung gefunden ist; Pop­
up­Stores nennt man diese Zwi­
schennutzungen. Das führt teil­
weise zu einem bizarren Marken­
gewirr: Unter dem Grünlicht­
Schild werden keine teuren
Ökokleider verkauft wie früher,
sondern die alten Kollektionen
von Blackout – für 9.95 Franken
und dergleichen. Im Laden, der
noch Superdry heisst, aber kein
Superdry mehr ist, verkaufen die
Inhaber anderer Geschäfte Out­
letware verschiedener Herkunft.
Ein paar Artikelbilder,
ein Automat – sonst nichts
Beispiel 2: Das Elektronik­
geschäft Steg und der Laden Box,
in dem Geschenkartikel verkauft
wurden, stehen leer – fast. Damit
die bezahlte Fläche vielleicht
doch noch den einen oder ande­
ren Franken abwirft, hat Steg
Bilder von Artikeln mit QR­Codes
aufgehängt. Wer diese fotogra­
fiert und bestellt, erhält einen
kleinen Rabatt gegenüber dem
Listenpreis. Im Box wurde eine
Art Selecta­Automat aufgestellt.
Er spuckt Tassen aus, Eiswürfel­
behälter, Sonnenschutzmatten
einer «Mietzinsbeteiligung» von
25 Prozent im ersten Jahr, also
mit rund 25 000 Franken Rabatt.
Während der eilige Shopper die
Pop­up­Stores vielleicht über­
sieht – oder Freude daran hat –,
machen die leeren Flächen einen
eher trostlosen Eindruck. Das ist
kaum im Sinn der anderen Ge­
schäfte. Dort befürchten einige
der Mitarbeiter, dass die Zahl der
«toten Läden» noch zunimmt.
Leere Flächen, kein Personal: Die Geschäfte Steg und Box versuchen, ohne viel Aufwand einen minimalen Umsatz zu generieren.
fürs Auto mit dem Konterfei der
Queen. Ansonsten: Leere. Kein
Personal, keine Kosten.
Box­Geschäftsführerin Alexan­
dra Bisaz bestätigt, dass das Auto­
matenmodell eine «Notlösung»
ist. Man suche einen Nachmieter.
Im «Problemcenter» Archhöfe
habe von Anfang an der Mieter­
mix nicht gestimmt, meint sie.
Man habe einen Migros oder
Coop versprochen, dann sei Aldi
gekommen. «Jetzt ist bei den
Kunden die Schere zu gross.»
Auf Immobilienportalen im
Internet sind die Geschäfte von
Superdry und Steg zur Miete aus­
geschrieben. Die 200 Quadrat­
meter von Superdry im EG sind
für 15 650 Franken im Monat zu
haben. Die Fläche von Steg,
Heinz Diener
obwohl grösser, ist günstiger
wegen der schlechteren Lage im
zweiten Obergeschoss: 8833
Franken. Auffällig: Steg würde
sich die Abgabe an einen Nach­
mieter etwas kosten lassen. Der
Inserent lockt andere Läden mit
«Man sieht jeden Tag
neue Gesichter»
Andere Angestellte berichten,
dass die Zahlen zuletzt etwas bes­
ser geworden seien. Man habe
Stammkunden, heisst es, leider
jedoch gebe es auch zwei Jahre
nach Eröffnung nur wenig Lauf­
kundschaft. «Man sieht aber je­
den Tag neue Gesichter», sagt
Alessandra Milazzo, Filialleiterin
von Jack & Jones. Die junge Frau
zeigt sich kämpferisch: Diese
Neulinge müsse man eben zu
Stammkunden machen.
Für manch einen Laden könnte
das bevorstehende Weihnachts­
geschäft entscheidend sein. Der
Winter bringe den Einkaufs­
zentren einen Vorteil, meint
Milazzo: «Jetzt zieht es die Leute
Christian Gurtner
rein.»
Sie begegnen mir … im Technorama: Sarah SchneiDer (27)
«Erst durch das Ausprobieren
entsteht der Aha-Effekt»
Sarah Schneider will die Lust am Experimentieren wecken.
Marc Dahinden
Ich arbeite als Betreue­
rin im Technorama.
Das Tollste ist für mich,
dass hier die unter­
schiedlichsten Menschen zusam­
mentreffen. Egal in welchem Al­
ter oder mit welchem kulturellen
Hintergrund. Das Technorama ist
für alle da und bietet jedem die
Möglichkeit, auf seine eigene
Weise zu experimentieren und
Erfahrungen zu sammeln. Wir
wollen das Publikum in die Na­
turwissenschaften einführen.
Ich versuche über Fragestel­
lungen die Besucher zum Denken
anzuregen und so in ein Gespräch
mit ihnen zu kommen. Manche
brauchen auch einfach etwas
Überwindung, um sich an die vie­
len Exponate heranzutasten und
sind dann sehr froh, wenn wir Be­
treuer ihnen zuerst einmal etwas
zeigen. Ein anderer Weg, den Be­
suchern die Naturwissenschaften
etwas näherzubringen, sind un­
sere Mitmachtische. Diese ent­
halten viele kleine Experimente,
wie zum Beispiel kleine Knobe­
leien oder auch einmal einen Kar­
tentrick, womit wir die Leute be­
geistern können.
ich denke, dass bei unserer
arbeit der spielerische aspekt
der wichtigste ist. Nicht nur bei
den jüngeren Besuchern. Die
meisten Erfahrungen sammeln
wir doch vor allem übers Auspro­
bieren oder Spielen. Ein kleines
Kind nimmt zuerst alles einmal
in die Hand und probiert aus,
was man damit machen kann.
Durch dieses Spielen lernt es, dass
sich beispielsweise ein Rad dreht
oder dass eine Lupe das Bild ver­
grössert. Und so ist es meiner
Meinung nach auch später im
Erwachsenenleben. Wir lernen
und verstehen Dinge oder Sach­
verhalte viel besser, wenn sich
durch das Ausprobieren ein Aha­
Effekt einstellt. So betrachtet
wollen wir bei den Besuchern die
Neugierde und das Interesse nach
Wissen, Spielen, Experimentie­
ren und Verstehen wecken.
Jedes Jahr besuchen uns über
65 000 Schülerinnen und Schüler.
Unsere Labors und Workshops
kommen bei ihnen und den Leh­
rern besonders gut an und sind
eine super Ergänzung zum Schul­
unterricht. Ich arbeite seit April
2015 im Technorama und kenne
unterdessen bereits die meisten
Sektoren. Ich betreue die Gas­
Vorführung. Hier erleben die
Besucher Chemie und Physik:
hochexplosiv, feurig und ohren­
betäubend. Neben dem Einsatz
bei die Gas­Show arbeite ich auch
in der neuen Erfinderwerkstatt.
Hier lassen sich mit einfachen
Materialien, die in jedem Haus­
halt zu finden sind, Objekte her­
stellen. Zum Beispiel aus Eier­
schachteln, Joghurtbechern oder
Milchpackungen.
ich bin in Winterthur geboren
und auch hier aufgewachsen.
Nach einer Lehre als Polygrafin
machte ich eine Zweitausbildung
zur Musicaldarstellerin und
Schauspielerin. Wenn ich nicht im
Technorama arbeite, stehe ich viel
auf der Bühne. Gesang, Tanz und
Schauspiel sind meine Leiden­
schaft und bestimmen sozusagen
mein Leben. Ich bin auch privat
ein sehr aktiver Mensch. Ich trei­
be viel Sport, bin Mitglied in einer
Stepptanzgruppe und unterneh­
me Ausflüge mit meinen Freun­
den. Mein grösster Wunsch ist,
einmal eine riesige Wohnung mit
einem Fitnessraum
und einem Tanzsaal
zu besitzen. Davon
träume ich immer
wieder.
Aufgezeichnet von
Christian Lanz