Politik Krankenhaus Was sind eigentlich DRGs? Der Zahlen- und Buchstabensalat in Klinikcomputern und Arztbriefen gibt viele Rätsel auf. Wir erklären, was hinter diesen Codes steckt – den Diagnosis Related Groups (DRGs). G 23C – das sieht auf den ersten Blick aus wie eine zufällige Anordnung von Zahlen und Buchstaben. Ist es aber nicht. Und wer sich auskennt, kann diesen Code entschlüsseln: Ein erwachsener Patient hatte eine Blinddarmentzündung (Appendizitis). Zum Glück verlief aber alles glimpflich, und der Wurmfortsatz wurde ohne Probleme operativ entfernt (Appendektomie). G23C ist eine Diagnosis Related Group (DRG). Genauer gesagt stammt sie aus dem Kapitel „Krankheiten und Störungen der Verdauungsorgane“ des Fallpauschalen-Katalogs. Alle DRGs in diesem Kapitel beginnen mit G. Die Zahl 23 bezeichnet die Appendektomie ohne Bauchfellentzündung (Peritonitis) und größere Komplikationen. Mit A, B und C wird dann noch nach dem Alter unterschieden. Nun kann man fragen: Was soll der ganze Aufwand? Schließlich versteht doch jeder Arzt das Wort Appendizitis. Wieso also noch eine Geheimsprache? Das Beispiel zeigt aber: In einer DRG steckt mehr als eine Diagnose. Von jedem Krankenhauspatienten werden eine Vielzahl von Daten erhoben, zum Beispiel Alter, Geschlecht, Vorerkrankungen und natürlich Aufnahmediagnose und Therapiemaßnahmen. Das machen Ärzte oder speziell geschulte Fachkräfte. Und mit Hilfe all dieser Informationen werden die Patienten einem Code zugeordnet. Im Stationsalltag sprechen die Ärzte nach wie vor von einer „Appendektomie“ und sagen nicht „Ich komme gerade von einer G23C“. Denn die DRGs gibt es nicht aus medizinischen, sondern finanziellen Gründen. Nach ihnen rechnen die Krankenhäuser mit den Krankenkassen ab. Anhand der DRG ergibt sich ein pauschaler Geldbetrag, den die Klinik für einen Fall bekommt – egal, wie lange der Patient da war. Vorgegeben ist aber ein Verweildauerkorridor, in diesem Zeitraum bekommt das Krankenhaus immer das gleiche Geld. Geht ein Patient früher nach Hause, wird dem Krankenhaus etwas von der Pauschale abgezogen. Bleibt er länger, gibt es einen Zuschlag – allerdings muss man dann auch begründen können, weshalb der Patient noch da ist. Warum man so vorgeht? Früher wurden die Krankenhäuser nach Tagen bezahlt. Manche Deutsches Ärzteblatt Studieren.de | Heft 1/2011 Kliniken behielten die Patienten daher absichtlich länger da als nötig. Kritiker sehen bei den DRGs allerdings ein anderes Problem: Manche Patienten werden heute zu früh nach Hause geschickt („blutige Entlassung“). Den Pauschalbetrag auszurechnen, ist im Übrigen gar nicht so kompliziert. GrundFALLBEISPIEL lage dafür ist der sogenannte Basisfallwert. Der ist von Bun25-jähriger Patient mit Schmerdesland zu Bundesland etwas zen im rechten Unterbauch, Fieunterschiedlich, liegt im ber und Unwohlsein. Keine VorSchnitt derzeit bei circa 2 900 erkrankungen. Alle Befunde weiEuro. Mathematisch gesehen sen auf eine akute Appendizitis entspricht das einer Erkranhin. Der Patient wird operiert, kung mit dem Schweregrad danach ist er beschwerdefrei. 1,0. Der Basisfallwert wird ● Hauptdiagnose (ICD-10): dann – je nach DRG – mit eiK35.8 Akute Appendizitis, nem Faktor multipliziert. nicht näher bezeichnet ● Nebendiagnosen: keine Ohne DRGs also kein ● Prozeduren (OPS): 5–470.0 Geld. Der Weg dahin verläuft Appendektomie, offen so: Zunächst einmal wird eichirurgisch ne Hauptdiagnose festgelegt, ● DRG: G23C Appendektomie zum Beispiel die Appendiziaußer bei Peritonitis, ohne äutis. Diese wird nach der Interßerst schwere oder schwere national Statistical ClassificaKomplikationen oder Komorbition of Diseases and Related ditäten, Alter >13 Health Problems (ICD) ver● Mittlere Verweildauer: 3,9 Tage schlüsselt. In Deutschland gilt ● Vergütung: etwa 2 100 Euro zurzeit die ICD-10-GM (10. (im Verweildauerkorridor) Revision, German ModificaNicht codiert werden Prozeduren tion). Darüber hinaus gibt wie beispielsweise Blutabnahme, man in den Computer Nekörperliche Untersuchung und bendiagnosen ein, wenn vorRuhe-EKG. handen. Hinzu kommen nun die Behandlungen und Untersuchungen. Sie werden nach dem Operationen- und Prozedurenschlüssel (OPS) codiert. Aus Diagnosen, Prozeduren und weiteren Daten wird eine DRG – wie die G23C. Bei der Zuordnung hilft die EDV (Grouper), und das ist auch gut so. Zurzeit gibt es Dr. med. Birgit Hibbeler nämlich etwa 1 200 DRGs. 23
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