Wirtschaft Die Rheinpfalz – Nr. 85 Freitag, 11. April 2008 01_WIRT Cordier wegen Rohstoffpreisen mit Sorgenfalten Chronik Bad Dürkheimer Spezialpapierhersteller schreibt unter neuer Regie schwarze Zahlen – 170 Beschäftigte in der Pfalz lungen, für seine Produkte – vor allem für Technische Papiere – bei den Kunden höhere þ BAD DÜRKHEIM. Mit Kostensenkungen Preise durchzusetzen. Allerdings ist das preisbeund – dank Betriebsvereinbarung – ohne nennenswerten Stellenabbau hat die Bad dingte Umsatzwachstum den Dürkheimer Cordier Spezialpapier GmbH Angaben zufolge zum einen (CSP) die schwierige Phase nach der Insol- von Währungsschwankungen, venz vor zwei Jahren gemeistert. Unter der zum anderen von den enorm Regie einer deutsch-amerikanischen Investo- gestiegenen Preisen für Enerrengruppe entfaltet das wieder mit Gewinn gie und Rohstoffe konterkaarbeitende Unternehmen Innovationskraft riert worden. Der binnen weniger Monate vollführte Preisauf der Suche nach neuen Märkten. sprung bei den für die Spezial„Die Altlasten sind abgetragen, das Un- papierproduktion wichtigen Rohstofternehmen ist in einer gefestigten Po- fen Baumwolle, Stärke und Zellstoff sition, jetzt entwickeln wir eine Vor- sei „mörderisch“, hieß es, der Aufwärtsstrategie für die nächsten drei schlag habe zum Teil 40 Prozent betrabis fünf Jahre“, so umriss gestern das gen. Dennoch sei es gelungen, ein positiUnternehmen auf Anfrage der RHEINPFALZ die Lage im Jahr zwei nach der ves Ergebnis zu erzielen, weil in fast Insolvenz der früheren Cordier-Grup- allen Bereichen Kosten gesenkt worpe. Demnach wird für das laufende Ge- den seien, betonte Cordier. Allein bei schäftsjahr 2007/08 (30. September) den Energiekosten könnten jetzt jährbei einem Absatz von rund 55.000 lich rund 2 Millionen Euro eingespart Tonnen Papier ein Umsatz von rund werden, seitdem die Dampferzeugung 65 Millionen Euro erwartet, eine Grö- von dem an den Ölpreis gekoppelten ßenordnung wie vor der Insolvenz. Brennstoff Gas auf Braunkohlestaub Das Ergebnis vor Zinsen, Steuern und umgestellt und der Kraftwerksbetrieb Abschreibungen werde voraussicht- ausgelagert wurde (Contracting). lich doppelt so hoch ausfallen wie im Auch das Sortiment der lieferbaren Vorjahr. Unter dem Strich bleibe ein Produkte sei bereinigt worden. Einen Sparbeitrag leistet nach wie Gewinn, hieß es. Das vorangegangene Geschäftsjahr hat CSP nach eigenen vor auch die Belegschaft. Gemäß der Angaben mit einem Verlust abge- im Herbst 2006 zwischen Betriebsrat schlossen. Die Zahlen für 2006/07 und Geschäftsleitung abgeschlossenen Betriebsvereinbarung verzichten will Cordier im Juni veröffentlichen. Trotz des harten Preiswettbewerbs die Beschäftigten auf fast die Hälfte ist es dem Spezialpapierhersteller ge- der jährlichen Sonderzahlung. Zurzeit Von unserem Redakteur Michael Wendel KOMMENTAR Baumwolle im Blick Rund 55.000 Tonnen verschiedener Papiere produziert Cordier in den vier Werken. Die Papierfabrik Schleipen (Bild) in Bad Dürkheim ist auf Papier für den Buchdruck spezialisiert. —FOTO: M. FRANCK beschäftigt die CSP an den vier Standorten in Bad Dürkheim, Mühltal und Köln 272 Arbeitnehmer, ebenso viele wie zum Ende des turbulenten Geschäftsjahres 2005/06. Lediglich an den beiden Pfälzer Standorten ist die Belegschaft seit Herbst 2006 von 180 auf 170 geschrumpft. Die Betriebsvereinbarung, die Standorte und Arbeitsplätze garantiert, läuft Ende des Jahres aus. Ob die Garantien aufrecht erhalten bleiben und ob eine neue Vereinbarung ausgehandelt wird, ließ das Unternehmen offen. Es war allerdings zu erfahren, dass die Fertigungskapazitäten sehr gut ausgelastet seien. Etwa 14 Prozent des Umsatzes erzielt CSP nach eigenen Angaben im Auslandsgeschäft. Den Hauptmarkt sieht das Unternehmen nach wie vor in Deutschland und in Westeuropa, forciert seit Herbst 2007 mit Hilfe von Handelsvertretern aber auch das Geschäft in Osteuropa. Mit den in Bad Dürkheim in der Entwicklung befindlichen Produkten – zum Beispiel einer aus einem Baumwoll-Glasfaser-Verbund bestehenden Leiterplatte – will der führende Spezialpapierhersteller neue Nischenmärkte erschließen. Das vor knapp zwei Jahren aufgelegte Investitionsprogramm mit einem Volumen von 7,5 Millionen Euro hat CSP gekürzt. Das Investitionsbudget für die vier Standorte beträgt für das laufende Kalenderjahr rund 2 Millionen Euro. —Kommentar, Chronik Eurokurs und Ölpreis hoch wie nie Europäische Zentralbank sieht Inflationsdruck – Leitzins wird nicht gesenkt Von Michael Wendel þ Dass Biosprit zum WeltAuch von den zwischen Nahrungs- und klima-rettenden Stoff hochBaumwollpreiTechnikpflanzen. Und gejubelt wurde, hat nicht sen hängt die Si- ganz schlecht ist diese Entnur Auswirkungen auf die cherheit der Ar- wicklung für vergleichsweiWelternährung, sondern beitsplätze bei se kleine, scharf kalkulieauch auf die KostenkalkulaCordier ab. rende Papierhersteller wie tion der Papierfabriken. Ein Cordier. Das Thema Rohauf seinen Spezialmärkten führender stoffpreise fordert die ganze KreativiHersteller wie die Bad Dürkheimer tät des Managements, nicht nur in Firma Cordier muss zurzeit Preis- Einkauf und Vertrieb. Dass sich zursprünge für die Rohstoffe Baumwol- zeit offenbar höhere Verkaufspreise le, Stärke und Zellstoff bis zu 40 Pro- durchsetzen lassen, kann nicht darüzent verkraften – weil das Angebot ber hinwegtäuschen, dass dem Kosknapper wird. Denn die Baumwoll- tensparen Grenzen gesetzt sind. Was und Weizenlieferanten stellen ihre passiert, wenn die Standort- und ArLandwirtschaft lieber auf Pflanzen beitsplatzgarantie Ende des Jahres um, aus denen sich der einträgliche- ausläuft, das hängt auch von der weire Kraftstoff Ethanol gewinnen lässt. teren Entwicklung der Preise für Das mag gut sein für die Bauern, Baumwolle und Stärke ab. Anders gees ist gewiss schlecht mit Blick auf sagt: Von der Investitionsentscheidie aufkeimende Flächenkonkurrenz dung der Bauern in fernen Ländern. Murdoch am Kampf Stärke-Industrie will um Yahoo beteiligt BASF-Genkartoffel þ NEW YORK (rtr). Der Übernahmekampf um Yahoo weitet sich kräftig aus. Der Medienmogul Rupert Murdoch – Besitzer des Online-Treffpunktes MySpace – wird möglicherweise dem Softwareriesen Microsoft bei dessen Angebot für Yahoo zur Seite springen, wie US-Zeitungen berichteten. Yahoo schmiedet gleichzeitig neue Allianzen zur Abwehr von Microsoft. Der Konzern steht kurz vor einer Vereinbarung zu einer Fusion mit dem Online-Portal AOL des Medienkonzerns Time Warner und kündigte zudem eine Zusammenarbeit mit dem Branchengiganten Google an. —Aktienchart Von unserem Korrespondenten Klaus Dieter Oehler, Frankfurt þ Die Europäische Zentralbank (EZB) sieht wegen der steigenden Preise für Öl und Nahrungsmittel derzeit keinen Spielraum für eine Senkung der Leitzinsen. Der Rekordstand des Euro beunruhigt die Währungshüter nicht. Die Konjunktur in Europa sei nach wie vor robust, meinen sie. Der Rohölpreis ist auf ein Rekordhoch von mehr als 112 Dollar je Barrel (159 Liter) geklettert. Die Notierung für US-Leichtöl schoss im elektronischen Handel an der New Yorker Rohstoffbörse zeitweise bis auf 112,21 Dollar. Der bisherige Höchstpreis von 111,80 Dollar war im vergangenen Monat erreicht worden. EZB-Präsident Jean-Claude Trichet ließ sich nicht aus der Reserve locken. „Ich kommentiere Wechselkurse grundsätzlich nicht“, sagte er auf die Frage, ob ihn das gestern erreichte Rekordhoch des Eurokurses gegenüber dem Dollar beunruhige. Kurz vor Beginn der Ratssitzung, auf der die EZB den Leitzins wie erwartet unverändert bei 4 Prozent belassen hatte, war die europäische Gemeinschaftswährung vorübergehend auf den bisherigen Höchststand von über 1,59 Dollar gestiegen. Trichet wiederholte nur, dass zu starke Schwankungen der Wechselkurse nicht wünschenswert seien. Das gelte sowohl für den Dollar als auch für das britische Pfund. Die Notenbank in London hat dagegen gestern ihren Leitzins zum dritten Mal in Folge gesenkt: um 0,25 Prozentpunkte auf 5 Prozent. Trichet machte deutlich, dass es aus Sicht der Frankfurter Währungshüter derzeit keinen Anlass gibt, die Wirt- schaftsentwicklung in der Euro-Zone pessimistisch zu sehen. Seit der Einführung der Gemeinschaftswährung seien immerhin 14,7 Millionen neue Arbeitsplätze in den Euro-Ländern geschaffen worden. Das sei aber kein Grund, sich beruhigt zurückzulehnen. Die seit August vergangenen Jahres brodelnde Krise auf den Finanzmärkten sei eine große Herausforderung und sie werde auch noch länger dauern als ursprünglich erwartet. Daher werde die EZB alles Notwendige tun, um für ausreichende Liquidität zu sorgen. Welche Maßnahmen die Zentralbank ergreifen werde, wollte Trichet nicht andeuten. In den vergangenen Monaten hatten die Notenbanker den Banken zusätzliche Geldmittel zur Verfügung gestellt, weil die Kreditvergabe unter den Banken im Zuge der Finanzmarktkrise ins Stocken geraten ist. —Wirtschaftslexikon ANZEIGE þ LUDWIGSHAFEN (oli). Drei große Stärke-Produzenten haben gestern angekündigt, die BASF-Genkartoffel Amflora zu Industriestärke verarbeiten zu wollen, sobald sie zugelassen sei: die deutsche Emsland Group, die niederländische Avebe mit Werken auch in Deutschland, und die schwedische Lyckeby Stärkelsen. Die Unternehmen wiedersprechen damit der Umweltschutzorganisation BUND, die Mitte März behauptet hatte, für Amflora gebe es unter den Stärke-Produzenten in Deutschland keine Abnehmer. Der BUND hatte sich damals auf eine eigene Umfrage berufen, bei der auch Avebe und Emsland befragt worden seien. Cordier – seit 170 Jahren Papiermacher in der Pfalz Die Anfänge der pfälzischen Papiermacherdynastie Cordier reichen mehr als 170 Jahre zurück. Am 24. September 1836 übernahm der aus Koblenz stammende Johann Baptist Leopold Cordier eine Papiermühle im Jägertal zwischen Bad Dürkheim und Frankenstein. Als er 1856 starb, führte seine Witwe Christine den Betrieb weiter, bis 1863 ihr Sohn Peter Heinrich Cordier das Erbe übernahm. Die 1972 gegründete, 1988 in eine Aktiengesellschaft umgewandelte und nach der Insolvenz vor zwei Jahren abgewickelte Verwaltungsgesellschaft trug den Namen des 1976 gestorbenen Urenkels des Firmengründers: Robert Cordier AG. Unter dem Dach dieser 1991 an die Börse gebrachten Holding wurden die 1965 gekaufte schwäbische Papierfabrik Salach GmbH und die Cordier Spezialpapier GmbH zusammengefasst. Zu letzterer gehören neben dem Stammwerk, der Papierfabrik Cordier (Bild), drei weitere Produktionsstätten: die 1951 erworbene Illig‘sche Papierfabrik in Mühltal bei Darmstadt, die Kölner Baumwollbleicherei, die seit 1969 zur Cordier-Gruppe gehört, sowie die 1977 übernommene Papierfabrik Schleipen in Bad Dürkheim-Hardenburg. Die seit 1976 mehrheitlich zur Cordier-Gruppe gehörende Knoeckel, Schmidt & Cie Papierfabriken GmbH in Lambrecht stellte im Herbst 2000 wegen Zahlungsunfähigkeit den Betrieb ein. Im Juni 2006 wurde die Cordier Spezialpapier GmbH mit allen vier Standorten von einer Investorengruppe aus den USA und aus Deutschland übernommen. Die Papiermacher-Dynastie Cordier ist in der Pfälzer Wirtschaftslandschaft nur noch im Firmennamen präsent. (mw/Foto: M. Franck) ANZEIGE m t nach de z t je ie S er Fragen bot in Ihr e g n a s in Z ! aktuellen lohnt sich s E . e s s a Spark Was ist eigentlich ... ... die Subprime-Krise? IKON WI R EX þ Der amerikanische Begriff Subprime wird im Zusammenhang mit dem US-Markt für Hypothekenkredite verwendet, die an private Bauherren mit geringer Kreditwürdigkeit verCHAFTS L TS geben wurden. Das Wort Subprime steht dabei für minderwertig oder für Ramsch. Diese Ramsch-Darlehen wurden von den Kreditgebern teilweise in Finanzpaketen gebündelt und weiterverkauft. Im vergangenen Jahr setzte eine Krisenspirale ein: Es kam zu immer mehr Zahlungsausfällen bei den Darlehensnehmern. Die Zinsen in den USA waren gestiegen, während die Immobilienpreise sanken. Baufinanzierer, aber auch Banken, die die Finanzpakete gekauft hatten, gerieten in heftige finanzielle Turbulenzen. Die Hypothekenkrise entwickelte sich im Laufe des Jahres 2007 zu einer Vertrauenskrise unter den Banken. Vorläufiger Höhepunkt war im März 2008 die Fast-Pleite der traditionsreichen US-Investmentbank Bear Stearns. Mit milliardenschwerer Unterstützung der US-Notenbank Fed und des Konkurrenzinstitutes JP Morgan Chase konnte Bear Stearns gerettet werden. Weltweit erlitten Banken bisher knapp 300 Milliarden Dollar (rund 190 Milliarden Euro) Verluste im Zusammenhang mit der US-Hypothekenkredit-Krise. Davon entfallen 144 Milliarden Dollar auf die USA, 45 Milliarden Dollar auf den Euroraum und 40 Milliarden auf Großbritannien. Der Internationale Währungsfonds hält inzwischen einen Gesamtverlust von bis zu 945 Milliarden Dollar für möglich. (jeu/ap) — Was Sie schon immer über Wirtschaft wissen wollten: Freitags gibt es hier Auskunft. Schicken Sie Ihre Fragen an die RHEINPFALZ Wirtschaftsredaktion, Postfach 21147, 67011 Ludwigshafen, Fax: 0621 5902-600, E-Mail: [email protected] Einkaufen leicht gemacht. Mit dem Sparkassen-Privatkredit. Günstige Zinsen. Flexible Laufzeiten. Faire Beratung. S Genießen Sie die Freiheit, sich etwas leisten zu können. Der Sparkassen-Privatkredit ist die clevere Finanzierung für Autos, Möbel, Reisen und vieles mehr. Mit günstigen Zinsen, kleinen Raten und der schnellen Bearbeitung gehen Ihre Träume leichter in Erfüllung. Infos in Ihrer Geschäftsstelle und unter www.sparkasse.de. Wenn’s um Geld geht – Sparkasse. 5833807_10_1
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