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Buy America
30.01.2014, 06:55 Uhr
Was Google mit Motorola verloren hat
30.01.2014 · Der Verkauf des Handyherstellers Motorola an Lenovo eröffnet zwei
Fragen: Sind das die ausländischen Investitionen, von denen Präsident Obama
träumt? Und wie viel hat Google bei dem Geschäft verloren?
Von PATRICK WELTER, WASHINGTON
Artikel
anchmal kommt es anders und schneller als man denkt. Noch am
© DPA
Dienstagabend hatte der amerikanische Präsident Barack Obama sich in seiner
Rede zur Lage der Nation bemüht, die Vereinigten Staaten als attraktives Land für
ausländische Investoren darzustellen. Am Tag danach überraschte Google die Nation
mit der Nachricht, es gedenke, den Mobiltelefonhersteller Motorola für 2,9 Milliarden
Dollar an den chinesischen Elektronikkonzern Lenovo zu verkaufen. Erst eine Woche
zuvor hatte Lenovo angekündigt, für 2,3 Milliarden Dollar das Netzwerkserver-Geschäft
von IBM für zu kaufen. Schon 2004 hatte Lenovo die PC-Sparte von IBM übernommen.
Sind die chinesischen Übernahmen die ausländischen Direktinvestitionen, von denen
Obama träumt?
In den achtziger Jahren, als japanische Unternehmen in Amerika groß zukauften und
als „gelbe Gefahr“ gebrandmarkt wurden, gab es eine böse Karikatur. Eine
Demonstration von Amerikanern zog darin mit Schildern durch die Straße, auf denen
sie unter dem Motto „Buy american!“ zum Kauf amerikanischer Produkte aufrufen. Am
Schluss des Demonstrationszugs lief ein vereinzelter Japaner, der gleichfalls ein Schild
trug. Darauf stand nicht „Buy american“, sondern: „Buy America“ – Kaufe Amerika!
Noch sind solche Karikaturen nicht wieder zu sehen. Die Lenovo-Transaktion wird
jedenfalls regulär vom amerikanischen Committee on Foreign Investment geprüft
werden müssen, das bei Investoren aus China aus Sicherheitsgründen besonders
kritisch schaut. Vor allem chinesische Mitwirkung in der
Telekommunikationsinfrastruktur ist den amerikanischen Behörden schon seit langen
ein Dorn im Auge. Seit den Enthüllungen zur NSA-Spionage weiß man, weshalb die
Amerikaner chinesisches technisches Gerät nicht im amerikanischen Telefonnetz sehen
wollen.
Hat Google mit Motorola fast 10 Milliarden Dollar verloren?
Dringender stellt sich vorerst eine andere, betriebswirtschaftliche Frage. Wie viel hat
Google bei dem Geschäft verloren? Der Internet-Gigant kaufte den angeschlagenen
Handy-Hersteller Motorola 2012 zum stolzen Preis von 12,5 Milliarden Dollar. Und nun
bekommt Google nur 2,9 Milliarden Dollar für das Unternehmen? Sollte das Minus
tatsächlich fast 10 Milliarden Dollar betragen?
Ganz so einfach ist die Sache natürlich nicht. Hier ist eine grobe Kalkulation. Google
zahlte 12,5 Milliarden Dollar für Motorola, erhielt aber zugleich Motorolas Barbestände
von rund 3 Milliarden Dollar. Seither hat Google das Motorola-Geschäft mit digitalen
Fernsehempfängern (Set-Top-Boxen) für 2,35 Milliarden Dollar verkauft. Nun gibt es
2,9 Milliarden Dollar für die Handy-Sparte von Motorola und einige Patente. Damit
sind wir bei etwa 4,25 Milliarden Dollar. Google hat andererseits seit dem Kauf nach
manchen Schätzungen rund 2 Milliarden Dollar Verluste von Motorola geschluckt,
wobei die damit verbundenen Steuererleichterungen noch nicht berücksichtigt sind.
Google behält das Gros der Patente von Motorola, um sein Betriebssystem Android im
Patentkrieg der Technologieunternehmen abzusichern. Die entscheidende Frage ist
nun: Sind die Tausende Patente, die Google behält, 4 Milliarden Dollar oder mehr wert?
Dann könnte der originale Motorola-Zukauf sich für Google gelohnt haben. Sonst wäre
es ein gewaltiges Verlustgeschäft gewesen.
2012 bezifferte Google den Wert der Motorola-Patente und -Technologie auf 5,5
Milliarden Dollar. Diese Zahl könnte deutlich zu hoch gegriffen sein. Im vergangenen
Jahr verlor Google gegen Microsoft in einem Gerichtsverfahren um Lizenzzahlungen
für Standardpatente. Das Gericht setzte die Lizenzzahlungen auf etwa 1,8 Millionen
Dollar im Jahr an. Google hatte 4 Milliarden Dollar verlangt.
Weitere Artikel
Verkauf an Lenovo: Google stößt Motorola wieder ab
Quelle: FAZ.net
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