Was ist ein moderner Staat? Professionelle öffentliche Verwaltung

Was ist ein moderner Staat?
Professionelle öffentliche Verwaltung (bürokratischer
Verwaltungsapparat)
Institutionalisierter Flächenstaat
Bürgerlicher Rechtsstaat
Massendemokratie
Vorläufer:
Polisdemokratie; Römische Republik
Personenverbandsstaat (mittelalterlicher
Feudal- und Ständestaat)
Absolutistischer Staat
These: Der erste Schritt zum modernen Staat erfolgt
über den Konstitutionalismus
Jedoch:
Mit dem Durchbruch des englischen Konstitutionalismus ist der
Weg zum modernen Staat noch nicht vollendet. Dieser entsteht
erst im Laufe des 19. Und 20. Jahrhunderts mit dem
allgemeinen Wahlrecht, der Ausbildung eines Parteiensystems,
Gewaltentrennung und der staatlichen Garantie bürgerlicher
Freiheitsrechte. Es ist der demokratische Rechtsstaat.
Konstitutionalismus in den USA
1776:
1787:
1789:
Virginia Bills of Rights (Volkssouveränität,
Gewaltentrennung, Grundrechte)
Unabhängigkeitserklärung (4. Juli): „Life, Liberty and the
pursuit of happiness“)
Verfassungskonvent von Philadelphia entwirft eine präsidiale
Bundesrepublik
Verfassung der Vereinigten Staaten von Amerika mit 10
Amendements (ratifiziert 1791)
Unter dem maßgeblichen Einfluss von :
Charles de Montesquieu (1689-1755)
John Locke (1632-1704)
Die amerikanische Verfassung ist eine gemischte Verfassung nach
englischem Vorbild:
Horizontale Gewaltenteilung: Präsident=monarchisches Element;
Senat=aristokratisches Element; House=demokratisches Element
Hinzu kommt:
Vertikale Gewaltenteilung: Bundesstaatsprinzip (auch zur
Vergrößerung der demokratischen Selbstbestimmung)
Repräsentative und pluralistische Ausrichtung der
amerikanischen Verfassung richtet sich gegen das Konzept
der identitären Demokratie von Jean-Jacques Rousseau
(1712-1778)!
These: Identitäre Demokratiekonzeptionen nach dem Vorbild der
athenischen Polisdemokratie sind in einen Flächenstaat mit
differenzierter Sozialstruktur nicht realisierbar (so auch Rousseau
selbst)
Problem: Konstitutionalismus kann rechtsstaatliche und
demokratische Defizite in den USA nicht verhindern
ƒ Wahlrecht gilt zur Zeit Tocquevilles nur für 5% der Bevölkerung
(schwarze Bevölkerung und Indianer sind ausgeschlossen)
ƒ Bürgerkrieg 1861-65; formales Ende der Sklaverei erst 1863
ƒ Seit 1865 erneut Rassendiskriminierungsgesetze in den
Südstaaten
ƒ Vom Obersten Gerichtshof (1896) für gültig erklärter Grundsatz
der Rassentrennung („seperate but equal“) gilt formal bis 1963!
ƒ Infiltration des Ku-Klux-Klans in Politik, Justiz und
Administration
ƒ McCarthy Ära: Antikommunismus
ƒ Civil Rights-Movements konnten soziale und wirtschaftliche
Segregation zwischen schwarzer und weißer
Bevölkerungsschicht jedoch nicht lösen
These 1: Auch in modernen Demokratien besteht eine Diskrepanz
zwischen Norm und Faktum (Normen als „kontrafaktisch stabilisierte
Verhaltenserwartungen“ (Niklas Luhmann, Rechtssoziologie)
These 2: Demokratische Institutionen sind keine hinreichenden
Voraussetzungen für den bürgerlichen Rechtsstaat
Rechtsstaat, Gesetzesstaat und bürgerlicher
Rechtsstaat
Rechtsstaat sagt über Staatsform und Inhalt eines Staates zunächst
nichts aus. Er bedeutet die unbedingte Bindung von Machthabern an
überkommene Rechtsgrundsätze (traditionale Herrschaft). Er
überwindet den reinen Macht- bzw. Willkürstaat (charismatische
Herrschaft). Recht gilt als etwas richtiges und vernünftiges; „ratio“
anstatt „voluntas“
Legitimität; Vernunftsstaat
„In Demokratien, die an Gesetze gebunden sind, tritt kein Demagoge auf,
sondern die tüchtigsten Bürger haben den Vorsitz. Wo aber Gesetze nicht
die höchste Gewalt haben, treten Demagogen auf; denn dort wird das
Volk ein Monarch, und zwar ein vielköpfiger“ (Aristoteles, Politik, Buch IV,
Kap.4, Nr.4, zit. in: Carl Schmitt, Verfassungslehre, Berlin 1928 (1983), S.139)
Eine Bindung von Machthabern erfordert, dass Gesetze
allgemeine und generelle Normen sind (keine Einzelbefehle!)
Gesetzesstaat (als Entartungsform der Demokratie?)
„Gesetz ist das, was von den für die Gesetzgebung zuständigen
Stellen in dem für die Gesetzgebung vorgeschriebenen Verfahren
vorgenommen wird.“ (Schmitt, 1928, S.143)
Gesetzespositivismus; Qualität eines Gesetzes wird
ausgeklammert
„Eine bloß empirische Rechtslehre ist ein Kopf der schön sein mag,
nur schade ! daß er kein Gehirn hat.“ (Immanuel Kant, zit. in: Hoerster,
1993, S.213).
Problem: Absolutismus der gesetzgebenden Stellen,
gesetzesförmige Einzelbefehle (Herrschaft durch anstatt aufgrund
von Gesetzen); Mehrheitsdiktatur; Tugendterror;
Klassengesetzgebung
Beispiele: DDR, Sowjetunion, „Delegative Präsidialdemokratien“
Im bürgerlichen Rechtsstaat hingegen erfolgt
Herrschaft nicht durch, sondern aufgrund von Gesetzen!
Bedingungen:
ƒVorrang des Gesetzes als abstrakte und generelle Norm
(Einzelfallverbot)
ƒGewaltentrennung (Exekutiv- und Parlamentsvorbehalt)
ƒRechtsschutz (Judikative)
ƒFormale Gleichheit aller vom Gesetz Betroffenen (Willkürverbot)
ƒBürgerliche Freiheitsrechte (Abwehrrechte und polit.Teilhaberechte)
ƒDemokratische Staatsform (da bürgerlicher Gleichheitsgrundsatz)
Art
Freiheitsrechte
Funktion
Abwehrrechte
Teilnahmerechte
Gleichheitsrechte
Verfahrensgarantien
objektive Wertordnung
Justizgrundrechte
Leistungsansprüche
Einrichtungsgarantien
Menschenrechte – Bürgerrechte
Status negativus; status positivus; status activus
Schrankenlose Grundrechte; Grundrechte mit (einfachem oder
qualifiziertem) Gesetzesvorbehalt, verfassungsunmittelbare und
verfassungsimmanente Schranken
Schranken-Schranken
These: Die Qualität des bürgerlichen Rechtsstaat steht in einem
Zusammenhang zu demokratischen Organisationsprinzipien und
Verfahren
Konfliktlinien:
Elitistische vs. partizipatorische Demokratie
Konkurrenz- vs. Konkordanzdemokratie
soziale vs. liberale Demokratie
Institutionelle Alternativen:
Präsidial- vs. Parlamentarische Demokratie
Mehrheits- vs. Verhältniswahlrecht
Einkammer- vs. Zweikammersystem
Zentralisierung vs. Dezentralisierung
These: soziale und politische Voraussetzungen des
demokratischen Rechtsstaates sind problematisch
Eignung und Motivation der Staatsbürger zur Partizipation (Mill;
Schumpeter)
Institutionelle Sicherungen
Wohlstand (Lipset)?
homogene Gesellschaftsstruktur?